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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Cadiz.

Die oceanische Küste des vielbesungenen Andalusien bildet im
Südwesten der iberischen Halbinsel den weiten und kühn geschwun-
genen Golf von Cadiz, in welchen zwei der mächtigsten Ströme:
Guadalquivir und Guadiana sowie einige andere Flüsse von Wasser-
mächtigkeit ausmünden. Zu letzteren gehören der Rio Tinto und der
Rio Odiel, an deren gemeinsamer Mündung Huelva liegt, sowie der
Rio Guadalete, welcher in die Bai von Cadiz sich ergiesst.

Eine über 10 km lange und schmale Halbinsel, deren nörd-
lichstes Felsplateau die Stadt Cadiz trägt, schützt die weite und
reichgegliederte Bai vor dem Ansturm der oceanischen Wogen. Diese
Landzunge gehört zur Isla de Leon, welcher der schmale Canal Pun-
tale, auch San Pedro genannt, vom Festlande trennt.

Für die grosse Schiffahrt ist aber bloss der nördliche Theil der Bai be-
nutzbar, während im Süden ausgedehnte Lagunengebiete nur den Verkehr kleiner
Fahrzeuge zulassen. Versandete Canäle führen nach Puerto de Sta. Maria und
nach Puerto Real. Tiefer ist der zum Arsenale La Carraca und weiterhin zu dem
lieblichen Städtchen San Ferdinando führende Puntale-Canal, dessen wir soeben
gedachten.

Wie unser Plan zeigt, bietet die Einfahrt nach Cadiz vielerlei Fährlich-
keiten, und wenngleich der Ankergrund ein vorzüglicher ist, so ist die Bai doch
bereits so versandet, dass für grosse Schiffe ein im Verhältniss zur Ausdehnung
der ganzen Hafenfläche nur sehr beschränkter Raum erübrigt. Diese Sachlage
entspricht daher keinesfalls mehr dem einstigen Ruf von Cadiz, dass alle Flotten
der Welt im dortigen Hafen vor Anker liegen könnten.

Cadiz, das berühmte, der Volkssage nach von Hercules ge-
gründete Gadeir (römisch Gades), einst der am westlichsten vorge-
schobene Posten der Phönikier, ist zwar eine der ältesten Städte
Europas, trägt aber einen durchaus modernen Charakter, weil sie im
Jahre 1596 von den Engländern fast gänzlich verbrannt und hierauf
nach einem neuen Plane aufgebaut worden ist. Deshalb hat nur der
damals intact verbliebene älteste Theil schmale krumme Gässchen mit
alterthümlichen Häusern.


Cádiz.

Die oceanische Küste des vielbesungenen Andalusien bildet im
Südwesten der iberischen Halbinsel den weiten und kühn geschwun-
genen Golf von Cádiz, in welchen zwei der mächtigsten Ströme:
Guadalquivir und Guadiana sowie einige andere Flüsse von Wasser-
mächtigkeit ausmünden. Zu letzteren gehören der Rio Tinto und der
Rio Odiel, an deren gemeinsamer Mündung Huelva liegt, sowie der
Rio Guadalete, welcher in die Bai von Cádiz sich ergiesst.

Eine über 10 km lange und schmale Halbinsel, deren nörd-
lichstes Felsplateau die Stadt Cádiz trägt, schützt die weite und
reichgegliederte Bai vor dem Ansturm der oceanischen Wogen. Diese
Landzunge gehört zur Isla de Léon, welcher der schmale Canal Pun-
tale, auch San Pedro genannt, vom Festlande trennt.

Für die grosse Schiffahrt ist aber bloss der nördliche Theil der Bai be-
nutzbar, während im Süden ausgedehnte Lagunengebiete nur den Verkehr kleiner
Fahrzeuge zulassen. Versandete Canäle führen nach Puerto de Sta. Maria und
nach Puerto Real. Tiefer ist der zum Arsenale La Carraca und weiterhin zu dem
lieblichen Städtchen San Ferdinando führende Puntale-Canal, dessen wir soeben
gedachten.

