Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1261den Hals gezogen. Er war erstlich Comthur zu Königsberg, und bauete auf
gemeinschaftliche Kosten der Preussen und Liefländer ein Schlos auf dem
Berge des heiligen Georgs, im Carsauischen Gebiete in Curland, b) wel-
ches auch nachher eine Gelegenheit zu seinem Tode geworden.

Seine erste Besichtigung der Schlösser in Curland, wohin er sich mit 40
Ordensbrüdern und 500 Reutern begeben hatte, lief sehr mislich ab, indem ihm die
versteckten Litthauer und Samogiten aufpasten; worauf er nach einem hitzigen
Gefechte, mit Verlust von 20 Brüdern, selbst stark verwundet, seine Zuflucht nach
Memel nahm. Er befeligte hierauf Bernhard von Zewen, mit der ganzen
liefländischen Macht aufzubrechen, welcher auch schon auf dem Schlachtfelde
stand, als eben durch Vermittelung des rigischen Erzbischofs Albert ein zwei-
jähriger Stilstand ausgerufen wurde, indem Albert für sein neuerbautes Ron-
neburg
so wol, als Myndows fetter Schenkung halber bange war, und dem
Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute.

Der Erzbischof Albert überlies der Stadt Riga das an der Rodenpoy-
ser
See gelegene Haus, so die Bürger bisher im Bau erhalten: doch sol die of-
fentliche Glocke darinne abgeschaffet werden. Die 3 beeideten Personen, so die ri-
gische
Stadtmark besorgen, legen und bessern die Brücke, und haben über die
daran stossenden Aecker und Wiesen die Aufsicht.

Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemeinschaft-
liches Ansuchen der Parochialien bey St. Jacob die Freyheit, eine Mauer gerade
durchs Kloster, durch alle alte Gebäude zu ziehen, und die Fenster bequemer an-
zulegen, nur an der Löbe (Lobia) und Thüren mus nichts geändert werden, da-
für sie die alten Gebäude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzuschaf-
fen versprechen. Riga am 14 August.

1262

Peter von Duisburg meldet uns bey diesem Jahre einen Handel mit den
Samländern. Die königsbergischen Ordensbrüder getraueten sich nicht al-
lein die Gegend von Bethen anzugreifen. Denn es wohnten wilde Menschen
da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmeister in
Liefland, gemeinschaftliche Sache mit ihnen zu machen, bestimten ihm auch
Tag und Ort zum Treffen. Die Königsberger kamen, sahen aber keine Lief-
länder.
Sie wurden daher übermannet nnd zum Weichen genöthiget. Eben
da es ans Laufen gehen solte, rückte das Heer der liefländischen Brüder an, die
alle grosse und schöne Sattelpferde bey sich hatten. Hierauf wandten sich die
Königsberger, erlegten alle Manschaft mit der Schärfe des Schwerdts, nah-
men Weib und Kinder gefangen, und steckten Dörfer und Hütten in Brand.

1263

Wilhelm, Abt in Dünemünde, Cistercienserordens, macht sich
anheischig, die Stelle seines Klosters und dessen Länder von der Semgallen
Aa
an, bis an den Flus Thoraida,*) ohne des rigischen Magistrats Vor-
wissen niemals weder durch Tausch noch Verkauf zu veräussern, noch auch in die-

sen
Burgard Horsnusen. Sein Antritsjahr geben die Geschichtschreiber eben so ver-
worren an, als das Abdankungsjahr seines Vorgängers.
Pudicus fast vertilget habe. Michov lib. II c. 14 beschreibet sie als Barbaren, die ihre eigene
Sprache gebraucht, und an den littauischen Grenzen neben Mazovien gewohnet. Nach Cro-
mern
ist diese wilde Nation, weil sie keine Begnadigung annehmen wollen, gänzlich aufgerieben,
doch sollen an der Theis in Ungern zu seiner Zeit noch einige Ueberbleibsel von ihnen vorhanden
gewesen seyn.
b) Dieses Schlos auf dem St. Jürgensberge lag in der Gegend von Dobeln, und ist uns
wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schriftsteller bekant geworden. Weil
es in Carsow gelegen, so hat es wol auch das Schlos Kersaw heissen können,
welcher Name beim Russow vorkommt. Doch Kersaw wurde bald zerstöhret.
*) Thoraida heist hier derjenige Flus, den die Letten Gauje, die Liven Thoraida, die Deut-
schen Aa
nennen. Die alte heidnische Burg hies auch Thoraida, das Schlos der deutschen
Treyden,
dafür die Bauren noch Turreda sprechen. Thoraida bedeutet ebenfals Thor hilf,
als Tharawita. Es wird aber deswegen niemand die alten Liven für Gallier halten, wenn
Aita aider, Kuck coq, Mois, meisa, maison und dergleichen mit einander verwandt zu seyn
scheinen.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1261den Hals gezogen. Er war erſtlich Comthur zu Koͤnigsberg, und bauete auf
gemeinſchaftliche Koſten der Preuſſen und Lieflaͤnder ein Schlos auf dem
Berge des heiligen Georgs, im Carſauiſchen Gebiete in Curland, b) wel-
ches auch nachher eine Gelegenheit zu ſeinem Tode geworden.

