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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Erzb. Thom. Schöning. zur Zeit der Reg. Herman v. Brüggeney.

Am Michaelistage unterschrieben der Erzbischof, sein Coadiutor, die übri-1537
gen Bischöfe samt dem Ordensmeister und dem Landmarschal zu Wolmer einen
Reces, in welchem sie sich zur Ehre GOttes verbindlich machen, die Kirchen im bau-
lichen Wesen zu erhalten, selbige mit tauglichen Personen zu besetzen, alle Untu-
genden abzuschaffen und unter sich Friede und Einigkeit zu halten. Der fellin-
sche
vor 3 Jahren geschlossene Reces wird zum Grunde gelegt. Jeder Stand
behält das freie Wahlrecht. Die Kleiderbulle und der kirchholmische Vertrag
bleiben in ihren Würden. Die Geistlichen dürfen ihre Güter an keine weltliche
Hand bringen; keiner ohne der Stände Mitwissen Krieg anfangen; Fischwerk,
Ochsen, Pferde und allerley Proviant sol nicht zum Nachtheil des Landes nach
Deutschland, Rußland oder Litthauen verführet werden; niemand sol bey
Verlust seiner Waaren einen ungewöhnlichen Weg reisen, oder ungewöhnliche
Krüge halten. Bauren und Undeutsche sollen mit der Käuferey nichts zu thun
haben; kein Bauer darf Geld auf die Hand nehmen, Waaren aufzukaufen. Die
Erbbauren werden von den Herrschaften ausgeantwortet. Weil endlich der Marg-
graf sich mit in diese Vereinigung begeben, so versehe er sich des Besten, daß wie
er gegen die Stände, also auch die Stände gegen ihn allen Verdacht und Arg-
wohn werden fahren lassen.

Am Sonnabend nach heil. drey Könige schickte Brüggeney den Landmar-1538
schal Heinrich von Galen, den vellinschen Comtur Joh. von der Recke, den
Vogt zu Jerwen Heinrich von Teile, die Herren Joh. von Brockhorst,
Hartwich Plater, Peter Robel
und Wolter von Plettenberg als Com-
missarien nach Estland, die zu Weissenstein einen Vergleich zwischen der Rit-
ter- und Bürgerschaft in Revel trafen. Der revelsche Comtur hatte Andreas
Deken
und seine Söhne auf Befehl des Ordensmeisters in Bestrickung genom-
men, welches der Adel dem revelschen Rath zur Last legte, und daher drohete
die Bürger in Stücken zu zerhauen. Beide Theile erklärten sich zur gemeinschaft-
lichen Befriedigung, welche von dem Ordensmeister, Montags nach Mariä Em-
pfängnis, zu Wolmer ihre Bestätigung erhielt. Und in einem besondern Gesetze
ward die Lästerung der hohen Obrigkeit aufs härteste verboten.

Am
gefallenen Beschimpfung und Vorenthaltung der entlaufenen Bauren, sagten die Bür-
ger zu ihrer Verantwortung, daß der Adel den Anfang gemacht, und ihre Stadt ei-
nem jeden Nothleidenden und Flüchtigen offen stünde. Brüggeney traf endlich zu bei-
der Theile ziemlichem Vergnügen die Verfügung, daß der Adel sein Korn so lange bey
den Kaufleuten aufschütten könne, bis er seinen Vortheil ersehe. Das Thor wo Uxkül
enthauptet worden, ward vermauret, und sol der Comtur künftig die Untersuchung hal-
ten, wenn ein Bauer dem Edelman das Geleite sperret. Jn theuren Zeiten wird kein
Korn verführet; die Ritterschaft enthält sich des bürgerlichen Handels, kan aber doch
ihr Korn für baar Geld den Holländern in die Schiffe liefern, und sich mit allerley
nothdürftigen Dingen für Haus und Hof versehen. Die Bauren, die zu Lande Noth-
wehr gethan, geniessen in der Stadt gleiches Recht, aber andre muthwillige Todschlä-
ger erwarten das Ebentheur des Rechts. Die Kleinodien, Gesetze und Eigenthum des
abgebranten Mönchsklosters werden der kaiserlichen Reformation überlassen, wie auf
dem Reichstage zu Regenspurg beschlossen worden. Die Klosterjungfrauen geniessen
bey der Stadt auf Vorbitte der Ritterschaft die alten Privilegien und halten ihren Got-
tesdienst bis zum nechstkünftigen General- oder National-Concilio, dagegen sie sich
auch in ihrem Kloster nach ihren jungfräulichen Gelübden züchtig und tugendsam oh-
ne Tappen und Schnappen bezeigen, und zum Aergernis oder Vorfang der Stadt
keine Leute des Abends zur Arbeit einnehmen, worüber der Vogt die Aufsicht hat.
Der Raum im Domberge vor der Pforte wird der Ritterschaft zuerkant. Dis wären
die wichtigsten unter den 18 Artikeln, die am Johannisabend unterzeichnet worden.
Doch war hiermit der alte Grol nicht gleich getilget, ob schon beide Theile das Ge-
schehene zu vergessen angelobten.
hens wiederum zusammen brachte, so mehrentheils nicht ohne Blutvergiessen abgieng, daher auch
der alte Rosenstrauch klaget, daß sein Erzbischof nie was rechts mit den Rigischen ausrichten
können.
F f f 2
Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Herman v. Bruͤggeney.

