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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Unterthanen wegen Uebertretung des sechsten Gebots strafen. Da
soll doch ein siedig's Donnerwetter!

Bitt' dich um Gotteswillen! sagte Christine, die ihm, obgleich sie
ganz allein waren, schon mehrmals den Mund zu stopfen gesucht
hatte: du red'st dich in's Unglück!

Ich sag's ja nur dir, entgegnete er, und der Bach da wird's auch
nicht ausschwätzen. Aber der Pfaff soll einmal vor den Herzog treten
und ihn fragen, was er zu der bösen That sage und ob er nicht Gott
und die liebe Obrigkeit um Verzeihung bitten wolle.

Ich muß jetzt heim, sagte Christine, begleit' mich noch ein wenig.

Komm, Frau Friederin. Wenn du jetzt auch noch nichts weiter
bist als das, so bist du doch viel mehr als des Herzogs Damen alle
mit einander. Rebsweiber sagt die Bibel, wenn sie's noch gnädig
macht. Aber der Salomo ist ein Judenkönig gewesen, und kein Herzog
Karl zu Wirtemberg und Teck sammt seinen Resolutionen.


19.

Lausbub', lüderlicher! schrie der Sonnenwirth seinem Sohne bei
dessen Heimkunft entgegen: lügst mich an als ob du bemüht wärst
Schimpf und Schand' von mir abzuwälzen, und thust in der gleichen
Zeit das Gegentheil, machst schlechte Anschläg' mit deiner Person
zusammen, gibst bei Kirchenconvent vor, du habest ein Eh'verlöbniß
eingegangen, um mich dadurch, wie du vermeinst, zu meiner Ein¬
willigung zu zwingen, und sprengst mich selber vor die Herren, daß
ich deine Schandthaten ausbaden soll.

Nur gemach, Vater, erwiderte Friedrich dem Wüthenden, von Lü¬
gen kann gar nicht die Rede sein, denn wie ich's mit der Christine
hab', das hab' ich Euch ja von Anfang an ohne Umschweif' und
ganz unverränkelt gesagt, und ausgemacht hab' ich mit ihr nichts
anders, als daß wir bei der Wahrheit bleiben wollen. Habt Ihr
aber gemeint, ich werd' sie überreden, daß sie sich selber zum Nach¬
theil und zur Schmach eine Lüge sagen solle, so seid Ihr eben schief
drangewesen, denn ich hab' Euch nichts dergleichen versprochen. Dessen

Unterthanen wegen Uebertretung des ſechsten Gebots ſtrafen. Da
ſoll doch ein ſiedig's Donnerwetter!

Bitt' dich um Gotteswillen! ſagte Chriſtine, die ihm, obgleich ſie
ganz allein waren, ſchon mehrmals den Mund zu ſtopfen geſucht
hatte: du red'ſt dich in's Unglück!

Ich ſag's ja nur dir, entgegnete er, und der Bach da wird's auch
nicht ausſchwätzen. Aber der Pfaff ſoll einmal vor den Herzog treten
und ihn fragen, was er zu der böſen That ſage und ob er nicht Gott
und die liebe Obrigkeit um Verzeihung bitten wolle.

Ich muß jetzt heim, ſagte Chriſtine, begleit' mich noch ein wenig.

Komm, Frau Friederin. Wenn du jetzt auch noch nichts weiter
biſt als das, ſo biſt du doch viel mehr als des Herzogs Damen alle
mit einander. Rebsweiber ſagt die Bibel, wenn ſie's noch gnädig
macht. Aber der Salomo iſt ein Judenkönig geweſen, und kein Herzog
Karl zu Wirtemberg und Teck ſammt ſeinen Reſolutionen.


19.