Seine erſte Beſichtigung der Schloͤſſer in Curland, wohin er ſich mit 40
Ordensbruͤdern und 500 Reutern begeben hatte, lief ſehr mislich ab, indem ihm die
verſteckten Litthauer und Samogiten aufpaſten; worauf er nach einem hitzigen
Gefechte, mit Verluſt von 20 Bruͤdern, ſelbſt ſtark verwundet, ſeine Zuflucht nach
Memel nahm. Er befeligte hierauf Bernhard von Zewen, mit der ganzen
lieflaͤndiſchen Macht aufzubrechen, welcher auch ſchon auf dem Schlachtfelde
ſtand, als eben durch Vermittelung des rigiſchen Erzbiſchofs Albert ein zwei-
jaͤhriger Stilſtand ausgerufen wurde, indem Albert fuͤr ſein neuerbautes Ron-
neburg
ſo wol, als Myndows fetter Schenkung halber bange war, und dem
Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute.

Der Erzbiſchof Albert uͤberlies der Stadt Riga das an der Rodenpoy-
ſer
See gelegene Haus, ſo die Buͤrger bisher im Bau erhalten: doch ſol die of-
fentliche Glocke darinne abgeſchaffet werden. Die 3 beeideten Perſonen, ſo die ri-
giſche
Stadtmark beſorgen, legen und beſſern die Bruͤcke, und haben uͤber die
daran ſtoſſenden Aecker und Wieſen die Aufſicht.

Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemeinſchaft-
liches Anſuchen der Parochialien bey St. Jacob die Freyheit, eine Mauer gerade
durchs Kloſter, durch alle alte Gebaͤude zu ziehen, und die Fenſter bequemer an-
zulegen, nur an der Loͤbe (Lobia) und Thuͤren mus nichts geaͤndert werden, da-
fuͤr ſie die alten Gebaͤude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzuſchaf-
fen verſprechen. Riga am 14 Auguſt.

1262

Peter von Duisburg meldet uns bey dieſem Jahre einen Handel mit den
Samlaͤndern. Die koͤnigsbergiſchen Ordensbruͤder getraueten ſich nicht al-
lein die Gegend von Bethen anzugreifen. Denn es wohnten wilde Menſchen
da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmeiſter in
Liefland, gemeinſchaftliche Sache mit ihnen zu machen, beſtimten ihm auch
Tag und Ort zum Treffen. Die Koͤnigsberger kamen, ſahen aber keine Lief-
laͤnder.
Sie wurden daher uͤbermannet nnd zum Weichen genoͤthiget. Eben
da es ans Laufen gehen ſolte, ruͤckte das Heer der lieflaͤndiſchen Bruͤder an, die
alle groſſe und ſchoͤne Sattelpferde bey ſich hatten. Hierauf wandten ſich die
Koͤnigsberger, erlegten alle Manſchaft mit der Schaͤrfe des Schwerdts, nah-
men Weib und Kinder gefangen, und ſteckten Doͤrfer und Huͤtten in Brand.

