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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XIV. Hauptstück.
Etwas muß in der Rechnung vorkommen. Diese
metaphysische Rechnungsart ist demnach von der ma-
thematischen darinn verschieden, daß es in der letztern
gleichgültig ist, von welcher positiven Größe die Ne-
gative abgezogen werde, weil z. E. a + c - b = a +
(c - b) = (a - b) + c
ist. Jn der erstern aber
geht dieses so schlechthin nicht an, weil ungleichartige
Dinge eigentlich nicht können verwechselt werden.
Wenn man demnach durch die Rechnung endlich
x = a + c - b findet, so kann man, auch wenn
man es sonst nicht weiß, daraus schließen, daß die
durch b ausgedrückte Dinge unter denen durch a + b
ausgedrückten wirklich vorkommen, weil sonst x der
Voraussetzung zuwider etwas unmögliches wäre.

§. 436.

Bey diesem metaphysischen Calcul, welcher sich
nicht über das Numeriren oder Vorzählen der zu-
sammen genommenen ungleichartigen Dinge erstre-
cket, sind die Operationen + und - einander ent-
gegengesetzt, und sie leiden einerley Verwechslungen,
wie in der Algeber. Denn so sind die Ausdrücke
a - b = c
a - c = b
a = b + c

einander gleichgültig. b + c und a stellen einerley
Haufen von einerley Dingen vor, und die Jdentität
bleibt, wenn man zu beyden einerley Dinge zusetzet,
oder davon wegnimmt. Man sieht auch leicht, daß c
eine Art von Verhältniß von a und b, ingleichen b
eine Art von Verhältniß von a und c vorstellet.
Denn der Haufen Dinge a enthält außer den Din-
gen b noch die Dinge c, oder außer den Dingen c

noch

XIV. Hauptſtuͤck.
Etwas muß in der Rechnung vorkommen. Dieſe
metaphyſiſche Rechnungsart iſt demnach von der ma-
thematiſchen darinn verſchieden, daß es in der letztern
gleichguͤltig iſt, von welcher poſitiven Groͤße die Ne-
gative abgezogen werde, weil z. E. a + c - b = a +
(c - b) = (a - b) + c
iſt. Jn der erſtern aber
geht dieſes ſo ſchlechthin nicht an, weil ungleichartige
Dinge eigentlich nicht koͤnnen verwechſelt werden.
Wenn man demnach durch die Rechnung endlich
x = a + c - b findet, ſo kann man, auch wenn
man es ſonſt nicht weiß, daraus ſchließen, daß die
durch b ausgedruͤckte Dinge unter denen durch a + b
ausgedruͤckten wirklich vorkommen, weil ſonſt x der
Vorausſetzung zuwider etwas unmoͤgliches waͤre.

§. 436.

Bey dieſem metaphyſiſchen Calcul, welcher ſich
nicht uͤber das Numeriren oder Vorzaͤhlen der zu-
ſammen genommenen ungleichartigen Dinge erſtre-
cket, ſind die Operationen + und - einander ent-
gegengeſetzt, und ſie leiden einerley Verwechslungen,
wie in der Algeber. Denn ſo ſind die Ausdruͤcke
a - b = c
a - c = b
a = b + c

einander gleichguͤltig. b + c und a ſtellen einerley
Haufen von einerley Dingen vor, und die Jdentitaͤt
bleibt, wenn man zu beyden einerley Dinge zuſetzet,
oder davon wegnimmt. Man ſieht auch leicht, daß c
eine Art von Verhaͤltniß von a und b, ingleichen b
eine Art von Verhaͤltniß von a und c vorſtellet.
Denn der Haufen Dinge a enthaͤlt außer den Din-
gen b noch die Dinge c, oder außer den Dingen c

noch
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[62/0070] XIV. Hauptſtuͤck. Etwas muß in der Rechnung vorkommen. Dieſe metaphyſiſche Rechnungsart iſt demnach von der ma- thematiſchen darinn verſchieden, daß es in der letztern gleichguͤltig iſt, von welcher poſitiven Groͤße die Ne- gative abgezogen werde, weil z. E. a + c - b = a + (c - b) = (a - b) + c iſt. Jn der erſtern aber geht dieſes ſo ſchlechthin nicht an, weil ungleichartige Dinge eigentlich nicht koͤnnen verwechſelt werden. Wenn man demnach durch die Rechnung endlich x = a + c - b findet, ſo kann man, auch wenn man es ſonſt nicht weiß, daraus ſchließen, daß die durch b ausgedruͤckte Dinge unter denen durch a + b ausgedruͤckten wirklich vorkommen, weil ſonſt x der Vorausſetzung zuwider etwas unmoͤgliches waͤre. §. 436. Bey dieſem metaphyſiſchen Calcul, welcher ſich nicht uͤber das Numeriren oder Vorzaͤhlen der zu- ſammen genommenen ungleichartigen Dinge erſtre- cket, ſind die Operationen + und - einander ent- gegengeſetzt, und ſie leiden einerley Verwechslungen, wie in der Algeber. Denn ſo ſind die Ausdruͤcke a - b = c a - c = b a = b + c einander gleichguͤltig. b + c und a ſtellen einerley Haufen von einerley Dingen vor, und die Jdentitaͤt bleibt, wenn man zu beyden einerley Dinge zuſetzet, oder davon wegnimmt. Man ſieht auch leicht, daß c eine Art von Verhaͤltniß von a und b, ingleichen b eine Art von Verhaͤltniß von a und c vorſtellet. Denn der Haufen Dinge a enthaͤlt außer den Din- gen b noch die Dinge c, oder außer den Dingen c noch

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/70>, abgerufen am 28.03.2024.