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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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hingegen Andre fliehen, die ihnen ausserordent¬
lich gefällig sind. Reinigkeit, Einfalt des Her¬
zens ist das große Zauberband, wodurch dies
bewürkt wird, und die lässt sich denn freylich
nicht nach Vorschriften lernen.

Daß das Herz des Vaters und der Mut¬
ter an ihren Kindern hängt, das ist sehr natür¬
lich; Eine Klugheits-Regel sey es also, wenn
uns an der Gunst der Eltern gelegen ist, ihre
geliebten Kinder nicht zu übersehn, sondern
ihnen einige Aufmerksamkeit zu widmen! Weit
entfernt von uns aber bleibe es, die ungezoge¬
nen Knaben und Mädgen der Großen nieder¬
trächtigerweise zu schmeicheln, dadurch den
Hochmuth, den Eigensinn und die Eitelkeit die¬
ser mehrentheils schon so sehr verderbten Din¬
gerchen zu nähren, zu ihrer moralischen
Verschlimmerung etwas beyzutragen, und das
Grundgesetz der Natur zu übertreten, welches
befiehlt, daß das Kind dem reifern Alter, nicht
aber der Mann dem Knaben huldige!


Drit¬

hingegen Andre fliehen, die ihnen auſſerordent¬
lich gefaͤllig ſind. Reinigkeit, Einfalt des Her¬
zens iſt das große Zauberband, wodurch dies
bewuͤrkt wird, und die laͤſſt ſich denn freylich
nicht nach Vorſchriften lernen.

Daß das Herz des Vaters und der Mut¬
ter an ihren Kindern haͤngt, das iſt ſehr natuͤr¬
lich; Eine Klugheits-Regel ſey es alſo, wenn
uns an der Gunſt der Eltern gelegen iſt, ihre
geliebten Kinder nicht zu uͤberſehn, ſondern
ihnen einige Aufmerkſamkeit zu widmen! Weit
entfernt von uns aber bleibe es, die ungezoge¬
nen Knaben und Maͤdgen der Großen nieder¬
traͤchtigerweiſe zu ſchmeicheln, dadurch den
Hochmuth, den Eigenſinn und die Eitelkeit die¬
ſer mehrentheils ſchon ſo ſehr verderbten Din¬
gerchen zu naͤhren, zu ihrer moraliſchen
Verſchlimmerung etwas beyzutragen, und das
Grundgeſetz der Natur zu uͤbertreten, welches
befiehlt, daß das Kind dem reifern Alter, nicht
aber der Mann dem Knaben huldige!


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[100/0130] hingegen Andre fliehen, die ihnen auſſerordent¬ lich gefaͤllig ſind. Reinigkeit, Einfalt des Her¬ zens iſt das große Zauberband, wodurch dies bewuͤrkt wird, und die laͤſſt ſich denn freylich nicht nach Vorſchriften lernen. Daß das Herz des Vaters und der Mut¬ ter an ihren Kindern haͤngt, das iſt ſehr natuͤr¬ lich; Eine Klugheits-Regel ſey es alſo, wenn uns an der Gunſt der Eltern gelegen iſt, ihre geliebten Kinder nicht zu uͤberſehn, ſondern ihnen einige Aufmerkſamkeit zu widmen! Weit entfernt von uns aber bleibe es, die ungezoge¬ nen Knaben und Maͤdgen der Großen nieder¬ traͤchtigerweiſe zu ſchmeicheln, dadurch den Hochmuth, den Eigenſinn und die Eitelkeit die¬ ſer mehrentheils ſchon ſo ſehr verderbten Din¬ gerchen zu naͤhren, zu ihrer moraliſchen Verſchlimmerung etwas beyzutragen, und das Grundgeſetz der Natur zu uͤbertreten, welches befiehlt, daß das Kind dem reifern Alter, nicht aber der Mann dem Knaben huldige! Drit¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/130>, abgerufen am 25.04.2024.