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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Die Mehlfrüchte.
1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Roggen bildet die Hauptfrucht für Mittel-
und Nordeuropa. In südlicheren Ländern, wie in Al-
gier, Aegypten wird er seltener gebaut. An seine Stelle
treten in jenen Ländern der Mais und das Sorghum.
In Rumänien, Griechenland, zum Theile auch in Sieben-
bürgen, wird der Roggen meist gemischt mit Weizen
als sogenannte Halbfrucht ausgesäet. Nach Norden
erstreckt sich der Roggenbau in Schweden und Norwegen
bis zum 70°, im europäischen Rußland bis zum 65°,
in Asien bis zum 60° nördl. Breite. Sommerroggen
geht in der Schweiz nicht über 1740 Meter Meeres-
höhe hinaus.

Die Wärmeansprüche des Roggens sind etwas ge-
ringer, als bei dem Weizen, weshalb er rascher seine
Entwickelung durchmacht. Der Vorsprung, welchen der-
selbe gegenüber dem Weizen erreicht, wird um so größer,
je kühler das Klima ist. Bis zum Sichtbarwerden der
Saat nach 13--16 Tagen beansprucht derselbe 114
bis 125°C., bis zum Blühen ohne Einrechnung der
vegetationslosen Zeit, jedoch mit Rücksicht auf die Tages-
länge 1225--1425°C., bis zum Reifen nach 280
bis 322 Tagen 2250--2950°C. In Gegenden mit
feuchtem Herbste und strengem Winter wird der Roggen,
wenn auch in geringer Ausdehnung, als Sommerroggen
gebaut, welcher in 112--140 Tagen seine Entwickelung
beendet.

In feuchtem Klima oder auf feuchtem Boden ver-
zögert sich das Schossen, das Blühen und die Frucht-
reife um einige Tage, dafür bestocken sich die Pflanzen,
wie schon früher erwähnt, viel reichlicher, erreichen einen
höheren Wuchs und geben somit einen größeren Stroh-
ertrag.

Feuchte verträgt er weniger gut als der Weizen, be-
sonders wenn noch eine rauhe Lage hinzukommt. Er
wintert dann viel leichter als der Weizen aus. Da-
gegen kommt der Roggen in rauher und trockener Ge-
gend viel sicherer als der Weizen fort.

Der Roggen gedeiht auf geringeren, besonders we-
niger gebundenen Bodenarten besser als der Weizen,
während derselbe auf frischen, gebundenen Bodenarten
gegen den Weizen zurücksteht. Am zusagendsten sind

[Abbildung] Fig. 18.

Aehre des Winterroggens.
(Secale cereale L.) .

Die Mehlfrüchte.
1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Roggen bildet die Hauptfrucht für Mittel-
und Nordeuropa. In ſüdlicheren Ländern, wie in Al-
gier, Aegypten wird er ſeltener gebaut. An ſeine Stelle
treten in jenen Ländern der Mais und das Sorghum.
In Rumänien, Griechenland, zum Theile auch in Sieben-
bürgen, wird der Roggen meiſt gemiſcht mit Weizen
als ſogenannte Halbfrucht ausgeſäet. Nach Norden
erſtreckt ſich der Roggenbau in Schweden und Norwegen
bis zum 70°, im europäiſchen Rußland bis zum 65°,
in Aſien bis zum 60° nördl. Breite. Sommerroggen
geht in der Schweiz nicht über 1740 Meter Meeres-
höhe hinaus.

Die Wärmeanſprüche des Roggens ſind etwas ge-
ringer, als bei dem Weizen, weshalb er raſcher ſeine
Entwickelung durchmacht. Der Vorſprung, welchen der-
ſelbe gegenüber dem Weizen erreicht, wird um ſo größer,
je kühler das Klima iſt. Bis zum Sichtbarwerden der
Saat nach 13—16 Tagen beanſprucht derſelbe 114
bis 125°C., bis zum Blühen ohne Einrechnung der
vegetationsloſen Zeit, jedoch mit Rückſicht auf die Tages-
länge 1225—1425°C., bis zum Reifen nach 280
bis 322 Tagen 2250—2950°C. In Gegenden mit
feuchtem Herbſte und ſtrengem Winter wird der Roggen,
wenn auch in geringer Ausdehnung, als Sommerroggen
gebaut, welcher in 112—140 Tagen ſeine Entwickelung
beendet.

