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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] kriechet in der Erde herum. Dieser Strauch wächst in den Hecken, in den Weinbergen, an den Wegen, und ist in allen Landen gantz gemein. Zur Artzney werden die Spitzen, die Frucht und manchmahl auch die Wurtzeln gebrauchet. Die Spitzen führen ein wenig Saltz und Oel.

Sie reinigen, halten an, werden insonderheit zum Gurgelwasser gebrauchet, zu bösen Hälsen.

Die Brombeeren (nach den frantzösischen dürffte es Fuchsmaulbeer heissen) führen Sal essentiale, Oel und phlegma.

Sie reinigen, sind gut zur Brust, lindern und halten die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe an, sie dienen zur Bräune und zum Durchfall.

Die Brombeerwurtzeln, abgesotten, eröffnen, dienen zum Stein, den Urin zu treiben, den Durchlauff zu stillen.

Vom Rubus Idaeus ist oben unter dem Articul Framboesia gemeldet worden.

Rubus komt von rubro colore, dieweil die Früchte vom Brombeerstrauche roth sehen, ehe dann sie zeitig werden, und machen mit ihrer grossen Menge, daß der Strauch von ferne gleichfalls gantz roth aussiehet.

Rupicapra.

Rupicapra, frantzösisch, Ysard oder Chamois, teutsch, Gems, ist ein Geschlecht der wilden Ziegen, von Gestalt und Grösse schier wie eine gemeine Ziege, die wohnet in den Gebürgen, zwischen den Steinen und Klippen; und findet sich auf den Pyrenäischen und Alpengebürgen. Ihre Hörner sind klein, gekrümmt, sehr scharff und schwartz. Die Augen sind groß, die Ohren ungefehr fünff Zoll lang, die oberste Leffze ist gespalten wie an einem Hasen. Das Haar ist fahlroth; auf dem Rücken hat es einen langen Striemen; der Schwantz ist etwan drey Zoll lang. Dieses Thier geht auf der Spitze seiner Füsse, und nähret sich mit Kräutern, die auf den Bergen wachsen, absonderlich mit Gemsenwurtzelkraut. (Doronicum Romanum.) Unterweilen findet sich in seinem Magen ein Ballen oder Klumpen, der so dick ist als ein Hünerey, ovalrund und manchmahl etwas breit, leicht und mit einer dicken, fast steinharten Rinde umgeben, welche braun oder schwartz und gleissend sieht, und voll gantz zerkauetes Kraut oder Gras auf einem Hauffen steckt, so von dem Kraut und Grase kommt, die das Thier hat zu seiner Nahrung eingeschlungen, welche von einer tartarischen Materie umwickelt und harte worden ist. Dieser Klumpen wird auf frantzösisch Bezoard d'Allemagne, teutscher Bezoar, und insgemeine Agropille, lateinisch, AEgagropila, teutsch, Gemsenkugel, genennet. Die Teutschen brauchen sie in Ermangelung des orientalischen Bezoars.

Zuweilen, doch gar selten, findet sich auch in dem Magen der Gems ein Stein, der ist ein wenig grösser, als wie eine Haselnuß, so hart wie Horn, inwendig hol, grau und gleissend. Man könte ihn ebenfalls Bezoar [Spaltenumbruch] nennen, allein, es wird ihm nicht soviel Kraft zugeschrieben, als wie den andern. Allem Ansehen nach hat er eben eine solche Beschaffenheit als wie der erste, nur daß kein zerkautes Gras darinne eingeschlossen.

Der Gemsenbock heist auf lateinisch Dama, frantzösisch, Daim. Es ist ein furchtsames und trefflich schüchtern Thier.

Der Bock und die Ziege führen viel flüchtig Saltz und Oel.

Ihre Leber dient zum Durchfall: das Blut, sobald es ausgelassen worden ist, getruncken, benimmt den Schwindel.

Ihr Fett ist gut zu Lungengeschwüren, zur Schwindsucht, wann es mit Gemsenmilch wird eingenommen.

Die Galle verzehret und vertreibet die Nebel vor den Augen und den Staar.

Der teutsche Bezoar treibet den Schweiß, dienet zu giftigen und Fleck- oder hitzigen Fiebern, zur Pest und zu den Kinderpocken. Er wird von zehen bis auf zwantzig Gran auf einmahl eingegeben.

Das zugerichtete Gemsenfell wird sehr zur Kleidung gebraucht; es ist linde und hält warm.

Rupicapra quasi rupium capra, Steinziege, weil diese Art der Ziegen in den Felsen und an andern Orten, wo es steinig ist, zu wohnen pfleget.

