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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1184 bis 1196.
mit a nicht nur in alle Thüringische Geschichtschreiber, sowol gedruckte als ungedruckte1192
eingeschlichen; sondern auch ganz allein die Geschlechtslinien der alten Thüringischen
Landgrafen, wie auch der Grafen von Dhabsburg und Orlamünde verworren ge-
macht, die wir l. c. von diesem ansehnlichen Fehler reinigen werden. So viel ist gewiß,
das, was Arnold zu Anfang des 9ten Cap. anbringet, hält nicht Stich, da er so wol
Meinhards Bischöflichen Sitz nach Riga setzet, als auch dessen Amtsfolger Bertol-
den
in der Stadt Riga, welche damals noch nicht in in der Welt gewesen, begräbet,
und fürgiebt, unter Pabst Cälestinus dem IIIten hätten die heil. Züge ins gelobte Land ih-
ren Anstand oder ihr Ende genommen, da doch selbst sowol aus Arnolden l. 5. c. 1. als auch
aus andern Schriften aller Chronikenschreiber derselben Zeit bewiesen werden kan, daß
dieselben unter keinem Pabst eifriger veranstaltet worden. Jch berufe mich sowol auf die
Breve des Pabsts; als auf des Kaisers Briefe selbst: davon jene Baronius tom. 12.
beym Jahre 1195. n. 22, diese aber Gottfried von Cölln bey eben diesem Jahr liefert.
Dieser erzählet an angeführter Stelle, der Pabst habe deswegen 2 Cardinäle nach Frank-
reich und aller Orten umher, abgeschickt. Es gingen auch die Kreuzfarer eben zu der Zeit
ins gelobte Land, da Bertold nach Liefland zog, und kamen um die Zeit, da jener
im Treffen blieb, wieder in ihr Vaterland. Das dienet uns dazu, daß man sehen kan,
Arnold habe mehr von Hörensagen, als nach der Ordnung die Begebenheiten der 2 er-
sten Bischöfe von Liefland uns aufgezeichnet. Das Gerüchte aber pflegt nur über-
haupt Begebenheiten, nicht aber derselben Ordnung zu erzählen. Ein deutlicher Licht
scheinen uns die Verschen zu ertheilen, so auf Meinhards Grabmal stehen, welche uns
Chytraeus Saxon. lib. 31. f. 980 aufbehalten, die ihm von Einem Hochedl. Rath in Riga
zugeschickt worden, dieses Jnhalts:
Hac sunt in fossa Meinardi praesulis ossa.
Nobis primo fidem dedit annis quattuor idem.
Actis millenis centenis nonaquegenis
Annis cum senis, hic ab his it ad aethera poenis.

Zwar will ich wol nicht glauben, daß die Aufschriften, die in dem Bildersaale des
Schlosses Ronneburg unter jedem Bildniß der Rigischen Bischöfe stehen, mit den
Bischöfen selbst gleiches Alters seyn. Doch diese Verschen, die von der Aufschrift unter
Meinards Bilde ganz unterschieden, sind älter, und schmecken nach der Einfalt und
Schreibart des damaligen Jahrhunderts. Welches uns der blosse Gebrauch des Worts
poenae für Qual, auf Französisch peines, so unten beym Jahr 1205. n. 5. und 1211. n. 1.
