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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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von 1205 bis 1206.
sie ab, plünderten das Land, und kehrten zu den ihrigen. Jm Rückwege liessen sie1205
sich mit der gesamten Armee bey Riga nieder, und theilten alle Beute, so sie mit-
geführet. Der Bischof aber dankte GOtt, und schickte die Semgallen mit
Freuden zurück in ihr Land.

i) An einigen Orten steht Goiwa,*) welches wie Gowa oder Ava läst. Er versteht
aber den Strom, der etwas über Riga ins Meer fliesset, den ich auf den Karten die
Ava oder Aa (die Treyder Aa) genent sehe.
k) Jst der Name eines vornehmen Wilden, der bald Dabrelis, bald Dabrelus heist.
§. 11.

Nachdem der Bischof einen neuen Frieden mit den Liven getroffen: so ent-
schloß er sich hierauf nach Deutschland zu fahren; wie er aber auf die See kam,
hatte er die ganze Nacht durch einen entsetzlichen Sturm, und ward Tages darauf
nach der Duna zurück getrieben. Hier ruhete er etliche Tage aus und vergnügte
sich, daß er beym Ende der Frühmetten und der Vesper, da ihn weder die Sonne
des Glücks bey Tage stach, noch der Mond des Unglücks bey Nachte betrübte.
Und, damit er das Werk des HErrn weder auf dem Lande noch auf dem Wasser
liegen ließ, dankte er GOtt und begab sich wieder in die Gefahr, der er neulich ent-
gangen. Da nun GOtt stilles Wetter schenkte, so segelte er nach Deutschland,
um Pilger aufzubringen, die die Kirche schützen solten.

§. 12.

Einige von den Liven, so in ihrer Treulosigkeit beharreten, thaten hierauf
dem Könige von Plosceke durch ihre Abgeordneten die Wunden und den Verlust
der ihrigen zu wissen, mit Ersuchen, er möchte ihnen gegen die Deutschen zu
Hülfe kommen; zumal, da wenige in Riga nachgeblieben, und viele mit dem Bi-
schof weggezogen. Der König, der sich ihren Anschlag und ihre Einladung gefal-
len ließ, ließ aus allen Orten seines Reichs, wie auch von andern Königen, die
seine Nachbaren und guten Freunde waren, eine Armee aufbieten, und fuhr mit
grosser Heersmacht auf Schiffen die Düne l) hinunter. Und da sie bey Ykeskole
anlegten: wurden etliche von ihnen von den Steinschleuderern des Ritter Con-
rads
hart verwundet. Wie sie nun fühlten, daß noch Deutsche im Schlosse waren:
fuhren sie weiter hinunter, rückten geschwind vor das Schloß Holme, und besetzten es
rund umher. Einige Liven aber, die von dieser Armee auch nichts wusten, waren nach
den Wäldern geflüchtet und entkommen; etliche versamleten sich zu den Deutschen
ins Schloß, sperten das Schloß zu, die Steinschleuderer stiegen auf die Mauer,
und verwundeten sehr viele. Die Russen, so sich auf die Steinschleuderkunst
nicht verstanden, und noch des Bogens gewohnt waren, beschädigten viele auf den
Vestungswerken, stritten viel Tage lang, schlepten einen grossen Haufen Holz
zusammen, und bemüheten sich die Werke anzustecken. Doch ihre Arbeit war um-
sonst, und wurden viele aus ihnen von den Steinschleuderen in Zurechtlegung des
Holzes verwundet und niedergemacht. Der König schickte demnach Boten an die
herumliegenden Heiden von Thoreide und Lettland, daß alle gegen die Rigi-
schen
zu Felde ziehen solten. Darüber waren die von Thoreide froh und kamen
gleich zum Könige. Wie sie ankamen, gab man ihnen keine andere Arbeit, als
Holz zusammen zu führen, und das Schloß aufzubrennen. Bey dem Zurechtle-
gen des Holzes ward eine grosse Menge unter ihnen, weil sie ganz blos waren, von
den fliegenden Pfeilen plötzlich erschossen. Die Letten aber erschienen nicht, schick-
ten auch keine Boten. Auch machten die Russen von Polocz nach deutscher
Manier eine kleine Maschine; weil sie aber die Kunst, Steine zu werfen, nicht wu-
sten, so schleuderten sie hinterwerts, und beschädigten viele von ihren eigenen Leu-
ten. Der Deutschen waren wenig, nemlich, nur zwanzig, und befurchten daher
von den Liven verrathen zu werden, deren sie viel im Schlosse bey sich hatten: sie

sassen
*) Das Revelsche Manuscript hat allezeit Coiwa, welches die Aa auf Esthnisch bedeutet.
N 2

von 1205 bis 1206.
ſie ab, pluͤnderten das Land, und kehrten zu den ihrigen. Jm Ruͤckwege lieſſen ſie1205
ſich mit der geſamten Armee bey Riga nieder, und theilten alle Beute, ſo ſie mit-
gefuͤhret. Der Biſchof aber dankte GOtt, und ſchickte die Semgallen mit
Freuden zuruͤck in ihr Land.

i) An einigen Orten ſteht Goiwa,*) welches wie Gowa oder Ava laͤſt. Er verſteht
aber den Strom, der etwas uͤber Riga ins Meer flieſſet, den ich auf den Karten die
Ava oder Aa (die Treyder Aa) genent ſehe.
k) Jſt der Name eines vornehmen Wilden, der bald Dabrelis, bald Dabrelus heiſt.
§. 11.