1263

Wilhelm, Abt in Duͤnemuͤnde, Ciſtercienſerordens, macht ſich
anheiſchig, die Stelle ſeines Kloſters und deſſen Laͤnder von der Semgallen
Aa
an, bis an den Flus Thoraida,*) ohne des rigiſchen Magiſtrats Vor-
wiſſen niemals weder durch Tauſch noch Verkauf zu veraͤuſſern, noch auch in die-

ſen
Burgard Horsnuſen. Sein Antritsjahr geben die Geſchichtſchreiber eben ſo ver-
worren an, als das Abdankungsjahr ſeines Vorgaͤngers.
Pudicus faſt vertilget habe. Michov lib. II c. 14 beſchreibet ſie als Barbaren, die ihre eigene
Sprache gebraucht, und an den littauiſchen Grenzen neben Mazovien gewohnet. Nach Cro-
mern
iſt dieſe wilde Nation, weil ſie keine Begnadigung annehmen wollen, gaͤnzlich aufgerieben,
doch ſollen an der Theis in Ungern zu ſeiner Zeit noch einige Ueberbleibſel von ihnen vorhanden
geweſen ſeyn.
b) Dieſes Schlos auf dem St. Juͤrgensberge lag in der Gegend von Dobeln, und iſt uns
wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schriftſteller bekant geworden. Weil
es in Carſow gelegen, ſo hat es wol auch das Schlos Kerſaw heiſſen koͤnnen,
welcher Name beim Ruſſow vorkommt. Doch Kerſaw wurde bald zerſtoͤhret.
*) Thoraida heiſt hier derjenige Flus, den die Letten Gauje, die Liven Thoraida, die Deut-
ſchen Aa
nennen. Die alte heidniſche Burg hies auch Thoraida, das Schlos der deutſchen
Treyden,
dafuͤr die Bauren noch Turreda ſprechen. Thoraida bedeutet ebenfals Thor hilf,
als Tharawita. Es wird aber deswegen niemand die alten Liven fuͤr Gallier halten, wenn
Aita aider, Kuck coq, Mois, meiſa, maiſon und dergleichen mit einander verwandt zu ſeyn
ſcheinen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben und Thaten der liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ordensmei&#x017F;ter,</hi></fw><lb/><note place="left">1261</note>den Hals gezogen. Er war er&#x017F;tlich Comthur zu <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;nigsberg,</hi> und bauete auf<lb/>
gemein&#x017F;chaftliche Ko&#x017F;ten der <hi rendition="#fr">Preu&#x017F;&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">Liefla&#x0364;nder</hi> ein Schlos auf dem<lb/>
Berge des heiligen <hi rendition="#fr">Georgs,</hi> im <hi rendition="#fr">Car&#x017F;aui&#x017F;chen</hi> Gebiete in <hi rendition="#fr">Curland,</hi> <note place="foot" n="b)">Die&#x017F;es Schlos auf dem St. <hi rendition="#fr">Ju&#x0364;rgensberge</hi> lag in der Gegend von <hi rendition="#fr">Dobeln,</hi> und i&#x017F;t uns<lb/>
wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schrift&#x017F;teller bekant geworden. Weil<lb/>
es in <hi rendition="#fr">Car&#x017F;ow</hi> gelegen, &#x017F;o hat es wol auch das Schlos <hi rendition="#fr">Ker&#x017F;aw</hi> hei&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen,<lb/>
welcher Name beim <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;ow</hi> vorkommt. Doch <hi rendition="#fr">Ker&#x017F;aw</hi> wurde bald zer&#x017F;to&#x0364;hret.</note> wel-<lb/>
ches auch nachher eine Gelegenheit zu &#x017F;einem Tode geworden.</p><lb/>
        <p>Seine er&#x017F;te Be&#x017F;ichtigung der Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er in <hi rendition="#fr">Curland,</hi> wohin er &#x017F;ich mit 40<lb/>
Ordensbru&#x0364;dern und 500 Reutern begeben hatte, lief &#x017F;ehr mislich ab, indem ihm die<lb/>
ver&#x017F;teckten <hi rendition="#fr">Litthauer</hi> und <hi rendition="#fr">Samogiten</hi> aufpa&#x017F;ten; worauf er nach einem hitzigen<lb/>