In feuchtem Klima oder auf feuchtem Boden ver-
zögert ſich das Schoſſen, das Blühen und die Frucht-
reife um einige Tage, dafür beſtocken ſich die Pflanzen,
wie ſchon früher erwähnt, viel reichlicher, erreichen einen
höheren Wuchs und geben ſomit einen größeren Stroh-
ertrag.

Feuchte verträgt er weniger gut als der Weizen, be-
ſonders wenn noch eine rauhe Lage hinzukommt. Er
wintert dann viel leichter als der Weizen aus. Da-
gegen kommt der Roggen in rauher und trockener Ge-
gend viel ſicherer als der Weizen fort.

Der Roggen gedeiht auf geringeren, beſonders we-
niger gebundenen Bodenarten beſſer als der Weizen,
während derſelbe auf friſchen, gebundenen Bodenarten
gegen den Weizen zurückſteht. Am zuſagendſten ſind

[Abbildung] Fig. 18.

Aehre des Winterroggens.
(Secale cereale L.) ⚇.

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[27/0041] Die Mehlfrüchte. 1. Die Wachsthumsbedingungen. Der Roggen bildet die Hauptfrucht für Mittel- und Nordeuropa. In ſüdlicheren Ländern, wie in Al- gier, Aegypten wird er ſeltener gebaut. An ſeine Stelle treten in jenen Ländern der Mais und das Sorghum. In Rumänien, Griechenland, zum Theile auch in Sieben- bürgen, wird der Roggen meiſt gemiſcht mit Weizen als ſogenannte Halbfrucht ausgeſäet. Nach Norden erſtreckt ſich der Roggenbau in Schweden und Norwegen bis zum 70°, im europäiſchen Rußland bis zum 65°, in Aſien bis zum 60° nördl. Breite. Sommerroggen geht in der Schweiz nicht über 1740 Meter Meeres- höhe hinaus. Die Wärmeanſprüche des Roggens ſind etwas ge- ringer, als bei dem Weizen, weshalb er raſcher ſeine Entwickelung durchmacht. Der Vorſprung, welchen der- ſelbe gegenüber dem Weizen erreicht, wird um ſo größer, je kühler das Klima iſt. Bis zum Sichtbarwerden der Saat nach 13—16 Tagen beanſprucht derſelbe 114 bis 125°C., bis zum Blühen ohne Einrechnung der vegetationsloſen Zeit, jedoch mit Rückſicht auf die Tages- länge 1225—1425°C., bis zum Reifen nach 280 bis 322 Tagen 2250—2950°C. In Gegenden mit feuchtem Herbſte und ſtrengem Winter wird der Roggen, wenn auch in geringer Ausdehnung, als Sommerroggen gebaut, welcher in 112—140 Tagen ſeine Entwickelung beendet. In feuchtem Klima oder auf feuchtem Boden ver- zögert ſich das Schoſſen, das Blühen und die Frucht- reife um einige Tage, dafür beſtocken ſich die Pflanzen, wie ſchon früher erwähnt, viel reichlicher, erreichen einen höheren Wuchs und geben ſomit einen größeren Stroh- ertrag. Feuchte verträgt er weniger gut als der Weizen, be- ſonders wenn noch eine rauhe Lage hinzukommt. Er wintert dann viel leichter als der Weizen aus. Da- gegen kommt der Roggen in rauher und trockener Ge- gend viel ſicherer als der Weizen fort. Der Roggen gedeiht auf geringeren, beſonders we- niger gebundenen Bodenarten beſſer als der Weizen, während derſelbe auf friſchen, gebundenen Bodenarten gegen den Weizen zurückſteht. Am zuſagendſten ſind [Abbildung Fig. 18. Aehre des Winterroggens. (Secale cereale L.) ⚇.]

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/41>, abgerufen am 28.03.2024.