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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1210 bis 1211.
ten mit Jnstrumenten und ihrer Musik die Herzen ihrer Leute muthig, riefen die1210
göttliche Barmherzigkeit über sich an, eileten schnel auf die Heiden los, setzten
über den kleinen Bach, und hielten etwas stille, um sich wieder zu schliessen. Die
Heiden, so dis sahen, und durch gewisse Dinge in Entsetzen geriethen, liefen und
griffen nach ihren Schilden. Einige warfen sich auf die Pferde, andere sprun-
gen über den Zaun; versamleten sich, erfülten mit ihrem Geschrey die Luft, ranten
in unzählbarer Menge auf die Christen zu, und warfen Lanzen auf sie als einen
Platzregen. Die Christen fingen die Lanzen mit ihren eisernen Schilden auf,
und griffen, wie sich jene verschossen hatten, nach den Schwerdtern, gingen näher
drauf los und hielten eine Schlacht: da viele verwundet wurden und zur Erde fie-
len; die Heiden fochten dennoch tapfer. Da die Ritter ihre Herzhaftigkeit merk-
ten, brachen sie eilend mit Gewalt in den Feind, machten ihn mit ihrem vortrefli-
chen Pferdezeuge zu fürchten, warfen viele zur Erde, schlugen die andern in die
Flucht und verfolgeten die Flüchtigen, säbelten auch alle nieder, die sie auf der
Strasse oder den Feldern einholten. Die Liven kamen mit ihren Steinschleuderern
aus dem Schloß denen flüchtenden Heiden entgegen, stäupten sie empfindlich auf dem
Wege, schlossen sie in die Mitten, und hieben in sie hinein bis an die Deutschen,
verfolgten sie auch so weit, daß wenige entronnen, und die Deutschen selbst einige
von den Liven mit den Esthen niedermachten. Etliche aber, die den andern
Weg ums Schloß nach der Goiwe flohen, gelangten zu einem andern Trup ih-
rer Armee und entkamen. Viele aber darunter wurden bey dem Heruntersteigen
vom Berge durch die nachsetzenden Ritter in die Pfanne gehauen. Wobey Ever-
hard,
ein Ordensbruder der Ritterschaft, blieb, auch einige unserer Soldaten bles-
siret wurden. Jndessen sahe das andere Theil der Armee den Untergang der ihri-
gen, und versamlete sich auf dem Berge zwischen dem Schlosse und der Goiwa,
machte sich auch zur Gegenwehr fertig. Die Liven aber und andere Fußgänger
der Christen liefen zur Beute, nahmen die Pferde weg, deren viele tausend da
waren, und versäumten gegen die übrigen Heiden zu streiten. Doch die Ritter
und Steinschleuderer fielen sie auf dem Berge in ihrem Lager an, und tödteten viele
aus ihnen. Daher sie um gut Wetter baten, und angelobten, das Sacrament
der heiligen Taufe anzunehmen. Die Soldaten traueten ihrem Worte, und melde-
ten den Bischöfen, sie möchten kommen, und diese Leute aufnehmen. Aber des
Nachts flohen sie auf ihre Raubschiffe, und wolten nach der See zu. Die Stein-
schützen hingegen machten ihnen auf allen Seiten der Goiwe den Abzug hinderlich.
Einige Pilger, die mit Bernharden von der Lippe aus Riga nach der Goi-
we
gekommen, schlugen eine Brücke über den Strom, baueten grosse Holzgerüste
darüber, und bewilkommeten die ansegelnden Kaper mit Pfeilen und Lanzen. Der
Weg zu fliehen ward den Heiden überal versperret. Daher sie folgende Nacht in
aller Stille alle das Jhrige im Stiche liessen, heimlich aus ihren Raubschiffen aus-
stiegen und davon liefen. Etliche nahmen ihren Weg nach dem Gehölze, andere
wieder anderwärts hin, musten aber vor Hunger jämmerlich umkommen, und we-
nige entwischten nach ihrem Lande dieses anzusagen. Der bey dieser Gelegenheit
erbeuteten Pferde waren wol zweytausend. Die Pilger und alle, so zu Felde ge-
wesen, kehrten wieder nach Riga, und nahmen fast dreyhundert Raubschiffe mit
sich, ausser den kleinen Fahrzeugen. Alle Pferde und Beute theilten sie unter sich
in gleiche Theilung, gaben auch den Kirchen ihr Theil, und lobten mit den Bischö-
fen und gesamtem Volke GOTT, der gleich bey Ankunft so vieler Bischöfe einen
so herlichen Triumph über die Feinde verliehen. Denn damals sahe die Kirche in
Liefland GOTT für sich wahrlich streiten, weil in diesem Kriege der Provinz
Esthland das Haupt abgefallen, das ist, die Landesältesten von Oesel und Ro-
talien,
und anderen Provinzen, welche daselbst umgebracht worden. Also legte
der HErr ihren Stolz nieder, und demüthigte den Trotz der Starken.

