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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Die Einheit des Verbr. Idealkonkurrenz. §. 40.
einheitliche Verbrechen ist demnach überall dort begangen,
wo, und in jedem der Augenblicke, in welchen eine der Hand-
lungen begangen wurde; bei einem Wechsel der Gesetzgebung
kommt immer das mildere, bei einer Kollision des einheimischen
und des fremden Rechtes immer das erstere zur Anwendung.
Ist auch nur eine der Einzelhandlungen qualifiziert, so er-
greift diese Qualifikation auch die übrigen Handlungen.
Die Verjährung beginnt nicht, ehe die letzte der Handlungen
gesetzt wurde usw.

§. 40.
Die Einheit des Verbrechens und die sogenannte Ideal-
konkurrenz.

I. Das Strafgesetz verknüpft Verbrechen und Strafe;
das Vorliegen eines Verbrechens ist Bedingung für den Ein-
tritt der Strafe. Fassen wir das Verbrechen als norm-
widrige, mit Strafe bedrohte Handlung, so kann ein Ver-
brechen -- mag die Einheit eine natürliche oder eine ju-
ristische sein -- immer nur eine Strafe nach sich ziehen.
Der einmalige Eintritt der Bedingung kann nur einmal die
Folge erzeugen. Die Richtigkeit dieses Satzes dürfte keinem
Zweifel unterliegen. Aber nach einer anderen Richtung hin
erheben sich Schwierigkeiten. Welche der Voraussetzungen
des Strafeintrittes hat der Thäter erfüllt; welche Strafe
hat er verwirkt? Mit andern Worten: es kann äußerst
zweifelhaft sein, unter welchen der verschiedenen Verbrechens-
thatbestände die konkrete in Frage stehende That zu subsu-
mieren ist; zweifelhaft darum, weil mehrere jener Ver-
brechensthatbestände auf diese Handlung passen. Für die
Lösung dieser Schwierigkeiten stehen uns 2 Regeln zu Gebote.

Die Einheit des Verbr. Idealkonkurrenz. §. 40.
einheitliche Verbrechen iſt demnach überall dort begangen,
wo, und in jedem der Augenblicke, in welchen eine der Hand-
lungen begangen wurde; bei einem Wechſel der Geſetzgebung
kommt immer das mildere, bei einer Kolliſion des einheimiſchen
und des fremden Rechtes immer das erſtere zur Anwendung.
Iſt auch nur eine der Einzelhandlungen qualifiziert, ſo er-
greift dieſe Qualifikation auch die übrigen Handlungen.
Die Verjährung beginnt nicht, ehe die letzte der Handlungen
geſetzt wurde uſw.

§. 40.
Die Einheit des Verbrechens und die ſogenannte Ideal-
konkurrenz.

I. Das Strafgeſetz verknüpft Verbrechen und Strafe;
das Vorliegen eines Verbrechens iſt Bedingung für den Ein-
tritt der Strafe. Faſſen wir das Verbrechen als norm-
widrige, mit Strafe bedrohte Handlung, ſo kann ein Ver-
brechen — mag die Einheit eine natürliche oder eine ju-
riſtiſche ſein — immer nur eine Strafe nach ſich ziehen.
Der einmalige Eintritt der Bedingung kann nur einmal die
Folge erzeugen. Die Richtigkeit dieſes Satzes dürfte keinem
Zweifel unterliegen. Aber nach einer anderen Richtung hin
erheben ſich Schwierigkeiten. Welche der Vorausſetzungen
des Strafeintrittes hat der Thäter erfüllt; welche Strafe
hat er verwirkt? Mit andern Worten: es kann äußerſt
zweifelhaft ſein, unter welchen der verſchiedenen Verbrechens-
thatbeſtände die konkrete in Frage ſtehende That zu ſubſu-
mieren iſt; zweifelhaft darum, weil mehrere jener Ver-
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Löſung dieſer Schwierigkeiten ſtehen uns 2 Regeln zu Gebote.

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[163/0189] Die Einheit des Verbr. Idealkonkurrenz. §. 40. einheitliche Verbrechen iſt demnach überall dort begangen, wo, und in jedem der Augenblicke, in welchen eine der Hand- lungen begangen wurde; bei einem Wechſel der Geſetzgebung kommt immer das mildere, bei einer Kolliſion des einheimiſchen und des fremden Rechtes immer das erſtere zur Anwendung. Iſt auch nur eine der Einzelhandlungen qualifiziert, ſo er- greift dieſe Qualifikation auch die übrigen Handlungen. Die Verjährung beginnt nicht, ehe die letzte der Handlungen geſetzt wurde uſw. §. 40. Die Einheit des Verbrechens und die ſogenannte Ideal- konkurrenz. I. Das Strafgeſetz verknüpft Verbrechen und Strafe; das Vorliegen eines Verbrechens iſt Bedingung für den Ein- tritt der Strafe. Faſſen wir das Verbrechen als norm- widrige, mit Strafe bedrohte Handlung, ſo kann ein Ver- brechen — mag die Einheit eine natürliche oder eine ju- riſtiſche ſein — immer nur eine Strafe nach ſich ziehen. Der einmalige Eintritt der Bedingung kann nur einmal die Folge erzeugen. Die Richtigkeit dieſes Satzes dürfte keinem Zweifel unterliegen. Aber nach einer anderen Richtung hin erheben ſich Schwierigkeiten. Welche der Vorausſetzungen des Strafeintrittes hat der Thäter erfüllt; welche Strafe hat er verwirkt? Mit andern Worten: es kann äußerſt zweifelhaft ſein, unter welchen der verſchiedenen Verbrechens- thatbeſtände die konkrete in Frage ſtehende That zu ſubſu- mieren iſt; zweifelhaft darum, weil mehrere jener Ver- brechensthatbeſtände auf dieſe Handlung paſſen. Für die Löſung dieſer Schwierigkeiten ſtehen uns 2 Regeln zu Gebote.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/189>, abgerufen am 28.03.2024.