Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Bauern findet auf den Feldern a 8 bis h 8 statt, ebenso wie
die schwarzen Bauern nur dann avanciren können, wenn sie
irgend ein Feld der untersten Reihe, also von a 1 bis h 1
erreicht haben. Noch ist zu erwähnen, dass der avancirende
Bauer unmittelbar die volle Wirksamkeit des für ihn ge-
wählten Officiers erhält, so dass er auch möglichenfalls so-
fort Schach zu bieten vermag. Steht z. B. der weisse Kö-
nig auf g 1 und der feindliche Damenbauer, welcher bis d 2
vorgerückt wäre, zöge auf d 1, so würde er, als Dame, un-
mittelbar den weissen König angreifen und somit Schach
bieten. Wenn ein Bauer avancirt, so pflegt man öfter da-
für zu sagen, er geht in die Dame, obgleich er auch zu
irgend einem andern Officier gemacht werden könnte.

§. 34. Das Privileg des Schlagens im Vorübergehen
oder des en passant Schlagens besteht in folgender Bestim-
mung. Wenn ein Bauer, welcher aus seiner ersten Auf-
stellung zwei Schritte vorrückt, bei einem feindlichen Bauer,
der schon die Mitte des Brettes überschritten hat, vorüber-
geht, und dicht neben demselben zu stehen kommt, so hat
der Gegner für seinen nächsten Zug das Recht, den vor-
übergegangenen Bauer, als habe dieser nur einen Schritt
gethan, mit seinem daneben stehenden Bauer schräg vor-
wärts zu schlagen. Man setze nach §. 6 sämmtliche Figuren
in ihrer ursprünglichen Stellung auf das Brett und lasse
beide Parteien ihren Königsbauer zwei Schritt vorwärts-
gehen. Hierauf lasse man die Weissen ihren Damenbauer
zwei Schritt ziehen, welchen Schwarz mit seinem Königs-
bauer darauf wegschlagen möge. Zieht nun Weiss im dritten
Zuge den Bauer vor seinem Damenläufer von c 2 nach c 4,
so geht dieser bei dem feindlichen Königsbauer, welcher
jetzt auf d 4 steht, vorüber. Letzterer kann nun den weissen
Bauer ebenso schlagen, als wäre dieser nur einen Schritt,
also von c 2 nach c 3 gezogen. Die schwarze Partei setzt
in diesem Falle ihren Bauer von d 4 auf c 3 und nimmt zu
gleicher Zeit den weissen Bauer auf c 4 vom Brett. Man
sagt hier, der schwarze Bauer d 4 schlägt den weissen Bauer
c 4 im Vorübergehen; doch darf dies nur im nächsten Zuge,
also unmittelbar, nachdem der im Vorübergehen zu schlagende

Bauern findet auf den Feldern a 8 bis h 8 statt, ebenso wie
die schwarzen Bauern nur dann avanciren können, wenn sie
irgend ein Feld der untersten Reihe, also von a 1 bis h 1
erreicht haben. Noch ist zu erwähnen, dass der avancirende
Bauer unmittelbar die volle Wirksamkeit des für ihn ge-
wählten Officiers erhält, so dass er auch möglichenfalls so-
fort Schach zu bieten vermag. Steht z. B. der weisse Kö-
nig auf g 1 und der feindliche Damenbauer, welcher bis d 2
vorgerückt wäre, zöge auf d 1, so würde er, als Dame, un-
mittelbar den weissen König angreifen und somit Schach
bieten. Wenn ein Bauer avancirt, so pflegt man öfter da-
für zu sagen, er geht in die Dame, obgleich er auch zu
irgend einem andern Officier gemacht werden könnte.