Wie unser Plan zeigt, bietet die Einfahrt nach Cádiz vielerlei Fährlich-
keiten, und wenngleich der Ankergrund ein vorzüglicher ist, so ist die Bai doch
bereits so versandet, dass für grosse Schiffe ein im Verhältniss zur Ausdehnung
der ganzen Hafenfläche nur sehr beschränkter Raum erübrigt. Diese Sachlage
entspricht daher keinesfalls mehr dem einstigen Ruf von Cádiz, dass alle Flotten
der Welt im dortigen Hafen vor Anker liegen könnten.

Cádiz, das berühmte, der Volkssage nach von Hercules ge-
gründete Gadîr (römisch Gades), einst der am westlichsten vorge-
schobene Posten der Phönikier, ist zwar eine der ältesten Städte
Europas, trägt aber einen durchaus modernen Charakter, weil sie im
Jahre 1596 von den Engländern fast gänzlich verbrannt und hierauf
nach einem neuen Plane aufgebaut worden ist. Deshalb hat nur der
damals intact verbliebene älteste Theil schmale krumme Gässchen mit
alterthümlichen Häusern.


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[[495]/0515] Cádiz. Die oceanische Küste des vielbesungenen Andalusien bildet im Südwesten der iberischen Halbinsel den weiten und kühn geschwun- genen Golf von Cádiz, in welchen zwei der mächtigsten Ströme: Guadalquivir und Guadiana sowie einige andere Flüsse von Wasser- mächtigkeit ausmünden. Zu letzteren gehören der Rio Tinto und der Rio Odiel, an deren gemeinsamer Mündung Huelva liegt, sowie der Rio Guadalete, welcher in die Bai von Cádiz sich ergiesst. Eine über 10 km lange und schmale Halbinsel, deren nörd- lichstes Felsplateau die Stadt Cádiz trägt, schützt die weite und reichgegliederte Bai vor dem Ansturm der oceanischen Wogen. Diese Landzunge gehört zur Isla de Léon, welcher der schmale Canal Pun- tale, auch San Pedro genannt, vom Festlande trennt. Für die grosse Schiffahrt ist aber bloss der nördliche Theil der Bai be- nutzbar, während im Süden ausgedehnte Lagunengebiete nur den Verkehr kleiner Fahrzeuge zulassen. Versandete Canäle führen nach Puerto de Sta. Maria und nach Puerto Real. Tiefer ist der zum Arsenale La Carraca und weiterhin zu dem lieblichen Städtchen San Ferdinando führende Puntale-Canal, dessen wir soeben gedachten. Wie unser Plan zeigt, bietet die Einfahrt nach Cádiz vielerlei Fährlich- keiten, und wenngleich der Ankergrund ein vorzüglicher ist, so ist die Bai doch bereits so versandet, dass für grosse Schiffe ein im Verhältniss zur Ausdehnung der ganzen Hafenfläche nur sehr beschränkter Raum erübrigt. Diese Sachlage entspricht daher keinesfalls mehr dem einstigen Ruf von Cádiz, dass alle Flotten der Welt im dortigen Hafen vor Anker liegen könnten. Cádiz, das berühmte, der Volkssage nach von Hercules ge- gründete Gadîr (römisch Gades), einst der am westlichsten vorge- schobene Posten der Phönikier, ist zwar eine der ältesten Städte Europas, trägt aber einen durchaus modernen Charakter, weil sie im Jahre 1596 von den Engländern fast gänzlich verbrannt und hierauf nach einem neuen Plane aufgebaut worden ist. Deshalb hat nur der damals intact verbliebene älteste Theil schmale krumme Gässchen mit alterthümlichen Häusern.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [495]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/515>, abgerufen am 24.04.2024.