Am Michaelistage unterſchrieben der Erzbiſchof, ſein Coadiutor, die uͤbri-1537
gen Biſchoͤfe ſamt dem Ordensmeiſter und dem Landmarſchal zu Wolmer einen
Reces, in welchem ſie ſich zur Ehre GOttes verbindlich machen, die Kirchen im bau-
lichen Weſen zu erhalten, ſelbige mit tauglichen Perſonen zu beſetzen, alle Untu-
genden abzuſchaffen und unter ſich Friede und Einigkeit zu halten. Der fellin-
ſche
vor 3 Jahren geſchloſſene Reces wird zum Grunde gelegt. Jeder Stand
behaͤlt das freie Wahlrecht. Die Kleiderbulle und der kirchholmiſche Vertrag
bleiben in ihren Wuͤrden. Die Geiſtlichen duͤrfen ihre Guͤter an keine weltliche
Hand bringen; keiner ohne der Staͤnde Mitwiſſen Krieg anfangen; Fiſchwerk,
Ochſen, Pferde und allerley Proviant ſol nicht zum Nachtheil des Landes nach
Deutſchland, Rußland oder Litthauen verfuͤhret werden; niemand ſol bey
Verluſt ſeiner Waaren einen ungewoͤhnlichen Weg reiſen, oder ungewoͤhnliche
Kruͤge halten. Bauren und Undeutſche ſollen mit der Kaͤuferey nichts zu thun
haben; kein Bauer darf Geld auf die Hand nehmen, Waaren aufzukaufen. Die
Erbbauren werden von den Herrſchaften ausgeantwortet. Weil endlich der Marg-
graf ſich mit in dieſe Vereinigung begeben, ſo verſehe er ſich des Beſten, daß wie
er gegen die Staͤnde, alſo auch die Staͤnde gegen ihn allen Verdacht und Arg-
wohn werden fahren laſſen.

Am Sonnabend nach heil. drey Koͤnige ſchickte Bruͤggeney den Landmar-1538
ſchal Heinrich von Galen, den vellinſchen Comtur Joh. von der Recke, den
Vogt zu Jerwen Heinrich von Teile, die Herren Joh. von Brockhorſt,
Hartwich Plater, Peter Robel
und Wolter von Plettenberg als Com-
miſſarien nach Eſtland, die zu Weiſſenſtein einen Vergleich zwiſchen der Rit-
ter- und Buͤrgerſchaft in Revel trafen. Der revelſche Comtur hatte Andreas
Deken
und ſeine Soͤhne auf Befehl des Ordensmeiſters in Beſtrickung genom-
men, welches der Adel dem revelſchen Rath zur Laſt legte, und daher drohete
die Buͤrger in Stuͤcken zu zerhauen. Beide Theile erklaͤrten ſich zur gemeinſchaft-
lichen Befriedigung, welche von dem Ordensmeiſter, Montags nach Mariaͤ Em-
pfaͤngnis, zu Wolmer ihre Beſtaͤtigung erhielt. Und in einem beſondern Geſetze
ward die Laͤſterung der hohen Obrigkeit aufs haͤrteſte verboten.

