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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
Feinde verdienen der Linsenkäfer (Bruchus lentis Kogi.), der rehfärbige Erbsenwickler
(Grapholitha nebritana Fisch.), Fig. 49, S. 70, die Blattlaus (Aphis pisi Kalt.), dann
der Rost (Uromyces apiculatus Lev.) und der Schimmel (Peronospora Viciae
Berk.)
erwähnt zu werden. Lagerfrucht tritt bei dem niederen Wuchse der Linsen
seltener ein.

Das Raufen der Linsen wird vorgenommen, sobald die unteren Hülsen sich zu
bräunen beginnen, wenn auch das Kraut noch grün ist. Der Ertrag stellt sich auf 10
bis 17 Hektoliter a 80 Kilogramm Körner und 0.78--1.2 Tonnen Stroh. Letz-
teres steht im Futterwerthe dem Wiesenhen gleich.

3. Die Wicke.
[Abbildung] Fig. 51.

Wicke (Vicia sativa L.) Sun u. .

Die Wicke, Futterwicke, Feldwicke (Vicia
sativa L.)
Sun u. , Fig. 51, unterscheidet sich von den
übrigen Hülsenfrüchten durch den an der Unter-
seite behaarten Griffel. Hülsen aufrecht, flaumig,
zweiklappig, einfächerig; Samen kugelig, etwas zu-
sammengedrückt. Dieselbe wird in Mitteleuropa
in derselben Ausdehnung wie die Erbse gebaut.
Die Samen dienen verschroten zur Viehmastung
oder auch zur Brodbereitung (Wickenbrod). Am
häufigsten wird die Wicke im Gemenge mit Hafer
ausgesäet, um eine sehr werthvolle Futtermischung
zu erhalten.

Die Wickensamen variiren sowohl in der
Größe als in der Färbung. Zu den großkörni-
gen Wicken gehört die als Futterpflanze gebaute
Narbonner oder Französische Wicke (Vicia nar-
bonnensis L.)
mit großen, kugeligen, dunkelbraunen Samen, die Winterwicke, welche
jedoch nur in milden Lagen sicher fortkommt (S. 65) etc. Am häufigsten ist der
Same schwarz gefärbt, es gibt jedoch auch roth- und gelbsamige Wicken, dann eine
weißsamige Spielart, die Erbslinse (Vicia sativa v. leucospermia Ser.).

Die Wicke, welche eine kurze Vegetationszeit von 18--22 Wochen besitzt, ver-
trägt Kälte und rauhe und feuchte Lage besser als die Erbse, weshalb sie noch bis zum
60° nördl. Breite zur Reife gelangt. Sie gedeiht auf allen der Erbse zusagenden
Bodenarten, überdies auch noch auf gebundenerem Boden. Die besten Samenerträge
gewährt sie auf mildem Lehmboden. Auf die Vorfrucht braucht bei der Wicke keine
besondere Rücksicht genommen zu werden. Gewöhnlich stellt man sie zwischen zwei
Getreidefrüchte. Als Nachfrucht wählt man meist den Weizen, während nach
der Erbse Roggen folgt. Die tiefwurzelnde Wicke wirkt sehr günstig auf die Be-
schaffenheit des Bodens, indem sich durch den starken Blätterabfall der Stickstoff-

Beſondere Pflanzenbaulehre.
Feinde verdienen der Linſenkäfer (Bruchus lentis Kogi.), der rehfärbige Erbſenwickler
(Grapholitha nebritana Fisch.), Fig. 49, S. 70, die Blattlaus (Aphis pisi Kalt.), dann
der Roſt (Uromyces apiculatus Lèv.) und der Schimmel (Peronospora Viciae
Berk.)
erwähnt zu werden. Lagerfrucht tritt bei dem niederen Wuchſe der Linſen
ſeltener ein.

Das Raufen der Linſen wird vorgenommen, ſobald die unteren Hülſen ſich zu
bräunen beginnen, wenn auch das Kraut noch grün iſt. Der Ertrag ſtellt ſich auf 10
bis 17 Hektoliter à 80 Kilogramm Körner und 0.78—1.2 Tonnen Stroh. Letz-
teres ſteht im Futterwerthe dem Wieſenhen gleich.

3. Die Wicke.
[Abbildung] Fig. 51.

Wicke (Vicia sativa L.) ☉ u. ⚇.

Die Wicke, Futterwicke, Feldwicke (Vicia
sativa L.)
☉ u. ⚇, Fig. 51, unterſcheidet ſich von den
übrigen Hülſenfrüchten durch den an der Unter-
ſeite behaarten Griffel. Hülſen aufrecht, flaumig,
zweiklappig, einfächerig; Samen kugelig, etwas zu-
ſammengedrückt. Dieſelbe wird in Mitteleuropa
in derſelben Ausdehnung wie die Erbſe gebaut.
Die Samen dienen verſchroten zur Viehmaſtung
oder auch zur Brodbereitung (Wickenbrod). Am
häufigſten wird die Wicke im Gemenge mit Hafer
ausgeſäet, um eine ſehr werthvolle Futtermiſchung
zu erhalten.

