Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XVII. Hauptstück.
zu characterisiren. Es ist daher gar nicht zu zweifeln,
daß eine genaue und vollständige Theorie dieser Eigen-
schaften der Körper nicht mehrere und brauchbare
tertia comparationis angeben sollten, dergleichen wir
in dem Vorhergehenden bereits schon häufig ange-
zeiget haben, um Stoff zu einer systematischen und
wissenschaftlichen Vergleichung der Körperwelt und
der Jntellectualwelt zu sammeln, zu welcher die erste
Anlage bereits schon in der Sprache liegt. Der
Mechanismus in den Fibern des Gehirnes, welcher
bey jedem Menschen seine individualen Modificatio-
nen hat, mag ebenfalls zu diesen Benennungen Anlaß
gegeben haben, und zu der Theorie derselben dienen.

§. 554.

Die Kräfte des Willens geben uns noch eine andere
Art von Verbindung an, wodurch die Substanzen
der Jntellectualwelt verbunden, und auf eine tran-
scendente Art zusammengesetzet werden. Das Band
der Freundschaft
ist ein daher genommener Aus-
druck. Es gründet sich nicht, wie die Societäten,
auf einen vorsetzlichen und wegen des gemeinen Nu-
tzens geschlossenen Vertrag, sondern auf die Gleich-
heit der Gesinnung und auf die Harmonie der Gemü-
ther, und ist daher, wo diese vorkömmt, an sich na-
türlich. Die Societäten, welche sich auf Verpflich-
tungen und Verträge gründen, hängen mehr von
einem vorbedachten Vorsatze ab, so fern man sich frey
dazu entschließt. Die Ueberlegung, die dabey vor-
hergeht, ist ein Werk der Erkenntnißkräfte, und diese
müssen das Gute in der Sache überwiegend zeigen,
ehe sich der Wille dazu determinirt. Geschieht aber
dieses, so macht der Vorsatz, bey dem Vertrage zu
bleiben, und demselben gemäß zu verfahren, das

gemein-

XVII. Hauptſtuͤck.
zu characteriſiren. Es iſt daher gar nicht zu zweifeln,
daß eine genaue und vollſtaͤndige Theorie dieſer Eigen-
ſchaften der Koͤrper nicht mehrere und brauchbare
tertia comparationis angeben ſollten, dergleichen wir
in dem Vorhergehenden bereits ſchon haͤufig ange-
zeiget haben, um Stoff zu einer ſyſtematiſchen und
wiſſenſchaftlichen Vergleichung der Koͤrperwelt und
der Jntellectualwelt zu ſammeln, zu welcher die erſte
Anlage bereits ſchon in der Sprache liegt. Der
Mechaniſmus in den Fibern des Gehirnes, welcher
bey jedem Menſchen ſeine individualen Modificatio-
nen hat, mag ebenfalls zu dieſen Benennungen Anlaß
gegeben haben, und zu der Theorie derſelben dienen.

§. 554.

Die Kraͤfte des Willens geben uns noch eine andere
Art von Verbindung an, wodurch die Subſtanzen
der Jntellectualwelt verbunden, und auf eine tran-
ſcendente Art zuſammengeſetzet werden. Das Band
der Freundſchaft
iſt ein daher genommener Aus-
druck. Es gruͤndet ſich nicht, wie die Societaͤten,
auf einen vorſetzlichen und wegen des gemeinen Nu-
tzens geſchloſſenen Vertrag, ſondern auf die Gleich-
heit der Geſinnung und auf die Harmonie der Gemuͤ-
ther, und iſt daher, wo dieſe vorkoͤmmt, an ſich na-
tuͤrlich. Die Societaͤten, welche ſich auf Verpflich-
tungen und Vertraͤge gruͤnden, haͤngen mehr von
einem vorbedachten Vorſatze ab, ſo fern man ſich frey
dazu entſchließt. Die Ueberlegung, die dabey vor-
hergeht, iſt ein Werk der Erkenntnißkraͤfte, und dieſe
muͤſſen das Gute in der Sache uͤberwiegend zeigen,
ehe ſich der Wille dazu determinirt. Geſchieht aber
dieſes, ſo macht der Vorſatz, bey dem Vertrage zu
bleiben, und demſelben gemaͤß zu verfahren, das

