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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, zwölftes Jahr,
1209bedroheten die ausbleibenden, mit schwerer Strafe, wodurch sie ihnen ein Schrecken
einjagten, und also eine starke Mannschaft samleten. Es zog auch mit ihnen Engel-
bert,
des Bischofs Schwager l). der dasselbe Jahr die Advocatur in Thoreida
verwaltete, nebst den Brüdern der Ritterschaft und den Pilgern, rückten in
Saccale ein, führten mit sich eine kleine Maschine oder Patherelle und Ballisten,
auch anderes zum Sturm nöthiges Werkzeug.

l) Das Wort gener bedeutet sonst einen Schwiegersohn. Die Lateinischen Schriftsteller
aber der jüngern Zeit zwingen diesem Worte einen andern Sinn an. Denn da Arnold
libr. 2. c. 36. n. 7. den König von Engeland, Heinrichen, einen gener Heinrichs
des Löwen nennet, und libr. 3. c. 2. n. 4. Heinrich den Löwen, generum des jüngern
Königs Canutus von Dännemark heist: so nimt er gener für socer oder einen Schwie-
gervater. Jn welchem Verstande Johannes, Herzog von Lüneburg, Gerhar-
den,
einen Grafen von Holstein, dessen Tochter Ludgard er zur Gemahlin hatte, sei-
nen generum praedilectum nennet beym Meibom. scriptor. tom. 1. p. 539. Gleichfals
Arnold, da er libr. 6. c. 15. n. 2. Wilhelmen, einen Prinz Heinrichs des Löwen,
der des jüngern Canuts in Dännemark Schwester geheirathet, des Königs Canuts
gener nennet; braucht das Wort gener zum Ausdruck der Schwägerschaft im ersten
Grade, für, seiner Schwester Mann. Jn diesem Verstande muß man auch hier das
Wort gener nehmen, da ein im ledigen Stande lebender Bischof weder einen Schwie-
gervater noch Schwiegersohn, sondern nur Schwäger, das ist, Schwestermänner, ha-
ben konte. Denn daß unser Verfasser beym Jahre 1208 n. 4. Wissewalden, einen
Russen, deswegen, weil er eine Gemahlin aus Litthauen genommen, einen Schwie-
gersohn der Litthauischen Nation heist, das findet man sonst nirgends. Der Schwa-
ger des Bischofs aber wird unten beym Jahr 1223 Engelbert von Tissenhausen
genant.
Des Bischof Alberts dreyzehntes Jahr,
vom Jahr Christi, 1210 bis 1211.
§. 1.

1210Nach der Menschwerdung Christi im tausend zweyhundert und zehnten, als dem
dreyzehnten Jahre des Bischof Alberts, geschahe die erste Belagerung
des Schlosses Viliende in Saccala von den Deutschen, Liven
und Letten; und die Deutschen schickten die Liven und Letten aus,
die ganze umliegende Gegend auszuplündern, und Lebensmittel und Getreide anzu-
schaffen. Diese zogen auf allen Dörfern herum, schlugen viel Heiden todt, und
brachten einige vor das Schloß gefangen. Hierauf nahm Bertold von Wen-
den
und Rußin mit andern Letten und Landesältesten, die Gefangenen in Ver-
wahrung, rückte näher an das Schloß, und sprach: wenn ihr euch von dem Dienst
eurer falschen Götter lossagen, und mit uns an den wahren GOTT glauben wol-
let: so wollen wir euch die Gefangenen wieder lebendig zustellen, und uns mit euch
in brüderlicher Liebe durch das Band des Friedens verbinden. Allein diese wur-
den unwillig, und wolten von Einem GOTT und dem Namen der Christen nichts
hören, sondern droheten vielmehr mit Krieg. Sie zogen auch der Deutschen
Rüstung an, die sie bey dem ersten Scharmützel im Schloßthore erbeutet hatten,
trotzten auf die Höhe ihrer Vestung, machten sich zum Treffen fertig, spotteten
und lachten bey sich selbst dieser Armee. Rußin und die Letten nahmen alle Ge-
fangene bey den Köpfen, säbelten sie nieder, wurfen sie in Graben und droheten
denen im Schlosse ein gleiches. Jnzwischen tödteten die Bogenschützen viele, trie-
ben alle von der Gegenwehr ab, andere baueten ein Sturmhaus, die Liven und
Letten warfen den Graben mit zusammen getragenen Hölzern ganz vol bis oben
an, und schoben das Sturmdach darüber. Die Letten aber stiegen mit den Arm-

brustirern

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwoͤlftes Jahr,
1209bedroheten die ausbleibenden, mit ſchwerer Strafe, wodurch ſie ihnen ein Schrecken
einjagten, und alſo eine ſtarke Mannſchaft ſamleten. Es zog auch mit ihnen Engel-
bert,
des Biſchofs Schwager l). der daſſelbe Jahr die Advocatur in Thoreida
verwaltete, nebſt den Bruͤdern der Ritterſchaft und den Pilgern, ruͤckten in
Saccale ein, fuͤhrten mit ſich eine kleine Maſchine oder Patherelle und Balliſten,
auch anderes zum Sturm noͤthiges Werkzeug.