Gefechte, mit Verlu&#x017F;t von 20 Bru&#x0364;dern, &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tark verwundet, &#x017F;eine Zuflucht nach<lb/><hi rendition="#fr">Memel</hi> nahm. Er befeligte hierauf <hi rendition="#fr">Bernhard</hi> von <hi rendition="#fr">Zewen,</hi> mit der ganzen<lb/><hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Macht aufzubrechen, welcher auch &#x017F;chon auf dem Schlachtfelde<lb/>
&#x017F;tand, als eben durch Vermittelung des <hi rendition="#fr">rigi&#x017F;chen</hi> Erzbi&#x017F;chofs <hi rendition="#fr">Albert</hi> ein zwei-<lb/>
ja&#x0364;hriger Stil&#x017F;tand ausgerufen wurde, indem <hi rendition="#fr">Albert</hi> fu&#x0364;r &#x017F;ein neuerbautes <hi rendition="#fr">Ron-<lb/>
neburg</hi> &#x017F;o wol, als <hi rendition="#fr">Myndows</hi> fetter Schenkung halber bange war, und dem<lb/>
Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute.</p><lb/>
        <p>Der Erzbi&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Albert</hi> u&#x0364;berlies der Stadt <hi rendition="#fr">Riga</hi> das an der <hi rendition="#fr">Rodenpoy-<lb/>
&#x017F;er</hi> See gelegene Haus, &#x017F;o die Bu&#x0364;rger bisher im Bau erhalten: doch &#x017F;ol die of-<lb/>
fentliche Glocke darinne abge&#x017F;chaffet werden. Die 3 beeideten Per&#x017F;onen, &#x017F;o die <hi rendition="#fr">ri-<lb/>
gi&#x017F;che</hi> Stadtmark be&#x017F;orgen, legen und be&#x017F;&#x017F;ern die Bru&#x0364;cke, und haben u&#x0364;ber die<lb/>
daran &#x017F;to&#x017F;&#x017F;enden Aecker und Wie&#x017F;en die Auf&#x017F;icht.</p><lb/>
        <p>Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemein&#x017F;chaft-<lb/>
liches An&#x017F;uchen der Parochialien bey St. <hi rendition="#fr">Jacob</hi> die Freyheit, eine Mauer gerade<lb/>
durchs Klo&#x017F;ter, durch alle alte Geba&#x0364;ude zu ziehen, und die Fen&#x017F;ter bequemer an-<lb/>
zulegen, nur an der Lo&#x0364;be (<hi rendition="#aq">Lobia</hi>) und Thu&#x0364;ren mus nichts gea&#x0364;ndert werden, da-<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ie die alten Geba&#x0364;ude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzu&#x017F;chaf-<lb/>
fen ver&#x017F;prechen. <hi rendition="#fr">Riga</hi> am 14 Augu&#x017F;t.</p><lb/>
        <note place="left">1262</note>
        <p><hi rendition="#fr">Peter</hi> von <hi rendition="#fr">Duisburg</hi> meldet uns bey die&#x017F;em Jahre einen Handel mit den<lb/><hi rendition="#fr">Samla&#x0364;ndern.</hi> Die <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nigsbergi&#x017F;chen</hi> Ordensbru&#x0364;der getraueten &#x017F;ich nicht al-<lb/>
lein die Gegend von <hi rendition="#fr">Bethen</hi> anzugreifen. Denn es wohnten wilde Men&#x017F;chen<lb/>
da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmei&#x017F;ter in<lb/><hi rendition="#fr">Liefland,</hi> gemein&#x017F;chaftliche Sache mit ihnen zu machen, be&#x017F;timten ihm auch<lb/>
Tag und Ort zum Treffen. Die <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;nigsberger</hi> kamen, &#x017F;ahen aber keine <hi rendition="#fr">Lief-<lb/>
la&#x0364;nder.</hi> Sie wurden daher u&#x0364;bermannet nnd zum Weichen geno&#x0364;thiget. Eben<lb/>
da es ans Laufen gehen &#x017F;olte, ru&#x0364;ckte das Heer der <hi rendition="#fr">liefla&#x0364;ndi&#x017F;chen</hi> Bru&#x0364;der an, die<lb/>
alle gro&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;cho&#x0364;ne Sattelpferde bey &#x017F;ich hatten. Hierauf wandten &#x017F;ich die<lb/><hi rendition="#fr">Ko&#x0364;nigsberger,</hi> erlegten alle Man&#x017F;chaft mit der Scha&#x0364;rfe des Schwerdts, nah-<lb/>
men Weib und Kinder gefangen, und &#x017F;teckten Do&#x0364;rfer und Hu&#x0364;tten in Brand.</p><lb/>
        <note place="left">1263</note>
