Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
V. Abschnitt. II. Fragment.
a) Eine Bemerkung von Lenz.

"Es ist mir besonders, daß die Juden das Zeichen ihres Vaterlandes, des Orientes, in
"alle vier Welttheile mit sich herumtragen. Jch meyne die kurzen, schwarzen, krausen Haare, und
[Spaltenumbruch]

die
"unten aber schmal ist; eine kurze und dicke Nase, klei-
"ne und tief im Kopfe liegende Augen; sehr erhabene
"Wangen; ein langes und vorwärts stehendes Kinn;
"Kinnbacken, die oben vertieft sind; lange und abge-
"sonderte Zähne; starke und die Augen bedeckende Au-
"genbraunen, dicke Augenlieder; ein glattes Gesicht;
"eine schwarzbraune und Oliven ähnliche Gesichtsfarbe
"und schwarze Haare; sie sind von einer mittelmäßigen
"Leibeslänge; aber sehr stark von Kräften; sie haben
"einen kleinen Bart, welcher wie bey den Chinesern
"aus einigen dünnen Haarbüscheln besteht; ihre Schen-
"kel sind dick und die Beine kurz.


"Die Kalmuken, welche in den Gegenden des caspi-
"schen Meeres zwischen den Russen und den großen
"Tartarn wohnen, sind nach Taverniers Berichte
"starke, aber zugleich die häßlichsten, ungestaltesten Leu-
"te unter der Sonne. Sie haben ein so plattes und
"breites Gesicht, daß zwischen ihren beyden Augen ein
"Raum von fünf oder sechs Fingern ist. Jhre Augen
"sind überaus klein, und das wenige, was sie von der
"Nase haben, ist so platt, daß man daran nichts als
"zwo Oeffnungen statt der Nasenlöcher sieht; ihre Knie
"stehen auswärts, und die Füße einwärts. Die Da-
"gestanischen Tartarn
sind nach den Kalmuken die
"häßlichsten unter den andern.


"Die kleinen oder nogaischen Tartarn haben etwas
"von ihrer Häßlichkeit verloren, weil sie sich mit den
"Cirkaßiern vermischt haben. So wie man ostwärts
"weiter in die freye Tartarey kömmt, wird die Bil-
[Spaltenumbruch] "dung der Tartarn ein wenig angenehmer. Allein die
"wesentlichen Merkmale ihres Geschlechts bleiben be-
"ständig, und kurz, die mongolischen Tartarn, welche
"China erobert haben, und welche unter allen diesen
"Völkern am ordentlichsten eingerichtet waren, sind
"noch heutiges Tages am wenigsten häßlich und unge-
"stalt. Gleichwohl haben sie, wie alle andere, kleine
"Augen, ein breites und plattes Gesicht, einen kleinen
"Bart, welcher allezeit schwarz oder roth ist, eine kurze
"und breitgedrückte Nase. -- Es giebt unter den Ker-
"gißischen
und Tscheremißischen Tartarn ein ganzes
"Volk, in welchem die Männer und Weiber eine son-
"derbare Schönheit besitzen. -- Die Sitten der Chi-
"neser
und Tartarn sind zwar sehr verschieden -- aber
"nicht so sehr ihre Gesichtsformen und Gestalten. --
"Die Chineser haben wohlgebildete Glieder, sind dick
"und fett, haben ein breites rundes Gesicht, kleine Au-
"gen, große Augenbraunen, erhabene Augenlieder, eine
"kleine breitgedrückte Nase, und an jeder Lefze nur sie-
"ben oder acht kleine Büschel von einem schwarzen
"Barte, nebst sehr wenigen Haaren auf dem
"Kinne.


"Die holländischen Reisebeschreiber stimmen darinn
"alle überein, daß die Chineser überhaupt ein breites
"Gesicht, kleine Augen, eine stumpfe Nase, und fast
"gar keinen Bart haben. -- Die Verschiedenheit ihrer
"Gesichtsfarbe und ihrer Sitten hindert nicht, daß diese
"Völker insgesammt von Einem gemeinen Stamme her-
"kommen. Denn die erstere rührt von der Beschaffen-
"heit des Himmelsstriches und der Speisen her; und
die
V. Abſchnitt. II. Fragment.
a) Eine Bemerkung von Lenz.

