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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Die Einheit.
schreiten kann. Denn die einfachen Möglichkeiten
sind an sich unbedingt. Man kann hieraus auch um-
gekehrt den Schluß machen, daß, wo eine Größe
nur zwischen bestimmten Schranken veränderlich ist,
dabey allemal mehrere einander einschränkende Mög-
lichkeiten und Bedingungen zusammen treffen. Zu-
weilen beziehen sich solche Größen auf eine willkühr-
lich angenommene Einheit. Denn so z. E. wird ein
Körper absolute weiß genennet, wenn derselbe alles
auffallende Licht zurück wirft, und er ist in einem ge-
ringern Grade weiß, wenn er nicht alles zurücke wirft.
Da er nun nicht mehr alles, was auffällt, zurücke
werfen, hingegen mehr oder minder davon absorbiren
kann, so drückt die Verhältniß zwischen dem auffal-
lenden und zurück geworfenen Lichte den Grad der
Weiße des Körpers aus. Und dabey bleibt die ab-
solute Quantität des auffallenden Lichtes unbestimmt.

§. 707.

Solche Einschränkungen und Bedingungen finden
sich mehrentheils schon in der Sache und in dem Be-
griffe den man sich davon machet, und da müssen sie
auch eigentlich aufgesuchet werden, wenn sie nicht aus-
drücklich angegeben sind. So z. E. kann eine Linie
an sich betrachtet von jeder beliebigen Länge seyn.
Da man sich aber z. E. jeden Cirkel von einer be-
stimmten Größe vorstellet, so dehnet sich diese Be-
stimmung an sich schon auf die Chorden aus, die man
in demselben ziehen kann, und ist der Cirkel gezeich-
net, so hat man nicht mehr die Wahl, in demselben
Chorden von jeder beliebigen Länge anzunehmen.
Diese Einschränkung liegt nun an sich schon in dem
Begriffe einer Chorde, weil man diesen Namen den-
jenigen Linien giebt, die von einem Puncte des Um-

kreises
X 5

Die Einheit.
ſchreiten kann. Denn die einfachen Moͤglichkeiten
ſind an ſich unbedingt. Man kann hieraus auch um-
gekehrt den Schluß machen, daß, wo eine Groͤße
nur zwiſchen beſtimmten Schranken veraͤnderlich iſt,
dabey allemal mehrere einander einſchraͤnkende Moͤg-
lichkeiten und Bedingungen zuſammen treffen. Zu-
weilen beziehen ſich ſolche Groͤßen auf eine willkuͤhr-
lich angenommene Einheit. Denn ſo z. E. wird ein
Koͤrper abſolute weiß genennet, wenn derſelbe alles
auffallende Licht zuruͤck wirft, und er iſt in einem ge-
ringern Grade weiß, wenn er nicht alles zuruͤcke wirft.
Da er nun nicht mehr alles, was auffaͤllt, zuruͤcke
werfen, hingegen mehr oder minder davon abſorbiren
kann, ſo druͤckt die Verhaͤltniß zwiſchen dem auffal-
lenden und zuruͤck geworfenen Lichte den Grad der
Weiße des Koͤrpers aus. Und dabey bleibt die ab-
ſolute Quantitaͤt des auffallenden Lichtes unbeſtimmt.

§. 707.

Solche Einſchraͤnkungen und Bedingungen finden
ſich mehrentheils ſchon in der Sache und in dem Be-
griffe den man ſich davon machet, und da muͤſſen ſie
auch eigentlich aufgeſuchet werden, wenn ſie nicht aus-
druͤcklich angegeben ſind. So z. E. kann eine Linie
an ſich betrachtet von jeder beliebigen Laͤnge ſeyn.
Da man ſich aber z. E. jeden Cirkel von einer be-
ſtimmten Groͤße vorſtellet, ſo dehnet ſich dieſe Be-
ſtimmung an ſich ſchon auf die Chorden aus, die man
in demſelben ziehen kann, und iſt der Cirkel gezeich-
net, ſo hat man nicht mehr die Wahl, in demſelben
Chorden von jeder beliebigen Laͤnge anzunehmen.
Dieſe Einſchraͤnkung liegt nun an ſich ſchon in dem
Begriffe einer Chorde, weil man dieſen Namen den-
jenigen Linien giebt, die von einem Puncte des Um-

kreiſes
X 5
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[329/0337] Die Einheit. ſchreiten kann. Denn die einfachen Moͤglichkeiten ſind an ſich unbedingt. Man kann hieraus auch um- gekehrt den Schluß machen, daß, wo eine Groͤße nur zwiſchen beſtimmten Schranken veraͤnderlich iſt, dabey allemal mehrere einander einſchraͤnkende Moͤg- lichkeiten und Bedingungen zuſammen treffen. Zu- weilen beziehen ſich ſolche Groͤßen auf eine willkuͤhr- lich angenommene Einheit. Denn ſo z. E. wird ein Koͤrper abſolute weiß genennet, wenn derſelbe alles auffallende Licht zuruͤck wirft, und er iſt in einem ge- ringern Grade weiß, wenn er nicht alles zuruͤcke wirft. Da er nun nicht mehr alles, was auffaͤllt, zuruͤcke werfen, hingegen mehr oder minder davon abſorbiren kann, ſo druͤckt die Verhaͤltniß zwiſchen dem auffal- lenden und zuruͤck geworfenen Lichte den Grad der Weiße des Koͤrpers aus. Und dabey bleibt die ab- ſolute Quantitaͤt des auffallenden Lichtes unbeſtimmt. §. 707. Solche Einſchraͤnkungen und Bedingungen finden ſich mehrentheils ſchon in der Sache und in dem Be- griffe den man ſich davon machet, und da muͤſſen ſie auch eigentlich aufgeſuchet werden, wenn ſie nicht aus- druͤcklich angegeben ſind. So z. E. kann eine Linie an ſich betrachtet von jeder beliebigen Laͤnge ſeyn. Da man ſich aber z. E. jeden Cirkel von einer be- ſtimmten Groͤße vorſtellet, ſo dehnet ſich dieſe Be- ſtimmung an ſich ſchon auf die Chorden aus, die man in demſelben ziehen kann, und iſt der Cirkel gezeich- net, ſo hat man nicht mehr die Wahl, in demſelben Chorden von jeder beliebigen Laͤnge anzunehmen. Dieſe Einſchraͤnkung liegt nun an ſich ſchon in dem Begriffe einer Chorde, weil man dieſen Namen den- jenigen Linien giebt, die von einem Puncte des Um- kreiſes X 5

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/337>, abgerufen am 28.03.2024.