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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, neuntes Jahr,
1206von dergleichen Beunruhigung nicht abstand; so machten sich des Daniels
Knechte bey Nachte auf, eileten mit ihrem Herrn schnel nach des Königs Schlosse,
kamen mit der Morgendämmerung hin, und fanden die, so unten im Schlosse wa-
ren, schlafen, anbey die Schildwache oben nicht gar wachsam. Sie kletterten also
in der Geschwindigkeit hinauf, erstiegen die Höhe der Vestung, begaben sich ins
Schloß, hatten aber das Herz nicht die Russen, weil sie den Namen der Chri-
sten
führten, todt zu machen, sondern droheten nur ihnen mit dem Schwerdte, und
jagten einige in die Flucht; andere nahmen sie vest und liessen sie schliessen. Unter
diesen fingen sie selbst den König mit, und legten ihn in die Eisen; schlepten alle
Habseligkeit im Schlosse auf einen Ort, bewachten sie fleißig, und riefen ihren
Herrn den Daniel, der in der Nähe war und nur wartete, wie es ablief,
zu sich. Er selbst aber verlangte den Rath des Bischofs über diese Begebenheit
einzuziehen, und schrieb alles an die Rigischen. Hierüber betrübte sich der Bi-
schof mit allen seinen Leuten, weil er mit dem Vorgegangenen übel zufrieden war,
und befahl den König wieder in seine Burg einzusetzen, und alle Güter wieder zu
geben. Er ließ auch den König vor sich kommen, beschenkte ihn reichlich mit Pfer-
den, verehrte ihm viel Paar kostbarer Kleider, bewirthete ihn mit allen seinen
Leuten das Osterfest gar freundlich, und wie er alle Mishelligkeit zwischen ihm und
dem Daniel beygeleget, schickte er ihn mit Freuden nach seinem Schlosse wieder
heim. Der Bischof dachte auch an sein Versprechen, was er ihm angelobet, als
er von ihm die Helfte seines Schlosses annahm, und schickte mit ihm zwanzig brave
Männer mit ihrem Gewehr und Pferden, Soldaten, Steinschützen und Mauermei-
ster das Schloß zu bevestigen, und es gegen einen Anlauf der Litthauer zu verthei-
digen, versahe sie auch in allem nach ihrem Behuf auf seine Kosten. Der König zog
mit frölichem Angesichte von ihnen, ob er gleich innerlich mit Betrug schwanger ging,
kehrte nach Kukenois und ließ den Bischof in Dünemünde, der seiner Ge-
wohnheit nach in Deutschland reisen wolte, um auf das folgende Jahr Pilger zu
werben. Denn die, so das Jahr ihrer Pilgrimschaft schon ausgedienet hatten,
stunden fertig nach Deutschland zurück zu gehen; GOtt aber trieb sie, nachdem
sie in Dunamunde schon lange gelegen, durch Gegenwind zurück und ließ sie
nicht aus.

§. 9.

Wie vorbesagter König aber in Kukenois ankam, und nicht zweifelte, die
Pilger würden mit dem Bischof schon abgesegelt seyn, er auch ganz gut wuste, daß
nur eine Handvol in Riga nachgeblieben: so konte er seine untreue Tücke nicht
länger im Herzen verborgen halten; sondern überlegte es mit seinen Leuten, war-
tete auf bequeme Zeit und Stunde, da fast alle Deutschen bey der Arbeit waren,
und zur Erbauung des Schlosses Steine aus einer Grube brachen, auch indessen
ihre Schwerdter und Gewehr oben auf der Grube abgeleget hatten, über dem von
dem König, als ihrem Herrn und Vater, sich nichts befürchteten. Und siehe! gleich
kamen die Knechte des Königs und alle seine Männer, nahmen den Deutschen
ihre Schwerdter und Waffen, und machten viele wehrlose und blosse, so in der Ar-
beit begriffen stunden, von ihnen nieder. Etliche davon entwichen, und flohen Tag
und Nacht durch nach Riga, wo sie nach ihrer Ankunft das Geschehene erzählten.
Es waren aber siebenzehn Mann geblieben, drey hatten mit der Flucht das Leben
gerettet, der übrigen Körper hatten sie in die Düne geworfen und den Rigischen
schwimmend wieder geschickt. Diese nun fischten die Leichname auf, so in dem
Dienst GOttes ihr Leben verloren, und begruben sie andächtig und mit Thränen.
Der verrätherische König schickte auch die besten Pferde der Deutschen, ihre
Mauerbrecher, Panzer und dergleichen an den Großkönig Woldemar k) nach
Moscau, bat ihn und überredete ihn, seine Armee zusammen zu ziehen, und je
eher je lieber zu kommen, um Riga wegzunehmen. Er ließ dabey sagen, es wä-
ren nur wenig Mann darin geblieben, die besten unter ihnen todgeschlagen, und
die andern mit dem Bischofe zurück gereiset. Der Bischof war indessen in Duna-