wieder vorkomt, belehren kan. Jn welcher Bedeutung diejenige Woche, in der Chri-
stus nach Fasten und saurer Arbeit sich kreuzigen lassen, damals hebdomas poenosa,
(die Marterwoche,) auf Französisch la semaine peneuse, genennet worden, nicht allein in
Frankreich, sondern auch in den Nordländern. Denn so heists in der von Joh. Schef-
fern
herausgegebenen Chronik der Erzbischöfe von Upsal, S. 216: Ausgenommen
4 Wochen, nemlich, die hebdomas poenosa*) vor Ostern etc. wo Scheffer dabey setzt:
So recht deutlich wird gelesen. Es ist aber die hebdomas poenosa, die gleich vor
dem Osterfest vorhergehet, und gemeiniglich
chara heisset, nemlich in Stras-
burg, Scheffers
Geburtsstadt, die Char- oder Karwoche. Wenn man auch ganz
und gar zugibt, die Grabschrift sey lange nach gedachtem Fest gemacht; so konte doch bey
den Rigischen das Andenken besagter Jahre aus den Todtenzetteln vorhanden seyn, oder
aus andern noch nicht bekant gemachten Schriften. Nun, da die Zeit seines Todes,
welchen die Grabschrift ins Jahr 1196 setzet mit obengesetzter Rechnung übereintrift; so
solte man ihr auch in den Jahren seines Bischöflichen Amtes trauen, deren sie Mein-
harden
nur viere beyleget; so daß Meinhards Ordination zum Bischof ins Jahr 1192.
fallen muß. Welche Jahrzahl man um so viel williger annehmen kan, je zuverläßiger
der Fortsetzer des Sigeberts den Anfang von Meinhards Bisthum hinter das Jahr
1186 setzet, und je deutlicher der älteste Schriftsteller der Pohlen, wenn ich den Kad-
lubko
ausnehme, der doch diese Zeiten nicht berührt, Dlugossus lib. 4. pag. 318. Mein-
hards
Bisthum in die Zeiten Pabsts Cälestinus des dritten rechnet, von dem bekant,
daß er erst Anno 1191 Pabst worden, wenn er schreibt: Zur Zeit des Pabsts Cäle-
stinus des dritten, ist Liefland durch den Dienst Meinhards, des Liefländi-
schen Bischofs, zum christlichen Glauben gebracht worden.
Wo ich doch nicht
*) Jn diesem Verstande komt es auch in des Emmo und Menco Omländisch-Frisischer Chronik
vor, die im 13 Jahrhundert geschrieben worden, beym Jahr 1208 p. 434: Jn der Marterwoche
(hebdomada poenosa) nach dem Palmen Sonntage reisten sie ab, und kamen den heiligen Ostertag
nach Münster.
C
von 1184 bis 1196.
mit a nicht nur in alle Thuͤringiſche Geſchichtſchreiber, ſowol gedruckte als ungedruckte1192
eingeſchlichen; ſondern auch ganz allein die Geſchlechtslinien der alten Thuͤringiſchen
Landgrafen, wie auch der Grafen von Dhabsburg und Orlamuͤnde verworren ge-
macht, die wir l. c. von dieſem anſehnlichen Fehler reinigen werden. So viel iſt gewiß,
das, was Arnold zu Anfang des 9ten Cap. anbringet, haͤlt nicht Stich, da er ſo wol
Meinhards Biſchoͤflichen Sitz nach Riga ſetzet, als auch deſſen Amtsfolger Bertol-
den
in der Stadt Riga, welche damals noch nicht in in der Welt geweſen, begraͤbet,
und fuͤrgiebt, unter Pabſt Caͤleſtinus dem IIIten haͤtten die heil. Zuͤge ins gelobte Land ih-
ren Anſtand oder ihr Ende genommen, da doch ſelbſt ſowol aus Arnolden l. 5. c. 1. als auch
aus andern Schriften aller Chronikenſchreiber derſelben Zeit bewieſen werden kan, daß
dieſelben unter keinem Pabſt eifriger veranſtaltet worden. Jch berufe mich ſowol auf die
Breve des Pabſts; als auf des Kaiſers Briefe ſelbſt: davon jene Baronius tom. 12.
beym Jahre 1195. n. 22, dieſe aber Gottfried von Coͤlln bey eben dieſem Jahr liefert.