        <p><hi rendition="#fr">Wilhelm,</hi> Abt in <hi rendition="#fr">Du&#x0364;nemu&#x0364;nde, Ci&#x017F;tercien&#x017F;erordens,</hi> macht &#x017F;ich<lb/>
anhei&#x017F;chig, die Stelle &#x017F;eines Klo&#x017F;ters und de&#x017F;&#x017F;en La&#x0364;nder von der <hi rendition="#fr">Semgallen<lb/>
Aa</hi> an, bis an den Flus <hi rendition="#fr">Thoraida,</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#fr">Thoraida</hi> hei&#x017F;t hier derjenige Flus, den die <hi rendition="#fr">Letten Gauje,</hi> die <hi rendition="#fr">Liven Thoraida,</hi> die <hi rendition="#fr">Deut-<lb/>
&#x017F;chen Aa</hi> nennen. Die alte <hi rendition="#fr">heidni&#x017F;che</hi> Burg hies auch <hi rendition="#fr">Thoraida,</hi> das Schlos der <hi rendition="#fr">deut&#x017F;chen<lb/>
Treyden,</hi> dafu&#x0364;r die Bauren noch <hi rendition="#fr">Turreda</hi> &#x017F;prechen. <hi rendition="#fr">Thoraida</hi> bedeutet ebenfals <hi rendition="#fr">Thor</hi> hilf,<lb/>
als <hi rendition="#fr">Tharawita</hi>. Es wird aber deswegen niemand die alten <hi rendition="#fr">Liven</hi> fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Gallier</hi> halten, wenn<lb/><hi rendition="#fr">Aita aider, Kuck coq, Mois, mei&#x017F;a, mai&#x017F;on</hi> und dergleichen mit einander verwandt zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheinen.</note> ohne des <hi rendition="#fr">rigi&#x017F;chen</hi> Magi&#x017F;trats Vor-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en niemals weder durch Tau&#x017F;ch noch Verkauf zu vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern, noch auch in die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/><note xml:id="g71" prev="#g70" place="foot" n="a)"><hi rendition="#fr">Burgard Horsnu&#x017F;en.</hi> Sein Antritsjahr geben die Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber eben &#x017F;o ver-<lb/>
worren an, als das Abdankungsjahr &#x017F;eines Vorga&#x0364;ngers.</note><lb/><lb/>
<note xml:id="f35" prev="#f34" place="foot" n="*)"><hi rendition="#fr">Pudicus</hi> fa&#x017F;t vertilget habe. <hi rendition="#fr">Michov</hi> <hi rendition="#aq">lib. II c.</hi> 14 be&#x017F;chreibet &#x017F;ie als Barbaren, die ihre eigene<lb/>
Sprache gebraucht, und an den <hi rendition="#fr">littaui&#x017F;chen</hi> Grenzen neben <hi rendition="#fr">Mazovien</hi> gewohnet. Nach <hi rendition="#fr">Cro-<lb/>
mern</hi> i&#x017F;t die&#x017F;e wilde Nation, weil &#x017F;ie keine Begnadigung annehmen wollen, ga&#x0364;nzlich aufgerieben,<lb/>
doch &#x017F;ollen an der <hi rendition="#fr">Theis</hi> in <hi rendition="#fr">Ungern</hi> zu &#x017F;einer Zeit noch einige Ueberbleib&#x017F;el von ihnen vorhanden<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;eyn.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0076] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, den Hals gezogen. Er war erſtlich Comthur zu Koͤnigsberg, und bauete auf gemeinſchaftliche Koſten der Preuſſen und Lieflaͤnder ein Schlos auf dem Berge des heiligen Georgs, im Carſauiſchen Gebiete in Curland, b) wel- ches auch nachher eine Gelegenheit zu ſeinem Tode geworden. 