Nachdem der Biſchof einen neuen Frieden mit den Liven getroffen: ſo ent-
ſchloß er ſich hierauf nach Deutſchland zu fahren; wie er aber auf die See kam,
hatte er die ganze Nacht durch einen entſetzlichen Sturm, und ward Tages darauf
nach der Duna zuruͤck getrieben. Hier ruhete er etliche Tage aus und vergnuͤgte
ſich, daß er beym Ende der Fruͤhmetten und der Veſper, da ihn weder die Sonne
des Gluͤcks bey Tage ſtach, noch der Mond des Ungluͤcks bey Nachte betruͤbte.
Und, damit er das Werk des HErrn weder auf dem Lande noch auf dem Waſſer
liegen ließ, dankte er GOtt und begab ſich wieder in die Gefahr, der er neulich ent-
gangen. Da nun GOtt ſtilles Wetter ſchenkte, ſo ſegelte er nach Deutſchland,
um Pilger aufzubringen, die die Kirche ſchuͤtzen ſolten.

§. 12.

Einige von den Liven, ſo in ihrer Treuloſigkeit beharreten, thaten hierauf
dem Koͤnige von Ploſceke durch ihre Abgeordneten die Wunden und den Verluſt
der ihrigen zu wiſſen, mit Erſuchen, er moͤchte ihnen gegen die Deutſchen zu
Huͤlfe kommen; zumal, da wenige in Riga nachgeblieben, und viele mit dem Bi-
ſchof weggezogen. Der Koͤnig, der ſich ihren Anſchlag und ihre Einladung gefal-
len ließ, ließ aus allen Orten ſeines Reichs, wie auch von andern Koͤnigen, die
ſeine Nachbaren und guten Freunde waren, eine Armee aufbieten, und fuhr mit
groſſer Heersmacht auf Schiffen die Duͤne l) hinunter. Und da ſie bey Ykeskole
anlegten: wurden etliche von ihnen von den Steinſchleuderern des Ritter Con-
rads
hart verwundet. Wie ſie nun fuͤhlten, daß noch Deutſche im Schloſſe waren:
fuhren ſie weiter hinunter, ruͤckten geſchwind vor das Schloß Holme, und beſetzten es
rund umher. Einige Liven aber, die von dieſer Armee auch nichts wuſten, waren nach
den Waͤldern gefluͤchtet und entkommen; etliche verſamleten ſich zu den Deutſchen
ins Schloß, ſperten das Schloß zu, die Steinſchleuderer ſtiegen auf die Mauer,
und verwundeten ſehr viele. Die Ruſſen, ſo ſich auf die Steinſchleuderkunſt
nicht verſtanden, und noch des Bogens gewohnt waren, beſchaͤdigten viele auf den
Veſtungswerken, ſtritten viel Tage lang, ſchlepten einen groſſen Haufen Holz
zuſammen, und bemuͤheten ſich die Werke anzuſtecken. Doch ihre Arbeit war um-
ſonſt, und wurden viele aus ihnen von den Steinſchleuderen in Zurechtlegung des
Holzes verwundet und niedergemacht. Der Koͤnig ſchickte demnach Boten an die
herumliegenden Heiden von Thoreide und Lettland, daß alle gegen die Rigi-
ſchen
zu Felde ziehen ſolten. Daruͤber waren die von Thoreide froh und kamen
gleich zum Koͤnige. Wie ſie ankamen, gab man ihnen keine andere Arbeit, als
Holz zuſammen zu fuͤhren, und das Schloß aufzubrennen. Bey dem Zurechtle-
gen des Holzes ward eine groſſe Menge unter ihnen, weil ſie ganz blos waren, von
den fliegenden Pfeilen ploͤtzlich erſchoſſen. Die Letten aber erſchienen nicht, ſchick-
ten auch keine Boten. Auch machten die Ruſſen von Polocz nach deutſcher
Manier eine kleine Maſchine; weil ſie aber die Kunſt, Steine zu werfen, nicht wu-
ſten, ſo ſchleuderten ſie hinterwerts, und beſchaͤdigten viele von ihren eigenen Leu-
ten. Der Deutſchen waren wenig, nemlich, nur zwanzig, und befurchten daher
von den Liven verrathen zu werden, deren ſie viel im Schloſſe bey ſich hatten: ſie

