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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Die Knollen- und Wurzelfrüchte.
mehr statt. Gegen den Frost sind die Kartoffeltriebe sehr empfindlich, indem sie weniger
durch die directe Kälteeinwirkung als durch die Wärmeausstrahlung schon bei Temperaturen
nicht wesentlich unter 0° beschädigt werden.

Die ersten Blätter sprossen bei einer Mitteltemperatur von 11.5--13°C. nach 29--16
Tagen (334--212°C.) aus dem Boden hervor. Die Blüthe tritt bei einer mittleren Luft-
temperatur von 13.8 und einer Bodentemperatur von 14.7°C. in 36--40 Tagen nach
dem Keimen und die Knollenreife von der Blüthe in 50--60 Tagen ein, so zwar, daß die
gesammte Vegetationsdauer 116--144 Tage beträgt. Bei Frühkartoffeln kann jedoch die
Vegetationsdauer 70--90, bei Spätkartoffeln 180 Tage erreichen. Die erforderliche Wärme-
summe von der Saat bis zur Reife der Knollen beträgt 1300--1600°C.

Trotzdem die Blattoberfläche einer Kartoffelpflanze nach den Messungen von Dr. Th.
v. Gohren 1) 3453 #Ctm. beträchtlich ist, so besitzt die mit Kartoffeln bestandene Fläche
gegenüber anderen Culturpflanzen die geringste Blattoberfläche. Erstere = 100 verhält sich
zu der Blattfläche auf einem Zuckerrübenfelde wie 100:147, Kleefelde: 456, Roggenfelde (ge-
drillt): 792, Haferfelde (gedrillt): 1336. Frühreife Sorten haben in der Regel ein sehr
niedriges, spätreifende ein hoch gewachsenes Kraut. Je höher das Kraut um so größer ist
die Bodenbeschattung und um so unkrautreiner hält sich das Feld. Von der Kraut-
entwickelung hängt die Pflanzweite der Knolle ab.

Aus den Knospenaugen der Knolle entwickeln sich unterirdische Seitentriebe, die Stock-
triebe oder Stolonen, welche sich, wenn sie im Boden verbleiben, zu Knollen verdicken,
wenn sie über den Boden gelangen, zu Laubstengeln auswachsen. An denselben Achselstellen
entwickeln sich auch zahlreiche Wurzeln, welche die Nahrung aus dem Boden aufnehmen.
Bei ertragreichen Sorten ist die Wurzelentwickelung der Kartoffel nur mäßig. Bei den-
selben bilden sich an einer mächtig entwickelten, ungetheilten Hauptwurzel aus den
Schuppenachseln eine mäßige Menge von Wurzelfasern. Bei geringwerthigen Sorten ent-
wickeln sich dagegen zahlreiche, langbärtige Wurzelfasern an einer schmächtigen Hauptwurzel.
Diese Wurzelentwickelung bezeichnet man als lodig. Je mehr Stolonen die Pflanze ent-
wickelt und je reichlicher dieselben verzweigt sind, um so mehr Knollen sind zu erwarten.
Bei übermäßiger Stolonenentwickelung, wie bei übermäßiger Krautbildung finden sich zwar
zahlreiche aber nur kleine Knollen.

Die oberirdischen aus den Blattachseln hervorkommenden Seitenzweige sind, wie das
von J. Kühn 2) beobachtete Vorkommen von Knöllchen im Kartoffelkraute darthut, von
physiologischer Gleichwerthigkeit mit den aus den Achseln der Schuppenblätter hervortretenden
Stolonen; deren Bildung kann daher durch frühzeitiges Heranziehen des Bodens durch
Umwandlung der Seitenzweige befördert werden.

Unter Umständen tritt ein Durchwachsen der Knollen besonders bei spätreifenden
Sorten ein. In diesem Falle entwickeln sich entweder unmittelbar an einer Mutterknolle
(Kindelbildungen) oder an der Spitze aus dieser hervorwachsender Bruttriebe neue Knollen.
Die Bildung dieser Tochterknollen geschieht nach J. Kühn 3) nicht auf Kosten der Mutter-
knolle, da sie mit dieser gleichen Stärkemehlgehalt besitzt, sondern durch Einwanderung von
neuen Reservestoffen aus der Pflanze. Erfolgt das Auswachsen nach dem Absterben des
Krautes, so ist dasselbe dann allerdings nur auf Kosten der früher gebildeten Mutter-
knollen möglich.


1) Landw. Vers. Stat. IX. 298.
2) J. Kühn, Berichte aus dem physiol. Laborat. des l. Inst. der Univ. Halle; 1. Heft.
Bericht über Versuche zur Prüfung des Gülich'schen Verfahrens beim Anbau der Kartoffel.
Halle, 1872, S. 32.
3) Zeitschrift für die Prov. Sachsen. XXV. S. 322.

