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Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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stand, mein Herr ist bereits auf sein äußerstes Vorwerk hinausgegangen. Ich zottle jetzt ganz sachte nach mit diesem Päckchen. Vor übermorgen Mittag kommen wir nicht wieder herunter.

Das trifft sich ja ganz vortrefflich, sprach Don Carlo.

I freilich, gnädiger Herr, sprach Pietro, ich geh' ihm bis übermorgen Mittag nicht von der Seite. Glaubt mir, so wahr ich Pietro bin, er soll Euren Braten nicht riechen, bevor er gahr ist. Laßt mich nur sorgen! Ich weiß, wie man etwas geheim hält. Jede Fliege, die daran geleckt hat, wird abgewischt, so bleibt ihm Alles verborgen!

Nun, so vertheilt euch! geht in alle Welt, trommelt und schreit, daß die Gassen über einander fallen! rief Don Carlo, und es hätte dieser starken Aufforderung zum Lärmen wahrlich nicht bedurft; denn kaum hatte sich Jeder seinen Weg gewählt, so ward der Lärm auf einmal ganz übermäßig. Sechs Trommeln und sieben Kessel wurden fast zerschlagen. Alles, was Odem hatte, Jung und Alt schrie und tobte mit, Katzen miauten darein, und Hunde bellten. Es war auch zwischen diesem und dem jüngsten Tage kein Unterschied mehr, nur daß hier nicht die Todten aus den Gräbern, nur die Lebendigen aus allen Häusern kamen. Es zeigte sich auch noch außerdem großer Uebermuth, der am jüngsten Tage wohl wegbleiben wird: die Trommler nämlich sahen über ihre Trommeln verächtlich auf die Kessel-

stand, mein Herr ist bereits auf sein äußerstes Vorwerk hinausgegangen. Ich zottle jetzt ganz sachte nach mit diesem Päckchen. Vor übermorgen Mittag kommen wir nicht wieder herunter.

Das trifft sich ja ganz vortrefflich, sprach Don Carlo.

I freilich, gnädiger Herr, sprach Pietro, ich geh' ihm bis übermorgen Mittag nicht von der Seite. Glaubt mir, so wahr ich Pietro bin, er soll Euren Braten nicht riechen, bevor er gahr ist. Laßt mich nur sorgen! Ich weiß, wie man etwas geheim hält. Jede Fliege, die daran geleckt hat, wird abgewischt, so bleibt ihm Alles verborgen!

Nun, so vertheilt euch! geht in alle Welt, trommelt und schreit, daß die Gassen über einander fallen! rief Don Carlo, und es hätte dieser starken Aufforderung zum Lärmen wahrlich nicht bedurft; denn kaum hatte sich Jeder seinen Weg gewählt, so ward der Lärm auf einmal ganz übermäßig. Sechs Trommeln und sieben Kessel wurden fast zerschlagen. Alles, was Odem hatte, Jung und Alt schrie und tobte mit, Katzen miauten darein, und Hunde bellten. Es war auch zwischen diesem und dem jüngsten Tage kein Unterschied mehr, nur daß hier nicht die Todten aus den Gräbern, nur die Lebendigen aus allen Häusern kamen. Es zeigte sich auch noch außerdem großer Uebermuth, der am jüngsten Tage wohl wegbleiben wird: die Trommler nämlich sahen über ihre Trommeln verächtlich auf die Kessel-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:47:01Z)

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Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/23>, abgerufen am 29.03.2024.