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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, neuntes Jahr,
1206dritten Theil von Liefland zu. Und weil er selbst Liefland mit der völligen
Oberherschaft und allen Rechten vom Kaiser erhalten, so überließ er ihnen auch
ihr drittes Theil mit allen Rechten und der Oberherschaft. Wegen der Länder
aber, die noch nicht erobert und bekehret waren, bedeutete er sie ganz vernünftig,
daß er nicht geben könte, was er selbst nicht hätte. Wie sie aber mit ihren Bitten
immer ernstlicher anhielten, zu rechter Zeit und zur Unzeit: ließ ers endlich an den
römischen Pabst gelangen, der durch einen gleichen Bescheid die noch nicht be-
zwungenen Landschaften GOtt anheim stelte, und ihnen blos von den eroberten
den dritten Theil zusprach. Dem Bischof über Liefland ward auch in ihrem
Antheil das Viertel von den Zehnden gelassen, damit sie als Vasallen ihre Unter-
thänigkeit erwiesen c). Die Brüder der Ritterschaft theilten also auf Ersuchen des
Bischofs Liefland in drey Theile, erkanten ihm aber, als Vater und Aeltesten, die
erste Wahl zu. Daher als der Herr Bischof erst für sich des Caupo Gebiet,
den Strich um Thoreida, nahm, suchten sich die Brüder von der andern Seite
der Goiwe die Provinz Saccala aus, und liessen auch für den Bischof den
dritten Theil in Metsepole übrig. Wegen der andern Provinzen und
Güter aber, (die nachher erobert wurden,) empfingen sie durchgängig
aaf eine andre Art eine nachherige Vergütung. Nachdem Liefland so
in Theilung gebracht, schickte der Bischof Priester in seine Gegenden, und den
Brüdern der Ritterschaft übertrug er auch nachher völlig, ihr Theil für sich zu be-
sorgen.

c) Die päbstliche Bestätigung ist erst 1210 erfolget, die wir an ihrem Orte sehen werden.
§. 4.

Auch ward in diesem Jahre Gottfried, einer von den walfahrenden Rittern,
nach Thoreide verschicket, das Amt eines Advocaten in weltlichen Rechten zu verwal-
ten. Dieser zog in den Kirchspielen umher, schlichtete die Rechtssachen und Streitigkei-
ten der Leute, samlete sich brav Geld und Geschenke, brachte dem Bischof nur weniges
und behielt für sich das meiste. Hierüber wurden einige andere Pilger unwillig, er-
brachen seinen Kasten *) und fanden von den Diebsgeldern neunzehn Mark an
Silber, ohne das viele andere, so er schon durchgebracht. Und weil er gottlos
gehandelt, das Recht verdrehet, die Armen gedrücket, die Ungerechten losgespro-
chen, die Neubekehrten ausgesauget: so geschahe es durch ein gerechtes Gerichte
GOttes, daß er andern zum Schreck in solche Schande gerieth, und, wie uns nach-
her berichtet worden, ein gar schlimmes Ende genommen.

§. 5.

Nach diesem dachten die Litthauer an alle die Jhrigen, die vor zwey Jahren
von den Rigischen und Semgalliern erschlagen waren, und schickten durch ganz
Liefland, brachten eine starke Armee auf die Beine, paßirten die Düne, und
kamen, nachdem sie die ganze Nacht marschiret waren, den heiligen Abend vor
Weihnachten nach Thoreide, gingen mit frühem Tage über die Coiwe, breiteten
sich auf allen Dörfern aus, und weil sie in ein Land kamen d), da das Gerüchte von
ihrem Anzuge die Einwohner nicht vorher in Verfassung gesetzet, hieben sie viele
nieder, und schlepten noch mehr in die Gefangenschaft. Es waren aber eben am
Weihnachtstage zwey Priester in der Kirche zu Cubbesele, welche für die Liven
Messe hielten, Johann Strick e) nemlich und Dietrich Rabbe mit seinem
Knechte. Als die erste Messe aus war, und Johann schon die andre hielt, liefen
die Eingepfarrten, die von der ankommenden Armee Wind vernahmen, aus der
Kirche heraus, und einige, die sich in die Schlupflöcher der Wälder versteckten,
entkamen. Etliche die nach Hause eilten, wurden unterwegens gefangen; die mei-