„Es iſt mir beſonders, daß die Juden das Zeichen ihres Vaterlandes, des Orientes, in
„alle vier Welttheile mit ſich herumtragen. Jch meyne die kurzen, ſchwarzen, krauſen Haare, und
[Spaltenumbruch]

die
„unten aber ſchmal iſt; eine kurze und dicke Naſe, klei-
„ne und tief im Kopfe liegende Augen; ſehr erhabene
„Wangen; ein langes und vorwaͤrts ſtehendes Kinn;
„Kinnbacken, die oben vertieft ſind; lange und abge-
„ſonderte Zaͤhne; ſtarke und die Augen bedeckende Au-
„genbraunen, dicke Augenlieder; ein glattes Geſicht;
„eine ſchwarzbraune und Oliven aͤhnliche Geſichtsfarbe
„und ſchwarze Haare; ſie ſind von einer mittelmaͤßigen
„Leibeslaͤnge; aber ſehr ſtark von Kraͤften; ſie haben
„einen kleinen Bart, welcher wie bey den Chineſern
„aus einigen duͤnnen Haarbuͤſcheln beſteht; ihre Schen-
„kel ſind dick und die Beine kurz.


„Die Kalmuken, welche in den Gegenden des caſpi-
„ſchen Meeres zwiſchen den Ruſſen und den großen
Tartarn wohnen, ſind nach Taverniers Berichte
„ſtarke, aber zugleich die haͤßlichſten, ungeſtalteſten Leu-
„te unter der Sonne. Sie haben ein ſo plattes und
„breites Geſicht, daß zwiſchen ihren beyden Augen ein
„Raum von fuͤnf oder ſechs Fingern iſt. Jhre Augen
„ſind uͤberaus klein, und das wenige, was ſie von der
„Naſe haben, iſt ſo platt, daß man daran nichts als
„zwo Oeffnungen ſtatt der Naſenloͤcher ſieht; ihre Knie
„ſtehen auswaͤrts, und die Fuͤße einwaͤrts. Die Da-
„geſtaniſchen Tartarn
ſind nach den Kalmuken die
„haͤßlichſten unter den andern.


„Die kleinen oder nogaiſchen Tartarn haben etwas
„von ihrer Haͤßlichkeit verloren, weil ſie ſich mit den
Cirkaßiern vermiſcht haben. So wie man oſtwaͤrts
„weiter in die freye Tartarey koͤmmt, wird die Bil-
[Spaltenumbruch] „dung der Tartarn ein wenig angenehmer. Allein die
„weſentlichen Merkmale ihres Geſchlechts bleiben be-
„ſtaͤndig, und kurz, die mongoliſchen Tartarn, welche
China erobert haben, und welche unter allen dieſen
„Voͤlkern am ordentlichſten eingerichtet waren, ſind
„noch heutiges Tages am wenigſten haͤßlich und unge-
„ſtalt. Gleichwohl haben ſie, wie alle andere, kleine
„Augen, ein breites und plattes Geſicht, einen kleinen
„Bart, welcher allezeit ſchwarz oder roth iſt, eine kurze
„und breitgedruͤckte Naſe. — Es giebt unter den Ker-
„gißiſchen
und Tſcheremißiſchen Tartarn ein ganzes
„Volk, in welchem die Maͤnner und Weiber eine ſon-
„derbare Schoͤnheit beſitzen. — Die Sitten der Chi-
„neſer
und Tartarn ſind zwar ſehr verſchieden — aber
„nicht ſo ſehr ihre Geſichtsformen und Geſtalten. —
„Die Chineſer haben wohlgebildete Glieder, ſind dick
„und fett, haben ein breites rundes Geſicht, kleine Au-
„gen, große Augenbraunen, erhabene Augenlieder, eine
„kleine breitgedruͤckte Naſe, und an jeder Lefze nur ſie-
„ben oder acht kleine Buͤſchel von einem ſchwarzen
„Barte, nebſt ſehr wenigen Haaren auf dem
„Kinne.