h) Siehe beym Jahre 1206 not. h) eine neue Art des Weissagens, da das geschlagene
Opfervieh, wenn es auf die linken Seite fiel, einen unglücklichen; und auf der rech-
Z

von 1210 bis 1211.
ten mit Jnſtrumenten und ihrer Muſik die Herzen ihrer Leute muthig, riefen die1210
goͤttliche Barmherzigkeit uͤber ſich an, eileten ſchnel auf die Heiden los, ſetzten
uͤber den kleinen Bach, und hielten etwas ſtille, um ſich wieder zu ſchlieſſen. Die
Heiden, ſo dis ſahen, und durch gewiſſe Dinge in Entſetzen geriethen, liefen und
griffen nach ihren Schilden. Einige warfen ſich auf die Pferde, andere ſprun-
gen uͤber den Zaun; verſamleten ſich, erfuͤlten mit ihrem Geſchrey die Luft, ranten
in unzaͤhlbarer Menge auf die Chriſten zu, und warfen Lanzen auf ſie als einen
Platzregen. Die Chriſten fingen die Lanzen mit ihren eiſernen Schilden auf,
und griffen, wie ſich jene verſchoſſen hatten, nach den Schwerdtern, gingen naͤher
drauf los und hielten eine Schlacht: da viele verwundet wurden und zur Erde fie-
len; die Heiden fochten dennoch tapfer. Da die Ritter ihre Herzhaftigkeit merk-
ten, brachen ſie eilend mit Gewalt in den Feind, machten ihn mit ihrem vortrefli-
chen Pferdezeuge zu fuͤrchten, warfen viele zur Erde, ſchlugen die andern in die
Flucht und verfolgeten die Fluͤchtigen, ſaͤbelten auch alle nieder, die ſie auf der
Straſſe oder den Feldern einholten. Die Liven kamen mit ihren Steinſchleuderern
aus dem Schloß denen fluͤchtenden Heiden entgegen, ſtaͤupten ſie empfindlich auf dem
Wege, ſchloſſen ſie in die Mitten, und hieben in ſie hinein bis an die Deutſchen,
verfolgten ſie auch ſo weit, daß wenige entronnen, und die Deutſchen ſelbſt einige
von den Liven mit den Eſthen niedermachten. Etliche aber, die den andern
Weg ums Schloß nach der Goiwe flohen, gelangten zu einem andern Trup ih-
rer Armee und entkamen. Viele aber darunter wurden bey dem Herunterſteigen
vom Berge durch die nachſetzenden Ritter in die Pfanne gehauen. Wobey Ever-
hard,
ein Ordensbruder der Ritterſchaft, blieb, auch einige unſerer Soldaten bleſ-
ſiret wurden. Jndeſſen ſahe das andere Theil der Armee den Untergang der ihri-
gen, und verſamlete ſich auf dem Berge zwiſchen dem Schloſſe und der Goiwa,
machte ſich auch zur Gegenwehr fertig. Die Liven aber und andere Fußgaͤnger
der Chriſten liefen zur Beute, nahmen die Pferde weg, deren viele tauſend da
waren, und verſaͤumten gegen die uͤbrigen Heiden zu ſtreiten. Doch die Ritter
und Steinſchleuderer fielen ſie auf dem Berge in ihrem Lager an, und toͤdteten viele
aus ihnen. Daher ſie um gut Wetter baten, und angelobten, das Sacrament
der heiligen Taufe anzunehmen. Die Soldaten traueten ihrem Worte, und melde-
ten den Biſchoͤfen, ſie moͤchten kommen, und dieſe Leute aufnehmen. Aber des
Nachts flohen ſie auf ihre Raubſchiffe, und wolten nach der See zu. Die Stein-
ſchuͤtzen hingegen machten ihnen auf allen Seiten der Goiwe den Abzug hinderlich.
