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Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724.

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Das VII. Capitel.
Von der Schraube.
§. 110.

Was eine Schraube sey, ist fast allen Menschen bekandt, und dahero keiner
Beschreibung nöthig. Sie wird aber insgemein beschrieben, daß es eine
Welle sey, darum eine schief-liegende Fläche gewunden ist.

§. 111.

Ihr Unterscheid bestehet auch nur in der Stärcke und in Austheilung
der Gewinde oder Gänge, daß eine Schraube dünne und schwach, die andere dicke und starck ist;
auch daß die eine ein enges, die andere ein weit Gewinde oder Gang hat; die meisten sind mit
einem einfachen, etliche mit zwey oder drey Gängen, etliche mit scharffen, etliche aber mit fla-
chen Gängen versehen.

§. 112.

Die Materie in kleinen Schrauben, so Gewalt ausstehen sollen, ist meist Ei-
sen, zu etlichen Messing, Kupffer oder Silber, wiewohl auch viele von Holtz, so
wohl grosse als kleine, gemachet werden;
Es kömmt aber allezeit auf das Judicium
des Mechanici an, was durch ihre Gewalt soll effectuiret werden, und was vor Platz oder
Raum er darzu hat. Denn eine eiserne Schraube von gleicher Gewalt und Vermögen als
eine höltzerne, wird wohl 10 mahl weniger Platz einnehmen, denn eine höltzerne.

§. 113.

Ihren Effect und Vermögen nach übertrifft die Schraube alle andere Rüst-
Zeuge oder Potentien,
nicht daß mit gleicher Krafft und Zeit damit mehr als mit einer an-
dern auszurichten wäre, sondern weil sie in einem so kleinen und kurtzen Begriff verfasset ist,
und also durch eine Machine, die nur etliche Zoll im Umfang ist, mehr kan gethan werden,
als durch andere, die viel Schuh und Ellen groß sind; dannenhero ihr Nutzen und Gebrauch
mit keiner Feder genugsam zu beschreiben, und also diese Erfindung vor eine der allernützlichsten
in der Welt zu achten ist.

§. 114.

Das Fundament der Schraube beruhet auf dem Plano inclinato und dem
Keil, und ist eine Schraube nichts anders, denn ein um eine Spindel gewunde-
ner Keil.

Als: Figura I. Tab. XVIII. ist A ein Keil, so um die Welle D C gewunden
ist, und wie der Keil durch die Linie E in zwey Plana getheilet ist, also giebet auch die Welle
C D zwey Schrauben-Gänge, da der eine auf- der andere unterwärts, oder der eine rechts,
und der andere lincks gehet.

Und wird man sich eben das auf eine solche Weise zu versprechen haben, was von dem
Keil, ratione seines Vermögens,
vorhero erwiesen worden, wenn man eine Operation
anstellete, wie Fig. II. in etwas zu sehen ist.

§. 115.

Das Vermögen der Schraube ist auszurechnen aus dem Umgang der Län-
ge und der Höhe eines Gewindes, oder aus der Dicke der Spindel und Höhe eines
Ganges, wie beym Plano inclinato geschehen;
nemlich, wie sich verhält der Umlauff

des
* * *
Das VII. Capitel.
Von der Schraube.
§. 110.

Was eine Schraube ſey, iſt faſt allen Menſchen bekandt, und dahero keiner
Beſchreibung noͤthig. Sie wird aber insgemein beſchrieben, daß es eine
Welle ſey, darum eine ſchief-liegende Flaͤche gewunden iſt.

§. 111.

Ihr Unterſcheid beſtehet auch nur in der Staͤrcke und in Austheilung
der Gewinde oder Gaͤnge, daß eine Schraube duͤnne und ſchwach, die andere dicke und ſtarck iſt;
auch daß die eine ein enges, die andere ein weit Gewinde oder Gang hat; die meiſten ſind mit
einem einfachen, etliche mit zwey oder drey Gaͤngen, etliche mit ſcharffen, etliche aber mit fla-
chen Gaͤngen verſehen.

§. 112.

Die Materie in kleinen Schrauben, ſo Gewalt ausſtehen ſollen, iſt meiſt Ei-
ſen, zu etlichen Meſſing, Kupffer oder Silber, wiewohl auch viele von Holtz, ſo
wohl groſſe als kleine, gemachet werden;
Es koͤmmt aber allezeit auf das Judicium
des Mechanici an, was durch ihre Gewalt ſoll effectuiret werden, und was vor Platz oder
Raum er darzu hat. Denn eine eiſerne Schraube von gleicher Gewalt und Vermoͤgen als
eine hoͤltzerne, wird wohl 10 mahl weniger Platz einnehmen, denn eine hoͤltzerne.

§. 113.