„Die hollaͤndiſchen Reiſebeſchreiber ſtimmen darinn
„alle uͤberein, daß die Chineſer uͤberhaupt ein breites
„Geſicht, kleine Augen, eine ſtumpfe Naſe, und faſt
„gar keinen Bart haben. — Die Verſchiedenheit ihrer
„Geſichtsfarbe und ihrer Sitten hindert nicht, daß dieſe
„Voͤlker insgeſammt von Einem gemeinen Stamme her-
„kommen. Denn die erſtere ruͤhrt von der Beſchaffen-
„heit des Himmelsſtriches und der Speiſen her; und
die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0312" n="272"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Ab&#x017F;chnitt. <hi rendition="#aq">II.</hi> Fragment.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">a)</hi> Eine Bemerkung von Lenz.</hi> </head><lb/>
              <p>&#x201E;Es i&#x017F;t mir be&#x017F;onders, daß die <hi rendition="#fr">Juden</hi> das Zeichen ihres Vaterlandes, des Orientes, in<lb/>
&#x201E;alle vier Welttheile mit &#x017F;ich herumtragen. Jch meyne die kurzen, &#x017F;chwarzen, krau&#x017F;en Haare, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/><cb/>
<note next="#a36" xml:id="a35" prev="#a34" place="foot" n="1)">&#x201E;unten aber &#x017F;chmal i&#x017F;t; eine kurze und dicke Na&#x017F;e, klei-<lb/>
&#x201E;ne und tief im Kopfe liegende Augen; &#x017F;ehr erhabene<lb/>
&#x201E;Wangen; ein langes und vorwa&#x0364;rts &#x017F;tehendes Kinn;<lb/>
&#x201E;Kinnbacken, die oben vertieft &#x017F;ind; lange und abge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;onderte Za&#x0364;hne; &#x017F;tarke und die Augen bedeckende Au-<lb/>
&#x201E;genbraunen, dicke Augenlieder; ein glattes Ge&#x017F;icht;<lb/>
&#x201E;eine &#x017F;chwarzbraune und Oliven a&#x0364;hnliche Ge&#x017F;ichtsfarbe<lb/>
&#x201E;und &#x017F;chwarze Haare; &#x017F;ie &#x017F;ind von einer mittelma&#x0364;ßigen<lb/>
&#x201E;Leibesla&#x0364;nge; aber &#x017F;ehr &#x017F;tark von Kra&#x0364;ften; &#x017F;ie haben<lb/>
&#x201E;einen kleinen Bart, welcher wie bey den <hi rendition="#fr">Chine&#x017F;ern</hi><lb/>
&#x201E;aus einigen du&#x0364;nnen Haarbu&#x0364;&#x017F;cheln be&#x017F;teht; ihre Schen-<lb/>
&#x201E;kel &#x017F;ind dick und die Beine kurz.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;Die <hi rendition="#fr">Kalmuken,</hi> welche in den Gegenden des ca&#x017F;pi-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chen Meeres zwi&#x017F;chen den <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en</hi> und den großen<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Tartarn</hi> wohnen, &#x017F;ind nach <hi rendition="#fr">Taverniers</hi> Berichte<lb/>
&#x201E;&#x017F;tarke, aber zugleich die ha&#x0364;ßlich&#x017F;ten, unge&#x017F;talte&#x017F;ten Leu-<lb/>
&#x201E;te unter der Sonne. Sie haben ein &#x017F;o plattes und<lb/>
&#x201E;breites Ge&#x017F;icht, daß zwi&#x017F;chen ihren beyden Augen ein<lb/>
&#x201E;Raum von fu&#x0364;nf oder &#x017F;echs Fingern i&#x017F;t. Jhre Augen<lb/>
&#x201E;&#x017F;ind u&#x0364;beraus klein, und das wenige, was &#x017F;ie von der<lb/>
&#x201E;Na&#x017F;e haben, i&#x017F;t &#x017F;o platt, daß man daran nichts als<lb/>
&#x201E;zwo Oeffnungen &#x017F;tatt der Na&#x017F;enlo&#x0364;cher &#x017F;ieht; ihre Knie<lb/>
&#x201E;&#x017F;tehen auswa&#x0364;rts, und die Fu&#x0364;ße einwa&#x0364;rts. Die <hi rendition="#fr">Da-<lb/>
&#x201E;ge&#x017F;tani&#x017F;chen Tartarn</hi> &#x017F;ind nach den <hi rendition="#fr">Kalmuken</hi> die<lb/>