Einige Pilger, die mit Bernharden von der Lippe aus Riga nach der Goi-
we
gekommen, ſchlugen eine Bruͤcke uͤber den Strom, baueten groſſe Holzgeruͤſte
daruͤber, und bewilkommeten die anſegelnden Kaper mit Pfeilen und Lanzen. Der
Weg zu fliehen ward den Heiden uͤberal verſperret. Daher ſie folgende Nacht in
aller Stille alle das Jhrige im Stiche lieſſen, heimlich aus ihren Raubſchiffen aus-
ſtiegen und davon liefen. Etliche nahmen ihren Weg nach dem Gehoͤlze, andere
wieder anderwaͤrts hin, muſten aber vor Hunger jaͤmmerlich umkommen, und we-
nige entwiſchten nach ihrem Lande dieſes anzuſagen. Der bey dieſer Gelegenheit
erbeuteten Pferde waren wol zweytauſend. Die Pilger und alle, ſo zu Felde ge-
weſen, kehrten wieder nach Riga, und nahmen faſt dreyhundert Raubſchiffe mit
ſich, auſſer den kleinen Fahrzeugen. Alle Pferde und Beute theilten ſie unter ſich
in gleiche Theilung, gaben auch den Kirchen ihr Theil, und lobten mit den Biſchoͤ-
fen und geſamtem Volke GOTT, der gleich bey Ankunft ſo vieler Biſchoͤfe einen
ſo herlichen Triumph uͤber die Feinde verliehen. Denn damals ſahe die Kirche in
Liefland GOTT fuͤr ſich wahrlich ſtreiten, weil in dieſem Kriege der Provinz
Eſthland das Haupt abgefallen, das iſt, die Landesaͤlteſten von Oeſel und Ro-
talien,
und anderen Provinzen, welche daſelbſt umgebracht worden. Alſo legte
der HErr ihren Stolz nieder, und demuͤthigte den Trotz der Starken.

h) Siehe beym Jahre 1206 not. h) eine neue Art des Weiſſagens, da das geſchlagene
Opfervieh, wenn es auf die linken Seite fiel, einen ungluͤcklichen; und auf der rech-
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[89/0121] von 1210 bis 1211. ten mit Jnſtrumenten und ihrer Muſik die Herzen ihrer Leute muthig, riefen die goͤttliche Barmherzigkeit uͤber ſich an, eileten ſchnel auf die Heiden los, ſetzten uͤber den kleinen Bach, und hielten etwas ſtille, um ſich wieder zu ſchlieſſen. Die Heiden, ſo dis ſahen, und durch gewiſſe Dinge in Entſetzen geriethen, liefen und griffen nach ihren Schilden. Einige warfen ſich auf die Pferde, andere ſprun- gen uͤber den Zaun; verſamleten ſich, erfuͤlten mit ihrem Geſchrey die Luft, ranten in unzaͤhlbarer Menge auf die Chriſten zu, und warfen Lanzen auf ſie als einen Platzregen. Die Chriſten fingen die Lanzen mit ihren eiſernen Schilden auf, und griffen, wie ſich jene verſchoſſen hatten, nach den Schwerdtern, gingen naͤher drauf los und hielten eine Schlacht: da viele verwundet wurden und zur Erde fie- len; die Heiden fochten dennoch tapfer. Da die Ritter ihre Herzhaftigkeit merk- ten, brachen ſie eilend mit Gewalt in den Feind, machten ihn mit ihrem vortrefli- chen Pferdezeuge zu fuͤrchten, warfen viele zur Erde, ſchlugen die andern in die Flucht und verfolgeten die Fluͤchtigen, ſaͤbelten auch alle nieder, die ſie auf der Straſſe oder den Feldern einholten. Die Liven kamen mit ihren Steinſchleuderern aus dem Schloß denen fluͤchtenden Heiden entgegen, ſtaͤupten ſie empfindlich auf dem Wege, ſchloſſen ſie in die Mitten, und hieben in ſie hinein