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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
Genehmigung ist zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den
Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrath einer jeden auf Erwerb
gerichteten Gesellschaft erforderlich 1); sie darf jedoch nicht er-
theilt werden, sofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit
einer Remuneration verbunden ist. Die ertheilte Genehmigung
ist jederzeit widerruflich." Ges. §. 16 2).

4) Für Militärbeamte finden überdies Anwendung die in §§. 40.
41. 43. 47. des Militärgesetzes v. 2. Mai 1874 getroffenen Be-
stimmungen; für Reichsbankbeamte die Vorschrift im §. 28 des
Ges. v. 14. März 1875, daß sie Antheilscheine der Reichsbank
nicht besitzen dürfen.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.

Die Verletzung der den Beamten obliegenden Pflichten kann
Rechtsfolgen dreifacher Art herbeiführen, nämlich strafrechtliche,
privatrechtliche und disciplinarische. Die letzteren sind die eigent-
lich staatsrechtlichen Folgen der Pflichtverletzung; sie beruhen
auf der staatlichen Natur des Beamten-Verhältnisses und haben
keine anderweitigen Voraussetzungen, als die Verletzung der
durch den Staatsdienst begründeten Pflichten. Dagegen treten
die privatrechtlichen Folgen nur ein, wenn mit der Pflichtverletzung
noch eine Vermögensbeschädigung verbunden ist und die strafrecht-
lichen Folgen treten ebenfalls nicht wegen jeder Art von Pflicht-
verletzung ein, sondern nur wegen solcher, welche zugleich den
Thatbestand eines strafbaren Delictes bilden. Andererseits treten
die disciplinarischen Folgen einer Pflichtverletzung nur bei eigent-
lichen Beamten ein, während die strafrechtliche und privatrechtliche
Verantwortlichkeit auch Platz greifen kann bei Verletzungen der
Amtspflicht Seitens solcher Personen, die ein Amt haben ohne
Staatsdiener (Beamte) zu sein. (Siehe oben S. 384). Die drei Arten

Gesetz vom 27. Juni 1873 §. 2 Abs. 3, wonach Personen, welche bei der Ver-
waltung einer Deutschen Eisenbahn betheiligt sind, keinerlei Thätigkeit bei dem
Reichs-Eisenbahn-Amt oder als Reichs-Eisenbahn-Kommissare ausüben können.
1) Daß die Erwerbs- und Wirthschafts-Genossenschaften auch hierunter
fallen, ist nicht zweifelhaft. Ein Antrag, sie auszunehmen, wurde vom Reichs-
tage abgelehnt. (Stenogr. Berichte 1872 S. 904.)
2) Auszüge aus den Verhandlungen des Reichstages, welche dieser Fest-
stellung des Paragraphen vorausgingen, giebt Kanngießer S. 73 ff.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
Genehmigung iſt zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den
Vorſtand, Verwaltungs- oder Aufſichtsrath einer jeden auf Erwerb
gerichteten Geſellſchaft erforderlich 1); ſie darf jedoch nicht er-
theilt werden, ſofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit
einer Remuneration verbunden iſt. Die ertheilte Genehmigung
iſt jederzeit widerruflich.“ Geſ. §. 16 2).

4) Für Militärbeamte finden überdies Anwendung die in §§. 40.
41. 43. 47. des Militärgeſetzes v. 2. Mai 1874 getroffenen Be-
ſtimmungen; für Reichsbankbeamte die Vorſchrift im §. 28 des
Geſ. v. 14. März 1875, daß ſie Antheilſcheine der Reichsbank
nicht beſitzen dürfen.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.

Die Verletzung der den Beamten obliegenden Pflichten kann
Rechtsfolgen dreifacher Art herbeiführen, nämlich ſtrafrechtliche,
privatrechtliche und disciplinariſche. Die letzteren ſind die eigent-
lich ſtaatsrechtlichen Folgen der Pflichtverletzung; ſie beruhen
auf der ſtaatlichen Natur des Beamten-Verhältniſſes und haben
keine anderweitigen Vorausſetzungen, als die Verletzung der
durch den Staatsdienſt begründeten Pflichten. Dagegen treten
die privatrechtlichen Folgen nur ein, wenn mit der Pflichtverletzung
noch eine Vermögensbeſchädigung verbunden iſt und die ſtrafrecht-
lichen Folgen treten ebenfalls nicht wegen jeder Art von Pflicht-
verletzung ein, ſondern nur wegen ſolcher, welche zugleich den
Thatbeſtand eines ſtrafbaren Delictes bilden. Andererſeits treten
die disciplinariſchen Folgen einer Pflichtverletzung nur bei eigent-
lichen Beamten ein, während die ſtrafrechtliche und privatrechtliche
Verantwortlichkeit auch Platz greifen kann bei Verletzungen der
Amtspflicht Seitens ſolcher Perſonen, die ein Amt haben ohne
Staatsdiener (Beamte) zu ſein. (Siehe oben S. 384). Die drei Arten

