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Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

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In einer Sommernacht im alten Garten
Des Königs stand ein junger Offizier.
Es schlug die Nachtigall, die Frösche quarrten,
Der Mond beschien am Schloß den Grenadier.
Auf Muschelwegen, harten, leise knarrten
Zwei Stiefelchen . . Pst . . Liebster . . bist du hier ...
Der Offizier zog selig in den Arm
Des Königs Töchterlein ... daß Gott erbarm!
Denn gräßlich, gräßlich endet der Roman:
Es schlich, huhu! im Garten ein Lakai,
Der Schlingel hatte, bei Sankt Kilian!
Entlassen eben selbst erst seine Fei.
Der sah das Paar. Anzeige. Wutorkan --
Und ach, wie schnell entschwand des Lebens Mai.
Der König schrie: "Fort in mein fernstes Land,
Vom Hofe bist auf ewig du verbannt!"
Als ihn nun fror im kalten Aechtungsschatten,
Packt ihn zuerst ein wütend Heimatweh.
Es kam der Fluchtversuch ihm schlecht zu statten,
Als er dem Eiland sagen wollt' Ade.
Seit jener Zeit durchkreuzten zwei Fregatten
Vor seinem Felsenschlosse stets die See.
Bis ihn begnadet spät ein Königswort,
Dann wollt' er nicht mehr von der Insel fort.
So traf ich ihn. Sein Bart war lang und weiß,
Sein Wuchs der eines wuchtigen Athleten.
Für Alles interessirte sich der Greis,
Besonders auch für unsere Poeten.
Ich sah ihn manch modernes Dichterreis,
Oft vielgelesen, arg zusammentreten.
Sehr artig sprach er von Elise Polko,
Es reimt darauf der Rittername Bolko.

1*
In einer Sommernacht im alten Garten
Des Königs ſtand ein junger Offizier.
Es ſchlug die Nachtigall, die Fröſche quarrten,
Der Mond beſchien am Schloß den Grenadier.
Auf Muſchelwegen, harten, leiſe knarrten
Zwei Stiefelchen . . Pſt . . Liebſter . . biſt du hier …
Der Offizier zog ſelig in den Arm
Des Königs Töchterlein … daß Gott erbarm!
Denn gräßlich, gräßlich endet der Roman:
Es ſchlich, huhu! im Garten ein Lakai,
Der Schlingel hatte, bei Sankt Kilian!
Entlaſſen eben ſelbſt erſt ſeine Fei.
Der ſah das Paar. Anzeige. Wutorkan —
Und ach, wie ſchnell entſchwand des Lebens Mai.
Der König ſchrie: „Fort in mein fernſtes Land,
Vom Hofe biſt auf ewig du verbannt!“
Als ihn nun fror im kalten Aechtungsſchatten,
Packt ihn zuerſt ein wütend Heimatweh.
Es kam der Fluchtverſuch ihm ſchlecht zu ſtatten,
Als er dem Eiland ſagen wollt’ Ade.
Seit jener Zeit durchkreuzten zwei Fregatten
Vor ſeinem Felſenſchloſſe ſtets die See.
Bis ihn begnadet ſpät ein Königswort,
Dann wollt’ er nicht mehr von der Inſel fort.
So traf ich ihn. Sein Bart war lang und weiß,
Sein Wuchs der eines wuchtigen Athleten.
Für Alles intereſſirte ſich der Greis,
Beſonders auch für unſere Poeten.
Ich ſah ihn manch modernes Dichterreis,
Oft vielgeleſen, arg zuſammentreten.
Sehr artig ſprach er von Eliſe Polko,
Es reimt darauf der Rittername Bolko.

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[3/0011] In einer Sommernacht im alten Garten Des Königs ſtand ein junger Offizier. Es ſchlug die Nachtigall, die Fröſche quarrten, Der Mond beſchien am Schloß den Grenadier. Auf Muſchelwegen, harten, leiſe knarrten Zwei Stiefelchen . . Pſt . . Liebſter . . biſt du hier … Der Offizier zog ſelig in den Arm Des Königs Töchterlein … daß Gott erbarm! Denn gräßlich, gräßlich endet der Roman: Es ſchlich, huhu! im Garten ein Lakai, Der Schlingel hatte, bei Sankt Kilian! Entlaſſen eben ſelbſt erſt ſeine Fei. Der ſah das Paar. Anzeige. Wutorkan — Und ach, wie ſchnell entſchwand des Lebens Mai. Der König ſchrie: „Fort in mein fernſtes Land, Vom Hofe biſt auf ewig du verbannt!“ Als ihn nun fror im kalten Aechtungsſchatten, Packt ihn zuerſt ein wütend Heimatweh. Es kam der Fluchtverſuch ihm ſchlecht zu ſtatten, Als er dem Eiland ſagen wollt’ Ade. Seit jener Zeit durchkreuzten zwei Fregatten Vor ſeinem Felſenſchloſſe ſtets die See. Bis ihn begnadet ſpät ein Königswort, Dann wollt’ er nicht mehr von der Inſel fort. So traf ich ihn. Sein Bart war lang und weiß, Sein Wuchs der eines wuchtigen Athleten. Für Alles intereſſirte ſich der Greis, Beſonders auch für unſere Poeten. Ich ſah ihn manch modernes Dichterreis, Oft vielgeleſen, arg zuſammentreten. Sehr artig ſprach er von Eliſe Polko, Es reimt darauf der Rittername Bolko. 1*

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Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/11>, abgerufen am 28.03.2024.