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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
die höhere Reichsbehörde, welche den Defektbeschluß abgefaßt oder
für vollstreckbar erklärt hat; eventuell durch die oberste Reichsbe-
hörde. Ohne Rücksicht auf die Beschwerdesumme kann der Rechts-
streit bis in die dritte Instanz verfolgt werden; dieselbe wird
vom Reichs-Oberhandelsgericht gebildet 1).

f) Wenn eine nahe und dringende Gefahr vorhanden ist, daß
ein Beamter, gegen welchen die Zwangsvollstreckung zulässig ist,
sich auf flüchtigen Fuß setzen oder sein Vermögen der Verwendung
zum Ersatz des Defekts entziehen werde, so kann die unmittelbar
vorgesetzte Behörde, auch wenn sie nicht die Eigenschaft einer hö-
heren Reichsbehörde hat, oder der unmittelbar vorgesetzte Beamte
das abzugsfähige Gehalt und nöthigenfalls das übrige bewegliche
Vermögen des Beamten vorläufig in Beschlag nehmen. Der vor-
gesetzten höheren Reichsbehörde ist ungesäumt Anzeige davon zu
machen und deren Genehmigung einzuholen 2).

Auf Antrag des von der Beschlagnahme betroffenen Beamten
hat das Gericht, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden
hat, anzuordnen, daß binnen einer zu bestimmenden Frist der
ordnungsmäßige Defekt-Beschluß beizubringen sei. Wird dieser
Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf weiteren Antrag des
Beamten die Beschlagnahme sofort aufzuheben. Erfolgt der De-
fektbeschluß rechtzeitig, so kann das Gericht des Beschlagnahme-
Ortes den Arrest nicht aufheben, sondern es bleibt alsdann dem
Beamten überlassen, den Rechtsstreit nach Vorschrift des §. 144,
also bei dem ordentlichen Richter des Reichsfiskus, zu erheben 3).

g) Für das Defekten-Verfahren im Verwaltungswege werden
Gebühren und Stempel nicht berechnet 4).

h) Die Vorschriften des Reichs-Beamten-Gesetzes über das
Defekten-Verfahren (§§. 134--148) finden auch auf Personen des
Soldatenstandes Anwendung 5).

III. Die disciplinarischen Folgen.

In der Disciplinar-Bestrafung der Beamten wegen Verletzung
ihrer Dienstpflicht kömmt die juristische Natur des Beamten-Ver-

1) §. 152. 153 a. a. O.
2) §. 146 a. a. O.
3) §. 147 a. a. O.
4) §. 148 a. a. O.
5) §. 157 a. a. O.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
die höhere Reichsbehörde, welche den Defektbeſchluß abgefaßt oder
für vollſtreckbar erklärt hat; eventuell durch die oberſte Reichsbe-
hörde. Ohne Rückſicht auf die Beſchwerdeſumme kann der Rechts-
ſtreit bis in die dritte Inſtanz verfolgt werden; dieſelbe wird
vom Reichs-Oberhandelsgericht gebildet 1).

f) Wenn eine nahe und dringende Gefahr vorhanden iſt, daß
ein Beamter, gegen welchen die Zwangsvollſtreckung zuläſſig iſt,
ſich auf flüchtigen Fuß ſetzen oder ſein Vermögen der Verwendung
zum Erſatz des Defekts entziehen werde, ſo kann die unmittelbar
vorgeſetzte Behörde, auch wenn ſie nicht die Eigenſchaft einer hö-
heren Reichsbehörde hat, oder der unmittelbar vorgeſetzte Beamte
das abzugsfähige Gehalt und nöthigenfalls das übrige bewegliche
Vermögen des Beamten vorläufig in Beſchlag nehmen. Der vor-
geſetzten höheren Reichsbehörde iſt ungeſäumt Anzeige davon zu
machen und deren Genehmigung einzuholen 2).