Dama komt von deima, metus, Furcht, und dieses von deido, timeo, ich fürchte mich, bin schüchtern, dieweil die Gems ein so gar schüchternes Thier ist.

Agropille ist ein verstümpelt Wort von AEgagropila: dieser frantzösische Name kommt vom griechischen aix, aigos, capra, Ziege/ und vom lateinisch pila, Ball, als ob es solte heissen, ein Ball, der in einer gewissen Art von Ziegen gefunden wird.

Das frantzösische Wort Chamois soll von dem griechischen khemas kommen.

Ruscus sive Bruscus.

Ruscus, Matth. C.B.J.B. Park.

Ruscus sive Bruscus, Ger.

Ruscum, Dod.

Oxymyrsine, Raji Hist.

Ruscus myrtifolius aculeatus, Pit. Tournef.

Myrtacantha, Lob.

frantzösisch, Houx frelon. Petit Houx. Fragon.

teutsch, Mäusdorn.

Ist ein kleiner Strauch, der auf zwey oder drey Fuß hoch wird, treibt einen Hauffen Zweige, welche sich beugen und gar schwerlich brechen lassen. Seine Blätter sind dem Myrtenlaube ähnlich, allein viel rauher und härter, spitzig und stachlicht, voll Adern, ohne Geruch und ohne Stiel, schmecken bitter und herbe. Die Blüten wachsen mitten auf den Blättern, und sitzen auf einem gantz kurtzen Stielgen: sie sind sehr klein und wie kleine Schellen gestalt. Wann dieselbigen vergangen sind, so folgen runde Beeren, die sind so groß, als wie die Erbsen, ein wenig weich, und werden roth, wann sie zeitig sind. [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] kriechet in der Erde herum. Dieser Strauch wächst in den Hecken, in den Weinbergen, an den Wegen, und ist in allen Landen gantz gemein. Zur Artzney werden die Spitzen, die Frucht und manchmahl auch die Wurtzeln gebrauchet. Die Spitzen führen ein wenig Saltz und Oel.

Sie reinigen, halten an, werden insonderheit zum Gurgelwasser gebrauchet, zu bösen Hälsen.

Die Brombeeren (nach den frantzösischen dürffte es Fuchsmaulbeer heissen) führen Sal essentiale, Oel und phlegma.

Sie reinigen, sind gut zur Brust, lindern und halten die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe an, sie dienen zur Bräune und zum Durchfall.

Die Brombeerwurtzeln, abgesotten, eröffnen, dienen zum Stein, den Urin zu treiben, den Durchlauff zu stillen.

Vom Rubus Idæus ist oben unter dem Articul Framboesia gemeldet worden.

Rubus kom̅t von rubro colore, dieweil die Früchte vom Brombeerstrauche roth sehen, ehe dann sie zeitig werden, und machen mit ihrer grossen Menge, daß der Strauch von ferne gleichfalls gantz roth aussiehet.

Rupicapra.

Rupicapra, frantzösisch, Ysard oder Chamois, teutsch, Gems, ist ein Geschlecht der wilden Ziegen, von Gestalt und Grösse schier wie eine gemeine Ziege, die wohnet in den Gebürgen, zwischen den Steinen und Klippen; und findet sich auf den Pyrenäischen und Alpengebürgen. Ihre Hörner sind klein, gekrümmt, sehr scharff und schwartz. Die Augen sind groß, die Ohren ungefehr fünff Zoll lang, die oberste Leffze ist gespalten wie an einem Hasen. Das Haar ist fahlroth; auf dem Rücken hat es einen langen Striemen; der Schwantz ist etwan drey Zoll lang. Dieses Thier geht auf der Spitze seiner Füsse, und nähret sich mit Kräutern, die auf den Bergen wachsen, absonderlich mit Gemsenwurtzelkraut. (Doronicum Romanum.) Unterweilen findet sich in seinem Magen ein Ballen oder Klumpen, der so dick ist als ein Hünerey, ovalrund und manchmahl etwas breit, leicht und mit einer dicken, fast steinharten Rinde umgeben, welche braun oder schwartz und gleissend sieht, und voll gantz zerkauetes Kraut oder Gras auf einem Hauffen steckt, so von dem Kraut und Grase kommt, die das Thier hat zu seiner Nahrung eingeschlungen, welche von einer tartarischen Materie umwickelt und harte worden ist. Dieser Klumpen wird auf frantzösisch Bezoard d'Allemagne, teutscher Bezoar, und insgemeine Agropille, lateinisch, Ægagropila, teutsch, Gemsenkugel, genennet. Die Teutschen brauchen sie in Ermangelung des orientalischen Bezoars.