gemein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0182" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
zu characteri&#x017F;iren. Es i&#x017F;t daher gar nicht zu zweifeln,<lb/>
daß eine genaue und voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Theorie die&#x017F;er Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften der Ko&#x0364;rper nicht mehrere und brauchbare<lb/><hi rendition="#aq">tertia comparationis</hi> angeben &#x017F;ollten, dergleichen wir<lb/>
in dem Vorhergehenden bereits &#x017F;chon ha&#x0364;ufig ange-<lb/>
zeiget haben, um Stoff zu einer &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen und<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Vergleichung der Ko&#x0364;rperwelt und<lb/>
der Jntellectualwelt zu &#x017F;ammeln, zu welcher die er&#x017F;te<lb/>
Anlage bereits &#x017F;chon in der Sprache liegt. Der<lb/>
Mechani&#x017F;mus in den Fibern des Gehirnes, welcher<lb/>
bey jedem Men&#x017F;chen &#x017F;eine individualen Modificatio-<lb/>
nen hat, mag ebenfalls zu die&#x017F;en Benennungen Anlaß<lb/>
gegeben haben, und zu der Theorie der&#x017F;elben dienen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 554.</head><lb/>
            <p>Die Kra&#x0364;fte des Willens geben uns noch eine andere<lb/>
Art von Verbindung an, wodurch die Sub&#x017F;tanzen<lb/>
der Jntellectualwelt verbunden, und auf eine tran-<lb/>
&#x017F;cendente Art zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzet werden. Das <hi rendition="#fr">Band<lb/>
der Freund&#x017F;chaft</hi> i&#x017F;t ein daher genommener Aus-<lb/>
druck. Es gru&#x0364;ndet &#x017F;ich nicht, wie die Societa&#x0364;ten,<lb/>
auf einen vor&#x017F;etzlichen und wegen des gemeinen Nu-<lb/>
tzens ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Vertrag, &#x017F;ondern auf die Gleich-<lb/>
heit der Ge&#x017F;innung und auf die Harmonie der Gemu&#x0364;-<lb/>
ther, und i&#x017F;t daher, wo die&#x017F;e vorko&#x0364;mmt, an &#x017F;ich na-<lb/>
tu&#x0364;rlich. Die Societa&#x0364;ten, welche &#x017F;ich auf Verpflich-<lb/>
tungen und Vertra&#x0364;ge gru&#x0364;nden, ha&#x0364;ngen mehr von<lb/>
einem vorbedachten Vor&#x017F;atze ab, &#x017F;o fern man &#x017F;ich frey<lb/>
dazu ent&#x017F;chließt. Die Ueberlegung, die dabey vor-<lb/>
hergeht, i&#x017F;t ein Werk der Erkenntnißkra&#x0364;fte, und die&#x017F;e<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en das Gute in der Sache u&#x0364;berwiegend zeigen,<lb/>
ehe &#x017F;ich der Wille dazu determinirt. Ge&#x017F;chieht aber<lb/>
die&#x017F;es, &#x017F;o macht der Vor&#x017F;atz, bey dem Vertrage zu<lb/>
bleiben, und dem&#x017F;elben gema&#x0364;ß zu verfahren, das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gemein-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] XVII. Hauptſtuͤck. zu characteriſiren. Es iſt daher gar nicht zu zweifeln, daß eine genaue und vollſtaͤndige Theorie dieſer Eigen- ſchaften der Koͤrper nicht mehrere und brauchbare tertia comparationis angeben ſollten, dergleichen wir in dem Vorhergehenden bereits ſchon haͤufig ange- zeiget haben, um Stoff zu einer ſyſtematiſchen und wiſſenſchaftlichen Vergleichung der Koͤrperwelt und der Jntellectualwelt zu ſammeln, zu welcher die erſte Anlage bereits ſchon in der Sprache liegt. Der Mechaniſmus in den Fibern des Gehirnes, welcher bey jedem Menſchen ſeine individualen Modificatio- nen hat, mag ebenfalls zu dieſen Benennungen Anlaß gegeben haben, und zu der Theorie derſelben dienen. §. 554. Die Kraͤfte des Willens geben uns noch eine andere Art von Verbindung an, wodurch die Subſtanzen der Jntellectualwelt verbunden, und auf eine tran- ſcendente Art zuſammengeſetzet werden. Das Band der Freundſchaft iſt ein daher genommener Aus- druck. Es gruͤndet ſich nicht, wie die Societaͤten, auf einen vorſetzlichen und wegen des gemeinen Nu- tzens geſchloſſenen Vertrag, ſondern auf die Gleich- heit der Geſinnung und auf die Harmonie der Gemuͤ- ther, und iſt daher, wo dieſe vorkoͤmmt, an ſich na- tuͤrlich. Die Societaͤten, welche ſich auf Verpflich- tungen und Vertraͤge gruͤnden, haͤngen mehr von einem vorbedachten Vorſatze ab, ſo fern man ſich frey dazu entſchließt. Die Ueberlegung, die dabey vor- hergeht, iſt ein Werk der Erkenntnißkraͤfte, und dieſe muͤſſen das Gute in der Sache uͤberwiegend zeigen, ehe ſich der Wille dazu determinirt. Geſchieht aber dieſes, ſo macht der Vorſatz, bey dem Vertrage zu bleiben, und demſelben gemaͤß zu verfahren, das gemein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/182
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/182>, abgerufen am 29.03.2024.