munde

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, neuntes Jahr,
1206von dergleichen Beunruhigung nicht abſtand; ſo machten ſich des Daniels
Knechte bey Nachte auf, eileten mit ihrem Herrn ſchnel nach des Koͤnigs Schloſſe,
kamen mit der Morgendaͤmmerung hin, und fanden die, ſo unten im Schloſſe wa-
ren, ſchlafen, anbey die Schildwache oben nicht gar wachſam. Sie kletterten alſo
in der Geſchwindigkeit hinauf, erſtiegen die Hoͤhe der Veſtung, begaben ſich ins
Schloß, hatten aber das Herz nicht die Ruſſen, weil ſie den Namen der Chri-
ſten
fuͤhrten, todt zu machen, ſondern droheten nur ihnen mit dem Schwerdte, und
jagten einige in die Flucht; andere nahmen ſie veſt und lieſſen ſie ſchlieſſen. Unter
dieſen fingen ſie ſelbſt den Koͤnig mit, und legten ihn in die Eiſen; ſchlepten alle
Habſeligkeit im Schloſſe auf einen Ort, bewachten ſie fleißig, und riefen ihren
Herrn den Daniel, der in der Naͤhe war und nur wartete, wie es ablief,
zu ſich. Er ſelbſt aber verlangte den Rath des Biſchofs uͤber dieſe Begebenheit
einzuziehen, und ſchrieb alles an die Rigiſchen. Hieruͤber betruͤbte ſich der Bi-
ſchof mit allen ſeinen Leuten, weil er mit dem Vorgegangenen uͤbel zufrieden war,
und befahl den Koͤnig wieder in ſeine Burg einzuſetzen, und alle Guͤter wieder zu
geben. Er ließ auch den Koͤnig vor ſich kommen, beſchenkte ihn reichlich mit Pfer-
den, verehrte ihm viel Paar koſtbarer Kleider, bewirthete ihn mit allen ſeinen
Leuten das Oſterfeſt gar freundlich, und wie er alle Mishelligkeit zwiſchen ihm und
dem Daniel beygeleget, ſchickte er ihn mit Freuden nach ſeinem Schloſſe wieder
heim. Der Biſchof dachte auch an ſein Verſprechen, was er ihm angelobet, als
er von ihm die Helfte ſeines Schloſſes annahm, und ſchickte mit ihm zwanzig brave
Maͤnner mit ihrem Gewehr und Pferden, Soldaten, Steinſchuͤtzen und Mauermei-
ſter das Schloß zu beveſtigen, und es gegen einen Anlauf der Litthauer zu verthei-
digen, verſahe ſie auch in allem nach ihrem Behuf auf ſeine Koſten. Der Koͤnig zog
mit froͤlichem Angeſichte von ihnen, ob er gleich innerlich mit Betrug ſchwanger ging,
kehrte nach Kukenois und ließ den Biſchof in Duͤnemuͤnde, der ſeiner Ge-
wohnheit nach in Deutſchland reiſen wolte, um auf das folgende Jahr Pilger zu
werben. Denn die, ſo das Jahr ihrer Pilgrimſchaft ſchon ausgedienet hatten,
ſtunden fertig nach Deutſchland zuruͤck zu gehen; GOtt aber trieb ſie, nachdem
ſie in Dunamunde ſchon lange gelegen, durch Gegenwind zuruͤck und ließ ſie
nicht aus.