sten

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, neuntes Jahr,
1206dritten Theil von Liefland zu. Und weil er ſelbſt Liefland mit der voͤlligen
Oberherſchaft und allen Rechten vom Kaiſer erhalten, ſo uͤberließ er ihnen auch
ihr drittes Theil mit allen Rechten und der Oberherſchaft. Wegen der Laͤnder
aber, die noch nicht erobert und bekehret waren, bedeutete er ſie ganz vernuͤnftig,
daß er nicht geben koͤnte, was er ſelbſt nicht haͤtte. Wie ſie aber mit ihren Bitten
immer ernſtlicher anhielten, zu rechter Zeit und zur Unzeit: ließ ers endlich an den
roͤmiſchen Pabſt gelangen, der durch einen gleichen Beſcheid die noch nicht be-
zwungenen Landſchaften GOtt anheim ſtelte, und ihnen blos von den eroberten
den dritten Theil zuſprach. Dem Biſchof uͤber Liefland ward auch in ihrem
Antheil das Viertel von den Zehnden gelaſſen, damit ſie als Vaſallen ihre Unter-
thaͤnigkeit erwieſen c). Die Bruͤder der Ritterſchaft theilten alſo auf Erſuchen des
Biſchofs Liefland in drey Theile, erkanten ihm aber, als Vater und Aelteſten, die
erſte Wahl zu. Daher als der Herr Biſchof erſt fuͤr ſich des Caupo Gebiet,
den Strich um Thoreida, nahm, ſuchten ſich die Bruͤder von der andern Seite
der Goiwe die Provinz Saccala aus, und lieſſen auch fuͤr den Biſchof den
dritten Theil in Metſepole uͤbrig. Wegen der andern Provinzen und
Guͤter aber, (die nachher erobert wurden,) empfingen ſie durchgaͤngig
aaf eine andre Art eine nachherige Verguͤtung. Nachdem Liefland ſo
in Theilung gebracht, ſchickte der Biſchof Prieſter in ſeine Gegenden, und den
Bruͤdern der Ritterſchaft uͤbertrug er auch nachher voͤllig, ihr Theil fuͤr ſich zu be-
ſorgen.

c) Die paͤbſtliche Beſtaͤtigung iſt erſt 1210 erfolget, die wir an ihrem Orte ſehen werden.
§. 4.

Auch ward in dieſem Jahre Gottfried, einer von den walfahrenden Rittern,
nach Thoreide verſchicket, das Amt eines Advocaten in weltlichen Rechten zu verwal-
ten. Dieſer zog in den Kirchſpielen umher, ſchlichtete die Rechtsſachen und Streitigkei-
ten der Leute, ſamlete ſich brav Geld und Geſchenke, brachte dem Biſchof nur weniges
und behielt fuͤr ſich das meiſte. Hieruͤber wurden einige andere Pilger unwillig, er-
brachen ſeinen Kaſten *) und fanden von den Diebsgeldern neunzehn Mark an
Silber, ohne das viele andere, ſo er ſchon durchgebracht. Und weil er gottlos
gehandelt, das Recht verdrehet, die Armen gedruͤcket, die Ungerechten losgeſpro-
chen, die Neubekehrten ausgeſauget: ſo geſchahe es durch ein gerechtes Gerichte
GOttes, daß er andern zum Schreck in ſolche Schande gerieth, und, wie uns nach-
her berichtet worden, ein gar ſchlimmes Ende genommen.

§. 5.

Nach dieſem dachten die Litthauer an alle die Jhrigen, die vor zwey Jahren
von den Rigiſchen und Semgalliern erſchlagen waren, und ſchickten durch ganz
Liefland, brachten eine ſtarke Armee auf die Beine, paßirten die Duͤne, und
kamen, nachdem ſie die ganze Nacht marſchiret waren, den heiligen Abend vor
Weihnachten nach Thoreide, gingen mit fruͤhem Tage uͤber die Coiwe, breiteten
ſich auf allen Doͤrfern aus, und weil ſie in ein Land kamen d), da das Geruͤchte von
ihrem Anzuge die Einwohner nicht vorher in Verfaſſung geſetzet, hieben ſie viele
nieder, und ſchlepten noch mehr in die Gefangenſchaft. Es waren aber eben am
Weihnachtstage zwey Prieſter in der Kirche zu Cubbeſele, welche fuͤr die Liven
Meſſe hielten, Johann Strick e) nemlich und Dietrich Rabbe mit ſeinem
Knechte. Als die erſte Meſſe aus war, und Johann ſchon die andre hielt, liefen
die Eingepfarrten, die von der ankommenden Armee Wind vernahmen, aus der
Kirche heraus, und einige, die ſich in die Schlupfloͤcher der Waͤlder verſteckten,
entkamen. Etliche die nach Hauſe eilten, wurden unterwegens gefangen; die mei-

