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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.

Der Ruhrhaken besitzt kein Streichbrett, sondern nur, wie alle Haken, ein
spitzes oder breites zweischneidiges, in der Mittellinie des Pfluges angebrachtes Schar,
welches durch eine Griessäule mit dem Hakenbaume verbunden ist. Als Beispiel
nennen wir den schlesischen Sprunghaken, den polnischen Ruhrhaken und den Danziger
Karrhaken. Letztere beiden besitzen zwei hohe Räder, zwischen welchen das Schar an-
gebracht ist.

Der Krümmelhaken, am vorzüglichsten repräsentirt durch den Mecklenburger
Haken oder den in der Umgegend von Saaz gebräuchlichen Perzhaken besteht aus
einem Schar (Hakeisen), in dessen Fortsetzung auf der Griessäule (Krümmel) das
Streichbrett (Hakbrett) derart aufliegt, daß es zu gleichen Theilen über die Mittel-
linie des Geräthes hervorragt. Die Sohle (Höft), eine oder zwei Sterzen, und der
Hakbaum vervollständigen das Gerätye. Durch Schrägstellen des Hakens auf der
zweikantigen Sohle kann ein mittelmäßiges Wenden des Bodens erzielt werden.
Häufig wird mit diesem Haken, wenigstens in der Saazer Gegend, das Feld in
Kämmen bearbeitet.

Der Streichhaken, in Steiermark und Kärnten Aadl genannt. bildet den
Uebergang der Krümmelhaken zu dem Pfluge, indem an diesem ein oder zwei Streich-
flügel oft nur in Form kurzer Holzpflöcke angebracht werden.

Die Zoche kann als ein Ruhr- oder Krümmelhaken mit getheiltem Schar be-
trachtet werden. Am weitesten verbreitet ist, von der chinesischen abgesehen, die
russische und polnische Zoche. Am vollkommensten ist noch die ostpreußische Zoche und
die Stagutte.

3. Der Pflug.

Der Pflug dient, wie der Spaten, zur Ausführung der Bodenbearbeitung, eine
der wichtigsten landwirthschaftlichen Arbeiten, von welcher das Gedeihen der Saat
und das Wachsthum der Pflanzen abhängt und mit welcher die Zugthiere des Land-
wirthes am meisten beschäftigt werden, da jedes Feld mindestens einmal im Jahre
gepflügt werden muß. Gegenüber dem Spaten erweist sich der Pflug als viel leistungs-
fähiger, indem er nicht nur durch die ausgiebigere Zugkraft der Thiere in Bewegung
gesetzt wird, sondern auch die Arbeit des Abschneidens und des Umwendens des Erd-

[Abbildung] Fig. 22.

Hohenheimer Schraubenpflug. (Furchenseite.) -- a. Schar,
b. Streichbrett, f. Griessäule, d. Sohle, c. Sech; e. Pflugbaum; g. Sterze.

streifens nicht in zwei
getrennten Operatio-
nen wie der Spaten
sondern unter einer
ausführt. Bei der
Wichtigkeit, welche
dem Pfluge in der
Landwirthschaft zu-
kommt, verdient der-
selbe eine eingehendere
Besprechung.

Allgemeine Ackerbaulehre.

Der Ruhrhaken beſitzt kein Streichbrett, ſondern nur, wie alle Haken, ein
ſpitzes oder breites zweiſchneidiges, in der Mittellinie des Pfluges angebrachtes Schar,
welches durch eine Griesſäule mit dem Hakenbaume verbunden iſt. Als Beiſpiel
nennen wir den ſchleſiſchen Sprunghaken, den polniſchen Ruhrhaken und den Danziger
Karrhaken. Letztere beiden beſitzen zwei hohe Räder, zwiſchen welchen das Schar an-
gebracht iſt.

Der Krümmelhaken, am vorzüglichſten repräſentirt durch den Mecklenburger
Haken oder den in der Umgegend von Saaz gebräuchlichen Perzhaken beſteht aus
einem Schar (Hakeiſen), in deſſen Fortſetzung auf der Griesſäule (Krümmel) das
Streichbrett (Hakbrett) derart aufliegt, daß es zu gleichen Theilen über die Mittel-
linie des Geräthes hervorragt. Die Sohle (Höft), eine oder zwei Sterzen, und der
Hakbaum vervollſtändigen das Gerätye. Durch Schrägſtellen des Hakens auf der
zweikantigen Sohle kann ein mittelmäßiges Wenden des Bodens erzielt werden.
Häufig wird mit dieſem Haken, wenigſtens in der Saazer Gegend, das Feld in
Kämmen bearbeitet.

Der Streichhaken, in Steiermark und Kärnten Aadl genannt. bildet den
Uebergang der Krümmelhaken zu dem Pfluge, indem an dieſem ein oder zwei Streich-
flügel oft nur in Form kurzer Holzpflöcke angebracht werden.

