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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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I. Th. I. B. I. Hauptst. Von den Grundsätzen
der reinen speculativen Vernunft geschehen konnte) ge-
dacht,
sondern ihn auch in Ansehung seiner Causalität,
vermittelst eines Gesetzes, welches zu gar keinem Na-
turgesetze der Sinnenwelt gezählt werden kann, be-
stimmt,
also unser Erkenntniß über die Grenzen des
letzteren erweitert, welche Anmaaßung doch die Critik
der reinen Vernunft in aller Speculation für nichtig
erklärte. Wie ist nun hier practischer Gebrauch der
reinen Vernunft mit dem theoretischen eben derselben,
in Ansehung der Grenzbestimmung ihres Vermögens zu
vereinigen.

David Hume, von dem man sagen kann, daß er
alle Anfechtung der Rechte einer reinen Vernunft, wel-
che eine gänzliche Untersuchung derselben nothwendig
machten, eigentlich anfing, schloß so. Der Begriff der
Ursache ist ein Begriff, der die Nothwendigkeit der
Verknüpfung der Existenz des Verschiedenen, und zwar,
so fern es verschieden ist, enthält, so: daß, wenn A
gesetzt wird, ich erkenne, daß etwas davon ganz ver-
schiedenes, B, nothwendig auch existiren müsse. Noth-
wendigkeit kann aber nur einer Verknüpfung beygelegt
werden, so fern sie a priori erkannt wird; denn die
Erfahrung würde von einer Verbindung nur zu erken-
nen geben, daß sie sey, aber nicht, daß sie so noth-
wendigerweise sey. Nun ist es, sagt er, unmöglich,
die Verbindung, die zwischen einem Dinge und einem
anderen, (oder einer Bestimmung und einer anderen,

ganz

I. Th. I. B. I. Hauptſt. Von den Grundſaͤtzen
der reinen ſpeculativen Vernunft geſchehen konnte) ge-
dacht,
ſondern ihn auch in Anſehung ſeiner Cauſalitaͤt,
vermittelſt eines Geſetzes, welches zu gar keinem Na-
turgeſetze der Sinnenwelt gezaͤhlt werden kann, be-
ſtimmt,
alſo unſer Erkenntniß uͤber die Grenzen des
letzteren erweitert, welche Anmaaßung doch die Critik
der reinen Vernunft in aller Speculation fuͤr nichtig
erklaͤrte. Wie iſt nun hier practiſcher Gebrauch der
reinen Vernunft mit dem theoretiſchen eben derſelben,
in Anſehung der Grenzbeſtimmung ihres Vermoͤgens zu
vereinigen.

David Hume, von dem man ſagen kann, daß er
alle Anfechtung der Rechte einer reinen Vernunft, wel-
che eine gaͤnzliche Unterſuchung derſelben nothwendig
machten, eigentlich anfing, ſchloß ſo. Der Begriff der
Urſache iſt ein Begriff, der die Nothwendigkeit der
Verknuͤpfung der Exiſtenz des Verſchiedenen, und zwar,
ſo fern es verſchieden iſt, enthaͤlt, ſo: daß, wenn A
geſetzt wird, ich erkenne, daß etwas davon ganz ver-
ſchiedenes, B, nothwendig auch exiſtiren muͤſſe. Noth-
wendigkeit kann aber nur einer Verknuͤpfung beygelegt
werden, ſo fern ſie a priori erkannt wird; denn die
Erfahrung wuͤrde von einer Verbindung nur zu erken-
nen geben, daß ſie ſey, aber nicht, daß ſie ſo noth-
wendigerweiſe ſey. Nun iſt es, ſagt er, unmoͤglich,
die Verbindung, die zwiſchen einem Dinge und einem
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[88/0096] I. Th. I. B. I. Hauptſt. Von den Grundſaͤtzen der reinen ſpeculativen Vernunft geſchehen konnte) ge- dacht, ſondern ihn auch in Anſehung ſeiner Cauſalitaͤt, vermittelſt eines Geſetzes, welches zu gar keinem Na- turgeſetze der Sinnenwelt gezaͤhlt werden kann, be- ſtimmt, alſo unſer Erkenntniß uͤber die Grenzen des letzteren erweitert, welche Anmaaßung doch die Critik der reinen Vernunft in aller Speculation fuͤr nichtig erklaͤrte. Wie iſt nun hier practiſcher Gebrauch der reinen Vernunft mit dem theoretiſchen eben derſelben, in Anſehung der Grenzbeſtimmung ihres Vermoͤgens zu vereinigen. David Hume, von dem man ſagen kann, daß er alle Anfechtung der Rechte einer reinen Vernunft, wel- che eine gaͤnzliche Unterſuchung derſelben nothwendig machten, eigentlich anfing, ſchloß ſo. Der Begriff der Urſache iſt ein Begriff, der die Nothwendigkeit der Verknuͤpfung der Exiſtenz des Verſchiedenen, und zwar, ſo fern es verſchieden iſt, enthaͤlt, ſo: daß, wenn A geſetzt wird, ich erkenne, daß etwas davon ganz ver- ſchiedenes, B, nothwendig auch exiſtiren muͤſſe. Noth- wendigkeit kann aber nur einer Verknuͤpfung beygelegt werden, ſo fern ſie a priori erkannt wird; denn die Erfahrung wuͤrde von einer Verbindung nur zu erken- nen geben, daß ſie ſey, aber nicht, daß ſie ſo noth- wendigerweiſe ſey. Nun iſt es, ſagt er, unmoͤglich, die Verbindung, die zwiſchen einem Dinge und einem anderen, (oder einer Beſtimmung und einer anderen, ganz

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/96>, abgerufen am 23.04.2024.