Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

"Die ärmere Bevölkerung -- fährt die Staatsregierung
fort -- verzehrt hier von Fleischspeisen vorzugsweise Schweine-
fleisch. Werden auf eine Arbeiterfamilie nur 6 Pfd. wöchent-
lich gerechnet, was, wenn sie nicht zu den ganz herunterge-
kommenen gehört, gewiß nicht zu hoch gegriffen ist, so ergiebt
sich daraus ein Betrag von 312 Pfd. jährlich, also eine Quan-
tität, von welcher mindestens ..... 4 Thlr. 7 Sgr.
an Steuer entrichtet werden müssen, was, zu-
sammen mit den obigen ..... 2 " 15 "
für Brod, im Ganzen die Summe von .. 6 Thlr. 22 Sgr.
beträgt, welche eine solche Familie jetzt an
Steuern entrichten muß, während sie nach
Einführung der Klassensteuer (einschließlich
eines Kommunal-Zuschlags von 50 %)
höchstens .......... 1 Thlr. 15 Sgr.

also ............ 5 Thlr. 7 Sgr.
weniger als jetzt zu entrichten haben würde. Um wie viel
härter -- härter,
meine Herren -- gestaltet sich aber das
Verhältniß in der Wirklichkeit; um wie viel drückender
-- drückender,
meine Herren -- wenn in Betracht gezogen
wird, daß der wohlhabende Mann zu dieser Last nicht in einem
höheren, seiner Wohlhabenheit entsprechenden Maße beiträgt;
unter Umständen vielmehr in der That viel weniger leisten
darf, als der Arme.
"

Viel weniger leisten darf, als der Arme! -- die
Königliche Botschaft sagt es, wie ich es sage!

"Mag dagegen auch angeführt werden -- fährt die Bot-
schaft fort -- daß die indirecte Steuer in kleinen Raten und auf
unmerkliche Weise entrichtet werde, immer bleibt die Thatsache
bestehen, daß dem kleinen Mann ein Theil seines sauer ver-
dienten Einkommens, welches er bei einer richtigen Vertheilung
der Staatslasten auf die Verbesserung seines wirthschaftlichen
Zustandes verwenden könnte und wofür ihm keineswegs, wie
ebenfalls entgegengestellt worden, ein genügender Ersatz dadurch
gewährt werden kann, daß sich der Preis der Arbeit u. s. w.
einigermaßen den Preisen der nothwendigsten Lebensbedürf-
nisse entsprechend regulirt, durch das jetzige Steuersystem
entzogen wird.
"

Also auch dieses Argument des Staatsanwalts, daß die

„Die ärmere Bevölkerung — fährt die Staatsregierung
fort — verzehrt hier von Fleiſchſpeiſen vorzugsweiſe Schweine-
fleiſch. Werden auf eine Arbeiterfamilie nur 6 Pfd. wöchent-
lich gerechnet, was, wenn ſie nicht zu den ganz herunterge-
kommenen gehört, gewiß nicht zu hoch gegriffen iſt, ſo ergiebt
ſich daraus ein Betrag von 312 Pfd. jährlich, alſo eine Quan-
tität, von welcher mindeſtens ..... 4 Thlr. 7 Sgr.
an Steuer entrichtet werden müſſen, was, zu-
ſammen mit den obigen ..... 2 „ 15 „
für Brod, im Ganzen die Summe von .. 6 Thlr. 22 Sgr.
beträgt, welche eine ſolche Familie jetzt an
Steuern entrichten muß, während ſie nach
Einführung der Klaſſenſteuer (einſchließlich
eines Kommunal-Zuſchlags von 50 %)
höchſtens .......... 1 Thlr. 15 Sgr.

alſo ............ 5 Thlr. 7 Sgr.
weniger als jetzt zu entrichten haben würde. Um wie viel
härter — härter,
meine Herren — geſtaltet ſich aber das
Verhältniß in der Wirklichkeit; um wie viel drückender
— drückender,
meine Herren — wenn in Betracht gezogen
wird, daß der wohlhabende Mann zu dieſer Laſt nicht in einem
höheren, ſeiner Wohlhabenheit entſprechenden Maße beiträgt;
unter Umſtänden vielmehr in der That viel weniger leiſten
darf, als der Arme.

