Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. III. Das Verbrechen als rechtswidr. Handl.
nach zahlreichen Reichsgesetzen des 16. Jahrhunderts,7 die
Ehrlosigkeit der Gotteslästerer nach den Reichspolizeiord-
nungen von 1548 und 1577 usw.

§. 23.
Die Notwehr.1

I. Notwehr ist die zur Abwehr eines gegenwärti-
gen rechtswidrigen Angriffes erforderliche Vertei-
digung durch Verletzung des Angreifers
. Sie ist
Rechtsgüterschutz durch Rechtsgüterverletzung; Aufrechthaltung
der bedrohten Rechtsordnung durch den oder die einzelnen
Staatsbürger, Die Notwehrhandlung ist zu allen Zeiten
und bei allen Völkern, wenn auch in verschiedenem Umfange,
als eine nicht nur nicht strafbare, sondern als eine nicht
rechtswidrige Rechtsgüterverletzung anerkannt worden; die
Rechtsordnung hat von jeher -- in entwickelteren Rechten
durch ausdrückliche Anordnung -- die von dem Einzelnen
ausgehende Abwehr des unmittelbar drohenden Unrechtes in
der Gestalt der Notwehr sanktionirt. Auf dieser staat-
lichen Sanktion
und nicht etwa auf einem "angeborenen"
Rechte (Cicero: non scripta sed nata lex) beruht die
Rechtmäßigkeit der Notwehrhandlung.

II. Begriffsmerkmale (StGB. §. 53).

1. Der Angriff muß

a) ein rechtswidriger, d. h. nicht berechtigter (vgl.
oben §. 22) sein. Daher ist Notwehr nicht möglich
7 [Spaltenumbruch] Vgl. Binding Grundriß
S. 153.
1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Binding Grund-
riß S. 154. Dazu v. Buri
GS. XXX.

Erſtes Buch. III. Das Verbrechen als rechtswidr. Handl.
nach zahlreichen Reichsgeſetzen des 16. Jahrhunderts,7 die
Ehrloſigkeit der Gottesläſterer nach den Reichspolizeiord-
nungen von 1548 und 1577 uſw.

§. 23.
Die Notwehr.1

I. Notwehr iſt die zur Abwehr eines gegenwärti-
gen rechtswidrigen Angriffes erforderliche Vertei-
digung durch Verletzung des Angreifers
. Sie iſt
Rechtsgüterſchutz durch Rechtsgüterverletzung; Aufrechthaltung
der bedrohten Rechtsordnung durch den oder die einzelnen
Staatsbürger, Die Notwehrhandlung iſt zu allen Zeiten
und bei allen Völkern, wenn auch in verſchiedenem Umfange,
als eine nicht nur nicht ſtrafbare, ſondern als eine nicht
rechtswidrige Rechtsgüterverletzung anerkannt worden; die
Rechtsordnung hat von jeher — in entwickelteren Rechten
durch ausdrückliche Anordnung — die von dem Einzelnen
ausgehende Abwehr des unmittelbar drohenden Unrechtes in
der Geſtalt der Notwehr ſanktionirt. Auf dieſer ſtaat-
lichen Sanktion
und nicht etwa auf einem „angeborenen“
Rechte (Cicero: non scripta sed nata lex) beruht die
Rechtmäßigkeit der Notwehrhandlung.