Die Knollen- und Wurzelfrüchte.
mehr ſtatt. Gegen den Froſt ſind die Kartoffeltriebe ſehr empfindlich, indem ſie weniger
durch die directe Kälteeinwirkung als durch die Wärmeausſtrahlung ſchon bei Temperaturen
nicht weſentlich unter 0° beſchädigt werden.

Die erſten Blätter ſproſſen bei einer Mitteltemperatur von 11.5—13°C. nach 29—16
Tagen (334—212°C.) aus dem Boden hervor. Die Blüthe tritt bei einer mittleren Luft-
temperatur von 13.8 und einer Bodentemperatur von 14.7°C. in 36—40 Tagen nach
dem Keimen und die Knollenreife von der Blüthe in 50—60 Tagen ein, ſo zwar, daß die
geſammte Vegetationsdauer 116—144 Tage beträgt. Bei Frühkartoffeln kann jedoch die
Vegetationsdauer 70—90, bei Spätkartoffeln 180 Tage erreichen. Die erforderliche Wärme-
ſumme von der Saat bis zur Reife der Knollen beträgt 1300—1600°C.

Trotzdem die Blattoberfläche einer Kartoffelpflanze nach den Meſſungen von Dr. Th.
v. Gohren 1) 3453 □Ctm. beträchtlich iſt, ſo beſitzt die mit Kartoffeln beſtandene Fläche
gegenüber anderen Culturpflanzen die geringſte Blattoberfläche. Erſtere = 100 verhält ſich
zu der Blattfläche auf einem Zuckerrübenfelde wie 100:147, Kleefelde: 456, Roggenfelde (ge-
drillt): 792, Haferfelde (gedrillt): 1336. Frühreife Sorten haben in der Regel ein ſehr
niedriges, ſpätreifende ein hoch gewachſenes Kraut. Je höher das Kraut um ſo größer iſt
die Bodenbeſchattung und um ſo unkrautreiner hält ſich das Feld. Von der Kraut-
entwickelung hängt die Pflanzweite der Knolle ab.

Aus den Knospenaugen der Knolle entwickeln ſich unterirdiſche Seitentriebe, die Stock-
triebe oder Stolonen, welche ſich, wenn ſie im Boden verbleiben, zu Knollen verdicken,
wenn ſie über den Boden gelangen, zu Laubſtengeln auswachſen. An denſelben Achſelſtellen
entwickeln ſich auch zahlreiche Wurzeln, welche die Nahrung aus dem Boden aufnehmen.
Bei ertragreichen Sorten iſt die Wurzelentwickelung der Kartoffel nur mäßig. Bei den-
ſelben bilden ſich an einer mächtig entwickelten, ungetheilten Hauptwurzel aus den
Schuppenachſeln eine mäßige Menge von Wurzelfaſern. Bei geringwerthigen Sorten ent-
wickeln ſich dagegen zahlreiche, langbärtige Wurzelfaſern an einer ſchmächtigen Hauptwurzel.
Dieſe Wurzelentwickelung bezeichnet man als lodig. Je mehr Stolonen die Pflanze ent-
wickelt und je reichlicher dieſelben verzweigt ſind, um ſo mehr Knollen ſind zu erwarten.
Bei übermäßiger Stolonenentwickelung, wie bei übermäßiger Krautbildung finden ſich zwar
zahlreiche aber nur kleine Knollen.

Die oberirdiſchen aus den Blattachſeln hervorkommenden Seitenzweige ſind, wie das
von J. Kühn 2) beobachtete Vorkommen von Knöllchen im Kartoffelkraute darthut, von
phyſiologiſcher Gleichwerthigkeit mit den aus den Achſeln der Schuppenblätter hervortretenden
Stolonen; deren Bildung kann daher durch frühzeitiges Heranziehen des Bodens durch
Umwandlung der Seitenzweige befördert werden.

Unter Umſtänden tritt ein Durchwachſen der Knollen beſonders bei ſpätreifenden
Sorten ein. In dieſem Falle entwickeln ſich entweder unmittelbar an einer Mutterknolle
(Kindelbildungen) oder an der Spitze aus dieſer hervorwachſender Bruttriebe neue Knollen.
Die Bildung dieſer Tochterknollen geſchieht nach J. Kühn 3) nicht auf Koſten der Mutter-
knolle, da ſie mit dieſer gleichen Stärkemehlgehalt beſitzt, ſondern durch Einwanderung von
neuen Reſerveſtoffen aus der Pflanze. Erfolgt das Auswachſen nach dem Abſterben des
Krautes, ſo iſt daſſelbe dann allerdings nur auf Koſten der früher gebildeten Mutter-
knollen möglich.