1261 Seine erſte Beſichtigung der Schloͤſſer in Curland, wohin er ſich mit 40 Ordensbruͤdern und 500 Reutern begeben hatte, lief ſehr mislich ab, indem ihm die verſteckten Litthauer und Samogiten aufpaſten; worauf er nach einem hitzigen Gefechte, mit Verluſt von 20 Bruͤdern, ſelbſt ſtark verwundet, ſeine Zuflucht nach Memel nahm. Er befeligte hierauf Bernhard von Zewen, mit der ganzen lieflaͤndiſchen Macht aufzubrechen, welcher auch ſchon auf dem Schlachtfelde ſtand, als eben durch Vermittelung des rigiſchen Erzbiſchofs Albert ein zwei- jaͤhriger Stilſtand ausgerufen wurde, indem Albert fuͤr ſein neuerbautes Ron- neburg ſo wol, als Myndows fetter Schenkung halber bange war, und dem Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute. Der Erzbiſchof Albert uͤberlies der Stadt Riga das an der Rodenpoy- ſer See gelegene Haus, ſo die Buͤrger bisher im Bau erhalten: doch ſol die of- fentliche Glocke darinne abgeſchaffet werden. Die 3 beeideten Perſonen, ſo die ri- giſche Stadtmark beſorgen, legen und beſſern die Bruͤcke, und haben uͤber die daran ſtoſſenden Aecker und Wieſen die Aufſicht. Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemeinſchaft- liches Anſuchen der Parochialien bey St. Jacob die Freyheit, eine Mauer gerade durchs Kloſter, durch alle alte Gebaͤude zu ziehen, und die Fenſter bequemer an- zulegen, nur an der Loͤbe (Lobia) und Thuͤren mus nichts geaͤndert werden, da- fuͤr ſie die alten Gebaͤude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzuſchaf- fen verſprechen. Riga am 14 Auguſt. Peter von Duisburg meldet uns bey dieſem Jahre einen Handel mit den Samlaͤndern. Die koͤnigsbergiſchen Ordensbruͤder getraueten ſich nicht al- lein die Gegend von Bethen anzugreifen. Denn es wohnten wilde Menſchen da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmeiſter in Liefland, gemeinſchaftliche Sache mit ihnen zu machen, beſtimten ihm auch Tag und Ort zum Treffen. Die Koͤnigsberger kamen, ſahen aber keine Lief- laͤnder. Sie wurden daher uͤbermannet nnd zum Weichen genoͤthiget. Eben da es ans Laufen gehen ſolte, ruͤckte das Heer der lieflaͤndiſchen Bruͤder an, die alle groſſe und ſchoͤne Sattelpferde bey ſich hatten. Hierauf wandten ſich die Koͤnigsberger, erlegten alle Manſchaft mit der Schaͤrfe des Schwerdts, nah- men Weib und Kinder gefangen, und ſteckten Doͤrfer und Huͤtten in Brand. Wilhelm, Abt in Duͤnemuͤnde, Ciſtercienſerordens, macht ſich anheiſchig, die Stelle ſeines Kloſters und deſſen Laͤnder von der Semgallen Aa an, bis an den Flus Thoraida, *) ohne des rigiſchen Magiſtrats Vor- wiſſen niemals weder durch Tauſch noch Verkauf zu veraͤuſſern, noch auch in die- ſen a) *) b) Dieſes Schlos auf dem St. Juͤrgensberge lag in der Gegend von Dobeln, und iſt uns wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schriftſteller bekant geworden. Weil es in Carſow gelegen, ſo hat es wol auch das Schlos Kerſaw heiſſen koͤnnen, welcher Name beim Ruſſow vorkommt. Doch Kerſaw wurde bald zerſtoͤhret. *) Thoraida heiſt hier derjenige Flus, den die Letten Gauje, die Liven Thoraida, die Deut- ſchen Aa nennen. Die alte heidniſche Burg hies auch Thoraida, das Schlos der deutſchen Treyden, dafuͤr die Bauren noch Turreda ſprechen. Thoraida bedeutet ebenfals Thor hilf, als Tharawita. Es wird aber deswegen niemand die alten Liven fuͤr Gallier halten, wenn Aita aider, Kuck coq, Mois, meiſa, maiſon und dergleichen mit einander verwandt zu ſeyn ſcheinen. a) Burgard Horsnuſen. Sein Antritsjahr geben die Geſchichtſchreiber eben ſo ver- worren an, als das Abdankungsjahr ſeines Vorgaͤngers. *) Pudicus faſt vertilget habe. Michov lib. II c. 14 beſchreibet ſie als Barbaren, die ihre eigene Sprache gebraucht, und an den littauiſchen Grenzen neben Mazovien gewohnet. Nach Cro- mern iſt dieſe wilde Nation, weil ſie keine Begnadigung annehmen wollen, gaͤnzlich aufgerieben, doch ſollen an der Theis in Ungern zu ſeiner Zeit noch einige Ueberbleibſel von ihnen vorhanden geweſen ſeyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/76
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/76>, abgerufen am 16.04.2024.