II. Begriffsmerkmale (StGB. §. 53).

1. Der Angriff muß

a) ein rechtswidriger, d. h. nicht berechtigter (vgl.
oben §. 22) ſein. Daher iſt Notwehr nicht möglich
7 [Spaltenumbruch] Vgl. Binding Grundriß
S. 153.
1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Binding Grund-
riß S. 154. Dazu v. Buri
GS. XXX.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0114" n="88"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Das Verbrechen als rechtswidr. Handl.</fw><lb/>
nach zahlreichen Reichsge&#x017F;etzen des 16. Jahrhunderts,<note place="foot" n="7"><cb/>
Vgl. <hi rendition="#g">Binding</hi> Grundriß<lb/>
S. 153.</note> die<lb/>
Ehrlo&#x017F;igkeit der Gotteslä&#x017F;terer nach den Reichspolizeiord-<lb/>
nungen von 1548 und 1577 u&#x017F;w.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 23.<lb/><hi rendition="#b">Die Notwehr.</hi><note place="foot" n="1"><cb/>
Lit. bei <hi rendition="#g">Binding</hi> Grund-<lb/>
riß S. 154. Dazu v. <hi rendition="#g">Buri</hi><lb/>
GS. <hi rendition="#aq">XXX.</hi></note></head><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Notwehr i&#x017F;t <hi rendition="#g">die zur Abwehr eines gegenwärti-<lb/>
gen rechtswidrigen Angriffes erforderliche Vertei-<lb/>
digung durch Verletzung des Angreifers</hi>. Sie i&#x017F;t<lb/>
Rechtsgüter&#x017F;chutz durch Rechtsgüterverletzung; Aufrechthaltung<lb/>
der bedrohten Rechtsordnung durch den oder die einzelnen<lb/>
Staatsbürger, Die Notwehrhandlung i&#x017F;t zu allen Zeiten<lb/>
und bei allen Völkern, wenn auch in ver&#x017F;chiedenem Umfange,<lb/>
als eine nicht nur nicht &#x017F;trafbare, &#x017F;ondern als eine nicht<lb/>
rechtswidrige Rechtsgüterverletzung anerkannt worden; die<lb/>
Rechtsordnung hat von jeher &#x2014; in entwickelteren Rechten<lb/>
durch ausdrückliche Anordnung &#x2014; die von dem Einzelnen<lb/>
ausgehende Abwehr des unmittelbar drohenden Unrechtes in<lb/>
der Ge&#x017F;talt der Notwehr &#x017F;anktionirt. <hi rendition="#g">Auf die&#x017F;er &#x017F;taat-<lb/>
lichen Sanktion</hi> und nicht etwa auf einem &#x201E;angeborenen&#x201C;<lb/>
Rechte (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Cicero:</hi> non scripta sed nata lex</hi>) beruht die<lb/>
Rechtmäßigkeit der Notwehrhandlung.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Begriffsmerkmale</hi> (StGB. §. 53).</p><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#g">Der Angriff</hi> muß</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a)</hi> ein <hi rendition="#g">rechtswidriger,</hi> d. h. nicht berechtigter (vgl.<lb/>
oben §. 22) &#x017F;ein. Daher i&#x017F;t Notwehr nicht möglich<lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0114] Erſtes Buch. III. Das Verbrechen als rechtswidr. Handl. nach zahlreichen Reichsgeſetzen des 16. Jahrhunderts, 7 die Ehrloſigkeit der Gottesläſterer nach den Reichspolizeiord- nungen von 1548 und 1577 uſw. §. 23. Die Notwehr. 1 I. Notwehr iſt die zur Abwehr eines gegenwärti- gen rechtswidrigen Angriffes erforderliche Vertei- digung durch Verletzung des Angreifers. Sie iſt Rechtsgüterſchutz durch Rechtsgüterverletzung; Aufrechthaltung der bedrohten Rechtsordnung durch den oder die einzelnen Staatsbürger, Die Notwehrhandlung iſt zu allen Zeiten und bei allen Völkern, wenn auch in verſchiedenem Umfange, als eine nicht nur nicht ſtrafbare, ſondern als eine nicht rechtswidrige Rechtsgüterverletzung anerkannt worden; die Rechtsordnung hat von jeher — in entwickelteren Rechten durch ausdrückliche Anordnung — die von dem Einzelnen ausgehende Abwehr des unmittelbar drohenden Unrechtes in der Geſtalt der Notwehr ſanktionirt. Auf dieſer ſtaat- lichen Sanktion und nicht etwa auf einem „angeborenen“ Rechte (Cicero: non scripta sed nata lex) beruht die Rechtmäßigkeit der Notwehrhandlung. II. Begriffsmerkmale (StGB. §. 53). 1. Der Angriff muß a) ein rechtswidriger, d. h. nicht berechtigter (vgl. oben §. 22) ſein. Daher iſt Notwehr nicht möglich 7 Vgl. Binding Grundriß S. 153. 1 Lit. bei Binding Grund- riß S. 154. Dazu v. Buri GS. XXX.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/114
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/114>, abgerufen am 24.04.2024.