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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen.
der zweiten Klasse der Gegenstände der Erfindungen zugezählt
werden können. Diese Meinung wird allerdings vorzugsweise
auf den Wortlaut des Statuts 21 Jacob I cap. 3 gestützt, wel-
ches als Gegenstand des Erfindungspatentes eine neue Verfer-
tigung (a new manufacture) bezeichnet, und welches in dieser
den Gegenstand der Erfindungspatente betreffenden Bestimmung
noch jetzt in Kraft ist. Nach der Meinung der Mehrzahl der
englischen Juristen soll unter der angeführten Bezeichnung
nur ein greifbarer und verkäuflicher Gegenstand verstanden
werden, so dass als Object des Patentes nur das körperliche
Product oder das körperliche Mittel der Fabrication, niemals
aber die unkörperliche Regel des Fabricationsverfahrens gelten
könne1).

Ein auffallendes Beispiel für diese Rechtsanschauung bietet
der Rechtsfall Boulton und Watt wider Bull, welcher einen
Eingriff in das Patent für die von Watt erfundene Condensa-
tion des Dampfes ausserhalb des Cylinders zum Gegenstande
hatte2). Das Patent war gewährt für eine "neue Methode"
zur Ersparung des Dampf- und Heizmaterialverbrauches bei
Feuermaschinen, vermittelst deren die alte Maschine mit eini-
gen Abänderungen in einer vortheilhafteren Weise als bisher
bekannt, gebraucht werden könne.

Die Beschreibung besagte, die Methode sei auf gewisse
Prinzipien gegründet, und schilderte die Art der Anwendung
dieser Prinzipien in der gemachten Erfindung, welche durch
gewisse Zuthaten zu der alten Maschine realisirt werde. Die
Neuerung bestehe darin, dass der Dampfcylinder ebenso heiss
erhalten werde, als der eintretende Dampf, indem derselbe er-
stens in ein hölzernes Gehäuse oder durch andere schlechte
Wärmeleiter eingehüllt, zweitens mit Dampf oder andern er-
hitzten Substanzen umgeben werde und drittens, indem man
weder Wasser noch andere Substanzen von geringerer Tempe-
ratur als der Dampf während des Ganges der Maschine in den
Cylinder oder an denselben herantreten lasse. Die Condensa-
tion des Dampfes werde in besondern Behältern ausserhalb des
Dampfcylinders bewirkt. Dies sei ganz neu, da in den alten

1) Godson, A treatise on the law of patents for inventions p. 72--100.
2) Godson a. a. O. p. 92 ff.

V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen.
der zweiten Klasse der Gegenstände der Erfindungen zugezählt
werden können. Diese Meinung wird allerdings vorzugsweise
auf den Wortlaut des Statuts 21 Jacob I cap. 3 gestützt, wel-
ches als Gegenstand des Erfindungspatentes eine neue Verfer-
tigung (a new manufacture) bezeichnet, und welches in dieser
den Gegenstand der Erfindungspatente betreffenden Bestimmung
noch jetzt in Kraft ist. Nach der Meinung der Mehrzahl der
englischen Juristen soll unter der angeführten Bezeichnung
nur ein greifbarer und verkäuflicher Gegenstand verstanden
werden, so dass als Object des Patentes nur das körperliche
Product oder das körperliche Mittel der Fabrication, niemals
aber die unkörperliche Regel des Fabricationsverfahrens gelten
könne1).

Ein auffallendes Beispiel für diese Rechtsanschauung bietet
der Rechtsfall Boulton und Watt wider Bull, welcher einen
Eingriff in das Patent für die von Watt erfundene Condensa-
tion des Dampfes ausserhalb des Cylinders zum Gegenstande
hatte2). Das Patent war gewährt für eine »neue Methode«
zur Ersparung des Dampf- und Heizmaterialverbrauches bei
Feuermaschinen, vermittelst deren die alte Maschine mit eini-
gen Abänderungen in einer vortheilhafteren Weise als bisher
bekannt, gebraucht werden könne.

Die Beschreibung besagte, die Methode sei auf gewisse
Prinzipien gegründet, und schilderte die Art der Anwendung
dieser Prinzipien in der gemachten Erfindung, welche durch
gewisse Zuthaten zu der alten Maschine realisirt werde. Die
Neuerung bestehe darin, dass der Dampfcylinder ebenso heiss
erhalten werde, als der eintretende Dampf, indem derselbe er-
stens in ein hölzernes Gehäuse oder durch andere schlechte
Wärmeleiter eingehüllt, zweitens mit Dampf oder andern er-
hitzten Substanzen umgeben werde und drittens, indem man
weder Wasser noch andere Substanzen von geringerer Tempe-
ratur als der Dampf während des Ganges der Maschine in den
Cylinder oder an denselben herantreten lasse. Die Condensa-
tion des Dampfes werde in besondern Behältern ausserhalb des
Dampfcylinders bewirkt. Dies sei ganz neu, da in den alten

1) Godson, A treatise on the law of patents for inventions p. 72—100.
2) Godson a. a. O. p. 92 ff.
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[202/0218] V. Gegenstände. §. 19. Gewerbliche Erfindungen. der zweiten Klasse der Gegenstände der Erfindungen zugezählt werden können. Diese Meinung wird allerdings vorzugsweise auf den Wortlaut des Statuts 21 Jacob I cap. 3 gestützt, wel- ches als Gegenstand des Erfindungspatentes eine neue Verfer- tigung (a new manufacture) bezeichnet, und welches in dieser den Gegenstand der Erfindungspatente betreffenden Bestimmung noch jetzt in Kraft ist. Nach der Meinung der Mehrzahl der englischen Juristen soll unter der angeführten Bezeichnung nur ein greifbarer und verkäuflicher Gegenstand verstanden werden, so dass als Object des Patentes nur das körperliche Product oder das körperliche Mittel der Fabrication, niemals aber die unkörperliche Regel des Fabricationsverfahrens gelten könne 1). Ein auffallendes Beispiel für diese Rechtsanschauung bietet der Rechtsfall Boulton und Watt wider Bull, welcher einen Eingriff in das Patent für die von Watt erfundene Condensa- tion des Dampfes ausserhalb des Cylinders zum Gegenstande hatte 2). Das Patent war gewährt für eine »neue Methode« zur Ersparung des Dampf- und Heizmaterialverbrauches bei Feuermaschinen, vermittelst deren die alte Maschine mit eini- gen Abänderungen in einer vortheilhafteren Weise als bisher bekannt, gebraucht werden könne. Die Beschreibung besagte, die Methode sei auf gewisse Prinzipien gegründet, und schilderte die Art der Anwendung dieser Prinzipien in der gemachten Erfindung, welche durch gewisse Zuthaten zu der alten Maschine realisirt werde. Die Neuerung bestehe darin, dass der Dampfcylinder ebenso heiss erhalten werde, als der eintretende Dampf, indem derselbe er- stens in ein hölzernes Gehäuse oder durch andere schlechte Wärmeleiter eingehüllt, zweitens mit Dampf oder andern er- hitzten Substanzen umgeben werde und drittens, indem man weder Wasser noch andere Substanzen von geringerer Tempe- ratur als der Dampf während des Ganges der Maschine in den Cylinder oder an denselben herantreten lasse. Die Condensa- tion des Dampfes werde in besondern Behältern ausserhalb des Dampfcylinders bewirkt. Dies sei ganz neu, da in den alten 1) Godson, A treatise on the law of patents for inventions p. 72—100. 2) Godson a. a. O. p. 92 ff.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/218>, abgerufen am 25.04.2024.