Die Zoche kann als ein Ruhr- oder Krümmelhaken mit getheiltem Schar be-
trachtet werden. Am weiteſten verbreitet iſt, von der chineſiſchen abgeſehen, die
ruſſiſche und polniſche Zoche. Am vollkommenſten iſt noch die oſtpreußiſche Zoche und
die Stagutte.

3. Der Pflug.

Der Pflug dient, wie der Spaten, zur Ausführung der Bodenbearbeitung, eine
der wichtigſten landwirthſchaftlichen Arbeiten, von welcher das Gedeihen der Saat
und das Wachsthum der Pflanzen abhängt und mit welcher die Zugthiere des Land-
wirthes am meiſten beſchäftigt werden, da jedes Feld mindeſtens einmal im Jahre
gepflügt werden muß. Gegenüber dem Spaten erweiſt ſich der Pflug als viel leiſtungs-
fähiger, indem er nicht nur durch die ausgiebigere Zugkraft der Thiere in Bewegung
geſetzt wird, ſondern auch die Arbeit des Abſchneidens und des Umwendens des Erd-

[Abbildung] Fig. 22.

Hohenheimer Schraubenpflug. (Furchenſeite.) — a. Schar,
b. Streichbrett, f. Griesſäule, d. Sohle, c. Sech; e. Pflugbaum; g. Sterze.

ſtreifens nicht in zwei
getrennten Operatio-
nen wie der Spaten
ſondern unter einer
ausführt. Bei der
Wichtigkeit, welche
dem Pfluge in der
Landwirthſchaft zu-
kommt, verdient der-
ſelbe eine eingehendere
Beſprechung.

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[96/0114] Allgemeine Ackerbaulehre. Der Ruhrhaken beſitzt kein Streichbrett, ſondern nur, wie alle Haken, ein ſpitzes oder breites zweiſchneidiges, in der Mittellinie des Pfluges angebrachtes Schar, welches durch eine Griesſäule mit dem Hakenbaume verbunden iſt. Als Beiſpiel nennen wir den ſchleſiſchen Sprunghaken, den polniſchen Ruhrhaken und den Danziger Karrhaken. Letztere beiden beſitzen zwei hohe Räder, zwiſchen welchen das Schar an- gebracht iſt. Der Krümmelhaken, am vorzüglichſten repräſentirt durch den Mecklenburger Haken oder den in der Umgegend von Saaz gebräuchlichen Perzhaken beſteht aus einem Schar (Hakeiſen), in deſſen Fortſetzung auf der Griesſäule (Krümmel) das Streichbrett (Hakbrett) derart aufliegt, daß es zu gleichen Theilen über die Mittel- linie des Geräthes hervorragt. Die Sohle (Höft), eine oder zwei Sterzen, und der Hakbaum vervollſtändigen das Gerätye. Durch Schrägſtellen des Hakens auf der zweikantigen Sohle kann ein mittelmäßiges Wenden des Bodens erzielt werden. Häufig wird mit dieſem Haken, wenigſtens in der Saazer Gegend, das Feld in Kämmen bearbeitet. Der Streichhaken, in Steiermark und Kärnten Aadl genannt. bildet den Uebergang der Krümmelhaken zu dem Pfluge, indem an dieſem ein oder zwei Streich- flügel oft nur in Form kurzer Holzpflöcke angebracht werden. Die Zoche kann als ein Ruhr- oder Krümmelhaken mit getheiltem Schar be- trachtet werden. Am weiteſten verbreitet iſt, von der chineſiſchen abgeſehen, die ruſſiſche und polniſche Zoche. Am vollkommenſten iſt noch die oſtpreußiſche Zoche und die Stagutte. 3. Der Pflug. Der Pflug dient, wie der Spaten, zur Ausführung der Bodenbearbeitung, eine der wichtigſten landwirthſchaftlichen Arbeiten, von welcher das Gedeihen der Saat und das Wachsthum der Pflanzen abhängt und mit welcher die Zugthiere des Land- wirthes am meiſten beſchäftigt werden, da jedes Feld mindeſtens einmal im Jahre gepflügt werden muß. Gegenüber dem Spaten erweiſt ſich der Pflug als viel leiſtungs- fähiger, indem er nicht nur durch die ausgiebigere Zugkraft der Thiere in Bewegung geſetzt wird, ſondern auch die Arbeit des Abſchneidens und des Umwendens des Erd- [Abbildung Fig. 22. Hohenheimer Schraubenpflug. (Furchenſeite.) — a. Schar, b. Streichbrett, f. Griesſäule, d. Sohle, c. Sech; e. Pflugbaum; g. Sterze.] ſtreifens nicht in zwei getrennten Operatio- nen wie der Spaten ſondern unter einer ausführt. Bei der Wichtigkeit, welche dem Pfluge in der Landwirthſchaft zu- kommt, verdient der- ſelbe eine eingehendere Beſprechung.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/114>, abgerufen am 28.03.2024.