Viel weniger leiſten darf, als der Arme! — die
Königliche Botſchaft ſagt es, wie ich es ſage!

„Mag dagegen auch angeführt werden — fährt die Bot-
ſchaft fort — daß die indirecte Steuer in kleinen Raten und auf
unmerkliche Weiſe entrichtet werde, immer bleibt die Thatſache
beſtehen, daß dem kleinen Mann ein Theil ſeines ſauer ver-
dienten Einkommens, welches er bei einer richtigen Vertheilung
der Staatslaſten auf die Verbeſſerung ſeines wirthſchaftlichen
Zuſtandes verwenden könnte und wofür ihm keineswegs, wie
ebenfalls entgegengeſtellt worden, ein genügender Erſatz dadurch
gewährt werden kann, daß ſich der Preis der Arbeit u. ſ. w.
einigermaßen den Preiſen der nothwendigſten Lebensbedürf-
niſſe entſprechend regulirt, durch das jetzige Steuerſyſtem
entzogen wird.

Alſo auch dieſes Argument des Staatsanwalts, daß die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0113" n="107"/>
        <p>&#x201E;Die ärmere Bevölkerung &#x2014; fährt die Staatsregierung<lb/>
fort &#x2014; verzehrt hier von Flei&#x017F;ch&#x017F;pei&#x017F;en vorzugswei&#x017F;e Schweine-<lb/>
flei&#x017F;ch. Werden auf eine Arbeiterfamilie nur 6 Pfd. wöchent-<lb/>
lich gerechnet, was, wenn &#x017F;ie nicht zu den ganz herunterge-<lb/>
kommenen gehört, gewiß nicht zu hoch gegriffen i&#x017F;t, &#x017F;o ergiebt<lb/>
&#x017F;ich daraus ein Betrag von 312 Pfd. jährlich, al&#x017F;o eine Quan-<lb/>
tität, von welcher minde&#x017F;tens ..... 4 Thlr. 7 Sgr.<lb/>
an Steuer entrichtet werden mü&#x017F;&#x017F;en, was, zu-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ammen mit den obigen ...<hi rendition="#u">.. 2 &#x201E; 15 &#x201E;</hi></hi><lb/>
für Brod, im Ganzen die Summe von .. 6 Thlr. 22 Sgr.<lb/>
beträgt, welche eine &#x017F;olche Familie jetzt an<lb/><hi rendition="#et">Steuern entrichten muß, während &#x017F;ie nach<lb/>
Einführung der Kla&#x017F;&#x017F;en&#x017F;teuer (ein&#x017F;chließlich<lb/>
eines Kommunal-Zu&#x017F;chlags von 50 %)<lb/>
höch&#x017F;tens ........<hi rendition="#u">.. 1 Thlr. 15 Sgr.</hi></hi><lb/>
al&#x017F;o ............ 5 Thlr. 7 Sgr.<lb/>
weniger als jetzt zu entrichten haben würde. <hi rendition="#g">Um wie viel<lb/>
härter &#x2014; härter,</hi> meine Herren &#x2014; ge&#x017F;taltet &#x017F;ich aber das<lb/>
Verhältniß in der Wirklichkeit; <hi rendition="#g">um wie viel drückender<lb/>
&#x2014; drückender,</hi> meine Herren &#x2014; wenn in Betracht gezogen<lb/>
wird, daß der wohlhabende Mann zu die&#x017F;er La&#x017F;t nicht in einem<lb/>
höheren, &#x017F;einer Wohlhabenheit ent&#x017F;prechenden Maße beiträgt;<lb/>
unter Um&#x017F;tänden vielmehr in der That <hi rendition="#g">viel weniger lei&#x017F;ten<lb/>
darf, als der Arme.</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Viel weniger</hi> lei&#x017F;ten darf, als der <hi rendition="#g">Arme!</hi> &#x2014; die<lb/>
Königliche Bot&#x017F;chaft &#x017F;agt es, wie ich es &#x017F;age!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mag dagegen auch angeführt werden &#x2014; fährt die Bot-<lb/>
&#x017F;chaft fort &#x2014; daß die indirecte Steuer in kleinen Raten und auf<lb/>
unmerkliche Wei&#x017F;e entrichtet werde, immer bleibt die That&#x017F;ache<lb/>