Am
gefallenen Beſchimpfung und Vorenthaltung der entlaufenen Bauren, ſagten die Buͤr-
ger zu ihrer Verantwortung, daß der Adel den Anfang gemacht, und ihre Stadt ei-
nem jeden Nothleidenden und Fluͤchtigen offen ſtuͤnde. Bruͤggeney traf endlich zu bei-
der Theile ziemlichem Vergnuͤgen die Verfuͤgung, daß der Adel ſein Korn ſo lange bey
den Kaufleuten aufſchuͤtten koͤnne, bis er ſeinen Vortheil erſehe. Das Thor wo Uxkuͤl
enthauptet worden, ward vermauret, und ſol der Comtur kuͤnftig die Unterſuchung hal-
ten, wenn ein Bauer dem Edelman das Geleite ſperret. Jn theuren Zeiten wird kein
Korn verfuͤhret; die Ritterſchaft enthaͤlt ſich des buͤrgerlichen Handels, kan aber doch
ihr Korn fuͤr baar Geld den Hollaͤndern in die Schiffe liefern, und ſich mit allerley
nothduͤrftigen Dingen fuͤr Haus und Hof verſehen. Die Bauren, die zu Lande Noth-
wehr gethan, genieſſen in der Stadt gleiches Recht, aber andre muthwillige Todſchlaͤ-
ger erwarten das Ebentheur des Rechts. Die Kleinodien, Geſetze und Eigenthum des
abgebranten Moͤnchskloſters werden der kaiſerlichen Reformation uͤberlaſſen, wie auf
dem Reichstage zu Regenſpurg beſchloſſen worden. Die Kloſterjungfrauen genieſſen
bey der Stadt auf Vorbitte der Ritterſchaft die alten Privilegien und halten ihren Got-
tesdienſt bis zum nechſtkuͤnftigen General- oder National-Concilio, dagegen ſie ſich
auch in ihrem Kloſter nach ihren jungfraͤulichen Geluͤbden zuͤchtig und tugendſam oh-
ne Tappen und Schnappen bezeigen, und zum Aergernis oder Vorfang der Stadt
keine Leute des Abends zur Arbeit einnehmen, woruͤber der Vogt die Aufſicht hat.
Der Raum im Domberge vor der Pforte wird der Ritterſchaft zuerkant. Dis waͤren
die wichtigſten unter den 18 Artikeln, die am Johannisabend unterzeichnet worden.
Doch war hiermit der alte Grol nicht gleich getilget, ob ſchon beide Theile das Ge-
ſchehene zu vergeſſen angelobten.
hens wiederum zuſammen brachte, ſo mehrentheils nicht ohne Blutvergieſſen abgieng, daher auch
der alte Roſenſtrauch klaget, daß ſein Erzbiſchof nie was rechts mit den Rigiſchen ausrichten
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[207/0225] Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Herman v. Bruͤggeney. Am Michaelistage unterſchrieben der Erzbiſchof, ſein Coadiutor, die uͤbri- gen Biſchoͤfe ſamt dem Ordensmeiſter und dem Landmarſchal zu Wolmer einen Reces, in welchem ſie ſich zur Ehre GOttes verbindlich machen, die Kirchen im bau- lichen Weſen zu erhalten, ſelbige mit tauglichen Perſonen zu beſetzen, alle Untu- genden abzuſchaffen und unter ſich Friede und Einigkeit zu halten. Der fellin- ſche vor 3 Jahren geſchloſſene Reces wird zum Grunde gelegt. Jeder Stand behaͤlt das freie Wahlrecht. Die Kleiderbulle und der kirchholmiſche Vertrag bleiben in ihren Wuͤrden. Die Geiſtlichen duͤrfen ihre Guͤter an keine weltliche Hand bringen; keiner ohne der Staͤnde Mitwiſſen Krieg anfangen; Fiſchwerk, Ochſen, Pferde und allerley Proviant ſol nicht zum Nachtheil des Landes nach Deutſchland, Rußland oder Litthauen verfuͤhret werden; niemand ſol bey Verluſt ſeiner Waaren einen ungewoͤhnlichen Weg reiſen, oder ungewoͤhnliche Kruͤge halten. Bauren und Undeutſche ſollen mit der Kaͤuferey nichts zu thun haben; kein Bauer darf Geld auf die Hand nehmen, Waaren aufzukaufen. Die Erbbauren werden von den Herrſchaften ausgeantwortet. Weil endlich der Marg- graf ſich mit in dieſe Vereinigung begeben, ſo verſehe er ſich des Beſten, daß wie er gegen die Staͤnde, alſo auch die Staͤnde gegen ihn allen Verdacht und Arg- wohn werden fahren laſſen. 