§. 34. Das Privileg des Schlagens im Vorübergehen
oder des en passant Schlagens besteht in folgender Bestim-
mung. Wenn ein Bauer, welcher aus seiner ersten Auf-
stellung zwei Schritte vorrückt, bei einem feindlichen Bauer,
der schon die Mitte des Brettes überschritten hat, vorüber-
geht, und dicht neben demselben zu stehen kommt, so hat
der Gegner für seinen nächsten Zug das Recht, den vor-
übergegangenen Bauer, als habe dieser nur einen Schritt
gethan, mit seinem daneben stehenden Bauer schräg vor-
wärts zu schlagen. Man setze nach §. 6 sämmtliche Figuren
in ihrer ursprünglichen Stellung auf das Brett und lasse
beide Parteien ihren Königsbauer zwei Schritt vorwärts-
gehen. Hierauf lasse man die Weissen ihren Damenbauer
zwei Schritt ziehen, welchen Schwarz mit seinem Königs-
bauer darauf wegschlagen möge. Zieht nun Weiss im dritten
Zuge den Bauer vor seinem Damenläufer von c 2 nach c 4,
so geht dieser bei dem feindlichen Königsbauer, welcher
jetzt auf d 4 steht, vorüber. Letzterer kann nun den weissen
Bauer ebenso schlagen, als wäre dieser nur einen Schritt,
also von c 2 nach c 3 gezogen. Die schwarze Partei setzt
in diesem Falle ihren Bauer von d 4 auf c 3 und nimmt zu
gleicher Zeit den weissen Bauer auf c 4 vom Brett. Man
sagt hier, der schwarze Bauer d 4 schlägt den weissen Bauer
c 4 im Vorübergehen; doch darf dies nur im nächsten Zuge,
also unmittelbar, nachdem der im Vorübergehen zu schlagende

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0035" n="23"/>
Bauern findet auf den Feldern <hi rendition="#i">a</hi> 8 bis <hi rendition="#i">h</hi> 8 statt, ebenso wie<lb/>
die schwarzen Bauern nur dann avanciren können, wenn sie<lb/>
irgend ein Feld der untersten Reihe, also von <hi rendition="#i">a</hi> 1 bis <hi rendition="#i">h</hi> 1<lb/>
erreicht haben. Noch ist zu erwähnen, dass der avancirende<lb/>
Bauer unmittelbar die volle Wirksamkeit des für ihn ge-<lb/>
wählten Officiers erhält, so dass er auch möglichenfalls so-<lb/>
fort Schach zu bieten vermag. Steht z. B. der weisse Kö-<lb/>
nig auf <hi rendition="#i">g</hi> 1 und der feindliche Damenbauer, welcher bis <hi rendition="#i">d</hi> 2<lb/>
vorgerückt wäre, zöge auf <hi rendition="#i">d</hi> 1, so würde er, als Dame, un-<lb/>
mittelbar den weissen König angreifen und somit Schach<lb/>
bieten. Wenn ein Bauer avancirt, so pflegt man öfter da-<lb/>
für zu sagen, er geht in die Dame, obgleich er auch zu<lb/>
irgend einem andern Officier gemacht werden könnte.</p><lb/>
              <p>§. 34. Das Privileg des Schlagens im Vorübergehen<lb/>
oder des en passant Schlagens besteht in folgender Bestim-<lb/>
mung. Wenn ein Bauer, welcher aus seiner ersten Auf-<lb/>
stellung zwei Schritte vorrückt, bei einem feindlichen Bauer,<lb/>
der schon die Mitte des Brettes überschritten hat, vorüber-<lb/>
geht, und dicht neben demselben zu stehen kommt, so hat<lb/>
der Gegner für seinen nächsten Zug das Recht, den vor-<lb/>
übergegangenen Bauer, als habe dieser nur einen Schritt<lb/>
gethan, mit seinem daneben stehenden Bauer schräg vor-<lb/>
wärts zu schlagen. Man setze nach §. 6 sämmtliche Figuren<lb/>
in ihrer ursprünglichen Stellung auf das Brett und lasse<lb/>
beide Parteien ihren Königsbauer zwei Schritt vorwärts-<lb/>
gehen. Hierauf lasse man die Weissen ihren Damenbauer<lb/>
zwei Schritt ziehen, welchen Schwarz mit seinem Königs-<lb/>
