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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1209 bis 1210.
besaget. Wenn man ihn für giltig annimt: so müste der Abzug dieser Bischöfe bis auf1209
das Jahr 1213 ausgesetzet werden. Weil Otto verhindert ward; so ersetzte der Bischof
von Ratzeburg Philipp seine Stelle.
§. 5.

Nach des Bischofs Abreise und dem Scharmützel der Curen mit den Pil-
gern, hörten alle herumliegende Heiden, daß einige Fremdlinge von den Curen
niedergemacht wären, und schickten einander Boten zu. Erst die Liven an die
Curen, die Curen an die Esthen und Litthauer, Semgallen und Rus-
sen,
und suchten möglichst auszumachen, wie sie Riga vertilgen und alle Deut-
schen
mit List greifen und tödten möchten. Die Litthauer aber meinten, es
wären in Kukenois wenig zurück geblieben, und rückten vor das Schloß mit ei-
ner starken Armee; doch fanden sie Rudolphen von Jericho mit den übrigen
Männern des Bischofs im Schlosse, und fielen sie mächtig an. Die Bedienten
des Bischofs und die Letten thaten aus der Burg einen Ausfal, machten viele
von den Feinden mit ihren Lanzen nieder, wie denn auch die Steinschleuderer von
den Vestungswerken einige verwundeten. Die Litthauer konten diese Stösse nicht
aushalten, und nahmen also von ihnen Abschied. Hierauf gingen etliche Liven
von Adya, die schon längst getauft, aber noch vol Galle der Untreue waren, nach
Curland, hetzten das ganze Land gegen die Kirche von Riga auf, brachten eine
grosse und starke Armee auf die Beine, und gaben vor, daß nur wenige in der
Stadt nachgeblieben, wie es auch in der Wahrheit war. Die Einwohner, so dieses
hörten, schickten Kundschafter auf die See. Die Curen aber versamleten sich
mit allen ihren Truppen, lagerten sich in der Nachbarschaft vierzehn Tage lang,
und erkundigten sich durch ihr Loos wegen der Götter Hülfe und gelegener Zeit. Jn-
zwischen kamen die Kundschafter zurück, weil sie nichts gesehen hatten. Damals
begab sich der Graf von Sladem, der Ritter Marquard, mit andern Pil-
gern, so die Ostern über da geblieben, und nach Deutschland gedachten, auf
ihren Fahrzeugen hinunter nach Dünemünde, liessen aber nur wenige auf den
Schiffen, und schliefen des Nachts im Kloster. Mit Anbruch der folgenden Mor-
gendämmerung schien die ganze See gleichsam mit einer finstern Wolke überzogen.
Daher die, so auf den Schiffen waren, und die Menge der Heiden, wie auch die
starke Armee auf sich zukommen sahen, sich theils zur Gegenwehr fertig machten,
theils nach dem Kloster flohen. Die Heiden hoften die Stadt ohne vorhergegan-
gene Nachricht unversehens zu überrumpeln, und griffen die fremden Schiffe selbst
nicht an, sondern ruderten aufs geschwindeste an die Stadt. Allein die Fischer
auf beyden Seiten der Düne wurden sie inne, flohen nach Riga, und verriethen
den Anzug dieser Truppen. Die Bürger aber und die Brüder der Ritterschaft,
auch die Steinschützen, so wenig ihrer auch waren, liefen samt den Geistlichen und
dem Frauensvolke alle ins Gewehr: sie riefen den Pöbel zusammen mit der Sturm-
glocke, die nur zur Kriegeszeit geläutet wurde, und gingen ihren Feinden am
Ufer der Düne entgegen, verwundeten auch viele mit Steinwerfen. Die Cu-
ren
liessen ihre Schiffe auf der Düne stehen, stelten auf dem Felde ihr Heer in
Schlachtordnung, und jeder trug vor sich eine hölzerne Tafel, aus zwey Bretern
zusammen geschlagen e), und eine Keule, nach Art eines Hirtenstabes, die Tafel
darauf zu stützen. Wenn nun die Sonne auf die weissen Tafeln schien, so gaben
Wasser und Felder davon einen Wiederschein. Denn es war eine grosse und star-
ke Armee; und so näherten sie sich der Stadt. Die Liven und Steinschleuderer
rückten heraus bis an die erste Schanze, die auf dem Felde vor dem Stadtthore
war, und schlugen sich mit ihnen bis um die dritte Tagesstunde. Die Bürger aber
zündeten die Vorstadt an, die ausserhalb der Mauer lag f). Einige unserer Leute
hatten eiserne dreyzackigte Fußangeln bey sich, so sie auf den Weg warfen, wor-
über die Armee paßiren muste. Und da einige Bürger beherzt zum Treffen gin-
gen, und viele Feinde, die unter ihren Tafeln stunden, erlegten: so blieben sie in

der
U 2
von 1209 bis 1210.