§. 9.

Wie vorbeſagter Koͤnig aber in Kukenois ankam, und nicht zweifelte, die
Pilger wuͤrden mit dem Biſchof ſchon abgeſegelt ſeyn, er auch ganz gut wuſte, daß
nur eine Handvol in Riga nachgeblieben: ſo konte er ſeine untreue Tuͤcke nicht
laͤnger im Herzen verborgen halten; ſondern uͤberlegte es mit ſeinen Leuten, war-
tete auf bequeme Zeit und Stunde, da faſt alle Deutſchen bey der Arbeit waren,
und zur Erbauung des Schloſſes Steine aus einer Grube brachen, auch indeſſen
ihre Schwerdter und Gewehr oben auf der Grube abgeleget hatten, uͤber dem von
dem Koͤnig, als ihrem Herrn und Vater, ſich nichts befuͤrchteten. Und ſiehe! gleich
kamen die Knechte des Koͤnigs und alle ſeine Maͤnner, nahmen den Deutſchen
ihre Schwerdter und Waffen, und machten viele wehrloſe und bloſſe, ſo in der Ar-
beit begriffen ſtunden, von ihnen nieder. Etliche davon entwichen, und flohen Tag
und Nacht durch nach Riga, wo ſie nach ihrer Ankunft das Geſchehene erzaͤhlten.
Es waren aber ſiebenzehn Mann geblieben, drey hatten mit der Flucht das Leben
gerettet, der uͤbrigen Koͤrper hatten ſie in die Duͤne geworfen und den Rigiſchen
ſchwimmend wieder geſchickt. Dieſe nun fiſchten die Leichname auf, ſo in dem
Dienſt GOttes ihr Leben verloren, und begruben ſie andaͤchtig und mit Thraͤnen.
Der verraͤtheriſche Koͤnig ſchickte auch die beſten Pferde der Deutſchen, ihre
Mauerbrecher, Panzer und dergleichen an den Großkoͤnig Woldemar k) nach
Moſcau, bat ihn und uͤberredete ihn, ſeine Armee zuſammen zu ziehen, und je
eher je lieber zu kommen, um Riga wegzunehmen. Er ließ dabey ſagen, es waͤ-
ren nur wenig Mann darin geblieben, die beſten unter ihnen todgeſchlagen, und
die andern mit dem Biſchofe zuruͤck gereiſet. Der Biſchof war indeſſen in Duna-

