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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den einfachen Schlüssen.
§. 251.

Von diesen Arten des Vortrags der Schlüsse; da
man nämlich entweder einen Obersatz wegläßt, oder
beyde in einen zusammenzieht, oder endlich nur das
Mittelglied anzeigt, sind die sogenannten versteckten
Schlüsse
verschieden. Der Begriff eines versteckten
Schlusses hat einen sehr unbestimmten Umfang. Man
kann bald jeden Schluß, der nicht in seiner einfachen
logischen Form und Ordnung vorgetragen wird, mehr
oder minder verstecket nennen, und viele sind auch so
weit gegangen, daß sie alle Schlüsse der drey letzten
Figuren für nichts anders, als versteckte Schlüsse der
ersten Figur angesehen haben, weil sie diese Schluß-
form allein für natürlich hielten. (§. 220.) Da wir
aber den Unterschied der Figuren klärer aufgedeckt, und
gezeigt haben, daß jede sich gleich unmittelbar auf die
Natur der Sätze gründet, daß das Dictum de omni
et nullo
noch andre Dicta von gleicher Evidenz neben
sich leidet, daß endlich nicht alle Figuren in jedem
Fall gleich natürlich und ungezwungen sind, (§. 221--
234.) so fällt diese Beschuldigung der drey letzten Fi-
guren ganz weg, und wir werden die versteckten
Schlüsse
in etwas anders suchen müssen.

§. 252.

Einmal können in einem Vortrage die Vordersä-
tze eines Schlusses verborgen liegen, ohne daß sie
noch bemerkt worden, und da kömmt es folglich nur
darauf an, daß man sie herausnehme und den Schluß-
satz ziehe. Und in dieser Absicht kann man sagen, daß
in allen Wissenschaften noch unzählige dergleichen ver-
steckte Schlüsse sind. Dieser Fall wird der Bedeutung
des Wortes noch genauer entsprechen, wenn in dem
Vortrage nicht nur die Vordersätze, sondern auch
selbst noch die Schlußsätze zerstreut sind, ohne noch

bemerkt
von den einfachen Schluͤſſen.
§. 251.

Von dieſen Arten des Vortrags der Schluͤſſe; da
man naͤmlich entweder einen Oberſatz weglaͤßt, oder
beyde in einen zuſammenzieht, oder endlich nur das
Mittelglied anzeigt, ſind die ſogenannten verſteckten
Schluͤſſe
verſchieden. Der Begriff eines verſteckten
Schluſſes hat einen ſehr unbeſtimmten Umfang. Man
kann bald jeden Schluß, der nicht in ſeiner einfachen
logiſchen Form und Ordnung vorgetragen wird, mehr
oder minder verſtecket nennen, und viele ſind auch ſo
weit gegangen, daß ſie alle Schluͤſſe der drey letzten
Figuren fuͤr nichts anders, als verſteckte Schluͤſſe der
erſten Figur angeſehen haben, weil ſie dieſe Schluß-
form allein fuͤr natuͤrlich hielten. (§. 220.) Da wir
aber den Unterſchied der Figuren klaͤrer aufgedeckt, und
gezeigt haben, daß jede ſich gleich unmittelbar auf die
Natur der Saͤtze gruͤndet, daß das Dictum de omni
et nullo
noch andre Dicta von gleicher Evidenz neben
ſich leidet, daß endlich nicht alle Figuren in jedem
Fall gleich natuͤrlich und ungezwungen ſind, (§. 221—
234.) ſo faͤllt dieſe Beſchuldigung der drey letzten Fi-
guren ganz weg, und wir werden die verſteckten
Schluͤſſe
in etwas anders ſuchen muͤſſen.

§. 252.

Einmal koͤnnen in einem Vortrage die Vorderſaͤ-
tze eines Schluſſes verborgen liegen, ohne daß ſie
noch bemerkt worden, und da koͤmmt es folglich nur
darauf an, daß man ſie herausnehme und den Schluß-
ſatz ziehe. Und in dieſer Abſicht kann man ſagen, daß
in allen Wiſſenſchaften noch unzaͤhlige dergleichen ver-
ſteckte Schluͤſſe ſind. Dieſer Fall wird der Bedeutung
des Wortes noch genauer entſprechen, wenn in dem
Vortrage nicht nur die Vorderſaͤtze, ſondern auch
ſelbſt noch die Schlußſaͤtze zerſtreut ſind, ohne noch

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[157/0179] von den einfachen Schluͤſſen. §. 251. Von dieſen Arten des Vortrags der Schluͤſſe; da man naͤmlich entweder einen Oberſatz weglaͤßt, oder beyde in einen zuſammenzieht, oder endlich nur das Mittelglied anzeigt, ſind die ſogenannten verſteckten Schluͤſſe verſchieden. Der Begriff eines verſteckten Schluſſes hat einen ſehr unbeſtimmten Umfang. Man kann bald jeden Schluß, der nicht in ſeiner einfachen logiſchen Form und Ordnung vorgetragen wird, mehr oder minder verſtecket nennen, und viele ſind auch ſo weit gegangen, daß ſie alle Schluͤſſe der drey letzten Figuren fuͤr nichts anders, als verſteckte Schluͤſſe der erſten Figur angeſehen haben, weil ſie dieſe Schluß- form allein fuͤr natuͤrlich hielten. (§. 220.) Da wir aber den Unterſchied der Figuren klaͤrer aufgedeckt, und gezeigt haben, daß jede ſich gleich unmittelbar auf die Natur der Saͤtze gruͤndet, daß das Dictum de omni et nullo noch andre Dicta von gleicher Evidenz neben ſich leidet, daß endlich nicht alle Figuren in jedem Fall gleich natuͤrlich und ungezwungen ſind, (§. 221— 234.) ſo faͤllt dieſe Beſchuldigung der drey letzten Fi- guren ganz weg, und wir werden die verſteckten Schluͤſſe in etwas anders ſuchen muͤſſen. §. 252. Einmal koͤnnen in einem Vortrage die Vorderſaͤ- tze eines Schluſſes verborgen liegen, ohne daß ſie noch bemerkt worden, und da koͤmmt es folglich nur darauf an, daß man ſie herausnehme und den Schluß- ſatz ziehe. Und in dieſer Abſicht kann man ſagen, daß in allen Wiſſenſchaften noch unzaͤhlige dergleichen ver- ſteckte Schluͤſſe ſind. Dieſer Fall wird der Bedeutung des Wortes noch genauer entſprechen, wenn in dem Vortrage nicht nur die Vorderſaͤtze, ſondern auch ſelbſt noch die Schlußſaͤtze zerſtreut ſind, ohne noch bemerkt

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/179>, abgerufen am 25.04.2024.