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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Drey und zwanzigstes Hauptstück.
Die Einheit.
§. 699.

Wir haben nach dem erst gemeldeten Entwurf bey
der Einheit anzufangen, und da werden wir
anstatt eine Definition von diesem Worte zu geben,
vielmehr die verschiedene Bedeutungen davon auf-
suchen. Wir gebrauchen dasselbe überhaupt, wo
von einem Ganzen die Rede ist, es mag dieses nun
an sich ein Ganzes, oder nur willkührlich als ein sol-
ches angenommen seyn, oder auch nur als ein Gan-
zes angesehen werden können. So z. E. sagen wir
ein Haufen, und dadurch verstehen wir etwas, das
entweder ohne wirkliche Verbindung beysammen ist,
oder, wo die Verbindung dabey nicht wesentlich noch
nothwendig ist, oder wo wir derselben nicht Rechnung
tragen. Eben so sagen wir z. E. ein Haus, ein Gar-
ten, eine Uhr, ein Mensch etc. und dieses sind Ganze,
deren Theile Natur und Kunst in Verbindung ge-
bracht hat. Ferner, wenn wir das Wort ein mit
Nachdruck aussprechen, so verstehen wir dadurch so
viel als ein einiges, oder nur eines, und zuweilen
so viel, als einerley, eben dasselbe, z. E. es ist
ein Haus, ungeachtet es den Schein von zweyen hat.
Das ist mir ein Ding, will sagen, es gilt mir gleich
viel. Es ist einer da, will sagen, nicht mehrere.

§. 700.

Jnsbesondere aber ist ein der Anfang, den wir
bey dem machen, was sich zählen läßt, und die Wie-
derholung dieses eins, oder die Aufhäufung solcher

Ein-
X 2


Drey und zwanzigſtes Hauptſtuͤck.
Die Einheit.
§. 699.

Wir haben nach dem erſt gemeldeten Entwurf bey
der Einheit anzufangen, und da werden wir
anſtatt eine Definition von dieſem Worte zu geben,
vielmehr die verſchiedene Bedeutungen davon auf-
ſuchen. Wir gebrauchen daſſelbe uͤberhaupt, wo
von einem Ganzen die Rede iſt, es mag dieſes nun
an ſich ein Ganzes, oder nur willkuͤhrlich als ein ſol-
ches angenommen ſeyn, oder auch nur als ein Gan-
zes angeſehen werden koͤnnen. So z. E. ſagen wir
ein Haufen, und dadurch verſtehen wir etwas, das
entweder ohne wirkliche Verbindung beyſammen iſt,
oder, wo die Verbindung dabey nicht weſentlich noch
nothwendig iſt, oder wo wir derſelben nicht Rechnung
tragen. Eben ſo ſagen wir z. E. ein Haus, ein Gar-
ten, eine Uhr, ein Menſch ꝛc. und dieſes ſind Ganze,
deren Theile Natur und Kunſt in Verbindung ge-
bracht hat. Ferner, wenn wir das Wort ein mit
Nachdruck ausſprechen, ſo verſtehen wir dadurch ſo
viel als ein einiges, oder nur eines, und zuweilen
ſo viel, als einerley, eben daſſelbe, z. E. es iſt
ein Haus, ungeachtet es den Schein von zweyen hat.
Das iſt mir ein Ding, will ſagen, es gilt mir gleich
viel. Es iſt einer da, will ſagen, nicht mehrere.

§. 700.

Jnsbeſondere aber iſt ein der Anfang, den wir
bey dem machen, was ſich zaͤhlen laͤßt, und die Wie-
derholung dieſes eins, oder die Aufhaͤufung ſolcher

Ein-
X 2
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[323/0331] Drey und zwanzigſtes Hauptſtuͤck. Die Einheit. §. 699. Wir haben nach dem erſt gemeldeten Entwurf bey der Einheit anzufangen, und da werden wir anſtatt eine Definition von dieſem Worte zu geben, vielmehr die verſchiedene Bedeutungen davon auf- ſuchen. Wir gebrauchen daſſelbe uͤberhaupt, wo von einem Ganzen die Rede iſt, es mag dieſes nun an ſich ein Ganzes, oder nur willkuͤhrlich als ein ſol- ches angenommen ſeyn, oder auch nur als ein Gan- zes angeſehen werden koͤnnen. So z. E. ſagen wir ein Haufen, und dadurch verſtehen wir etwas, das entweder ohne wirkliche Verbindung beyſammen iſt, oder, wo die Verbindung dabey nicht weſentlich noch nothwendig iſt, oder wo wir derſelben nicht Rechnung tragen. Eben ſo ſagen wir z. E. ein Haus, ein Gar- ten, eine Uhr, ein Menſch ꝛc. und dieſes ſind Ganze, deren Theile Natur und Kunſt in Verbindung ge- bracht hat. Ferner, wenn wir das Wort ein mit Nachdruck ausſprechen, ſo verſtehen wir dadurch ſo viel als ein einiges, oder nur eines, und zuweilen ſo viel, als einerley, eben daſſelbe, z. E. es iſt ein Haus, ungeachtet es den Schein von zweyen hat. Das iſt mir ein Ding, will ſagen, es gilt mir gleich viel. Es iſt einer da, will ſagen, nicht mehrere. §. 700. Jnsbeſondere aber iſt ein der Anfang, den wir bey dem machen, was ſich zaͤhlen laͤßt, und die Wie- derholung dieſes eins, oder die Aufhaͤufung ſolcher Ein- X 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/331>, abgerufen am 24.04.2024.