l) Das Wort gener bedeutet ſonſt einen Schwiegerſohn. Die Lateiniſchen Schriftſteller
aber der juͤngern Zeit zwingen dieſem Worte einen andern Sinn an. Denn da Arnold
libr. 2. c. 36. n. 7. den Koͤnig von Engeland, Heinrichen, einen gener Heinrichs
des Loͤwen nennet, und libr. 3. c. 2. n. 4. Heinrich den Loͤwen, generum des juͤngern
Koͤnigs Canutus von Daͤnnemark heiſt: ſo nimt er gener fuͤr ſocer oder einen Schwie-
gervater. Jn welchem Verſtande Johannes, Herzog von Luͤneburg, Gerhar-
den,
einen Grafen von Holſtein, deſſen Tochter Ludgard er zur Gemahlin hatte, ſei-
nen generum prædilectum nennet beym Meibom. ſcriptor. tom. 1. p. 539. Gleichfals
Arnold, da er libr. 6. c. 15. n. 2. Wilhelmen, einen Prinz Heinrichs des Loͤwen,
der des juͤngern Canuts in Daͤnnemark Schweſter geheirathet, des Koͤnigs Canuts
gener nennet; braucht das Wort gener zum Ausdruck der Schwaͤgerſchaft im erſten
Grade, fuͤr, ſeiner Schweſter Mann. Jn dieſem Verſtande muß man auch hier das
Wort gener nehmen, da ein im ledigen Stande lebender Biſchof weder einen Schwie-
gervater noch Schwiegerſohn, ſondern nur Schwaͤger, das iſt, Schweſtermaͤnner, ha-
ben konte. Denn daß unſer Verfaſſer beym Jahre 1208 n. 4. Wiſſewalden, einen
Ruſſen, deswegen, weil er eine Gemahlin aus Litthauen genommen, einen Schwie-
gerſohn der Litthauiſchen Nation heiſt, das findet man ſonſt nirgends. Der Schwa-
ger des Biſchofs aber wird unten beym Jahr 1223 Engelbert von Tiſſenhauſen
genant.
Des Biſchof Alberts dreyzehntes Jahr,
vom Jahr Chriſti, 1210 bis 1211.
§. 1.

1210Nach der Menſchwerdung Chriſti im tauſend zweyhundert und zehnten, als dem
dreyzehnten Jahre des Biſchof Alberts, geſchahe die erſte Belagerung
des Schloſſes Viliende in Saccala von den Deutſchen, Liven
und Letten; und die Deutſchen ſchickten die Liven und Letten aus,
die ganze umliegende Gegend auszupluͤndern, und Lebensmittel und Getreide anzu-
ſchaffen. Dieſe zogen auf allen Doͤrfern herum, ſchlugen viel Heiden todt, und
brachten einige vor das Schloß gefangen. Hierauf nahm Bertold von Wen-
den
und Rußin mit andern Letten und Landesaͤlteſten, die Gefangenen in Ver-
wahrung, ruͤckte naͤher an das Schloß, und ſprach: wenn ihr euch von dem Dienſt
eurer falſchen Goͤtter losſagen, und mit uns an den wahren GOTT glauben wol-
let: ſo wollen wir euch die Gefangenen wieder lebendig zuſtellen, und uns mit euch
in bruͤderlicher Liebe durch das Band des Friedens verbinden. Allein dieſe wur-
den unwillig, und wolten von Einem GOTT und dem Namen der Chriſten nichts
hoͤren, ſondern droheten vielmehr mit Krieg. Sie zogen auch der Deutſchen
Ruͤſtung an, die ſie bey dem erſten Scharmuͤtzel im Schloßthore erbeutet hatten,
trotzten auf die Hoͤhe ihrer Veſtung, machten ſich zum Treffen fertig, ſpotteten
und lachten bey ſich ſelbſt dieſer Armee. Rußin und die Letten nahmen alle Ge-
fangene bey den Koͤpfen, ſaͤbelten ſie nieder, wurfen ſie in Graben und droheten
denen im Schloſſe ein gleiches. Jnzwiſchen toͤdteten die Bogenſchuͤtzen viele, trie-
ben alle von der Gegenwehr ab, andere baueten ein Sturmhaus, die Liven und
Letten warfen den Graben mit zuſammen getragenen Hoͤlzern ganz vol bis oben
an, und ſchoben das Sturmdach daruͤber. Die Letten aber ſtiegen mit den Arm-