bis an die Deutſchen, verfolgten ſie auch ſo weit, daß wenige entronnen, und die Deutſchen ſelbſt einige von den Liven mit den Eſthen niedermachten. Etliche aber, die den andern Weg ums Schloß nach der Goiwe flohen, gelangten zu einem andern Trup ih- rer Armee und entkamen. Viele aber darunter wurden bey dem Herunterſteigen vom Berge durch die nachſetzenden Ritter in die Pfanne gehauen. Wobey Ever- hard, ein Ordensbruder der Ritterſchaft, blieb, auch einige unſerer Soldaten bleſ- ſiret wurden. Jndeſſen ſahe das andere Theil der Armee den Untergang der ihri- gen, und verſamlete ſich auf dem Berge zwiſchen dem Schloſſe und der Goiwa, machte ſich auch zur Gegenwehr fertig. Die Liven aber und andere Fußgaͤnger der Chriſten liefen zur Beute, nahmen die Pferde weg, deren viele tauſend da waren, und verſaͤumten gegen die uͤbrigen Heiden zu ſtreiten. Doch die Ritter und Steinſchleuderer fielen ſie auf dem Berge in ihrem Lager an, und toͤdteten viele aus ihnen. Daher ſie um gut Wetter baten, und angelobten, das Sacrament der heiligen Taufe anzunehmen. Die Soldaten traueten ihrem Worte, und melde- ten den Biſchoͤfen, ſie moͤchten kommen, und dieſe Leute aufnehmen. Aber des Nachts flohen ſie auf ihre Raubſchiffe, und wolten nach der See zu. Die Stein- ſchuͤtzen hingegen machten ihnen auf allen Seiten der Goiwe den Abzug hinderlich. Einige Pilger, die mit Bernharden von der Lippe aus Riga nach der Goi- we gekommen, ſchlugen eine Bruͤcke uͤber den Strom, baueten groſſe Holzgeruͤſte daruͤber, und bewilkommeten die anſegelnden Kaper mit Pfeilen und Lanzen. Der Weg zu fliehen ward den Heiden uͤberal verſperret. Daher ſie folgende Nacht in aller Stille alle das Jhrige im Stiche lieſſen, heimlich aus ihren Raubſchiffen aus- ſtiegen und davon liefen. Etliche nahmen ihren Weg nach dem Gehoͤlze, andere wieder anderwaͤrts hin, muſten aber vor Hunger jaͤmmerlich umkommen, und we- nige entwiſchten nach ihrem Lande dieſes anzuſagen. Der bey dieſer Gelegenheit erbeuteten Pferde waren wol zweytauſend. Die Pilger und alle, ſo zu Felde ge- weſen, kehrten wieder nach Riga, und nahmen faſt dreyhundert Raubſchiffe mit ſich, auſſer den kleinen Fahrzeugen. Alle Pferde und Beute theilten ſie unter ſich in gleiche Theilung, gaben auch den Kirchen ihr Theil, und lobten mit den Biſchoͤ- fen und geſamtem Volke GOTT, der gleich bey Ankunft ſo vieler Biſchoͤfe einen ſo herlichen Triumph uͤber die Feinde verliehen. Denn damals ſahe die Kirche in Liefland GOTT fuͤr ſich wahrlich ſtreiten, weil in dieſem Kriege der Provinz Eſthland das Haupt abgefallen, das iſt, die Landesaͤlteſten von Oeſel und Ro- talien, und anderen Provinzen, welche daſelbſt umgebracht worden. Alſo legte der HErr ihren Stolz nieder, und demuͤthigte den Trotz der Starken. 1210 h⁾ Siehe beym Jahre 1206 not. h) eine neue Art des Weiſſagens, da das geſchlagene Opfervieh, wenn es auf die linken Seite fiel, einen ungluͤcklichen; und auf der rech- ten Z

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/121>, abgerufen am 19.04.2024.