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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Jahreszeiten.
Sommers und in D zu Anfang des Winters der nördlichen Halb-
kugel, gibt es mitten inne zwei andere, in A und C, wo die
Erdaxe weder zur Sonne hin, noch von ihr weg gekehrt, sondern
wo sie nach der Seite gewendet ist und wo der Winkel Smp, der
in B spitz und in D stumpf war, ein rechter Winkel wird. Da
jetzt der obere und der untere Theil der Erdaxe gegen die fixe
Axe SR der Ecliptik zu beiden Seiten derselben die gleiche Ent-
fernung haben, oder da jetzt diese Erdaxe auf der die Sonne und
Erde verbindenden Linie eben so senkrecht steht, wie dieß die Ebene
der Lichtgränze immer thut, so müssen auch die beiden Pole in
diese Schattengränze selbst fallen und diese Schattengränze wird
alle Parallelkreise in zwei gleiche Theile theilen oder endlich: Tag
und Nacht wird auf der ganzen Erde dieselbe Länge von zwölf
Stunden haben. Beide Pole sehen jetzt die Sonne den ganzen
Tag in ihrem Horizonte und die Bewohner des Aequators sehen
sie um Mittag in ihrem Zenithe, daher auch ein Auge im Mittel-
punkte der Erde die Sonne selbst in der Ebene des himmlischen
Aequators erblicken würde. In diesen beiden Punkten ist die Erde
im Anfange unseres Frühlings in A am 21. März und im An-
fange unseres Herbstes in C am 23. September. In diesen bei-
den Punkten geht die Erde durch die Ebene des himmlischen
Aequators oder die beide Punkte verbindende gerade Linie ist der
Durchschnitt des Aequators mit der Ecliptik, die auch die Aequi-
noctiallinie
oder die Nachtgleichenlinie heißt, weil für die
ganze Erde, wenn sie in diesen beiden Punkten steht, Tag und
Nacht einander gleich sind. Im Gegentheile heißen die Punkte
B und D, wo in dem ersten die Sonne am höchsten über und in
dem zweiten am tiefsten unter dem Aequator erscheint, die Sol-
stitial-
oder Wendepunkte, weil in ihnen die Sonne ihre jetzt
größte Entfernung vom Aequator am wenigsten ändert und gleich-
sam einige Tage stille zu stehen scheint, um sich dann wieder dem
Aequator zuzuwenden.

Wir haben in dem Vorhergehenden nur die vier vorzüglich-
sten Punkte der Erdbahn näher betrachtet, wo der Winkel Smp
entweder gleich 90 oder um 23,5 größer oder kleiner als 90 ist,
wo er also seinen mittlern, seinen größten und seinen kleinsten
Werth erreicht. Es ist aber klar, daß die Erde in den Zwischen-

