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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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rung dieses Landes nicht viel. War nun das Land
gar katholisch, so folgerte ich, daß die Regierung
vollends gar nichts taugen müsse, und dieß deß-
wegen, weil sich diese Leute, nur durch die höchste
Noth gedrungen, entschließen können, ihrem hei-
ligen Glauben Eintrag zu thun, und sich zu einem
zu bekennen, der jenen ganz aufhebt.

Das war nun leider der Fall im Bisthum Speier,
welches bisher von keiner Ketzerey war besudelt
worden, wohin -- die Reichsstadt Speier ausge-
nommen, wo aber der Bischof nichts zu sagen hat --
die Lehre des Luthers und des Calvins, welche
doch das ganze umliegende Land, die ganze Pfalz
und den Elsaß infizirt hatte, nicht hatte dringen
können. Und doch ist da der französische Freyheits-
baum ohne alle Mühe gepflanzt worden!

Ich fragte nach den Ursachen, und hier sind sie.

Der vorige Bischof war zugleich Kardinal der
römischen Kirche, und ein inniger Freund des
Kurfürsten von der Pfalz, und war, wie dieser, ein
Freund der Pracht und des Aufwands. Das Land
ist klein, trägt also nicht viel, und doch trieb der
Herr Bischof einen Staat, wie ein Kurfürst! Er
hielt Soldaten, stellte Parforcejagden an -- und
das in einem Lande, wo es beynahe nur Hasen und
Rebhüner giebt -- unterhielt Komödianten, ließ
Opern spielen, und verschwendete ansehnliche Sum-

rung dieſes Landes nicht viel. War nun das Land
gar katholiſch, ſo folgerte ich, daß die Regierung
vollends gar nichts taugen muͤſſe, und dieß deß-
wegen, weil ſich dieſe Leute, nur durch die hoͤchſte
Noth gedrungen, entſchließen koͤnnen, ihrem hei-
ligen Glauben Eintrag zu thun, und ſich zu einem
zu bekennen, der jenen ganz aufhebt.

Das war nun leider der Fall im Bisthum Speier,
welches bisher von keiner Ketzerey war beſudelt
worden, wohin — die Reichsſtadt Speier ausge-
nommen, wo aber der Biſchof nichts zu ſagen hat —
die Lehre des Luthers und des Calvins, welche
doch das ganze umliegende Land, die ganze Pfalz
und den Elſaß infizirt hatte, nicht hatte dringen
koͤnnen. Und doch iſt da der franzoͤſiſche Freyheits-
baum ohne alle Muͤhe gepflanzt worden!

Ich fragte nach den Urſachen, und hier ſind ſie.

Der vorige Biſchof war zugleich Kardinal der
roͤmiſchen Kirche, und ein inniger Freund des
Kurfuͤrſten von der Pfalz, und war, wie dieſer, ein
Freund der Pracht und des Aufwands. Das Land
iſt klein, traͤgt alſo nicht viel, und doch trieb der
Herr Biſchof einen Staat, wie ein Kurfuͤrſt! Er
hielt Soldaten, ſtellte Parforçejagden an — und
das in einem Lande, wo es beynahe nur Haſen und
Rebhuͤner giebt — unterhielt Komoͤdianten, ließ
Opern ſpielen, und verſchwendete anſehnliche Sum-

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[450/0462] rung dieſes Landes nicht viel. War nun das Land gar katholiſch, ſo folgerte ich, daß die Regierung vollends gar nichts taugen muͤſſe, und dieß deß- wegen, weil ſich dieſe Leute, nur durch die hoͤchſte Noth gedrungen, entſchließen koͤnnen, ihrem hei- ligen Glauben Eintrag zu thun, und ſich zu einem zu bekennen, der jenen ganz aufhebt. Das war nun leider der Fall im Bisthum Speier, welches bisher von keiner Ketzerey war beſudelt worden, wohin — die Reichsſtadt Speier ausge- nommen, wo aber der Biſchof nichts zu ſagen hat — die Lehre des Luthers und des Calvins, welche doch das ganze umliegende Land, die ganze Pfalz und den Elſaß infizirt hatte, nicht hatte dringen koͤnnen. Und doch iſt da der franzoͤſiſche Freyheits- baum ohne alle Muͤhe gepflanzt worden! Ich fragte nach den Urſachen, und hier ſind ſie. Der vorige Biſchof war zugleich Kardinal der roͤmiſchen Kirche, und ein inniger Freund des Kurfuͤrſten von der Pfalz, und war, wie dieſer, ein Freund der Pracht und des Aufwands. Das Land iſt klein, traͤgt alſo nicht viel, und doch trieb der Herr Biſchof einen Staat, wie ein Kurfuͤrſt! Er hielt Soldaten, ſtellte Parforçejagden an — und das in einem Lande, wo es beynahe nur Haſen und Rebhuͤner giebt — unterhielt Komoͤdianten, ließ Opern ſpielen, und verſchwendete anſehnliche Sum-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/462>, abgerufen am 25.04.2024.