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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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der rein. Vern. in Best. des Begr vom höchst. Gut.
seine herrliche Anstalt dazu kommt, eine solche schöne
Ordnung mit angemessener Glückseligkeit zu krönen.
Wenn ihn das letztere (auf menschliche Art zu reden,)
liebenswürdig macht, so ist er durch das erstere ein Ge-
genstand der Anbetung (Adoration). Selbst Menschen
können sich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch
allein niemals Achtung erwerben, so daß die größte
Wohlthätigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß sie
nach Würdigkeit ausgeübt wird.

Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Mensch
(mit ihm jedes vernünftige Wesen) Zweck an sich selbst
sey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (selbst
nicht von Gott) ohne zugleich hiebey selbst Zweck zu
seyn, könne gebraucht werden, daß also die Mensch-
heit
in unserer Person uns selbst heilig seyn müsse, folgt
nunmehr von selbst, weil er das Subject des mora-
lischen Gesetzes,
mithin dessen ist, was an sich heilig
ist, um dessen willen und in Einstimmung mit welchem
auch überhaupt nur etwas heilig genannt werden kann.
Denn dieses moralische Gesetz gründet sich auf der Av-
tonomie seines Willens, als eines freyen Willens, der
nach seinen allgemeinen Gesetzen nothwendig zu demje-
nigen zugleich muß einstimmen können, welchem er
sich unterwerfen soll.

VI.

der rein. Vern. in Beſt. des Begr vom hoͤchſt. Gut.
ſeine herrliche Anſtalt dazu kommt, eine ſolche ſchoͤne
Ordnung mit angemeſſener Gluͤckſeligkeit zu kroͤnen.
Wenn ihn das letztere (auf menſchliche Art zu reden,)
liebenswuͤrdig macht, ſo iſt er durch das erſtere ein Ge-
genſtand der Anbetung (Adoration). Selbſt Menſchen
koͤnnen ſich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch
allein niemals Achtung erwerben, ſo daß die groͤßte
Wohlthaͤtigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß ſie
nach Wuͤrdigkeit ausgeuͤbt wird.

Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Menſch
(mit ihm jedes vernuͤnftige Weſen) Zweck an ſich ſelbſt
ſey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (ſelbſt
nicht von Gott) ohne zugleich hiebey ſelbſt Zweck zu
ſeyn, koͤnne gebraucht werden, daß alſo die Menſch-
heit
in unſerer Perſon uns ſelbſt heilig ſeyn muͤſſe, folgt
nunmehr von ſelbſt, weil er das Subject des mora-
liſchen Geſetzes,
mithin deſſen iſt, was an ſich heilig
iſt, um deſſen willen und in Einſtimmung mit welchem
auch uͤberhaupt nur etwas heilig genannt werden kann.
Denn dieſes moraliſche Geſetz gruͤndet ſich auf der Av-
tonomie ſeines Willens, als eines freyen Willens, der
nach ſeinen allgemeinen Geſetzen nothwendig zu demje-
nigen zugleich muß einſtimmen koͤnnen, welchem er
ſich unterwerfen ſoll.

VI.
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[237/0245] der rein. Vern. in Beſt. des Begr vom hoͤchſt. Gut. ſeine herrliche Anſtalt dazu kommt, eine ſolche ſchoͤne Ordnung mit angemeſſener Gluͤckſeligkeit zu kroͤnen. Wenn ihn das letztere (auf menſchliche Art zu reden,) liebenswuͤrdig macht, ſo iſt er durch das erſtere ein Ge- genſtand der Anbetung (Adoration). Selbſt Menſchen koͤnnen ſich durch Wohlthun zwar Liebe, aber dadurch allein niemals Achtung erwerben, ſo daß die groͤßte Wohlthaͤtigkeit ihnen nur dadurch Ehre macht, daß ſie nach Wuͤrdigkeit ausgeuͤbt wird. Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Menſch (mit ihm jedes vernuͤnftige Weſen) Zweck an ſich ſelbſt ſey, d. i. niemals blos als Mittel von jemanden (ſelbſt nicht von Gott) ohne zugleich hiebey ſelbſt Zweck zu ſeyn, koͤnne gebraucht werden, daß alſo die Menſch- heit in unſerer Perſon uns ſelbſt heilig ſeyn muͤſſe, folgt nunmehr von ſelbſt, weil er das Subject des mora- liſchen Geſetzes, mithin deſſen iſt, was an ſich heilig iſt, um deſſen willen und in Einſtimmung mit welchem auch uͤberhaupt nur etwas heilig genannt werden kann. Denn dieſes moraliſche Geſetz gruͤndet ſich auf der Av- tonomie ſeines Willens, als eines freyen Willens, der nach ſeinen allgemeinen Geſetzen nothwendig zu demje- nigen zugleich muß einſtimmen koͤnnen, welchem er ſich unterwerfen ſoll. VI.

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/245>, abgerufen am 28.03.2024.