Lausbub', lüderlicher! ſchrie der Sonnenwirth ſeinem Sohne bei
deſſen Heimkunft entgegen: lügſt mich an als ob du bemüht wärſt
Schimpf und Schand' von mir abzuwälzen, und thuſt in der gleichen
Zeit das Gegentheil, machſt ſchlechte Anſchläg' mit deiner Perſon
zuſammen, gibſt bei Kirchenconvent vor, du habeſt ein Eh'verlöbniß
eingegangen, um mich dadurch, wie du vermeinſt, zu meiner Ein¬
willigung zu zwingen, und ſprengſt mich ſelber vor die Herren, daß
ich deine Schandthaten ausbaden ſoll.

Nur gemach, Vater, erwiderte Friedrich dem Wüthenden, von Lü¬
gen kann gar nicht die Rede ſein, denn wie ich's mit der Chriſtine
hab', das hab' ich Euch ja von Anfang an ohne Umſchweif' und
ganz unverränkelt geſagt, und ausgemacht hab' ich mit ihr nichts
anders, als daß wir bei der Wahrheit bleiben wollen. Habt Ihr
aber gemeint, ich werd' ſie überreden, daß ſie ſich ſelber zum Nach¬
theil und zur Schmach eine Lüge ſagen ſolle, ſo ſeid Ihr eben ſchief
drangeweſen, denn ich hab' Euch nichts dergleichen verſprochen. Deſſen

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[192/0208] Unterthanen wegen Uebertretung des ſechsten Gebots ſtrafen. Da ſoll doch ein ſiedig's Donnerwetter! Bitt' dich um Gotteswillen! ſagte Chriſtine, die ihm, obgleich ſie ganz allein waren, ſchon mehrmals den Mund zu ſtopfen geſucht hatte: du red'ſt dich in's Unglück! Ich ſag's ja nur dir, entgegnete er, und der Bach da wird's auch nicht ausſchwätzen. Aber der Pfaff ſoll einmal vor den Herzog treten und ihn fragen, was er zu der böſen That ſage und ob er nicht Gott und die liebe Obrigkeit um Verzeihung bitten wolle. Ich muß jetzt heim, ſagte Chriſtine, begleit' mich noch ein wenig. Komm, Frau Friederin. Wenn du jetzt auch noch nichts weiter biſt als das, ſo biſt du doch viel mehr als des Herzogs Damen alle mit einander. Rebsweiber ſagt die Bibel, wenn ſie's noch gnädig macht. Aber der Salomo iſt ein Judenkönig geweſen, und kein Herzog Karl zu Wirtemberg und Teck ſammt ſeinen Reſolutionen. 19. Lausbub', lüderlicher! ſchrie der Sonnenwirth ſeinem Sohne bei deſſen Heimkunft entgegen: lügſt mich an als ob du bemüht wärſt Schimpf und Schand' von mir abzuwälzen, und thuſt in der gleichen Zeit das Gegentheil, machſt ſchlechte Anſchläg' mit deiner Perſon zuſammen, gibſt bei Kirchenconvent vor, du habeſt ein Eh'verlöbniß eingegangen, um mich dadurch, wie du vermeinſt, zu meiner Ein¬ willigung zu zwingen, und ſprengſt mich ſelber vor die Herren, daß ich deine Schandthaten ausbaden ſoll. Nur gemach, Vater, erwiderte Friedrich dem Wüthenden, von Lü¬ gen kann gar nicht die Rede ſein, denn wie ich's mit der Chriſtine hab', das hab' ich Euch ja von Anfang an ohne Umſchweif' und ganz unverränkelt geſagt, und ausgemacht hab' ich mit ihr nichts anders, als daß wir bei der Wahrheit bleiben wollen. Habt Ihr aber gemeint, ich werd' ſie überreden, daß ſie ſich ſelber zum Nach¬ theil und zur Schmach eine Lüge ſagen ſolle, ſo ſeid Ihr eben ſchief drangeweſen, denn ich hab' Euch nichts dergleichen verſprochen. Deſſen

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/208>, abgerufen am 19.04.2024.