Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Hauptstück,
und mit keinem Indiuiduo der Gattung bestehen kann.
(§. 228.)

§. 473.

Die Data haben ferner zu dem Quaesito ein ge-
wisses Verhältniß, so, daß es sich durch dieselbe
aus den Datis muß finden lassen. Dieses Verhältniß
wird in der Auflösung ausführlich entwickelt. Hin-
gegen muß man, ehe man die Auflösung vornimmt,
überhaupt wissen können, daß ein solches Berhältniß
da ist. Jn der Meßkunst, wo die Aufgaben noch
bisher am genauesten vorgetragen werden, hat man
verschiedene Mittel, sich hievon zu versichern. Z. E.
wenn man von einer Figur etwas zu wissen verlangt,
und aus den Datis die ganze Figur construirt werden
kann, so ist unstreitig, daß das Quaesitum zugleich
mit bestimmt ist. Fällt dieses nicht so gleich in die
Augen, so wird es vorher durch Lehrsätze erwiesen.
Auf diese Art haben wir oben (§. 243. seqq.) den Ein-
fluß falscher Vordersätze auf den Schlußsatz bestimmt,
weil derselbe nicht allgemein ist, und da wir die Pro-
be von der Zuläßigkeit der Schlußarten auf eine Con-
struction gebracht haben, (§. 201.) so hat diese Theo-
rie mit der Meßkunst hierinn eine völlige Aehlichkeit.

§. 474.

Kann man es aber den Datis nicht voraus anse-
hen, ob sie zureichend seyn, so kömmt es auf einen
Versuch an, die Auflösung vorzunehmen. Geht sie
an, so wird sie sodann schicklicher in einen Lehrsatz
verwandelt, weil die Aufgaben keinen Schein der
Unmöglichkeit haben sollen. So z. E. ehe man in
der Meßkunst beweist, daß die Summe der drey
Winkel eines geradlinichten Triangels 180 Gr. ma-
che, läßt sich die Aufgabe, aus zween Winkeln
eines Triangels den dritten zu finden,
nicht

wohl

VII. Hauptſtuͤck,
und mit keinem Indiuiduo der Gattung beſtehen kann.
(§. 228.)

§. 473.

Die Data haben ferner zu dem Quaeſito ein ge-
wiſſes Verhaͤltniß, ſo, daß es ſich durch dieſelbe
aus den Datis muß finden laſſen. Dieſes Verhaͤltniß
wird in der Aufloͤſung ausfuͤhrlich entwickelt. Hin-
gegen muß man, ehe man die Aufloͤſung vornimmt,
uͤberhaupt wiſſen koͤnnen, daß ein ſolches Berhaͤltniß
da iſt. Jn der Meßkunſt, wo die Aufgaben noch
bisher am genaueſten vorgetragen werden, hat man
verſchiedene Mittel, ſich hievon zu verſichern. Z. E.
wenn man von einer Figur etwas zu wiſſen verlangt,
und aus den Datis die ganze Figur conſtruirt werden
kann, ſo iſt unſtreitig, daß das Quaeſitum zugleich
mit beſtimmt iſt. Faͤllt dieſes nicht ſo gleich in die
Augen, ſo wird es vorher durch Lehrſaͤtze erwieſen.
Auf dieſe Art haben wir oben (§. 243. ſeqq.) den Ein-
fluß falſcher Vorderſaͤtze auf den Schlußſatz beſtimmt,
weil derſelbe nicht allgemein iſt, und da wir die Pro-
be von der Zulaͤßigkeit der Schlußarten auf eine Con-
ſtruction gebracht haben, (§. 201.) ſo hat dieſe Theo-
rie mit der Meßkunſt hierinn eine voͤllige Aehlichkeit.

§. 474.

Kann man es aber den Datis nicht voraus anſe-
hen, ob ſie zureichend ſeyn, ſo koͤmmt es auf einen
Verſuch an, die Aufloͤſung vorzunehmen. Geht ſie
an, ſo wird ſie ſodann ſchicklicher in einen Lehrſatz
verwandelt, weil die Aufgaben keinen Schein der
Unmoͤglichkeit haben ſollen. So z. E. ehe man in
der Meßkunſt beweiſt, daß die Summe der drey
Winkel eines geradlinichten Triangels 180 Gr. ma-
che, laͤßt ſich die Aufgabe, aus zween Winkeln
eines Triangels den dritten zu finden,
nicht