Dieſer erzaͤhlet an angefuͤhrter Stelle, der Pabſt habe deswegen 2 Cardinaͤle nach Frank-
reich und aller Orten umher, abgeſchickt. Es gingen auch die Kreuzfarer eben zu der Zeit
ins gelobte Land, da Bertold nach Liefland zog, und kamen um die Zeit, da jener
im Treffen blieb, wieder in ihr Vaterland. Das dienet uns dazu, daß man ſehen kan,
Arnold habe mehr von Hoͤrenſagen, als nach der Ordnung die Begebenheiten der 2 er-
ſten Biſchoͤfe von Liefland uns aufgezeichnet. Das Geruͤchte aber pflegt nur uͤber-
haupt Begebenheiten, nicht aber derſelben Ordnung zu erzaͤhlen. Ein deutlicher Licht
ſcheinen uns die Verschen zu ertheilen, ſo auf Meinhards Grabmal ſtehen, welche uns
Chytræus Saxon. lib. 31. f. 980 aufbehalten, die ihm von Einem Hochedl. Rath in Riga
zugeſchickt worden, dieſes Jnhalts:
Hac ſunt in foſſa Meinardi præſulis oſſa.
Nobis primo fidem dedit annis quattuor idem.
Actis millenis centenis nonaquegenis
Annis cum ſenis, hic ab his it ad æthera pœnis.

Zwar will ich wol nicht glauben, daß die Aufſchriften, die in dem Bilderſaale des
Schloſſes Ronneburg unter jedem Bildniß der Rigiſchen Biſchoͤfe ſtehen, mit den
Biſchoͤfen ſelbſt gleiches Alters ſeyn. Doch dieſe Verschen, die von der Aufſchrift unter
Meinards Bilde ganz unterſchieden, ſind aͤlter, und ſchmecken nach der Einfalt und
Schreibart des damaligen Jahrhunderts. Welches uns der bloſſe Gebrauch des Worts
pœnæ fuͤr Qual, auf Franzoͤſiſch peines, ſo unten beym Jahr 1205. n. 5. und 1211. n. 1.
wieder vorkomt, belehren kan. Jn welcher Bedeutung diejenige Woche, in der Chri-
ſtus nach Faſten und ſaurer Arbeit ſich kreuzigen laſſen, damals hebdomas pœnoſa,
(die Marterwoche,) auf Franzoͤſiſch la ſemaine peneuſe, genennet worden, nicht allein in
Frankreich, ſondern auch in den Nordlaͤndern. Denn ſo heiſts in der von Joh. Schef-
fern
herausgegebenen Chronik der Erzbiſchoͤfe von Upſal, S. 216: Ausgenommen
4 Wochen, nemlich, die hebdomas pœnoſa*) vor Oſtern ꝛc. wo Scheffer dabey ſetzt:
So recht deutlich wird geleſen. Es iſt aber die hebdomas pœnoſa, die gleich vor
dem Oſterfeſt vorhergehet, und gemeiniglich
chara heiſſet, nemlich in Stras-
burg, Scheffers
Geburtsſtadt, die Char- oder Karwoche. Wenn man auch ganz
und gar zugibt, die Grabſchrift ſey lange nach gedachtem Feſt gemacht; ſo konte doch bey
den Rigiſchen das Andenken beſagter Jahre aus den Todtenzetteln vorhanden ſeyn, oder
aus andern noch nicht bekant gemachten Schriften. Nun, da die Zeit ſeines Todes,
welchen die Grabſchrift ins Jahr 1196 ſetzet mit obengeſetzter Rechnung uͤbereintrift; ſo
ſolte man ihr auch in den Jahren ſeines Biſchoͤflichen Amtes trauen, deren ſie Mein-
harden
nur viere beyleget; ſo daß Meinhards Ordination zum Biſchof ins Jahr 1192.