beſaget. Wenn man ihn fuͤr giltig annimt: ſo muͤſte der Abzug dieſer Biſchoͤfe bis auf1209
das Jahr 1213 ausgeſetzet werden. Weil Otto verhindert ward; ſo erſetzte der Biſchof
von Ratzeburg Philipp ſeine Stelle.
§. 5.

Nach des Biſchofs Abreiſe und dem Scharmuͤtzel der Curen mit den Pil-
gern, hoͤrten alle herumliegende Heiden, daß einige Fremdlinge von den Curen
niedergemacht waͤren, und ſchickten einander Boten zu. Erſt die Liven an die
Curen, die Curen an die Eſthen und Litthauer, Semgallen und Ruſ-
ſen,
und ſuchten moͤglichſt auszumachen, wie ſie Riga vertilgen und alle Deut-
ſchen
mit Liſt greifen und toͤdten moͤchten. Die Litthauer aber meinten, es
waͤren in Kukenois wenig zuruͤck geblieben, und ruͤckten vor das Schloß mit ei-
ner ſtarken Armee; doch fanden ſie Rudolphen von Jericho mit den uͤbrigen
Maͤnnern des Biſchofs im Schloſſe, und fielen ſie maͤchtig an. Die Bedienten
des Biſchofs und die Letten thaten aus der Burg einen Ausfal, machten viele
von den Feinden mit ihren Lanzen nieder, wie denn auch die Steinſchleuderer von
den Veſtungswerken einige verwundeten. Die Litthauer konten dieſe Stoͤſſe nicht
aushalten, und nahmen alſo von ihnen Abſchied. Hierauf gingen etliche Liven
von Adya, die ſchon laͤngſt getauft, aber noch vol Galle der Untreue waren, nach
Curland, hetzten das ganze Land gegen die Kirche von Riga auf, brachten eine
groſſe und ſtarke Armee auf die Beine, und gaben vor, daß nur wenige in der
Stadt nachgeblieben, wie es auch in der Wahrheit war. Die Einwohner, ſo dieſes
hoͤrten, ſchickten Kundſchafter auf die See. Die Curen aber verſamleten ſich
mit allen ihren Truppen, lagerten ſich in der Nachbarſchaft vierzehn Tage lang,
und erkundigten ſich durch ihr Loos wegen der Goͤtter Huͤlfe und gelegener Zeit. Jn-
zwiſchen kamen die Kundſchafter zuruͤck, weil ſie nichts geſehen hatten. Damals
begab ſich der Graf von Sladem, der Ritter Marquard, mit andern Pil-
gern, ſo die Oſtern uͤber da geblieben, und nach Deutſchland gedachten, auf
ihren Fahrzeugen hinunter nach Duͤnemuͤnde, lieſſen aber nur wenige auf den
Schiffen, und ſchliefen des Nachts im Kloſter. Mit Anbruch der folgenden Mor-
gendaͤmmerung ſchien die ganze See gleichſam mit einer finſtern Wolke uͤberzogen.