bruſtirern
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[84/0116] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, zwoͤlftes Jahr, bedroheten die ausbleibenden, mit ſchwerer Strafe, wodurch ſie ihnen ein Schrecken einjagten, und alſo eine ſtarke Mannſchaft ſamleten. Es zog auch mit ihnen Engel- bert, des Biſchofs Schwager l⁾ . der daſſelbe Jahr die Advocatur in Thoreida verwaltete, nebſt den Bruͤdern der Ritterſchaft und den Pilgern, ruͤckten in Saccale ein, fuͤhrten mit ſich eine kleine Maſchine oder Patherelle und Balliſten, auch anderes zum Sturm noͤthiges Werkzeug. 1209 l⁾ Das Wort gener bedeutet ſonſt einen Schwiegerſohn. Die Lateiniſchen Schriftſteller aber der juͤngern Zeit zwingen dieſem Worte einen andern Sinn an. Denn da Arnold libr. 2. c. 36. n. 7. den Koͤnig von Engeland, Heinrichen, einen gener Heinrichs des Loͤwen nennet, und libr. 3. c. 2. n. 4. Heinrich den Loͤwen, generum des juͤngern Koͤnigs Canutus von Daͤnnemark heiſt: ſo nimt er gener fuͤr ſocer oder einen Schwie- gervater. Jn welchem Verſtande Johannes, Herzog von Luͤneburg, Gerhar- den, einen Grafen von Holſtein, deſſen Tochter Ludgard er zur Gemahlin hatte, ſei- nen generum prædilectum nennet beym Meibom. ſcriptor. tom. 1. p. 539. Gleichfals Arnold, da er libr. 6. c. 15. n. 2. Wilhelmen, einen Prinz Heinrichs des Loͤwen, der des juͤngern Canuts in Daͤnnemark Schweſter geheirathet, des Koͤnigs Canuts gener nennet; braucht das Wort gener zum Ausdruck der Schwaͤgerſchaft im erſten Grade, fuͤr, ſeiner Schweſter Mann. Jn dieſem Verſtande muß man auch hier das Wort gener nehmen, da ein im ledigen Stande lebender Biſchof weder einen Schwie- gervater noch Schwiegerſohn, ſondern nur Schwaͤger, das iſt, Schweſtermaͤnner, ha- ben konte. Denn daß unſer Verfaſſer beym Jahre 1208 n. 4. Wiſſewalden, einen Ruſſen, deswegen, weil er eine Gemahlin aus Litthauen genommen, einen Schwie- gerſohn der Litthauiſchen Nation heiſt, das findet man ſonſt nirgends. Der Schwa- ger des Biſchofs aber wird unten beym Jahr 1223 Engelbert von Tiſſenhauſen genant. Des Biſchof Alberts dreyzehntes Jahr, vom Jahr Chriſti, 1210 bis 1211. §. 1. Nach der Menſchwerdung Chriſti im tauſend zweyhundert und zehnten, als dem dreyzehnten Jahre des Biſchof Alberts, geſchahe die erſte Belagerung des Schloſſes Viliende in Saccala von den Deutſchen, Liven und Letten; und die Deutſchen ſchickten die Liven und Letten aus, die ganze umliegende Gegend auszupluͤndern, und Lebensmittel und Getreide anzu- ſchaffen. Dieſe zogen auf allen Doͤrfern herum, ſchlugen viel Heiden todt, und brachten einige vor das Schloß gefangen. Hierauf nahm Bertold von Wen- den und Rußin mit andern Letten und Landesaͤlteſten, die Gefangenen in Ver- wahrung, ruͤckte naͤher an das Schloß, und ſprach: wenn ihr euch von dem Dienſt eurer falſchen Goͤtter losſagen, und mit uns an den wahren GOTT glauben wol- let: ſo wollen wir euch die Gefangenen wieder lebendig zuſtellen, und uns mit euch in bruͤderlicher Liebe durch das Band des Friedens verbinden. Allein dieſe wur- den unwillig, und wolten von Einem GOTT und dem Namen der Chriſten nichts hoͤren, ſondern droheten vielmehr mit Krieg. Sie zogen auch der Deutſchen Ruͤſtung an, die ſie bey dem erſten Scharmuͤtzel im Schloßthore erbeutet hatten, trotzten auf die Hoͤhe ihrer Veſtung, machten ſich zum Treffen fertig, ſpotteten und lachten bey ſich ſelbſt dieſer Armee. Rußin und die Letten nahmen alle Ge- fangene bey den Koͤpfen, ſaͤbelten ſie nieder, wurfen ſie in Graben und droheten denen im Schloſſe ein gleiches. Jnzwiſchen toͤdteten die Bogenſchuͤtzen viele, trie- ben alle von der Gegenwehr ab, andere baueten ein Sturmhaus, die Liven und Letten warfen den Graben mit zuſammen getragenen Hoͤlzern ganz vol bis oben an, und ſchoben das Sturmdach daruͤber. Die Letten aber ſtiegen mit den Arm- bruſtirern 1210

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/116>, abgerufen am 28.03.2024.