fallen muß. Welche Jahrzahl man um ſo viel williger annehmen kan, je zuverlaͤßiger
der Fortſetzer des Sigeberts den Anfang von Meinhards Bisthum hinter das Jahr
1186 ſetzet, und je deutlicher der aͤlteſte Schriftſteller der Pohlen, wenn ich den Kad-
lubko
ausnehme, der doch dieſe Zeiten nicht beruͤhrt, Dlugoſſus lib. 4. pag. 318. Mein-
hards
Bisthum in die Zeiten Pabſts Caͤleſtinus des dritten rechnet, von dem bekant,
daß er erſt Anno 1191 Pabſt worden, wenn er ſchreibt: Zur Zeit des Pabſts Caͤle-
ſtinus des dritten, iſt Liefland durch den Dienſt Meinhards, des Lieflaͤndi-
ſchen Biſchofs, zum chriſtlichen Glauben gebracht worden.
Wo ich doch nicht
*) Jn dieſem Verſtande komt es auch in des Emmo und Menco Omlaͤndiſch-Friſiſcher Chronik
vor, die im 13 Jahrhundert geſchrieben worden, beym Jahr 1208 p. 434: Jn der Marterwoche
(hebdomada pœnoſa) nach dem Palmen Sonntage reiſten ſie ab, und kamen den heiligen Oſtertag
nach Muͤnſter.
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[9/0041] von 1184 bis 1196. k⁾ mit a nicht nur in alle Thuͤringiſche Geſchichtſchreiber, ſowol gedruckte als ungedruckte eingeſchlichen; ſondern auch ganz allein die Geſchlechtslinien der alten Thuͤringiſchen Landgrafen, wie auch der Grafen von Dhabsburg und Orlamuͤnde verworren ge- macht, die wir l. c. von dieſem anſehnlichen Fehler reinigen werden. So viel iſt gewiß, das, was Arnold zu Anfang des 9ten Cap. anbringet, haͤlt nicht Stich, da er ſo wol Meinhards Biſchoͤflichen Sitz nach Riga ſetzet, als auch deſſen Amtsfolger Bertol- den in der Stadt Riga, welche damals noch nicht in in der Welt geweſen, begraͤbet, und fuͤrgiebt, unter Pabſt Caͤleſtinus dem IIIten haͤtten die heil. Zuͤge ins gelobte Land ih- ren Anſtand oder ihr Ende genommen, da doch ſelbſt ſowol aus Arnolden l. 5. c. 1. als auch aus andern Schriften aller Chronikenſchreiber derſelben Zeit bewieſen werden kan, daß dieſelben unter keinem Pabſt eifriger veranſtaltet worden. Jch berufe mich ſowol auf die Breve des Pabſts; als auf des Kaiſers Briefe ſelbſt: davon jene Baronius tom. 12. beym Jahre 1195. n. 22, dieſe aber Gottfried von Coͤlln bey eben dieſem Jahr liefert. Dieſer erzaͤhlet an angefuͤhrter Stelle, der Pabſt habe deswegen 2 Cardinaͤle nach Frank- reich und aller Orten umher, abgeſchickt. Es gingen auch die Kreuzfarer eben zu der Zeit ins gelobte Land, da Bertold nach Liefland zog, und kamen um die Zeit, da jener im Treffen blieb, wieder in ihr Vaterland. Das dienet uns dazu, daß man ſehen kan, Arnold habe mehr von Hoͤrenſagen, als nach der Ordnung die Begebenheiten der 2 er- ſten Biſchoͤfe von Liefland uns aufgezeichnet. Das Geruͤchte aber pflegt nur uͤber- haupt Begebenheiten, nicht aber derſelben Ordnung zu erzaͤhlen. Ein deutlicher Licht ſcheinen uns die Verschen zu ertheilen, ſo auf Meinhards Grabmal ſtehen, welche uns Chytræus Saxon. lib. 31. f. 980 aufbehalten, die ihm von Einem Hochedl. Rath in Riga zugeſchickt worden, dieſes Jnhalts: