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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XX. Hauptstück.
schlossen werden. Da bey dem Anstoßen des Soli-
den an ein anderes, der Druck aus jenem in dieses
übergeht, und sich durch das Solide fortpflanzet,
dieser Druck aber von den Kräften herrühret, welche
die Theile des Soliden in Verbindung erhalten, so
ist kein Zweifel, daß nicht die Kräfte sollten Sub-
stanzen von der Art seyn, welche sich in dem Soliden
befinden können, und in welchen hinwiederum das
Solide ist, ohne daß eines das andere von dem Orte
ausschließe. Dazu wird nun eine völlige Ungleich-
artigkeit erfordert, und wenn das Solide materiell
genennet wird, so werden die Kräfte nothwendig im-
materielle Substanzen seyn. Wir haben von den
Kräften, welche das Solide in Bewegung setzen,
keinen andern Begriff, als daß wir sagen, wir em-
pfinden,
daß wir eine Kraft anwenden müssen,
um eine Last zu heben, zu stoßen, zu bewegen etc.
(§. 97. 374. 378.), und diese Kraft besteht allerdings
aus der Summe der Kräfte, die in den einzeln Thei-
len des Leibes, und besonders der Gliedmaßen, Mus-
keln etc. sind, die wir zu dem Heben, Stoßen, Be-
wegen etc. der Last gebrauchen. Ob in dieser Em-
pfindung etwas vorkomme, welches uns die Kraft
von dem Soliden dergestalt unterscheiden machen kön-
ne, daß wir die Kraft nicht als etwas Solides oder
Materielles ansehen, lasse ich dahin gestellet. Die
Empfindung giebt uns die Kraft, als etwas von dem
Soliden verschiedenes an, weil wir dieses immer
außer uns, die Kraft aber in uns empfinden.

§. 624.

Giebt es aber außer dem Soliden noch andere Ar-
ten von Substanzen, welche schlechthin nicht solid
noch materiell sind, so fällt es uns schwer, die Ab-

zählung

XX. Hauptſtuͤck.
ſchloſſen werden. Da bey dem Anſtoßen des Soli-
den an ein anderes, der Druck aus jenem in dieſes
uͤbergeht, und ſich durch das Solide fortpflanzet,
dieſer Druck aber von den Kraͤften herruͤhret, welche
die Theile des Soliden in Verbindung erhalten, ſo
iſt kein Zweifel, daß nicht die Kraͤfte ſollten Sub-
ſtanzen von der Art ſeyn, welche ſich in dem Soliden
befinden koͤnnen, und in welchen hinwiederum das
Solide iſt, ohne daß eines das andere von dem Orte
ausſchließe. Dazu wird nun eine voͤllige Ungleich-
artigkeit erfordert, und wenn das Solide materiell
genennet wird, ſo werden die Kraͤfte nothwendig im-
materielle Subſtanzen ſeyn. Wir haben von den
Kraͤften, welche das Solide in Bewegung ſetzen,
keinen andern Begriff, als daß wir ſagen, wir em-
pfinden,
daß wir eine Kraft anwenden muͤſſen,
um eine Laſt zu heben, zu ſtoßen, zu bewegen ꝛc.
(§. 97. 374. 378.), und dieſe Kraft beſteht allerdings
aus der Summe der Kraͤfte, die in den einzeln Thei-
len des Leibes, und beſonders der Gliedmaßen, Mus-
keln ꝛc. ſind, die wir zu dem Heben, Stoßen, Be-
wegen ꝛc. der Laſt gebrauchen. Ob in dieſer Em-
pfindung etwas vorkomme, welches uns die Kraft
von dem Soliden dergeſtalt unterſcheiden machen koͤn-
ne, daß wir die Kraft nicht als etwas Solides oder
Materielles anſehen, laſſe ich dahin geſtellet. Die
Empfindung giebt uns die Kraft, als etwas von dem
Soliden verſchiedenes an, weil wir dieſes immer
außer uns, die Kraft aber in uns empfinden.

§. 624.

Giebt es aber außer dem Soliden noch andere Ar-
ten von Subſtanzen, welche ſchlechthin nicht ſolid
noch materiell ſind, ſo faͤllt es uns ſchwer, die Ab-

zaͤhlung
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[260/0268] XX. Hauptſtuͤck. ſchloſſen werden. Da bey dem Anſtoßen des Soli- den an ein anderes, der Druck aus jenem in dieſes uͤbergeht, und ſich durch das Solide fortpflanzet, dieſer Druck aber von den Kraͤften herruͤhret, welche die Theile des Soliden in Verbindung erhalten, ſo iſt kein Zweifel, daß nicht die Kraͤfte ſollten Sub- ſtanzen von der Art ſeyn, welche ſich in dem Soliden befinden koͤnnen, und in welchen hinwiederum das Solide iſt, ohne daß eines das andere von dem Orte ausſchließe. Dazu wird nun eine voͤllige Ungleich- artigkeit erfordert, und wenn das Solide materiell genennet wird, ſo werden die Kraͤfte nothwendig im- materielle Subſtanzen ſeyn. Wir haben von den Kraͤften, welche das Solide in Bewegung ſetzen, keinen andern Begriff, als daß wir ſagen, wir em- pfinden, daß wir eine Kraft anwenden muͤſſen, um eine Laſt zu heben, zu ſtoßen, zu bewegen ꝛc. (§. 97. 374. 378.), und dieſe Kraft beſteht allerdings aus der Summe der Kraͤfte, die in den einzeln Thei- len des Leibes, und beſonders der Gliedmaßen, Mus- keln ꝛc. ſind, die wir zu dem Heben, Stoßen, Be- wegen ꝛc. der Laſt gebrauchen. Ob in dieſer Em- pfindung etwas vorkomme, welches uns die Kraft von dem Soliden dergeſtalt unterſcheiden machen koͤn- ne, daß wir die Kraft nicht als etwas Solides oder Materielles anſehen, laſſe ich dahin geſtellet. Die Empfindung giebt uns die Kraft, als etwas von dem Soliden verſchiedenes an, weil wir dieſes immer außer uns, die Kraft aber in uns empfinden. §. 624. Giebt es aber außer dem Soliden noch andere Ar- ten von Subſtanzen, welche ſchlechthin nicht ſolid noch materiell ſind, ſo faͤllt es uns ſchwer, die Ab- zaͤhlung

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/268>, abgerufen am 19.04.2024.