Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Grund und Boden kommen lassen, um euch zu zeigen, wie großes Unrecht ihr beginget, als ihr Einladungen verachtetet, welche diese Männer da überall mit großer Anstrengung ausgetrommelt und abgesungen. Darum wollet nun meine zweite Bitte, die zwar nicht so festlich getrommelt und gelärmt wird, aber eben so freundlich an euch ergeht, besser in Ehren hätten; gebt mir euren Handschlag, daß ihr heute noch auf mein Fest zurückkommen wollet, sobald ihr euch umgekleidet, wozu ihr auch bei mir Gemächlichkeit findet. Sehr angenehm ist mein Bankett unterbrochen worden, wenn ihr es bald mit eurer Gegenwart vermehrt und verschönert. Fürchtet euch nicht vor Spott, der Spott wird eher müde werden als die Freude. Laß das Lachen über dich ergehen, sobald du gefehlet, sagt der fromme Sirach. Diese Lehre wollet nicht verachten, sie steht auf gutem Grunde. Kommt und lachet mit uns, die wir allzumal Kahlköpfe sind und mehrentheils weniger Locken haben als ihr, die ihr nochmals freundlich geladen seid.

Diese Rede, gesprochen von dem Manne, der sie eben aus den wilden Wogen und den Zähnen der Haifische gerettet, verfehlte die Wirkung nicht: die Verspotteten überwanden sich und gaben Handschlag und Versprechen, an seinem Feste Theil zu nehmen. Der Spott der Umstehenden verlor sich nun in harmlosen Jubel. Einige Rechenmeister, welche die Gäste vorhin gezählt hatten, freuten sich, daß ihrer nun noch anderthalb Dutzend mehr geworden; die Klapperstörche selbst

Grund und Boden kommen lassen, um euch zu zeigen, wie großes Unrecht ihr beginget, als ihr Einladungen verachtetet, welche diese Männer da überall mit großer Anstrengung ausgetrommelt und abgesungen. Darum wollet nun meine zweite Bitte, die zwar nicht so festlich getrommelt und gelärmt wird, aber eben so freundlich an euch ergeht, besser in Ehren hätten; gebt mir euren Handschlag, daß ihr heute noch auf mein Fest zurückkommen wollet, sobald ihr euch umgekleidet, wozu ihr auch bei mir Gemächlichkeit findet. Sehr angenehm ist mein Bankett unterbrochen worden, wenn ihr es bald mit eurer Gegenwart vermehrt und verschönert. Fürchtet euch nicht vor Spott, der Spott wird eher müde werden als die Freude. Laß das Lachen über dich ergehen, sobald du gefehlet, sagt der fromme Sirach. Diese Lehre wollet nicht verachten, sie steht auf gutem Grunde. Kommt und lachet mit uns, die wir allzumal Kahlköpfe sind und mehrentheils weniger Locken haben als ihr, die ihr nochmals freundlich geladen seid.

Diese Rede, gesprochen von dem Manne, der sie eben aus den wilden Wogen und den Zähnen der Haifische gerettet, verfehlte die Wirkung nicht: die Verspotteten überwanden sich und gaben Handschlag und Versprechen, an seinem Feste Theil zu nehmen. Der Spott der Umstehenden verlor sich nun in harmlosen Jubel. Einige Rechenmeister, welche die Gäste vorhin gezählt hatten, freuten sich, daß ihrer nun noch anderthalb Dutzend mehr geworden; die Klapperstörche selbst

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049"/>
Grund und Boden kommen lassen, um euch zu zeigen, wie                großes Unrecht ihr beginget, als ihr Einladungen verachtetet, welche diese Männer da                überall mit großer Anstrengung ausgetrommelt und abgesungen. Darum wollet nun meine                zweite Bitte, die zwar nicht so festlich getrommelt und gelärmt wird, aber eben so                freundlich an euch ergeht, besser in Ehren hätten; gebt mir euren Handschlag, daß ihr                heute noch auf mein Fest zurückkommen wollet, sobald ihr euch umgekleidet, wozu ihr                auch bei mir Gemächlichkeit findet. Sehr angenehm ist mein Bankett unterbrochen                worden, wenn ihr es bald mit eurer Gegenwart vermehrt und verschönert. Fürchtet euch                nicht vor Spott, der Spott wird eher müde werden als die Freude. Laß das Lachen über                dich ergehen, sobald du gefehlet, sagt der fromme Sirach. Diese Lehre wollet nicht                verachten, sie steht auf gutem Grunde. Kommt und lachet mit uns, die wir allzumal                Kahlköpfe sind und mehrentheils weniger Locken haben als ihr, die ihr nochmals                freundlich geladen seid.</p><lb/>
        <p>Diese Rede, gesprochen von dem Manne, der sie eben aus den wilden Wogen und den                Zähnen der Haifische gerettet, verfehlte die Wirkung nicht: die Verspotteten                überwanden sich und gaben Handschlag und Versprechen, an seinem Feste Theil zu                nehmen. Der Spott der Umstehenden verlor sich nun in harmlosen Jubel. Einige                Rechenmeister, welche die Gäste vorhin gezählt hatten, freuten sich, daß ihrer nun                noch anderthalb Dutzend mehr geworden; die Klapperstörche selbst<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0049] Grund und Boden kommen lassen, um euch zu zeigen, wie großes Unrecht ihr beginget, als ihr Einladungen verachtetet, welche diese Männer da überall mit großer Anstrengung ausgetrommelt und abgesungen. Darum wollet nun meine zweite Bitte, die zwar nicht so festlich getrommelt und gelärmt wird, aber eben so freundlich an euch ergeht, besser in Ehren hätten; gebt mir euren Handschlag, daß ihr heute noch auf mein Fest zurückkommen wollet, sobald ihr euch umgekleidet, wozu ihr auch bei mir Gemächlichkeit findet. Sehr angenehm ist mein Bankett unterbrochen worden, wenn ihr es bald mit eurer Gegenwart vermehrt und verschönert. Fürchtet euch nicht vor Spott, der Spott wird eher müde werden als die Freude. Laß das Lachen über dich ergehen, sobald du gefehlet, sagt der fromme Sirach. Diese Lehre wollet nicht verachten, sie steht auf gutem Grunde. Kommt und lachet mit uns, die wir allzumal Kahlköpfe sind und mehrentheils weniger Locken haben als ihr, die ihr nochmals freundlich geladen seid. Diese Rede, gesprochen von dem Manne, der sie eben aus den wilden Wogen und den Zähnen der Haifische gerettet, verfehlte die Wirkung nicht: die Verspotteten überwanden sich und gaben Handschlag und Versprechen, an seinem Feste Theil zu nehmen. Der Spott der Umstehenden verlor sich nun in harmlosen Jubel. Einige Rechenmeister, welche die Gäste vorhin gezählt hatten, freuten sich, daß ihrer nun noch anderthalb Dutzend mehr geworden; die Klapperstörche selbst

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:47:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/49
Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/49>, abgerufen am 20.04.2024.