Auf Antrag des von der Beſchlagnahme betroffenen Beamten
hat das Gericht, in deſſen Bezirk die Beſchlagnahme ſtattgefunden
hat, anzuordnen, daß binnen einer zu beſtimmenden Friſt der
ordnungsmäßige Defekt-Beſchluß beizubringen ſei. Wird dieſer
Anordnung nicht Folge geleiſtet, ſo iſt auf weiteren Antrag des
Beamten die Beſchlagnahme ſofort aufzuheben. Erfolgt der De-
fektbeſchluß rechtzeitig, ſo kann das Gericht des Beſchlagnahme-
Ortes den Arreſt nicht aufheben, ſondern es bleibt alsdann dem
Beamten überlaſſen, den Rechtsſtreit nach Vorſchrift des §. 144,
alſo bei dem ordentlichen Richter des Reichsfiskus, zu erheben 3).

g) Für das Defekten-Verfahren im Verwaltungswege werden
Gebühren und Stempel nicht berechnet 4).

h) Die Vorſchriften des Reichs-Beamten-Geſetzes über das
Defekten-Verfahren (§§. 134—148) finden auch auf Perſonen des
Soldatenſtandes Anwendung 5).

III. Die disciplinariſchen Folgen.

In der Disciplinar-Beſtrafung der Beamten wegen Verletzung
ihrer Dienſtpflicht kömmt die juriſtiſche Natur des Beamten-Ver-

1) §. 152. 153 a. a. O.
2) §. 146 a. a. O.
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[447/0467] §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. die höhere Reichsbehörde, welche den Defektbeſchluß abgefaßt oder für vollſtreckbar erklärt hat; eventuell durch die oberſte Reichsbe- hörde. Ohne Rückſicht auf die Beſchwerdeſumme kann der Rechts- ſtreit bis in die dritte Inſtanz verfolgt werden; dieſelbe wird vom Reichs-Oberhandelsgericht gebildet 1). f) Wenn eine nahe und dringende Gefahr vorhanden iſt, daß ein Beamter, gegen welchen die Zwangsvollſtreckung zuläſſig iſt, ſich auf flüchtigen Fuß ſetzen oder ſein Vermögen der Verwendung zum Erſatz des Defekts entziehen werde, ſo kann die unmittelbar vorgeſetzte Behörde, auch wenn ſie nicht die Eigenſchaft einer hö- heren Reichsbehörde hat, oder der unmittelbar vorgeſetzte Beamte das abzugsfähige Gehalt und nöthigenfalls das übrige bewegliche Vermögen des Beamten vorläufig in Beſchlag nehmen. Der vor- geſetzten höheren Reichsbehörde iſt ungeſäumt Anzeige davon zu machen und deren Genehmigung einzuholen 2). Auf Antrag des von der Beſchlagnahme betroffenen Beamten hat das Gericht, in deſſen Bezirk die Beſchlagnahme ſtattgefunden hat, anzuordnen, daß binnen einer zu beſtimmenden Friſt der ordnungsmäßige Defekt-Beſchluß beizubringen ſei. Wird dieſer Anordnung nicht Folge geleiſtet, ſo iſt auf weiteren Antrag des Beamten die Beſchlagnahme ſofort aufzuheben. Erfolgt der De- fektbeſchluß rechtzeitig, ſo kann das Gericht des Beſchlagnahme- Ortes den Arreſt nicht aufheben, ſondern es bleibt alsdann dem Beamten überlaſſen, den Rechtsſtreit nach Vorſchrift des §. 144, alſo bei dem ordentlichen Richter des Reichsfiskus, zu erheben 3). g) Für das Defekten-Verfahren im Verwaltungswege werden Gebühren und Stempel nicht berechnet 4). h) Die Vorſchriften des Reichs-Beamten-Geſetzes über das Defekten-Verfahren (§§. 134—148) finden auch auf Perſonen des Soldatenſtandes Anwendung 5). III. Die disciplinariſchen Folgen. In der Disciplinar-Beſtrafung der Beamten wegen Verletzung ihrer Dienſtpflicht kömmt die juriſtiſche Natur des Beamten-Ver- 1) §. 152. 153 a. a. O. 2) §. 146 a. a. O. 3) §. 147 a. a. O. 4) §. 148 a. a. O. 5) §. 157 a. a. O.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/467>, abgerufen am 29.03.2024.