wohl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0328" n="306"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi></fw><lb/>
und mit keinem <hi rendition="#aq">Indiuiduo</hi> der Gattung be&#x017F;tehen kann.<lb/>
(§. 228.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 473.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#aq">Data</hi> haben ferner zu dem <hi rendition="#aq">Quae&#x017F;ito</hi> ein ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltniß,</hi> &#x017F;o, daß es &#x017F;ich durch die&#x017F;elbe<lb/>
aus den <hi rendition="#aq">Datis</hi> muß finden la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;es Verha&#x0364;ltniß<lb/>
wird in der Auflo&#x0364;&#x017F;ung ausfu&#x0364;hrlich entwickelt. Hin-<lb/>
gegen muß man, ehe man die Auflo&#x0364;&#x017F;ung vornimmt,<lb/>
u&#x0364;berhaupt wi&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, daß ein &#x017F;olches Berha&#x0364;ltniß<lb/>
da i&#x017F;t. Jn der Meßkun&#x017F;t, wo die Aufgaben noch<lb/>
bisher am genaue&#x017F;ten vorgetragen werden, hat man<lb/>
ver&#x017F;chiedene Mittel, &#x017F;ich hievon zu ver&#x017F;ichern. Z. E.<lb/>
wenn man von einer Figur etwas zu wi&#x017F;&#x017F;en verlangt,<lb/>
und aus den <hi rendition="#aq">Datis</hi> die ganze Figur con&#x017F;truirt werden<lb/>
kann, &#x017F;o i&#x017F;t un&#x017F;treitig, daß das <hi rendition="#aq">Quae&#x017F;itum</hi> zugleich<lb/>
mit be&#x017F;timmt i&#x017F;t. Fa&#x0364;llt die&#x017F;es nicht &#x017F;o gleich in die<lb/>
Augen, &#x017F;o wird es vorher durch Lehr&#x017F;a&#x0364;tze erwie&#x017F;en.<lb/>
Auf die&#x017F;e Art haben wir oben (§. 243. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi>) den Ein-<lb/>
fluß fal&#x017F;cher Vorder&#x017F;a&#x0364;tze auf den Schluß&#x017F;atz be&#x017F;timmt,<lb/>
weil der&#x017F;elbe nicht allgemein i&#x017F;t, und da wir die Pro-<lb/>
be von der Zula&#x0364;ßigkeit der Schlußarten auf eine Con-<lb/>
&#x017F;truction gebracht haben, (§. 201.) &#x017F;o hat die&#x017F;e Theo-<lb/>
rie mit der Meßkun&#x017F;t hierinn eine vo&#x0364;llige Aehlichkeit.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 474.</head><lb/>
            <p>Kann man es aber den <hi rendition="#aq">Datis</hi> nicht voraus an&#x017F;e-<lb/>
hen, ob &#x017F;ie zureichend &#x017F;eyn, &#x017F;o ko&#x0364;mmt es auf einen<lb/>
Ver&#x017F;uch an, die Auflo&#x0364;&#x017F;ung vorzunehmen. Geht &#x017F;ie<lb/>
an, &#x017F;o wird &#x017F;ie &#x017F;odann &#x017F;chicklicher in einen Lehr&#x017F;atz<lb/>
verwandelt, weil die Aufgaben keinen Schein der<lb/>
Unmo&#x0364;glichkeit haben &#x017F;ollen. So z. E. ehe man in<lb/>
der Meßkun&#x017F;t bewei&#x017F;t, daß die Summe der drey<lb/>
Winkel eines geradlinichten Triangels 180 Gr. ma-<lb/>
che, la&#x0364;ßt &#x017F;ich die Aufgabe, <hi rendition="#fr">aus zween Winkeln<lb/>
eines Triangels den dritten zu finden,</hi> nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0328] VII. Hauptſtuͤck, und mit keinem Indiuiduo der Gattung beſtehen kann. (§. 228.) §. 473. Die Data haben ferner zu dem Quaeſito ein ge- wiſſes Verhaͤltniß, ſo, daß es ſich durch dieſelbe aus den Datis muß finden laſſen. Dieſes Verhaͤltniß wird in der Aufloͤſung ausfuͤhrlich entwickelt. Hin- gegen muß man, ehe man die Aufloͤſung vornimmt, uͤberhaupt wiſſen koͤnnen, daß ein ſolches Berhaͤltniß da iſt. Jn der Meßkunſt, wo die Aufgaben noch bisher am genaueſten vorgetragen werden, hat man verſchiedene Mittel, ſich hievon zu verſichern. Z. E. wenn man von einer Figur etwas zu wiſſen verlangt, und aus den Datis die ganze Figur conſtruirt werden kann, ſo iſt unſtreitig, daß das Quaeſitum zugleich mit beſtimmt iſt. Faͤllt dieſes nicht ſo gleich in die Augen, ſo wird es vorher durch Lehrſaͤtze erwieſen. Auf dieſe Art haben wir oben (§. 243. ſeqq.) den Ein- fluß falſcher Vorderſaͤtze auf den Schlußſatz beſtimmt, weil derſelbe nicht allgemein iſt, und da wir die Pro- be von der Zulaͤßigkeit der Schlußarten auf eine Con- ſtruction gebracht haben, (§. 201.) ſo hat dieſe Theo- rie mit der Meßkunſt hierinn eine voͤllige Aehlichkeit. §. 474. Kann man es aber den Datis nicht voraus anſe- hen, ob ſie zureichend ſeyn, ſo koͤmmt es auf einen Verſuch an, die Aufloͤſung vorzunehmen. Geht ſie an, ſo wird ſie ſodann ſchicklicher in einen Lehrſatz verwandelt, weil die Aufgaben keinen Schein der Unmoͤglichkeit haben ſollen. So z. E. ehe man in der Meßkunſt beweiſt, daß die Summe der drey Winkel eines geradlinichten Triangels 180 Gr. ma- che, laͤßt ſich die Aufgabe, aus zween Winkeln eines Triangels den dritten zu finden, nicht wohl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/328
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/328>, abgerufen am 29.03.2024.