Ihren Effect und Vermoͤgen nach uͤbertrifft die Schraube alle andere Ruͤſt-
Zeuge oder Potentien,
nicht daß mit gleicher Krafft und Zeit damit mehr als mit einer an-
dern auszurichten waͤre, ſondern weil ſie in einem ſo kleinen und kurtzen Begriff verfaſſet iſt,
und alſo durch eine Machine, die nur etliche Zoll im Umfang iſt, mehr kan gethan werden,
als durch andere, die viel Schuh und Ellen groß ſind; dannenhero ihr Nutzen und Gebrauch
mit keiner Feder genugſam zu beſchreiben, und alſo dieſe Erfindung vor eine der allernuͤtzlichſten
in der Welt zu achten iſt.

§. 114.

Das Fundament der Schraube beruhet auf dem Plano inclinato und dem
Keil, und iſt eine Schraube nichts anders, denn ein um eine Spindel gewunde-
ner Keil.

Als: Figura I. Tab. XVIII. iſt A ein Keil, ſo um die Welle D C gewunden
iſt, und wie der Keil durch die Linie E in zwey Plana getheilet iſt, alſo giebet auch die Welle
C D zwey Schrauben-Gaͤnge, da der eine auf- der andere unterwaͤrts, oder der eine rechts,
und der andere lincks gehet.

Und wird man ſich eben das auf eine ſolche Weiſe zu verſprechen haben, was von dem
Keil, ratione ſeines Vermoͤgens,
vorhero erwieſen worden, wenn man eine Operation
anſtellete, wie Fig. II. in etwas zu ſehen iſt.

§. 115.

Das Vermoͤgen der Schraube iſt auszurechnen aus dem Umgang der Laͤn-
ge und der Hoͤhe eines Gewindes, oder aus der Dicke der Spindel und Hoͤhe eines
Ganges, wie beym Plano inclinato geſchehen;
nemlich, wie ſich verhaͤlt der Umlauff

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[62/0082] * * * Das VII. Capitel. Von der Schraube. §. 110. Was eine Schraube ſey, iſt faſt allen Menſchen bekandt, und dahero keiner Beſchreibung noͤthig. Sie wird aber insgemein beſchrieben, daß es eine Welle ſey, darum eine ſchief-liegende Flaͤche gewunden iſt. §. 111. Ihr Unterſcheid beſtehet auch nur in der Staͤrcke und in Austheilung der Gewinde oder Gaͤnge, daß eine Schraube duͤnne und ſchwach, die andere dicke und ſtarck iſt; auch daß die eine ein enges, die andere ein weit Gewinde oder Gang hat; die meiſten ſind mit einem einfachen, etliche mit zwey oder drey Gaͤngen, etliche mit ſcharffen, etliche aber mit fla- chen Gaͤngen verſehen. §. 112. Die Materie in kleinen Schrauben, ſo Gewalt ausſtehen ſollen, iſt meiſt Ei- ſen, zu etlichen Meſſing, Kupffer oder Silber, wiewohl auch viele von Holtz, ſo wohl groſſe als kleine, gemachet werden; Es koͤmmt aber allezeit auf das Judicium des Mechanici an, was durch ihre Gewalt ſoll effectuiret werden, und was vor Platz oder Raum er darzu hat. Denn eine eiſerne Schraube von gleicher Gewalt und Vermoͤgen als eine hoͤltzerne, wird wohl 10 mahl weniger Platz einnehmen, denn eine hoͤltzerne. §. 113. Ihren Effect und Vermoͤgen nach uͤbertrifft die Schraube alle andere Ruͤſt- Zeuge oder Potentien, nicht daß mit gleicher Krafft und Zeit damit mehr als mit einer an- dern auszurichten waͤre, ſondern weil ſie in einem ſo kleinen und kurtzen Begriff verfaſſet iſt, und alſo durch eine Machine, die nur etliche Zoll im Umfang iſt, mehr kan gethan werden, als durch andere, die viel Schuh und Ellen groß ſind; dannenhero ihr Nutzen und Gebrauch mit keiner Feder genugſam zu beſchreiben, und alſo dieſe Erfindung vor eine der allernuͤtzlichſten in der Welt zu achten iſt. §. 114. Das Fundament der Schraube beruhet auf dem Plano inclinato und dem Keil, und iſt eine Schraube nichts anders, denn ein um eine Spindel gewunde- ner Keil. Als: Figura I. Tab. XVIII. iſt A ein Keil, ſo um die Welle D C gewunden iſt, und wie der Keil durch die Linie E in zwey Plana getheilet iſt, alſo giebet auch die Welle C D zwey Schrauben-Gaͤnge, da der eine auf- der andere unterwaͤrts, oder der eine rechts, und der andere lincks gehet. Und wird man ſich eben das auf eine ſolche Weiſe zu verſprechen haben, was von dem Keil, ratione ſeines Vermoͤgens, vorhero erwieſen worden, wenn man eine Operation anſtellete, wie Fig. II. in etwas zu ſehen iſt. §. 115. Das Vermoͤgen der Schraube iſt auszurechnen aus dem Umgang der Laͤn- ge und der Hoͤhe eines Gewindes, oder aus der Dicke der Spindel und Hoͤhe eines Ganges, wie beym Plano inclinato geſchehen; nemlich, wie ſich verhaͤlt der Umlauff des

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Zitationshilfe: Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leupold_theatrum_1724/82>, abgerufen am 20.04.2024.