1537 Am Sonnabend nach heil. drey Koͤnige ſchickte Bruͤggeney den Landmar- ſchal Heinrich von Galen, den vellinſchen Comtur Joh. von der Recke, den Vogt zu Jerwen Heinrich von Teile, die Herren Joh. von Brockhorſt, Hartwich Plater, Peter Robel und Wolter von Plettenberg als Com- miſſarien nach Eſtland, die zu Weiſſenſtein einen Vergleich zwiſchen der Rit- ter- und Buͤrgerſchaft in Revel trafen. Der revelſche Comtur hatte Andreas Deken und ſeine Soͤhne auf Befehl des Ordensmeiſters in Beſtrickung genom- men, welches der Adel dem revelſchen Rath zur Laſt legte, und daher drohete die Buͤrger in Stuͤcken zu zerhauen. Beide Theile erklaͤrten ſich zur gemeinſchaft- lichen Befriedigung, welche von dem Ordensmeiſter, Montags nach Mariaͤ Em- pfaͤngnis, zu Wolmer ihre Beſtaͤtigung erhielt. Und in einem beſondern Geſetze ward die Laͤſterung der hohen Obrigkeit aufs haͤrteſte verboten. 1538 Am b) *) b) gefallenen Beſchimpfung und Vorenthaltung der entlaufenen Bauren, ſagten die Buͤr- ger zu ihrer Verantwortung, daß der Adel den Anfang gemacht, und ihre Stadt ei- nem jeden Nothleidenden und Fluͤchtigen offen ſtuͤnde. Bruͤggeney traf endlich zu bei- der Theile ziemlichem Vergnuͤgen die Verfuͤgung, daß der Adel ſein Korn ſo lange bey den Kaufleuten aufſchuͤtten koͤnne, bis er ſeinen Vortheil erſehe. Das Thor wo Uxkuͤl enthauptet worden, ward vermauret, und ſol der Comtur kuͤnftig die Unterſuchung hal- ten, wenn ein Bauer dem Edelman das Geleite ſperret. Jn theuren Zeiten wird kein Korn verfuͤhret; die Ritterſchaft enthaͤlt ſich des buͤrgerlichen Handels, kan aber doch ihr Korn fuͤr baar Geld den Hollaͤndern in die Schiffe liefern, und ſich mit allerley nothduͤrftigen Dingen fuͤr Haus und Hof verſehen. Die Bauren, die zu Lande Noth- wehr gethan, genieſſen in der Stadt gleiches Recht, aber andre muthwillige Todſchlaͤ- ger erwarten das Ebentheur des Rechts. Die Kleinodien, Geſetze und Eigenthum des abgebranten Moͤnchskloſters werden der kaiſerlichen Reformation uͤberlaſſen, wie auf dem Reichstage zu Regenſpurg beſchloſſen worden. Die Kloſterjungfrauen genieſſen bey der Stadt auf Vorbitte der Ritterſchaft die alten Privilegien und halten ihren Got- tesdienſt bis zum nechſtkuͤnftigen General- oder National-Concilio, dagegen ſie ſich auch in ihrem Kloſter nach ihren jungfraͤulichen Geluͤbden zuͤchtig und tugendſam oh- ne Tappen und Schnappen bezeigen, und zum Aergernis oder Vorfang der Stadt keine Leute des Abends zur Arbeit einnehmen, woruͤber der Vogt die Aufſicht hat. Der Raum im Domberge vor der Pforte wird der Ritterſchaft zuerkant. Dis waͤren die wichtigſten unter den 18 Artikeln, die am Johannisabend unterzeichnet worden. Doch war hiermit der alte Grol nicht gleich getilget, ob ſchon beide Theile das Ge- ſchehene zu vergeſſen angelobten. *) hens wiederum zuſammen brachte, ſo mehrentheils nicht ohne Blutvergieſſen abgieng, daher auch der alte Roſenſtrauch klaget, daß ſein Erzbiſchof nie was rechts mit den Rigiſchen ausrichten koͤnnen. F f f 2

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/225>, abgerufen am 29.03.2024.