Hac ſunt in foſſa Meinardi præſulis oſſa. Nobis primo fidem dedit annis quattuor idem. Actis millenis centenis nonaquegenis Annis cum ſenis, hic ab his it ad æthera pœnis. Zwar will ich wol nicht glauben, daß die Aufſchriften, die in dem Bilderſaale des Schloſſes Ronneburg unter jedem Bildniß der Rigiſchen Biſchoͤfe ſtehen, mit den Biſchoͤfen ſelbſt gleiches Alters ſeyn. Doch dieſe Verschen, die von der Aufſchrift unter Meinards Bilde ganz unterſchieden, ſind aͤlter, und ſchmecken nach der Einfalt und Schreibart des damaligen Jahrhunderts. Welches uns der bloſſe Gebrauch des Worts pœnæ fuͤr Qual, auf Franzoͤſiſch peines, ſo unten beym Jahr 1205. n. 5. und 1211. n. 1. wieder vorkomt, belehren kan. Jn welcher Bedeutung diejenige Woche, in der Chri- ſtus nach Faſten und ſaurer Arbeit ſich kreuzigen laſſen, damals hebdomas pœnoſa, (die Marterwoche,) auf Franzoͤſiſch la ſemaine peneuſe, genennet worden, nicht allein in Frankreich, ſondern auch in den Nordlaͤndern. Denn ſo heiſts in der von Joh. Schef- fern herausgegebenen Chronik der Erzbiſchoͤfe von Upſal, S. 216: Ausgenommen 4 Wochen, nemlich, die hebdomas pœnoſa *) vor Oſtern ꝛc. wo Scheffer dabey ſetzt: So recht deutlich wird geleſen. Es iſt aber die hebdomas pœnoſa, die gleich vor dem Oſterfeſt vorhergehet, und gemeiniglich chara heiſſet, nemlich in Stras- burg, Scheffers Geburtsſtadt, die Char- oder Karwoche. Wenn man auch ganz und gar zugibt, die Grabſchrift ſey lange nach gedachtem Feſt gemacht; ſo konte doch bey den Rigiſchen das Andenken beſagter Jahre aus den Todtenzetteln vorhanden ſeyn, oder aus andern noch nicht bekant gemachten Schriften. Nun, da die Zeit ſeines Todes, welchen die Grabſchrift ins Jahr 1196 ſetzet mit obengeſetzter Rechnung uͤbereintrift; ſo ſolte man ihr auch in den Jahren ſeines Biſchoͤflichen Amtes trauen, deren ſie Mein- harden nur viere beyleget; ſo daß Meinhards Ordination zum Biſchof ins Jahr 1192. fallen muß. Welche Jahrzahl man um ſo viel williger annehmen kan, je zuverlaͤßiger der Fortſetzer des Sigeberts den Anfang von Meinhards Bisthum hinter das Jahr 1186 ſetzet, und je deutlicher der aͤlteſte Schriftſteller der Pohlen, wenn ich den Kad- lubko ausnehme, der doch dieſe Zeiten nicht beruͤhrt, Dlugoſſus lib. 4. pag. 318. Mein- hards Bisthum in die Zeiten Pabſts Caͤleſtinus des dritten rechnet, von dem bekant, daß er erſt Anno 1191 Pabſt worden, wenn er ſchreibt: Zur Zeit des Pabſts Caͤle- ſtinus des dritten, iſt Liefland durch den Dienſt Meinhards, des Lieflaͤndi- ſchen Biſchofs, zum chriſtlichen Glauben gebracht worden. Wo ich doch nicht nur *) Jn dieſem Verſtande komt es auch in des Emmo und Menco Omlaͤndiſch-Friſiſcher Chronik vor, die im 13 Jahrhundert geſchrieben worden, beym Jahr 1208 p. 434: Jn der Marterwoche (hebdomada pœnoſa) nach dem Palmen Sonntage reiſten ſie ab, und kamen den heiligen Oſtertag nach Muͤnſter. C

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/41>, abgerufen am 19.04.2024.