be&#x017F;tehen, daß dem kleinen Mann ein Theil &#x017F;eines &#x017F;auer ver-<lb/>
dienten Einkommens, welches er bei einer richtigen Vertheilung<lb/>
der Staatsla&#x017F;ten auf die Verbe&#x017F;&#x017F;erung &#x017F;eines wirth&#x017F;chaftlichen<lb/>
Zu&#x017F;tandes verwenden könnte und wofür ihm <hi rendition="#g">keineswegs,</hi> wie<lb/>
ebenfalls entgegenge&#x017F;tellt worden, ein genügender Er&#x017F;atz dadurch<lb/>
gewährt werden kann, daß &#x017F;ich der <hi rendition="#g">Preis der Arbeit</hi> u. &#x017F;. w.<lb/>
einigermaßen den Prei&#x017F;en der nothwendig&#x017F;ten Lebensbedürf-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e ent&#x017F;prechend regulirt, durch <hi rendition="#g">das jetzige Steuer&#x017F;y&#x017F;tem<lb/>
entzogen wird.</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o auch die&#x017F;es Argument des Staatsanwalts, daß die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0113] „Die ärmere Bevölkerung — fährt die Staatsregierung fort — verzehrt hier von Fleiſchſpeiſen vorzugsweiſe Schweine- fleiſch. Werden auf eine Arbeiterfamilie nur 6 Pfd. wöchent- lich gerechnet, was, wenn ſie nicht zu den ganz herunterge- kommenen gehört, gewiß nicht zu hoch gegriffen iſt, ſo ergiebt ſich daraus ein Betrag von 312 Pfd. jährlich, alſo eine Quan- tität, von welcher mindeſtens ..... 4 Thlr. 7 Sgr. an Steuer entrichtet werden müſſen, was, zu- ſammen mit den obigen ..... 2 „ 15 „ für Brod, im Ganzen die Summe von .. 6 Thlr. 22 Sgr. beträgt, welche eine ſolche Familie jetzt an Steuern entrichten muß, während ſie nach Einführung der Klaſſenſteuer (einſchließlich eines Kommunal-Zuſchlags von 50 %) höchſtens .......... 1 Thlr. 15 Sgr. alſo ............ 5 Thlr. 7 Sgr. weniger als jetzt zu entrichten haben würde. Um wie viel härter — härter, meine Herren — geſtaltet ſich aber das Verhältniß in der Wirklichkeit; um wie viel drückender — drückender, meine Herren — wenn in Betracht gezogen wird, daß der wohlhabende Mann zu dieſer Laſt nicht in einem höheren, ſeiner Wohlhabenheit entſprechenden Maße beiträgt; unter Umſtänden vielmehr in der That viel weniger leiſten darf, als der Arme.“ Viel weniger leiſten darf, als der Arme! — die Königliche Botſchaft ſagt es, wie ich es ſage! „Mag dagegen auch angeführt werden — fährt die Bot- ſchaft fort — daß die indirecte Steuer in kleinen Raten und auf unmerkliche Weiſe entrichtet werde, immer bleibt die Thatſache beſtehen, daß dem kleinen Mann ein Theil ſeines ſauer ver- dienten Einkommens, welches er bei einer richtigen Vertheilung der Staatslaſten auf die Verbeſſerung ſeines wirthſchaftlichen Zuſtandes verwenden könnte und wofür ihm keineswegs, wie ebenfalls entgegengeſtellt worden, ein genügender Erſatz dadurch gewährt werden kann, daß ſich der Preis der Arbeit u. ſ. w. einigermaßen den Preiſen der nothwendigſten Lebensbedürf- niſſe entſprechend regulirt, durch das jetzige Steuerſyſtem entzogen wird.“ Alſo auch dieſes Argument des Staatsanwalts, daß die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/113
Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/113>, abgerufen am 25.04.2024.