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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt etc.
an einem Verbrechen, sowie die Annahme einer solchen Auf-
forderung.

2. Das Sich-Erbieten zur Begehung eines Verbrechens
oder zur Teilnahme an einem Verbrechen, sowie die An-
nahme eines solchen Erbietens.

Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auf-
fordern oder Erbieten, sowie die Annahme eines solchen nur
dann bestraft, wenn die Aufforderung oder das Erbieten an
die Gewährung von Vorteilen irgend welcher Art (nicht not-
wendig pekuniärer Natur) geknüpft worden, und dadurch die
Ernstlichkeit desjenigen, der die Initiative ergreift, be-
wiesen ist.7

Auch abgesehen von dieser ausdrücklichen Anordnung des
Gesetzes ist Ernstlichkeit der Aufforderung und des Er-
bietens zur Strafbarkeit notwendig, bei Mangel derselben auch
die Annahme straflos. Aufforderung und Erbieten müssen
der Ausdruck eines (bedingt gefaßten) Entschlusses sein, der
durch die Annahme zu einem unbedingten wird.8

Strafe:

a) Wenn das geplante Verbrechen mit dem Tode oder
mit lebenslänglichem Zuchthause bedroht ist, Gefängnis
nicht unter 3 Monaten;
b) wenn es mit einer geringeren Strafe bedroht ist, Ge-
fängnis bis zu 2 Jahren oder Festungshaft von gleicher
Dauer.

Neben Gefängnis kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren-
rechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

7 [Spaltenumbruch] Daß er selbst einen genau
bestimmten Vorteil gewähren
werde, braucht nicht in Aussicht[Spaltenumbruch] gestellt worden zu sein (RGR.
2. Juli 1880, R II 153).
8 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 31. März 1880,
E I 338, R I 515.

Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt ꝛc.
an einem Verbrechen, ſowie die Annahme einer ſolchen Auf-
forderung.

2. Das Sich-Erbieten zur Begehung eines Verbrechens
oder zur Teilnahme an einem Verbrechen, ſowie die An-
nahme eines ſolchen Erbietens.

Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auf-
fordern oder Erbieten, ſowie die Annahme eines ſolchen nur
dann beſtraft, wenn die Aufforderung oder das Erbieten an
die Gewährung von Vorteilen irgend welcher Art (nicht not-
wendig pekuniärer Natur) geknüpft worden, und dadurch die
Ernſtlichkeit desjenigen, der die Initiative ergreift, be-
wieſen iſt.7

Auch abgeſehen von dieſer ausdrücklichen Anordnung des
Geſetzes iſt Ernſtlichkeit der Aufforderung und des Er-
bietens zur Strafbarkeit notwendig, bei Mangel derſelben auch
die Annahme ſtraflos. Aufforderung und Erbieten müſſen
der Ausdruck eines (bedingt gefaßten) Entſchluſſes ſein, der
durch die Annahme zu einem unbedingten wird.8

Strafe:

a) Wenn das geplante Verbrechen mit dem Tode oder
mit lebenslänglichem Zuchthauſe bedroht iſt, Gefängnis
nicht unter 3 Monaten;
b) wenn es mit einer geringeren Strafe bedroht iſt, Ge-
fängnis bis zu 2 Jahren oder Feſtungshaft von gleicher
Dauer.

Neben Gefängnis kann auf Verluſt der bürgerlichen Ehren-
rechte, ſowie auf Zuläſſigkeit von Polizeiaufſicht erkannt werden.

7 [Spaltenumbruch] Daß er ſelbſt einen genau
beſtimmten Vorteil gewähren
werde, braucht nicht in Ausſicht[Spaltenumbruch] geſtellt worden zu ſein (RGR.
2. Juli 1880, R II 153).
8 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 31. März 1880,
E I 338, R I 515.
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[416/0442] Viertes Buch. II. Delikte gegen die Staatsgewalt ꝛc. an einem Verbrechen, ſowie die Annahme einer ſolchen Auf- forderung. 2. Das Sich-Erbieten zur Begehung eines Verbrechens oder zur Teilnahme an einem Verbrechen, ſowie die An- nahme eines ſolchen Erbietens. Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auf- fordern oder Erbieten, ſowie die Annahme eines ſolchen nur dann beſtraft, wenn die Aufforderung oder das Erbieten an die Gewährung von Vorteilen irgend welcher Art (nicht not- wendig pekuniärer Natur) geknüpft worden, und dadurch die Ernſtlichkeit desjenigen, der die Initiative ergreift, be- wieſen iſt. 7 Auch abgeſehen von dieſer ausdrücklichen Anordnung des Geſetzes iſt Ernſtlichkeit der Aufforderung und des Er- bietens zur Strafbarkeit notwendig, bei Mangel derſelben auch die Annahme ſtraflos. Aufforderung und Erbieten müſſen der Ausdruck eines (bedingt gefaßten) Entſchluſſes ſein, der durch die Annahme zu einem unbedingten wird. 8 Strafe: a) Wenn das geplante Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthauſe bedroht iſt, Gefängnis nicht unter 3 Monaten; b) wenn es mit einer geringeren Strafe bedroht iſt, Ge- fängnis bis zu 2 Jahren oder Feſtungshaft von gleicher Dauer. Neben Gefängnis kann auf Verluſt der bürgerlichen Ehren- rechte, ſowie auf Zuläſſigkeit von Polizeiaufſicht erkannt werden. 7 Daß er ſelbſt einen genau beſtimmten Vorteil gewähren werde, braucht nicht in Ausſicht geſtellt worden zu ſein (RGR. 2. Juli 1880, R II 153). 8 Vgl. RGR. 31. März 1880, E I 338, R I 515.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/442>, abgerufen am 19.04.2024.