zu werden; darum ist es ihnen Allen mehr oder weniger zu thun. Von Personen ihres Glei¬ chen werden sie durch Eifersucht, Neid und an¬ dre Leidenschaften getrennt; die noch Größeren suchen sie nur auf, wenn sie Ihrer, zu Begün¬ stigung eigennütziger oder ehrgeiziger Absichten, bedürfen; die Geringern und Aermern aber halten sie in einer so großen Entfernung von sich, daß sie von ihnen weder die Wahrheit an¬ nehmen, noch den Gedanken ertragen können, sich mit ihnen gleichzustellen. Auch bey den Besten unter ihnen erwacht früh oder spät die Vorstellung, daß sie von besserm Stoffe seyn, und das tödtet dann die Freundschaft.
4.
Allein selbst unter denen Menschen, die Dir am Stande, Vermögen, Alter und Fähig¬ keiten gleich sind, rechne nur auf die dauerhafte Freundschaft Derer, die nicht von unedlen, heftigen, oder thörichten Leidenschaften be¬ herrscht, noch, wie ein Wetterhahn, von Lau¬ nen und Grillen hin und hergetrieben werden! Wer rastlos rauschenden Freuden und Zerstreu¬ ungen sich ergiebt; wer wilden Begierden, der
Wol¬
zu werden; darum iſt es ihnen Allen mehr oder weniger zu thun. Von Perſonen ihres Glei¬ chen werden ſie durch Eiferſucht, Neid und an¬ dre Leidenſchaften getrennt; die noch Groͤßeren ſuchen ſie nur auf, wenn ſie Ihrer, zu Beguͤn¬ ſtigung eigennuͤtziger oder ehrgeiziger Abſichten, beduͤrfen; die Geringern und Aermern aber halten ſie in einer ſo großen Entfernung von ſich, daß ſie von ihnen weder die Wahrheit an¬ nehmen, noch den Gedanken ertragen koͤnnen, ſich mit ihnen gleichzuſtellen. Auch bey den Beſten unter ihnen erwacht fruͤh oder ſpaͤt die Vorſtellung, daß ſie von beſſerm Stoffe ſeyn, und das toͤdtet dann die Freundſchaft.
4.
Allein ſelbſt unter denen Menſchen, die Dir am Stande, Vermoͤgen, Alter und Faͤhig¬ keiten gleich ſind, rechne nur auf die dauerhafte Freundſchaft Derer, die nicht von unedlen, heftigen, oder thoͤrichten Leidenſchaften be¬ herrſcht, noch, wie ein Wetterhahn, von Lau¬ nen und Grillen hin und hergetrieben werden! Wer raſtlos rauſchenden Freuden und Zerſtreu¬ ungen ſich ergiebt; wer wilden Begierden, der
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zu werden; darum iſt es ihnen Allen mehr oder
weniger zu thun. Von Perſonen ihres Glei¬
chen werden ſie durch Eiferſucht, Neid und an¬
dre Leidenſchaften getrennt; die noch Groͤßeren
ſuchen ſie nur auf, wenn ſie Ihrer, zu Beguͤn¬
ſtigung eigennuͤtziger oder ehrgeiziger Abſichten,
beduͤrfen; die Geringern und Aermern aber
halten ſie in einer ſo großen Entfernung von
ſich, daß ſie von ihnen weder die Wahrheit an¬
nehmen, noch den Gedanken ertragen koͤnnen,
ſich mit ihnen gleichzuſtellen. Auch bey den
Beſten unter ihnen erwacht fruͤh oder ſpaͤt die
Vorſtellung, daß ſie von beſſerm Stoffe ſeyn,
und das toͤdtet dann die Freundſchaft.
4.
Allein ſelbſt unter denen Menſchen, die
Dir am Stande, Vermoͤgen, Alter und Faͤhig¬
keiten gleich ſind, rechne nur auf die dauerhafte
Freundſchaft Derer, die nicht von unedlen,
heftigen, oder thoͤrichten Leidenſchaften be¬
herrſcht, noch, wie ein Wetterhahn, von Lau¬
nen und Grillen hin und hergetrieben werden!
Wer raſtlos rauſchenden Freuden und Zerſtreu¬
ungen ſich ergiebt; wer wilden Begierden, der
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/264>, abgerufen am 18.04.2024.
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