&#x201E;ha&#x0364;ßlich&#x017F;ten unter den andern.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;Die kleinen oder <hi rendition="#fr">nogai&#x017F;chen Tartarn</hi> haben etwas<lb/>
&#x201E;von ihrer Ha&#x0364;ßlichkeit verloren, weil &#x017F;ie &#x017F;ich mit den<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Cirkaßiern</hi> vermi&#x017F;cht haben. So wie man o&#x017F;twa&#x0364;rts<lb/>
&#x201E;weiter in die freye <hi rendition="#fr">Tartarey</hi> ko&#x0364;mmt, wird die Bil-<lb/><cb/>
&#x201E;dung der <hi rendition="#fr">Tartarn</hi> ein wenig angenehmer. Allein die<lb/>
&#x201E;we&#x017F;entlichen Merkmale ihres Ge&#x017F;chlechts bleiben be-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ta&#x0364;ndig, und kurz, die <hi rendition="#fr">mongoli&#x017F;chen Tartarn,</hi> welche<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">China</hi> erobert haben, und welche unter allen die&#x017F;en<lb/>
&#x201E;Vo&#x0364;lkern am ordentlich&#x017F;ten eingerichtet waren, &#x017F;ind<lb/>
&#x201E;noch heutiges Tages am wenig&#x017F;ten ha&#x0364;ßlich und unge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;talt. Gleichwohl haben &#x017F;ie, wie alle andere, kleine<lb/>
&#x201E;Augen, ein breites und plattes Ge&#x017F;icht, einen kleinen<lb/>
&#x201E;Bart, welcher allezeit &#x017F;chwarz oder roth i&#x017F;t, eine kurze<lb/>
&#x201E;und breitgedru&#x0364;ckte Na&#x017F;e. &#x2014; Es giebt unter den <hi rendition="#fr">Ker-<lb/>
&#x201E;gißi&#x017F;chen</hi> und <hi rendition="#fr">T&#x017F;cheremißi&#x017F;chen</hi> Tartarn ein ganzes<lb/>
&#x201E;Volk, in welchem die Ma&#x0364;nner und Weiber eine &#x017F;on-<lb/>
&#x201E;derbare Scho&#x0364;nheit be&#x017F;itzen. &#x2014; Die Sitten der <hi rendition="#fr">Chi-<lb/>
&#x201E;ne&#x017F;er</hi> und <hi rendition="#fr">Tartarn</hi> &#x017F;ind zwar &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x2014; aber<lb/>
&#x201E;nicht &#x017F;o &#x017F;ehr ihre Ge&#x017F;ichtsformen und Ge&#x017F;talten. &#x2014;<lb/>
&#x201E;Die <hi rendition="#fr">Chine&#x017F;er</hi> haben wohlgebildete Glieder, &#x017F;ind dick<lb/>
&#x201E;und fett, haben ein breites rundes Ge&#x017F;icht, kleine Au-<lb/>
&#x201E;gen, große Augenbraunen, erhabene Augenlieder, eine<lb/>
&#x201E;kleine breitgedru&#x0364;ckte Na&#x017F;e, und an jeder Lefze nur &#x017F;ie-<lb/>
&#x201E;ben oder acht kleine Bu&#x0364;&#x017F;chel von einem &#x017F;chwarzen<lb/>
&#x201E;Barte, neb&#x017F;t &#x017F;ehr wenigen Haaren auf dem<lb/>
&#x201E;Kinne.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;Die holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreiber &#x017F;timmen darinn<lb/>
&#x201E;alle u&#x0364;berein, daß die <hi rendition="#fr">Chine&#x017F;er</hi> u&#x0364;berhaupt ein breites<lb/>
&#x201E;Ge&#x017F;icht, kleine Augen, eine &#x017F;tumpfe Na&#x017F;e, und fa&#x017F;t<lb/>
&#x201E;gar keinen Bart haben. &#x2014; Die Ver&#x017F;chiedenheit ihrer<lb/>
&#x201E;Ge&#x017F;ichtsfarbe und ihrer Sitten hindert nicht, daß die&#x017F;e<lb/>
&#x201E;Vo&#x0364;lker insge&#x017F;ammt von Einem gemeinen Stamme her-<lb/>
&#x201E;kommen. Denn die er&#x017F;tere ru&#x0364;hrt von der Be&#x017F;chaffen-<lb/>