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[60/0092] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, neuntes Jahr, dritten Theil von Liefland zu. Und weil er ſelbſt Liefland mit der voͤlligen Oberherſchaft und allen Rechten vom Kaiſer erhalten, ſo uͤberließ er ihnen auch ihr drittes Theil mit allen Rechten und der Oberherſchaft. Wegen der Laͤnder aber, die noch nicht erobert und bekehret waren, bedeutete er ſie ganz vernuͤnftig, daß er nicht geben koͤnte, was er ſelbſt nicht haͤtte. Wie ſie aber mit ihren Bitten immer ernſtlicher anhielten, zu rechter Zeit und zur Unzeit: ließ ers endlich an den roͤmiſchen Pabſt gelangen, der durch einen gleichen Beſcheid die noch nicht be- zwungenen Landſchaften GOtt anheim ſtelte, und ihnen blos von den eroberten den dritten Theil zuſprach. Dem Biſchof uͤber Liefland ward auch in ihrem Antheil das Viertel von den Zehnden gelaſſen, damit ſie als Vaſallen ihre Unter- thaͤnigkeit erwieſen c⁾ . Die Bruͤder der Ritterſchaft theilten alſo auf Erſuchen des Biſchofs Liefland in drey Theile, erkanten ihm aber, als Vater und Aelteſten, die erſte Wahl zu. Daher als der Herr Biſchof erſt fuͤr ſich des Caupo Gebiet, den Strich um Thoreida, nahm, ſuchten ſich die Bruͤder von der andern Seite der Goiwe die Provinz Saccala aus, und lieſſen auch fuͤr den Biſchof den dritten Theil in Metſepole uͤbrig. Wegen der andern Provinzen und Guͤter aber, (die nachher erobert wurden,) empfingen ſie durchgaͤngig aaf eine andre Art eine nachherige Verguͤtung. Nachdem Liefland ſo in Theilung gebracht, ſchickte der Biſchof Prieſter in ſeine Gegenden, und den Bruͤdern der Ritterſchaft uͤbertrug er auch nachher voͤllig, ihr Theil fuͤr ſich zu be- ſorgen. 1206 c⁾ Die paͤbſtliche Beſtaͤtigung iſt erſt 1210 erfolget, die wir an ihrem Orte ſehen werden. §. 4. Auch ward in dieſem Jahre Gottfried, einer von den walfahrenden Rittern, nach Thoreide verſchicket, das Amt eines Advocaten in weltlichen Rechten zu verwal- ten. Dieſer zog in den Kirchſpielen umher, ſchlichtete die Rechtsſachen und Streitigkei- ten der Leute, ſamlete ſich brav Geld und Geſchenke, brachte dem Biſchof nur weniges und behielt fuͤr ſich das meiſte. Hieruͤber wurden einige andere Pilger unwillig, er- brachen ſeinen Kaſten *) und fanden von den Diebsgeldern neunzehn Mark an Silber, ohne das viele andere, ſo er ſchon durchgebracht. Und weil er gottlos gehandelt, das Recht verdrehet, die Armen gedruͤcket, die Ungerechten losgeſpro- chen, die Neubekehrten ausgeſauget: ſo geſchahe es durch ein gerechtes Gerichte GOttes, daß er andern zum Schreck in ſolche Schande gerieth, und, wie uns nach- her berichtet worden, ein gar ſchlimmes Ende genommen. §. 5. Nach dieſem dachten die Litthauer an alle die Jhrigen, die vor zwey Jahren von den Rigiſchen und Semgalliern erſchlagen waren, und ſchickten durch ganz Liefland, brachten eine ſtarke Armee auf die Beine, paßirten die Duͤne, und kamen, nachdem ſie die ganze Nacht marſchiret waren, den heiligen Abend vor Weihnachten nach Thoreide, gingen mit fruͤhem Tage uͤber die Coiwe, breiteten ſich auf allen Doͤrfern aus, und weil ſie in ein Land kamen d⁾ , da das Geruͤchte von ihrem Anzuge die Einwohner nicht vorher in Verfaſſung geſetzet, hieben ſie viele nieder, und ſchlepten noch mehr in die Gefangenſchaft. Es waren aber eben am Weihnachtstage zwey Prieſter in der Kirche zu Cubbeſele, welche fuͤr die Liven Meſſe hielten, Johann Strick e⁾ nemlich und Dietrich Rabbe mit ſeinem Knechte. Als die erſte Meſſe aus war, und Johann ſchon die andre hielt, liefen die Eingepfarrten, die von der ankommenden Armee Wind vernahmen, aus der Kirche heraus, und einige, die ſich in die Schlupfloͤcher der Waͤlder verſteckten, entkamen. Etliche die nach Hauſe eilten, wurden unterwegens gefangen; die mei- ſten

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/92>, abgerufen am 29.03.2024.