Die Wickenſamen variiren ſowohl in der
Größe als in der Färbung. Zu den großkörni-
gen Wicken gehört die als Futterpflanze gebaute
Narbonner oder Franzöſiſche Wicke (Vicia nar-
bonnensis L.)
mit großen, kugeligen, dunkelbraunen Samen, die Winterwicke, welche
jedoch nur in milden Lagen ſicher fortkommt (S. 65) ꝛc. Am häufigſten iſt der
Same ſchwarz gefärbt, es gibt jedoch auch roth- und gelbſamige Wicken, dann eine
weißſamige Spielart, die Erbslinſe (Vicia sativa v. leucospermia Ser.).

Die Wicke, welche eine kurze Vegetationszeit von 18—22 Wochen beſitzt, ver-
trägt Kälte und rauhe und feuchte Lage beſſer als die Erbſe, weshalb ſie noch bis zum
60° nördl. Breite zur Reife gelangt. Sie gedeiht auf allen der Erbſe zuſagenden
Bodenarten, überdies auch noch auf gebundenerem Boden. Die beſten Samenerträge
gewährt ſie auf mildem Lehmboden. Auf die Vorfrucht braucht bei der Wicke keine
beſondere Rückſicht genommen zu werden. Gewöhnlich ſtellt man ſie zwiſchen zwei
Getreidefrüchte. Als Nachfrucht wählt man meiſt den Weizen, während nach
der Erbſe Roggen folgt. Die tiefwurzelnde Wicke wirkt ſehr günſtig auf die Be-
ſchaffenheit des Bodens, indem ſich durch den ſtarken Blätterabfall der Stickſtoff-

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[72/0086] Beſondere Pflanzenbaulehre. Feinde verdienen der Linſenkäfer (Bruchus lentis Kogi.), der rehfärbige Erbſenwickler (Grapholitha nebritana Fisch.), Fig. 49, S. 70, die Blattlaus (Aphis pisi Kalt.), dann der Roſt (Uromyces apiculatus Lèv.) und der Schimmel (Peronospora Viciae Berk.) erwähnt zu werden. Lagerfrucht tritt bei dem niederen Wuchſe der Linſen ſeltener ein. Das Raufen der Linſen wird vorgenommen, ſobald die unteren Hülſen ſich zu bräunen beginnen, wenn auch das Kraut noch grün iſt. Der Ertrag ſtellt ſich auf 10 bis 17 Hektoliter à 80 Kilogramm Körner und 0.78—1.2 Tonnen Stroh. Letz- teres ſteht im Futterwerthe dem Wieſenhen gleich. 3. Die Wicke. [Abbildung Fig. 51. Wicke (Vicia sativa L.) ☉ u. ⚇. ] Die Wicke, Futterwicke, Feldwicke (Vicia sativa L.) ☉ u. ⚇, Fig. 51, unterſcheidet ſich von den übrigen Hülſenfrüchten durch den an der Unter- ſeite behaarten Griffel. Hülſen aufrecht, flaumig, zweiklappig, einfächerig; Samen kugelig, etwas zu- ſammengedrückt. Dieſelbe wird in Mitteleuropa in derſelben Ausdehnung wie die Erbſe gebaut. Die Samen dienen verſchroten zur Viehmaſtung oder auch zur Brodbereitung (Wickenbrod). Am häufigſten wird die Wicke im Gemenge mit Hafer ausgeſäet, um eine ſehr werthvolle Futtermiſchung zu erhalten. Die Wickenſamen variiren ſowohl in der Größe als in der Färbung. Zu den großkörni- gen Wicken gehört die als Futterpflanze gebaute Narbonner oder Franzöſiſche Wicke (Vicia nar- bonnensis L.) mit großen, kugeligen, dunkelbraunen Samen, die Winterwicke, welche jedoch nur in milden Lagen ſicher fortkommt (S. 65) ꝛc. Am häufigſten iſt der Same ſchwarz gefärbt, es gibt jedoch auch roth- und gelbſamige Wicken, dann eine weißſamige Spielart, die Erbslinſe (Vicia sativa v. leucospermia Ser.). Die Wicke, welche eine kurze Vegetationszeit von 18—22 Wochen beſitzt, ver- trägt Kälte und rauhe und feuchte Lage beſſer als die Erbſe, weshalb ſie noch bis zum 60° nördl. Breite zur Reife gelangt. Sie gedeiht auf allen der Erbſe zuſagenden Bodenarten, überdies auch noch auf gebundenerem Boden. Die beſten Samenerträge gewährt ſie auf mildem Lehmboden. Auf die Vorfrucht braucht bei der Wicke keine beſondere Rückſicht genommen zu werden. Gewöhnlich ſtellt man ſie zwiſchen zwei Getreidefrüchte. Als Nachfrucht wählt man meiſt den Weizen, während nach der Erbſe Roggen folgt. Die tiefwurzelnde Wicke wirkt ſehr günſtig auf die Be- ſchaffenheit des Bodens, indem ſich durch den ſtarken Blätterabfall der Stickſtoff-

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/86>, abgerufen am 29.03.2024.