1) Landw. Verſ. Stat. IX. 298.
2) J. Kühn, Berichte aus dem phyſiol. Laborat. des l. Inſt. der Univ. Halle; 1. Heft.
Bericht über Verſuche zur Prüfung des Gülich’ſchen Verfahrens beim Anbau der Kartoffel.
Halle, 1872, S. 32.
3) Zeitſchrift für die Prov. Sachſen. XXV. S. 322.
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[137/0151] Die Knollen- und Wurzelfrüchte. mehr ſtatt. Gegen den Froſt ſind die Kartoffeltriebe ſehr empfindlich, indem ſie weniger durch die directe Kälteeinwirkung als durch die Wärmeausſtrahlung ſchon bei Temperaturen nicht weſentlich unter 0° beſchädigt werden. Die erſten Blätter ſproſſen bei einer Mitteltemperatur von 11.5—13°C. nach 29—16 Tagen (334—212°C.) aus dem Boden hervor. Die Blüthe tritt bei einer mittleren Luft- temperatur von 13.8 und einer Bodentemperatur von 14.7°C. in 36—40 Tagen nach dem Keimen und die Knollenreife von der Blüthe in 50—60 Tagen ein, ſo zwar, daß die geſammte Vegetationsdauer 116—144 Tage beträgt. Bei Frühkartoffeln kann jedoch die Vegetationsdauer 70—90, bei Spätkartoffeln 180 Tage erreichen. Die erforderliche Wärme- ſumme von der Saat bis zur Reife der Knollen beträgt 1300—1600°C. Trotzdem die Blattoberfläche einer Kartoffelpflanze nach den Meſſungen von Dr. Th. v. Gohren 1) 3453 □Ctm. beträchtlich iſt, ſo beſitzt die mit Kartoffeln beſtandene Fläche gegenüber anderen Culturpflanzen die geringſte Blattoberfläche. Erſtere = 100 verhält ſich zu der Blattfläche auf einem Zuckerrübenfelde wie 100:147, Kleefelde: 456, Roggenfelde (ge- drillt): 792, Haferfelde (gedrillt): 1336. Frühreife Sorten haben in der Regel ein ſehr niedriges, ſpätreifende ein hoch gewachſenes Kraut. Je höher das Kraut um ſo größer iſt die Bodenbeſchattung und um ſo unkrautreiner hält ſich das Feld. Von der Kraut- entwickelung hängt die Pflanzweite der Knolle ab. Aus den Knospenaugen der Knolle entwickeln ſich unterirdiſche Seitentriebe, die Stock- triebe oder Stolonen, welche ſich, wenn ſie im Boden verbleiben, zu Knollen verdicken, wenn ſie über den Boden gelangen, zu Laubſtengeln auswachſen. An denſelben Achſelſtellen entwickeln ſich auch zahlreiche Wurzeln, welche die Nahrung aus dem Boden aufnehmen. Bei ertragreichen Sorten iſt die Wurzelentwickelung der Kartoffel nur mäßig. Bei den- ſelben bilden ſich an einer mächtig entwickelten, ungetheilten Hauptwurzel aus den Schuppenachſeln eine mäßige Menge von Wurzelfaſern. Bei geringwerthigen Sorten ent- wickeln ſich dagegen zahlreiche, langbärtige Wurzelfaſern an einer ſchmächtigen Hauptwurzel. Dieſe Wurzelentwickelung bezeichnet man als lodig. Je mehr Stolonen die Pflanze ent- wickelt und je reichlicher dieſelben verzweigt ſind, um ſo mehr Knollen ſind zu erwarten. Bei übermäßiger Stolonenentwickelung, wie bei übermäßiger Krautbildung finden ſich zwar zahlreiche aber nur kleine Knollen. Die oberirdiſchen aus den Blattachſeln hervorkommenden Seitenzweige ſind, wie das von J. Kühn 2) beobachtete Vorkommen von Knöllchen im Kartoffelkraute darthut, von phyſiologiſcher Gleichwerthigkeit mit den aus den Achſeln der Schuppenblätter hervortretenden Stolonen; deren Bildung kann daher durch frühzeitiges Heranziehen des Bodens durch Umwandlung der Seitenzweige befördert werden. Unter Umſtänden tritt ein Durchwachſen der Knollen beſonders bei ſpätreifenden Sorten ein. In dieſem Falle entwickeln ſich entweder unmittelbar an einer Mutterknolle (Kindelbildungen) oder an der Spitze aus dieſer hervorwachſender Bruttriebe neue Knollen. Die Bildung dieſer Tochterknollen geſchieht nach J. Kühn 3) nicht auf Koſten der Mutter- knolle, da ſie mit dieſer gleichen Stärkemehlgehalt beſitzt, ſondern durch Einwanderung von neuen Reſerveſtoffen aus der Pflanze. Erfolgt das Auswachſen nach dem Abſterben des Krautes, ſo iſt daſſelbe dann allerdings nur auf Koſten der früher gebildeten Mutter- knollen möglich. 1) Landw. Verſ. Stat. IX. 298. 2) J. Kühn, Berichte aus dem phyſiol. Laborat. des l. Inſt. der Univ. Halle; 1. Heft. Bericht über Verſuche zur Prüfung des Gülich’ſchen Verfahrens beim Anbau der Kartoffel. Halle, 1872, S. 32. 3) Zeitſchrift für die Prov. Sachſen. XXV. S. 322.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/151>, abgerufen am 28.03.2024.