Geſetz vom 27. Juni 1873 §. 2 Abſ. 3, wonach Perſonen, welche bei der Ver-
waltung einer Deutſchen Eiſenbahn betheiligt ſind, keinerlei Thätigkeit bei dem
Reichs-Eiſenbahn-Amt oder als Reichs-Eiſenbahn-Kommiſſare ausüben können.
1) Daß die Erwerbs- und Wirthſchafts-Genoſſenſchaften auch hierunter
fallen, iſt nicht zweifelhaft. Ein Antrag, ſie auszunehmen, wurde vom Reichs-
tage abgelehnt. (Stenogr. Berichte 1872 S. 904.)
2) Auszüge aus den Verhandlungen des Reichstages, welche dieſer Feſt-
ſtellung des Paragraphen vorausgingen, giebt Kanngießer S. 73 ff.
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[432/0452] §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. Genehmigung iſt zu dem Eintritt eines Reichsbeamten in den Vorſtand, Verwaltungs- oder Aufſichtsrath einer jeden auf Erwerb gerichteten Geſellſchaft erforderlich 1); ſie darf jedoch nicht er- theilt werden, ſofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit einer Remuneration verbunden iſt. Die ertheilte Genehmigung iſt jederzeit widerruflich.“ Geſ. §. 16 2). 4) Für Militärbeamte finden überdies Anwendung die in §§. 40. 41. 43. 47. des Militärgeſetzes v. 2. Mai 1874 getroffenen Be- ſtimmungen; für Reichsbankbeamte die Vorſchrift im §. 28 des Geſ. v. 14. März 1875, daß ſie Antheilſcheine der Reichsbank nicht beſitzen dürfen. §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. Die Verletzung der den Beamten obliegenden Pflichten kann Rechtsfolgen dreifacher Art herbeiführen, nämlich ſtrafrechtliche, privatrechtliche und disciplinariſche. Die letzteren ſind die eigent- lich ſtaatsrechtlichen Folgen der Pflichtverletzung; ſie beruhen auf der ſtaatlichen Natur des Beamten-Verhältniſſes und haben keine anderweitigen Vorausſetzungen, als die Verletzung der durch den Staatsdienſt begründeten Pflichten. Dagegen treten die privatrechtlichen Folgen nur ein, wenn mit der Pflichtverletzung noch eine Vermögensbeſchädigung verbunden iſt und die ſtrafrecht- lichen Folgen treten ebenfalls nicht wegen jeder Art von Pflicht- verletzung ein, ſondern nur wegen ſolcher, welche zugleich den Thatbeſtand eines ſtrafbaren Delictes bilden. Andererſeits treten die disciplinariſchen Folgen einer Pflichtverletzung nur bei eigent- lichen Beamten ein, während die ſtrafrechtliche und privatrechtliche Verantwortlichkeit auch Platz greifen kann bei Verletzungen der Amtspflicht Seitens ſolcher Perſonen, die ein Amt haben ohne Staatsdiener (Beamte) zu ſein. (Siehe oben S. 384). Die drei Arten 2) 1) Daß die Erwerbs- und Wirthſchafts-Genoſſenſchaften auch hierunter fallen, iſt nicht zweifelhaft. Ein Antrag, ſie auszunehmen, wurde vom Reichs- tage abgelehnt. (Stenogr. Berichte 1872 S. 904.) 2) Auszüge aus den Verhandlungen des Reichstages, welche dieſer Feſt- ſtellung des Paragraphen vorausgingen, giebt Kanngießer S. 73 ff. 2) Geſetz vom 27. Juni 1873 §. 2 Abſ. 3, wonach Perſonen, welche bei der Ver- waltung einer Deutſchen Eiſenbahn betheiligt ſind, keinerlei Thätigkeit bei dem Reichs-Eiſenbahn-Amt oder als Reichs-Eiſenbahn-Kommiſſare ausüben können.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/452>, abgerufen am 19.04.2024.