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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der Suez-Canal.
graben wurden, und zwar eine Sphynx aus grauem, dichtgekörntem
Stein, sowie eine andere und ein riesiger Sarkophag aus röthlichem
Granit, haben in der Nähe des Sees einen Ehrenplatz gefunden. Diese
wohlerhaltenen Kunstwerke tragen Bänder von gravirten Hieroglyphen.
Auf zweien ist das Ciffre-Medaillon des grossen Ramses verewigt.

Von allen Seen der Canalroute hat das lustige Volk der Wasser-
vögel schon längst Besitz genommen. Möven, Pelikane und die ehe-
mals heilig gehaltenen Ibisse sind allenthalben anzutreffen. Für den
Naturhistoriker noch interessanter ist aber die Einwanderung von
Fischen aus dem Indischen Ocean auf dem Wege des Lesseps nach
dem Mittelmeere und umgekehrt.

Die Canaltrace führt nun zu den beiden wasserreichen Bitter-
seen und von [...]hier weiter zur Ausmündung bei Suez in das Rothe
Meer.

Die Stadt Suez bleibt einige Kilometer westwärts des Canals,
ist jedoch durch den seichten Meeresarm Suez-Creek mit diesem ver-
bunden.

An der Westseite des Canalendes wurde das gut geschützte
Tewfik-Hafenbassin mit grossem Trockendock und den Etablissements
der Canalgesellschaft angelegt.

Diese Bauten, erst im Jahre 1874 beendigt, haben 32 Millionen
Francs an Kosten verursacht. Die Einfahrt zum Tewfikbassin, zu
welchem ein Schienenstrang aus Suez führt, ist durch Leuchtbojen
und Leuchtfeuer gut markirt; sie liegt unter 29° 56' nördl. Br. und
32° 33' östl. Länge v. Gr.

An diesem Ende des Suez-Canals macht sich die Gezeiten-
Strömung bis zu den Bitterseen (Chalouf) fühlbar. Bei Springflut, die
etwas über 2 m steigt, setzt eine wechselnde Strömung mit 2·5 Meilen
stündlicher Geschwindigkeit ein.

Es wird den Schiffen anempfohlen, die genannte Strecke gegen
den Strom steuernd zurückzulegen.

Ueber das heutige Suez ist nur wenig zu berichten. Gänzlich im
Wüstensand gebettet, ist das Städtchen mit seinen unansehnlichen
Häusern völlig reizlos, ein Bild des Verfalls gegenüber dem auf-
blühenden Port Said.




35*

Der Suez-Canal.
graben wurden, und zwar eine Sphynx aus grauem, dichtgekörntem
Stein, sowie eine andere und ein riesiger Sarkophag aus röthlichem
Granit, haben in der Nähe des Sees einen Ehrenplatz gefunden. Diese
wohlerhaltenen Kunstwerke tragen Bänder von gravirten Hieroglyphen.
Auf zweien ist das Ciffre-Medaillon des grossen Ramses verewigt.

Von allen Seen der Canalroute hat das lustige Volk der Wasser-
vögel schon längst Besitz genommen. Möven, Pelikane und die ehe-
mals heilig gehaltenen Ibisse sind allenthalben anzutreffen. Für den
Naturhistoriker noch interessanter ist aber die Einwanderung von
Fischen aus dem Indischen Ocean auf dem Wege des Lesseps nach
dem Mittelmeere und umgekehrt.

Die Canaltrace führt nun zu den beiden wasserreichen Bitter-
seen und von […]hier weiter zur Ausmündung bei Suez in das Rothe
Meer.

Die Stadt Suez bleibt einige Kilometer westwärts des Canals,
ist jedoch durch den seichten Meeresarm Suez-Creek mit diesem ver-
bunden.

An der Westseite des Canalendes wurde das gut geschützte
Tewfik-Hafenbassin mit grossem Trockendock und den Etablissements
der Canalgesellschaft angelegt.

Diese Bauten, erst im Jahre 1874 beendigt, haben 32 Millionen
Francs an Kosten verursacht. Die Einfahrt zum Tewfikbassin, zu
welchem ein Schienenstrang aus Suez führt, ist durch Leuchtbojen
und Leuchtfeuer gut markirt; sie liegt unter 29° 56′ nördl. Br. und
32° 33′ östl. Länge v. Gr.

An diesem Ende des Suez-Canals macht sich die Gezeiten-
Strömung bis zu den Bitterseen (Chalouf) fühlbar. Bei Springflut, die
etwas über 2 m steigt, setzt eine wechselnde Strömung mit 2·5 Meilen
stündlicher Geschwindigkeit ein.

Es wird den Schiffen anempfohlen, die genannte Strecke gegen
den Strom steuernd zurückzulegen.

Ueber das heutige Suez ist nur wenig zu berichten. Gänzlich im
Wüstensand gebettet, ist das Städtchen mit seinen unansehnlichen
Häusern völlig reizlos, ein Bild des Verfalls gegenüber dem auf-
blühenden Port Saïd.




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[275/0295] Der Suez-Canal. graben wurden, und zwar eine Sphynx aus grauem, dichtgekörntem Stein, sowie eine andere und ein riesiger Sarkophag aus röthlichem Granit, haben in der Nähe des Sees einen Ehrenplatz gefunden. Diese wohlerhaltenen Kunstwerke tragen Bänder von gravirten Hieroglyphen. Auf zweien ist das Ciffre-Medaillon des grossen Ramses verewigt. Von allen Seen der Canalroute hat das lustige Volk der Wasser- vögel schon längst Besitz genommen. Möven, Pelikane und die ehe- mals heilig gehaltenen Ibisse sind allenthalben anzutreffen. Für den Naturhistoriker noch interessanter ist aber die Einwanderung von Fischen aus dem Indischen Ocean auf dem Wege des Lesseps nach dem Mittelmeere und umgekehrt. Die Canaltrace führt nun zu den beiden wasserreichen Bitter- seen und von hier weiter zur Ausmündung bei Suez in das Rothe Meer. Die Stadt Suez bleibt einige Kilometer westwärts des Canals, ist jedoch durch den seichten Meeresarm Suez-Creek mit diesem ver- bunden. An der Westseite des Canalendes wurde das gut geschützte Tewfik-Hafenbassin mit grossem Trockendock und den Etablissements der Canalgesellschaft angelegt. Diese Bauten, erst im Jahre 1874 beendigt, haben 32 Millionen Francs an Kosten verursacht. Die Einfahrt zum Tewfikbassin, zu welchem ein Schienenstrang aus Suez führt, ist durch Leuchtbojen und Leuchtfeuer gut markirt; sie liegt unter 29° 56′ nördl. Br. und 32° 33′ östl. Länge v. Gr. An diesem Ende des Suez-Canals macht sich die Gezeiten- Strömung bis zu den Bitterseen (Chalouf) fühlbar. Bei Springflut, die etwas über 2 m steigt, setzt eine wechselnde Strömung mit 2·5 Meilen stündlicher Geschwindigkeit ein. Es wird den Schiffen anempfohlen, die genannte Strecke gegen den Strom steuernd zurückzulegen. Ueber das heutige Suez ist nur wenig zu berichten. Gänzlich im Wüstensand gebettet, ist das Städtchen mit seinen unansehnlichen Häusern völlig reizlos, ein Bild des Verfalls gegenüber dem auf- blühenden Port Saïd. 35*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/295>, abgerufen am 24.04.2024.