ſaſſen
*) Das Revelſche Manuſcript hat allezeit Coiwa, welches die Aa auf Eſthniſch bedeutet.
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[51/0083] von 1205 bis 1206. ſie ab, pluͤnderten das Land, und kehrten zu den ihrigen. Jm Ruͤckwege lieſſen ſie ſich mit der geſamten Armee bey Riga nieder, und theilten alle Beute, ſo ſie mit- gefuͤhret. Der Biſchof aber dankte GOtt, und ſchickte die Semgallen mit Freuden zuruͤck in ihr Land. 1205 i⁾ An einigen Orten ſteht Goiwa, *) welches wie Gowa oder Ava laͤſt. Er verſteht aber den Strom, der etwas uͤber Riga ins Meer flieſſet, den ich auf den Karten die Ava oder Aa (die Treyder Aa) genent ſehe. k⁾ Jſt der Name eines vornehmen Wilden, der bald Dabrelis, bald Dabrelus heiſt. §. 11. Nachdem der Biſchof einen neuen Frieden mit den Liven getroffen: ſo ent- ſchloß er ſich hierauf nach Deutſchland zu fahren; wie er aber auf die See kam, hatte er die ganze Nacht durch einen entſetzlichen Sturm, und ward Tages darauf nach der Duna zuruͤck getrieben. Hier ruhete er etliche Tage aus und vergnuͤgte ſich, daß er beym Ende der Fruͤhmetten und der Veſper, da ihn weder die Sonne des Gluͤcks bey Tage ſtach, noch der Mond des Ungluͤcks bey Nachte betruͤbte. Und, damit er das Werk des HErrn weder auf dem Lande noch auf dem Waſſer liegen ließ, dankte er GOtt und begab ſich wieder in die Gefahr, der er neulich ent- gangen. Da nun GOtt ſtilles Wetter ſchenkte, ſo ſegelte er nach Deutſchland, um Pilger aufzubringen, die die Kirche ſchuͤtzen ſolten. §. 12. Einige von den Liven, ſo in ihrer Treuloſigkeit beharreten, thaten hierauf dem Koͤnige von Ploſceke durch ihre Abgeordneten die Wunden und den Verluſt der ihrigen zu wiſſen, mit Erſuchen, er moͤchte ihnen gegen die Deutſchen zu Huͤlfe kommen; zumal, da wenige in Riga nachgeblieben, und viele mit dem Bi- ſchof weggezogen. Der Koͤnig, der ſich ihren Anſchlag und ihre Einladung gefal- len ließ, ließ aus allen Orten ſeines Reichs, wie auch von andern Koͤnigen, die ſeine Nachbaren und guten Freunde waren, eine Armee aufbieten, und fuhr mit groſſer Heersmacht auf Schiffen die Duͤne l⁾ hinunter. Und da ſie bey Ykeskole anlegten: wurden etliche von ihnen von den Steinſchleuderern des Ritter Con- rads hart verwundet. Wie ſie nun fuͤhlten, daß noch Deutſche im Schloſſe waren: fuhren ſie weiter hinunter, ruͤckten geſchwind vor das Schloß Holme, und beſetzten es rund umher. Einige Liven aber, die von dieſer Armee auch nichts wuſten, waren nach den Waͤldern gefluͤchtet und entkommen; etliche verſamleten ſich zu den Deutſchen ins Schloß, ſperten das Schloß zu, die Steinſchleuderer ſtiegen auf die Mauer, und verwundeten ſehr viele. Die Ruſſen, ſo ſich auf die Steinſchleuderkunſt nicht verſtanden, und noch des Bogens gewohnt waren, beſchaͤdigten viele auf den Veſtungswerken, ſtritten viel Tage lang, ſchlepten einen groſſen Haufen Holz zuſammen, und bemuͤheten ſich die Werke anzuſtecken. Doch ihre Arbeit war um- ſonſt, und wurden viele aus ihnen von den Steinſchleuderen in Zurechtlegung des Holzes verwundet und niedergemacht. Der Koͤnig ſchickte demnach Boten an die herumliegenden Heiden von Thoreide und Lettland, daß alle gegen die Rigi- ſchen zu Felde ziehen ſolten. Daruͤber waren die von Thoreide froh und kamen gleich zum Koͤnige. Wie ſie ankamen, gab man ihnen keine andere Arbeit, als Holz zuſammen zu fuͤhren, und das Schloß aufzubrennen. Bey dem Zurechtle- gen des Holzes ward eine groſſe Menge unter ihnen, weil ſie ganz blos waren, von den fliegenden Pfeilen ploͤtzlich erſchoſſen. Die Letten aber erſchienen nicht, ſchick- ten auch keine Boten. Auch machten die Ruſſen von Polocz nach deutſcher Manier eine kleine Maſchine; weil ſie aber die Kunſt, Steine zu werfen, nicht wu- ſten, ſo ſchleuderten ſie hinterwerts, und beſchaͤdigten viele von ihren eigenen Leu- ten. Der Deutſchen waren wenig, nemlich, nur zwanzig, und befurchten daher von den Liven verrathen zu werden, deren ſie viel im Schloſſe bey ſich hatten: ſie ſaſſen *) Das Revelſche Manuſcript hat allezeit Coiwa, welches die Aa auf Eſthniſch bedeutet. N 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/83>, abgerufen am 20.04.2024.