Daher die, ſo auf den Schiffen waren, und die Menge der Heiden, wie auch die
ſtarke Armee auf ſich zukommen ſahen, ſich theils zur Gegenwehr fertig machten,
theils nach dem Kloſter flohen. Die Heiden hoften die Stadt ohne vorhergegan-
gene Nachricht unverſehens zu uͤberrumpeln, und griffen die fremden Schiffe ſelbſt
nicht an, ſondern ruderten aufs geſchwindeſte an die Stadt. Allein die Fiſcher
auf beyden Seiten der Duͤne wurden ſie inne, flohen nach Riga, und verriethen
den Anzug dieſer Truppen. Die Buͤrger aber und die Bruͤder der Ritterſchaft,
auch die Steinſchuͤtzen, ſo wenig ihrer auch waren, liefen ſamt den Geiſtlichen und
dem Frauensvolke alle ins Gewehr: ſie riefen den Poͤbel zuſammen mit der Sturm-
glocke, die nur zur Kriegeszeit gelaͤutet wurde, und gingen ihren Feinden am
Ufer der Duͤne entgegen, verwundeten auch viele mit Steinwerfen. Die Cu-
ren
lieſſen ihre Schiffe auf der Duͤne ſtehen, ſtelten auf dem Felde ihr Heer in
Schlachtordnung, und jeder trug vor ſich eine hoͤlzerne Tafel, aus zwey Bretern
zuſammen geſchlagen e), und eine Keule, nach Art eines Hirtenſtabes, die Tafel
darauf zu ſtuͤtzen. Wenn nun die Sonne auf die weiſſen Tafeln ſchien, ſo gaben
Waſſer und Felder davon einen Wiederſchein. Denn es war eine groſſe und ſtar-
ke Armee; und ſo naͤherten ſie ſich der Stadt. Die Liven und Steinſchleuderer
ruͤckten heraus bis an die erſte Schanze, die auf dem Felde vor dem Stadtthore
war, und ſchlugen ſich mit ihnen bis um die dritte Tagesſtunde. Die Buͤrger aber
zuͤndeten die Vorſtadt an, die auſſerhalb der Mauer lag f). Einige unſerer Leute
hatten eiſerne dreyzackigte Fußangeln bey ſich, ſo ſie auf den Weg warfen, wor-
uͤber die Armee paßiren muſte. Und da einige Buͤrger beherzt zum Treffen gin-
gen, und viele Feinde, die unter ihren Tafeln ſtunden, erlegten: ſo blieben ſie in

der
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[79/0111] von 1209 bis 1210. d⁾ beſaget. Wenn man ihn fuͤr giltig annimt: ſo muͤſte der Abzug dieſer Biſchoͤfe bis auf das Jahr 1213 ausgeſetzet werden. Weil Otto verhindert ward; ſo erſetzte der Biſchof von Ratzeburg Philipp ſeine Stelle. §. 5. Nach des Biſchofs Abreiſe und dem Scharmuͤtzel der Curen mit den Pil- gern, hoͤrten alle herumliegende Heiden, daß einige Fremdlinge von den Curen niedergemacht waͤren, und ſchickten einander Boten zu. Erſt die Liven an die Curen, die Curen an die Eſthen und Litthauer, Semgallen und Ruſ- ſen, und ſuchten moͤglichſt auszumachen, wie ſie Riga vertilgen und alle Deut- ſchen mit Liſt greifen und toͤdten moͤchten. Die Litthauer aber meinten, es waͤren in Kukenois wenig zuruͤck geblieben, und ruͤckten vor das Schloß mit ei- ner ſtarken Armee; doch fanden ſie Rudolphen von Jericho mit den uͤbrigen Maͤnnern des Biſchofs im Schloſſe, und fielen ſie maͤchtig an. Die Bedienten des Biſchofs und die Letten thaten aus der Burg einen Ausfal, machten viele von den Feinden mit ihren Lanzen nieder, wie denn auch die Steinſchleuderer von den Veſtungswerken einige verwundeten. Die Litthauer konten dieſe