&#x201E;heit des Himmels&#x017F;triches und der Spei&#x017F;en her; und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw></note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0312] V. Abſchnitt. II. Fragment. a) Eine Bemerkung von Lenz. „Es iſt mir beſonders, daß die Juden das Zeichen ihres Vaterlandes, des Orientes, in „alle vier Welttheile mit ſich herumtragen. Jch meyne die kurzen, ſchwarzen, krauſen Haare, und die 1) 1) „unten aber ſchmal iſt; eine kurze und dicke Naſe, klei- „ne und tief im Kopfe liegende Augen; ſehr erhabene „Wangen; ein langes und vorwaͤrts ſtehendes Kinn; „Kinnbacken, die oben vertieft ſind; lange und abge- „ſonderte Zaͤhne; ſtarke und die Augen bedeckende Au- „genbraunen, dicke Augenlieder; ein glattes Geſicht; „eine ſchwarzbraune und Oliven aͤhnliche Geſichtsfarbe „und ſchwarze Haare; ſie ſind von einer mittelmaͤßigen „Leibeslaͤnge; aber ſehr ſtark von Kraͤften; ſie haben „einen kleinen Bart, welcher wie bey den Chineſern „aus einigen duͤnnen Haarbuͤſcheln beſteht; ihre Schen- „kel ſind dick und die Beine kurz. „Die Kalmuken, welche in den Gegenden des caſpi- „ſchen Meeres zwiſchen den Ruſſen und den großen „Tartarn wohnen, ſind nach Taverniers Berichte „ſtarke, aber zugleich die haͤßlichſten, ungeſtalteſten Leu- „te unter der Sonne. Sie haben ein ſo plattes und „breites Geſicht, daß zwiſchen ihren beyden Augen ein „Raum von fuͤnf oder ſechs Fingern iſt. Jhre Augen „ſind uͤberaus klein, und das wenige, was ſie von der „Naſe haben, iſt ſo platt, daß man daran nichts als „zwo Oeffnungen ſtatt der Naſenloͤcher ſieht; ihre Knie „ſtehen auswaͤrts, und die Fuͤße einwaͤrts. Die Da- „geſtaniſchen Tartarn ſind nach den Kalmuken die „haͤßlichſten unter den andern. „Die kleinen oder nogaiſchen Tartarn haben etwas „von ihrer Haͤßlichkeit verloren, weil ſie ſich mit den „Cirkaßiern vermiſcht haben. So wie man oſtwaͤrts „weiter in die freye Tartarey koͤmmt, wird die Bil- „dung der Tartarn ein wenig angenehmer. Allein die „weſentlichen Merkmale ihres Geſchlechts bleiben be- „ſtaͤndig, und kurz, die mongoliſchen Tartarn, welche „China erobert haben, und welche unter allen dieſen „Voͤlkern am ordentlichſten eingerichtet waren, ſind „noch heutiges Tages am wenigſten haͤßlich und unge- „ſtalt. Gleichwohl haben ſie, wie alle andere, kleine „Augen, ein breites und plattes Geſicht, einen kleinen „Bart, welcher allezeit ſchwarz oder roth iſt, eine kurze „und breitgedruͤckte Naſe. — Es giebt unter den Ker- „gißiſchen und Tſcheremißiſchen Tartarn ein ganzes „Volk, in welchem die Maͤnner und Weiber eine ſon- „derbare Schoͤnheit beſitzen. — Die Sitten der Chi- „neſer und Tartarn ſind zwar ſehr verſchieden — aber „nicht ſo ſehr ihre Geſichtsformen und Geſtalten. — „Die Chineſer haben wohlgebildete Glieder, ſind dick „und fett, haben ein breites rundes Geſicht, kleine Au- „gen, große Augenbraunen, erhabene Augenlieder, eine „kleine breitgedruͤckte Naſe, und an jeder Lefze nur ſie- „ben oder acht kleine Buͤſchel von einem ſchwarzen „Barte, nebſt ſehr wenigen Haaren auf dem „Kinne. „Die hollaͤndiſchen Reiſebeſchreiber ſtimmen darinn „alle uͤberein, daß die Chineſer uͤberhaupt ein breites „Geſicht, kleine Augen, eine ſtumpfe Naſe, und faſt „gar keinen Bart haben. — Die Verſchiedenheit ihrer „Geſichtsfarbe und ihrer Sitten hindert nicht, daß dieſe „Voͤlker insgeſammt von Einem gemeinen Stamme her- „kommen. Denn die erſtere ruͤhrt von der Beſchaffen- „heit des Himmelsſtriches und der Speiſen her; und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/312
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/312>, abgerufen am 20.04.2024.