munde
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[64/0096] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, neuntes Jahr, von dergleichen Beunruhigung nicht abſtand; ſo machten ſich des Daniels Knechte bey Nachte auf, eileten mit ihrem Herrn ſchnel nach des Koͤnigs Schloſſe, kamen mit der Morgendaͤmmerung hin, und fanden die, ſo unten im Schloſſe wa- ren, ſchlafen, anbey die Schildwache oben nicht gar wachſam. Sie kletterten alſo in der Geſchwindigkeit hinauf, erſtiegen die Hoͤhe der Veſtung, begaben ſich ins Schloß, hatten aber das Herz nicht die Ruſſen, weil ſie den Namen der Chri- ſten fuͤhrten, todt zu machen, ſondern droheten nur ihnen mit dem Schwerdte, und jagten einige in die Flucht; andere nahmen ſie veſt und lieſſen ſie ſchlieſſen. Unter dieſen fingen ſie ſelbſt den Koͤnig mit, und legten ihn in die Eiſen; ſchlepten alle Habſeligkeit im Schloſſe auf einen Ort, bewachten ſie fleißig, und riefen ihren Herrn den Daniel, der in der Naͤhe war und nur wartete, wie es ablief, zu ſich. Er ſelbſt aber verlangte den Rath des Biſchofs uͤber dieſe Begebenheit einzuziehen, und ſchrieb alles an die Rigiſchen. Hieruͤber betruͤbte ſich der Bi- ſchof mit allen ſeinen Leuten, weil er mit dem Vorgegangenen uͤbel zufrieden war, und befahl den Koͤnig wieder in ſeine Burg einzuſetzen, und alle Guͤter wieder zu geben. Er ließ auch den Koͤnig vor ſich kommen, beſchenkte ihn reichlich mit Pfer- den, verehrte ihm viel Paar koſtbarer Kleider, bewirthete ihn mit allen ſeinen Leuten das Oſterfeſt gar freundlich, und wie er alle Mishelligkeit zwiſchen ihm und dem Daniel beygeleget, ſchickte er ihn mit Freuden nach ſeinem Schloſſe wieder heim. Der Biſchof dachte auch an ſein Verſprechen, was er ihm angelobet, als er von ihm die Helfte ſeines Schloſſes annahm, und ſchickte mit ihm zwanzig brave Maͤnner mit ihrem Gewehr und Pferden, Soldaten, Steinſchuͤtzen und Mauermei- ſter das Schloß zu beveſtigen, und es gegen einen Anlauf der Litthauer zu verthei- digen, verſahe ſie auch in allem nach ihrem Behuf auf ſeine Koſten. Der Koͤnig zog mit froͤlichem Angeſichte von ihnen, ob er gleich innerlich mit Betrug ſchwanger ging, kehrte nach Kukenois und ließ den Biſchof in Duͤnemuͤnde, der ſeiner Ge- wohnheit nach in Deutſchland reiſen wolte, um auf das folgende Jahr Pilger zu werben. Denn die, ſo das Jahr ihrer Pilgrimſchaft ſchon ausgedienet hatten, ſtunden fertig nach Deutſchland zuruͤck zu gehen; GOtt aber trieb ſie, nachdem ſie in Dunamunde ſchon lange gelegen, durch Gegenwind zuruͤck und ließ ſie nicht aus. 1206 §. 9. Wie vorbeſagter Koͤnig aber in Kukenois ankam, und nicht zweifelte, die Pilger wuͤrden mit dem Biſchof ſchon abgeſegelt ſeyn, er auch ganz gut wuſte, daß nur eine Handvol in Riga nachgeblieben: ſo konte er ſeine untreue Tuͤcke nicht laͤnger im Herzen verborgen halten; ſondern uͤberlegte es mit ſeinen Leuten, war- tete auf bequeme Zeit und Stunde, da faſt alle Deutſchen bey der Arbeit waren, und zur Erbauung des Schloſſes Steine aus einer Grube brachen, auch indeſſen ihre Schwerdter und Gewehr oben auf der Grube abgeleget hatten, uͤber dem von dem Koͤnig, als ihrem Herrn und Vater, ſich nichts befuͤrchteten. Und ſiehe! gleich kamen die Knechte des Koͤnigs und alle ſeine Maͤnner, nahmen den Deutſchen ihre Schwerdter und Waffen, und machten viele wehrloſe und bloſſe, ſo in der Ar- beit begriffen ſtunden, von ihnen nieder. Etliche davon entwichen, und flohen Tag und Nacht durch nach Riga, wo ſie nach ihrer Ankunft das Geſchehene erzaͤhlten. Es waren aber ſiebenzehn Mann geblieben, drey hatten mit der Flucht das Leben gerettet, der uͤbrigen Koͤrper hatten ſie in die Duͤne geworfen und den Rigiſchen ſchwimmend wieder geſchickt. Dieſe nun fiſchten die Leichname auf, ſo in dem Dienſt GOttes ihr Leben verloren, und begruben ſie andaͤchtig und mit Thraͤnen. Der verraͤtheriſche Koͤnig ſchickte auch die beſten Pferde der Deutſchen, ihre Mauerbrecher, Panzer und dergleichen an den Großkoͤnig Woldemar k⁾ nach Moſcau, bat ihn und uͤberredete ihn, ſeine Armee zuſammen zu ziehen, und je eher je lieber zu kommen, um Riga wegzunehmen. Er ließ dabey ſagen, es waͤ- ren nur wenig Mann darin geblieben, die beſten unter ihnen todgeſchlagen, und die andern mit dem Biſchofe zuruͤck gereiſet. Der Biſchof war indeſſen in Duna- munde

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/96>, abgerufen am 29.03.2024.