Stoͤſſe nicht aushalten, und nahmen alſo von ihnen Abſchied. Hierauf gingen etliche Liven von Adya, die ſchon laͤngſt getauft, aber noch vol Galle der Untreue waren, nach Curland, hetzten das ganze Land gegen die Kirche von Riga auf, brachten eine groſſe und ſtarke Armee auf die Beine, und gaben vor, daß nur wenige in der Stadt nachgeblieben, wie es auch in der Wahrheit war. Die Einwohner, ſo dieſes hoͤrten, ſchickten Kundſchafter auf die See. Die Curen aber verſamleten ſich mit allen ihren Truppen, lagerten ſich in der Nachbarſchaft vierzehn Tage lang, und erkundigten ſich durch ihr Loos wegen der Goͤtter Huͤlfe und gelegener Zeit. Jn- zwiſchen kamen die Kundſchafter zuruͤck, weil ſie nichts geſehen hatten. Damals begab ſich der Graf von Sladem, der Ritter Marquard, mit andern Pil- gern, ſo die Oſtern uͤber da geblieben, und nach Deutſchland gedachten, auf ihren Fahrzeugen hinunter nach Duͤnemuͤnde, lieſſen aber nur wenige auf den Schiffen, und ſchliefen des Nachts im Kloſter. Mit Anbruch der folgenden Mor- gendaͤmmerung ſchien die ganze See gleichſam mit einer finſtern Wolke uͤberzogen. Daher die, ſo auf den Schiffen waren, und die Menge der Heiden, wie auch die ſtarke Armee auf ſich zukommen ſahen, ſich theils zur Gegenwehr fertig machten, theils nach dem Kloſter flohen. Die Heiden hoften die Stadt ohne vorhergegan- gene Nachricht unverſehens zu uͤberrumpeln, und griffen die fremden Schiffe ſelbſt nicht an, ſondern ruderten aufs geſchwindeſte an die Stadt. Allein die Fiſcher auf beyden Seiten der Duͤne wurden ſie inne, flohen nach Riga, und verriethen den Anzug dieſer Truppen. Die Buͤrger aber und die Bruͤder der Ritterſchaft, auch die Steinſchuͤtzen, ſo wenig ihrer auch waren, liefen ſamt den Geiſtlichen und dem Frauensvolke alle ins Gewehr: ſie riefen den Poͤbel zuſammen mit der Sturm- glocke, die nur zur Kriegeszeit gelaͤutet wurde, und gingen ihren Feinden am Ufer der Duͤne entgegen, verwundeten auch viele mit Steinwerfen. Die Cu- ren lieſſen ihre Schiffe auf der Duͤne ſtehen, ſtelten auf dem Felde ihr Heer in Schlachtordnung, und jeder trug vor ſich eine hoͤlzerne Tafel, aus zwey Bretern zuſammen geſchlagen e⁾ , und eine Keule, nach Art eines Hirtenſtabes, die Tafel darauf zu ſtuͤtzen. Wenn nun die Sonne auf die weiſſen Tafeln ſchien, ſo gaben Waſſer und Felder davon einen Wiederſchein. Denn es war eine groſſe und ſtar- ke Armee; und ſo naͤherten ſie ſich der Stadt. Die Liven und Steinſchleuderer ruͤckten heraus bis an die erſte Schanze, die auf dem Felde vor dem Stadtthore war, und ſchlugen ſich mit ihnen bis um die dritte Tagesſtunde. Die Buͤrger aber zuͤndeten die Vorſtadt an, die auſſerhalb der Mauer lag f⁾ . Einige unſerer Leute hatten eiſerne dreyzackigte Fußangeln bey ſich, ſo ſie auf den Weg warfen, wor- uͤber die Armee paßiren muſte. Und da einige Buͤrger beherzt zum Treffen gin- gen, und viele Feinde, die unter ihren Tafeln ſtunden, erlegten: ſo blieben ſie in der U 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/111>, abgerufen am 25.04.2024.