bauer darauf wegschlagen möge. Zieht nun Weiss im dritten<lb/>
Zuge den Bauer vor seinem Damenläufer von <hi rendition="#i">c</hi> 2 nach <hi rendition="#i">c</hi> 4,<lb/>
so geht dieser bei dem feindlichen Königsbauer, welcher<lb/>
jetzt auf <hi rendition="#i">d</hi> 4 steht, vorüber. Letzterer kann nun den weissen<lb/>
Bauer ebenso schlagen, als wäre dieser nur einen Schritt,<lb/>
also von <hi rendition="#i">c</hi> 2 nach <hi rendition="#i">c</hi> 3 gezogen. Die schwarze Partei setzt<lb/>
in diesem Falle ihren Bauer von <hi rendition="#i">d</hi> 4 auf <hi rendition="#i">c</hi> 3 und nimmt zu<lb/>
gleicher Zeit den weissen Bauer auf <hi rendition="#i">c</hi> 4 vom Brett. Man<lb/>
sagt hier, der schwarze Bauer <hi rendition="#i">d</hi> 4 schlägt den weissen Bauer<lb/><hi rendition="#i">c</hi> 4 im Vorübergehen; doch darf dies nur im nächsten Zuge,<lb/>
also unmittelbar, nachdem der im Vorübergehen zu schlagende<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0035] Bauern findet auf den Feldern a 8 bis h 8 statt, ebenso wie die schwarzen Bauern nur dann avanciren können, wenn sie irgend ein Feld der untersten Reihe, also von a 1 bis h 1 erreicht haben. Noch ist zu erwähnen, dass der avancirende Bauer unmittelbar die volle Wirksamkeit des für ihn ge- wählten Officiers erhält, so dass er auch möglichenfalls so- fort Schach zu bieten vermag. Steht z. B. der weisse Kö- nig auf g 1 und der feindliche Damenbauer, welcher bis d 2 vorgerückt wäre, zöge auf d 1, so würde er, als Dame, un- mittelbar den weissen König angreifen und somit Schach bieten. Wenn ein Bauer avancirt, so pflegt man öfter da- für zu sagen, er geht in die Dame, obgleich er auch zu irgend einem andern Officier gemacht werden könnte. §. 34. Das Privileg des Schlagens im Vorübergehen oder des en passant Schlagens besteht in folgender Bestim- mung. Wenn ein Bauer, welcher aus seiner ersten Auf- stellung zwei Schritte vorrückt, bei einem feindlichen Bauer, der schon die Mitte des Brettes überschritten hat, vorüber- geht, und dicht neben demselben zu stehen kommt, so hat der Gegner für seinen nächsten Zug das Recht, den vor- übergegangenen Bauer, als habe dieser nur einen Schritt gethan, mit seinem daneben stehenden Bauer schräg vor- wärts zu schlagen. Man setze nach §. 6 sämmtliche Figuren in ihrer ursprünglichen Stellung auf das Brett und lasse beide Parteien ihren Königsbauer zwei Schritt vorwärts- gehen. Hierauf lasse man die Weissen ihren Damenbauer zwei Schritt ziehen, welchen Schwarz mit seinem Königs- bauer darauf wegschlagen möge. Zieht nun Weiss im dritten Zuge den Bauer vor seinem Damenläufer von c 2 nach c 4, so geht dieser bei dem feindlichen Königsbauer, welcher jetzt auf d 4 steht, vorüber. Letzterer kann nun den weissen Bauer ebenso schlagen, als wäre dieser nur einen Schritt, also von c 2 nach c 3 gezogen. Die schwarze Partei setzt in diesem Falle ihren Bauer von d 4 auf c 3 und nimmt zu gleicher Zeit den weissen Bauer auf c 4 vom Brett. Man sagt hier, der schwarze Bauer d 4 schlägt den weissen Bauer c 4 im Vorübergehen; doch darf dies nur im nächsten Zuge, also unmittelbar, nachdem der im Vorübergehen zu schlagende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/35
Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/35>, abgerufen am 28.03.2024.