Zuweilen, doch gar selten, findet sich auch in dem Magen der Gems ein Stein, der ist ein wenig grösser, als wie eine Haselnuß, so hart wie Horn, inwendig hol, grau und gleissend. Man könte ihn ebenfalls Bezoar [Spaltenumbruch] nennen, allein, es wird ihm nicht soviel Kraft zugeschrieben, als wie den andern. Allem Ansehen nach hat er eben eine solche Beschaffenheit als wie der erste, nur daß kein zerkautes Gras darinne eingeschlossen.

Der Gemsenbock heist auf lateinisch Dama, frantzösisch, Daim. Es ist ein furchtsames und trefflich schüchtern Thier.

Der Bock und die Ziege führen viel flüchtig Saltz und Oel.

Ihre Leber dient zum Durchfall: das Blut, sobald es ausgelassen worden ist, getruncken, benimmt den Schwindel.

Ihr Fett ist gut zu Lungengeschwüren, zur Schwindsucht, wann es mit Gemsenmilch wird eingenommen.

Die Galle verzehret und vertreibet die Nebel vor den Augen und den Staar.

Der teutsche Bezoar treibet den Schweiß, dienet zu giftigen und Fleck- oder hitzigen Fiebern, zur Pest und zu den Kinderpocken. Er wird von zehen bis auf zwantzig Gran auf einmahl eingegeben.

Das zugerichtete Gemsenfell wird sehr zur Kleidung gebraucht; es ist linde und hält warm.

Rupicapra quasi rupium capra, Steinziege, weil diese Art der Ziegen in den Felsen und an andern Orten, wo es steinig ist, zu wohnen pfleget.

Dama kom̅t von δεῖμα, metus, Furcht, und dieses von δείδω, timeo, ich fürchte mich, bin schüchtern, dieweil die Gems ein so gar schüchternes Thier ist.

Agropille ist ein verstümpelt Wort von Ægagropila: dieser frantzösische Name kommt vom griechischen ἀὶξ, ἀιγὸς, capra, Ziege/ und vom lateinisch pila, Ball, als ob es solte heissen, ein Ball, der in einer gewissen Art von Ziegen gefunden wird.

Das frantzösische Wort Chamois soll von dem griechischen χέμας kommen.

Ruscus sive Bruscus.

Ruscus, Matth. C.B.J.B. Park.

Ruscus sive Bruscus, Ger.

Ruscum, Dod.

Oxymyrsine, Raji Hist.

Ruscus myrtifolius aculeatus, Pit. Tournef.

Myrtacantha, Lob.

frantzösisch, Houx frélon. Petit Houx. Fragon.

teutsch, Mäusdorn.

Ist ein kleiner Strauch, der auf zwey oder drey Fuß hoch wird, treibt einen Hauffen Zweige, welche sich beugen und gar schwerlich brechen lassen. Seine Blätter sind dem Myrtenlaube ähnlich, allein viel rauher und härter, spitzig und stachlicht, voll Adern, ohne Geruch und ohne Stiel, schmecken bitter und herbe. Die Blüten wachsen mitten auf den Blättern, und sitzen auf einem gantz kurtzen Stielgen: sie sind sehr klein und wie kleine Schellen gestalt. Wann dieselbigen vergangen sind, so folgen runde Beeren, die sind so groß, als wie die Erbsen, ein wenig weich, und werden roth, wann sie zeitig sind. [Ende Spaltensatz]

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[0505] kriechet in der Erde herum. Dieser Strauch wächst in den Hecken, in den Weinbergen, an den Wegen, und ist in allen Landen gantz gemein. Zur Artzney werden die Spitzen, die Frucht und manchmahl auch die Wurtzeln gebrauchet. Die Spitzen führen ein wenig Saltz und Oel. Sie reinigen, halten an, werden insonderheit zum Gurgelwasser gebrauchet, zu bösen Hälsen. Die Brombeeren (nach den frantzösischen dürffte es Fuchsmaulbeer heissen) führen Sal essentiale, Oel und phlegma. Sie reinigen, sind gut zur Brust, lindern und halten die scharffen Feuchtigkeiten in dem Leibe an, sie dienen zur Bräune und zum Durchfall. Die Brombeerwurtzeln, abgesotten, eröffnen, dienen zum Stein, den Urin zu treiben, den Durchlauff zu stillen. Vom Rubus Idæus ist oben unter dem Articul Framboesia gemeldet worden. 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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/505>, abgerufen am 24.04.2024.