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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
4. Die großohrigen Schweineracen.

Die Verbreitung des schweren, großohrigen Schweines erstreckt sich über den mitt-
leren, westlichen und nördlichen Theil von Europa, es ist als das eigentliche
von dem Wildschweine abstammende, europäische Hausschwein anzusehen. Die
Thiere dieser Racengruppe sind vorzugsweise charakterisirt durch ihre langen, breiten,
nach vorne, bis über die Augen herabhängenden Ohren, den großen, schmalen Kopf
mit flacher Stirne. An dem Unterkiefer hängen zwei Fleischwarzen, "Glocken",
herab. Der im Verhältnisse zu den hohen Füßen kurze Leib besitzt hohe, schmale
Seiten, ist flachrippig. Der Rücken ist nach aufwärts gebogen, Karpfenrücken. Die
Haut trägt schlichte oder schwach gelockte Borsten, die auf dem Rücken einen mähnen-
artigen Kamm bilden. Die Färbung der Borsten ist vorherrschend gelblich-weiß,

[Abbildung] Fig. 187.

Veredeltes Marschschwein. (Race Augeronne) -- 20 Monate alt. Prämirt auf der Aus-
stellung zu Paris 1854.

doch kommen auch schwarzscheckige, am seltensten ganz schwarze Schweine vor. Die
Entwickelung der großohrigen Schweine geht langsam vor sich; erst im 3. Jahre
werden die Thiere zur Mast tauglich. Die Ausmästung braucht lange Zeit, sie
geben aber dann bei reichlicher Nahrung schmackhaftes, zartes und feinfaseriges
Fleisch. Sie zählen zu den größten Schweinen. Ausgewachsen werden sie 0.9--1
Meter hoch, 1.5--2 Meter lang und erreichen gemästet 300--450 Kilogr. und
mehr Lebendgewicht. Die Fruchtbarkeit ist eine große; die Sau wirft gewöhnlich
10--12, mitunter auch bis zu 20 Ferkel. Um ihre langsame Entwickelung und
Ausmästung, und ihr reichliches Futtererforderniß zu beseitigen, werden sie vielfach
mit schnellwüchsigen, englischen Schweinen gekreuzt, wodurch sich auch ihre Bösartig-

Beſondere Thierzuchtlehre.
4. Die großohrigen Schweineracen.

Die Verbreitung des ſchweren, großohrigen Schweines erſtreckt ſich über den mitt-
leren, weſtlichen und nördlichen Theil von Europa, es iſt als das eigentliche
von dem Wildſchweine abſtammende, europäiſche Hausſchwein anzuſehen. Die
Thiere dieſer Racengruppe ſind vorzugsweiſe charakteriſirt durch ihre langen, breiten,
nach vorne, bis über die Augen herabhängenden Ohren, den großen, ſchmalen Kopf
mit flacher Stirne. An dem Unterkiefer hängen zwei Fleiſchwarzen, „Glocken“,
herab. Der im Verhältniſſe zu den hohen Füßen kurze Leib beſitzt hohe, ſchmale
Seiten, iſt flachrippig. Der Rücken iſt nach aufwärts gebogen, Karpfenrücken. Die
Haut trägt ſchlichte oder ſchwach gelockte Borſten, die auf dem Rücken einen mähnen-
artigen Kamm bilden. Die Färbung der Borſten iſt vorherrſchend gelblich-weiß,

[Abbildung] Fig. 187.

Veredeltes Marſchſchwein. (Race Augeronne) — 20 Monate alt. Prämirt auf der Aus-
ſtellung zu Paris 1854.

doch kommen auch ſchwarzſcheckige, am ſeltenſten ganz ſchwarze Schweine vor. Die
Entwickelung der großohrigen Schweine geht langſam vor ſich; erſt im 3. Jahre
werden die Thiere zur Maſt tauglich. Die Ausmäſtung braucht lange Zeit, ſie
geben aber dann bei reichlicher Nahrung ſchmackhaftes, zartes und feinfaſeriges
Fleiſch. Sie zählen zu den größten Schweinen. Ausgewachſen werden ſie 0.9—1
Meter hoch, 1.5—2 Meter lang und erreichen gemäſtet 300—450 Kilogr. und
mehr Lebendgewicht. Die Fruchtbarkeit iſt eine große; die Sau wirft gewöhnlich
10—12, mitunter auch bis zu 20 Ferkel. Um ihre langſame Entwickelung und
Ausmäſtung, und ihr reichliches Futtererforderniß zu beſeitigen, werden ſie vielfach
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[272/0288] Beſondere Thierzuchtlehre. 4. Die großohrigen Schweineracen. Die Verbreitung des ſchweren, großohrigen Schweines erſtreckt ſich über den mitt- leren, weſtlichen und nördlichen Theil von Europa, es iſt als das eigentliche von dem Wildſchweine abſtammende, europäiſche Hausſchwein anzuſehen. Die Thiere dieſer Racengruppe ſind vorzugsweiſe charakteriſirt durch ihre langen, breiten, nach vorne, bis über die Augen herabhängenden Ohren, den großen, ſchmalen Kopf mit flacher Stirne. An dem Unterkiefer hängen zwei Fleiſchwarzen, „Glocken“, herab. Der im Verhältniſſe zu den hohen Füßen kurze Leib beſitzt hohe, ſchmale Seiten, iſt flachrippig. Der Rücken iſt nach aufwärts gebogen, Karpfenrücken. Die Haut trägt ſchlichte oder ſchwach gelockte Borſten, die auf dem Rücken einen mähnen- artigen Kamm bilden. Die Färbung der Borſten iſt vorherrſchend gelblich-weiß, [Abbildung Fig. 187. Veredeltes Marſchſchwein. (Race Augeronne) — 20 Monate alt. Prämirt auf der Aus- ſtellung zu Paris 1854.] doch kommen auch ſchwarzſcheckige, am ſeltenſten ganz ſchwarze Schweine vor. Die Entwickelung der großohrigen Schweine geht langſam vor ſich; erſt im 3. Jahre werden die Thiere zur Maſt tauglich. Die Ausmäſtung braucht lange Zeit, ſie geben aber dann bei reichlicher Nahrung ſchmackhaftes, zartes und feinfaſeriges Fleiſch. Sie zählen zu den größten Schweinen. Ausgewachſen werden ſie 0.9—1 Meter hoch, 1.5—2 Meter lang und erreichen gemäſtet 300—450 Kilogr. und mehr Lebendgewicht. Die Fruchtbarkeit iſt eine große; die Sau wirft gewöhnlich 10—12, mitunter auch bis zu 20 Ferkel. Um ihre langſame Entwickelung und Ausmäſtung, und ihr reichliches Futtererforderniß zu beſeitigen, werden ſie vielfach mit ſchnellwüchſigen, engliſchen Schweinen gekreuzt, wodurch ſich auch ihre Bösartig-

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/288>, abgerufen am 20.04.2024.