Jahreszeiten.
Sommers und in D zu Anfang des Winters der nördlichen Halb-
kugel, gibt es mitten inne zwei andere, in A und C, wo die
Erdaxe weder zur Sonne hin, noch von ihr weg gekehrt, ſondern
wo ſie nach der Seite gewendet iſt und wo der Winkel Smp, der
in B ſpitz und in D ſtumpf war, ein rechter Winkel wird. Da
jetzt der obere und der untere Theil der Erdaxe gegen die fixe
Axe SR der Ecliptik zu beiden Seiten derſelben die gleiche Ent-
fernung haben, oder da jetzt dieſe Erdaxe auf der die Sonne und
Erde verbindenden Linie eben ſo ſenkrecht ſteht, wie dieß die Ebene
der Lichtgränze immer thut, ſo müſſen auch die beiden Pole in
dieſe Schattengränze ſelbſt fallen und dieſe Schattengränze wird
alle Parallelkreiſe in zwei gleiche Theile theilen oder endlich: Tag
und Nacht wird auf der ganzen Erde dieſelbe Länge von zwölf
Stunden haben. Beide Pole ſehen jetzt die Sonne den ganzen
Tag in ihrem Horizonte und die Bewohner des Aequators ſehen
ſie um Mittag in ihrem Zenithe, daher auch ein Auge im Mittel-
punkte der Erde die Sonne ſelbſt in der Ebene des himmliſchen
Aequators erblicken würde. In dieſen beiden Punkten iſt die Erde
im Anfange unſeres Frühlings in A am 21. März und im An-
fange unſeres Herbſtes in C am 23. September. In dieſen bei-
den Punkten geht die Erde durch die Ebene des himmliſchen
Aequators oder die beide Punkte verbindende gerade Linie iſt der
Durchſchnitt des Aequators mit der Ecliptik, die auch die Aequi-
noctiallinie
oder die Nachtgleichenlinie heißt, weil für die
ganze Erde, wenn ſie in dieſen beiden Punkten ſteht, Tag und
Nacht einander gleich ſind. Im Gegentheile heißen die Punkte
B und D, wo in dem erſten die Sonne am höchſten über und in
dem zweiten am tiefſten unter dem Aequator erſcheint, die Sol-
ſtitial-
oder Wendepunkte, weil in ihnen die Sonne ihre jetzt
größte Entfernung vom Aequator am wenigſten ändert und gleich-
ſam einige Tage ſtille zu ſtehen ſcheint, um ſich dann wieder dem
Aequator zuzuwenden.

Wir haben in dem Vorhergehenden nur die vier vorzüglich-
ſten Punkte der Erdbahn näher betrachtet, wo der Winkel Smp
entweder gleich 90 oder um 23,5 größer oder kleiner als 90 iſt,
wo er alſo ſeinen mittlern, ſeinen größten und ſeinen kleinſten
Werth erreicht. Es iſt aber klar, daß die Erde in den Zwiſchen-

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[201/0213] Jahreszeiten. Sommers und in D zu Anfang des Winters der nördlichen Halb- kugel, gibt es mitten inne zwei andere, in A und C, wo die Erdaxe weder zur Sonne hin, noch von ihr weg gekehrt, ſondern wo ſie nach der Seite gewendet iſt und wo der Winkel Smp, der in B ſpitz und in D ſtumpf war, ein rechter Winkel wird. Da jetzt der obere und der untere Theil der Erdaxe gegen die fixe Axe SR der Ecliptik zu beiden Seiten derſelben die gleiche Ent- fernung haben, oder da jetzt dieſe Erdaxe auf der die Sonne und Erde verbindenden Linie eben ſo ſenkrecht ſteht, wie dieß die Ebene der Lichtgränze immer thut, ſo müſſen auch die beiden Pole in dieſe Schattengränze ſelbſt fallen und dieſe Schattengränze wird alle Parallelkreiſe in zwei gleiche Theile theilen oder endlich: Tag und Nacht wird auf der ganzen Erde dieſelbe Länge von zwölf Stunden haben. Beide Pole ſehen jetzt die Sonne den ganzen Tag in ihrem Horizonte und die Bewohner des Aequators ſehen ſie um Mittag in ihrem Zenithe, daher auch ein Auge im Mittel- punkte der Erde die Sonne ſelbſt in der Ebene des himmliſchen Aequators erblicken würde. In dieſen beiden Punkten iſt die Erde im Anfange unſeres Frühlings in A am 21. März und im An- fange unſeres Herbſtes in C am 23. September. In dieſen bei- den Punkten geht die Erde durch die Ebene des himmliſchen Aequators oder die beide Punkte verbindende gerade Linie iſt der Durchſchnitt des Aequators mit der Ecliptik, die auch die Aequi- noctiallinie oder die Nachtgleichenlinie heißt, weil für die ganze Erde, wenn ſie in dieſen beiden Punkten ſteht, Tag und Nacht einander gleich ſind. Im Gegentheile heißen die Punkte B und D, wo in dem erſten die Sonne am höchſten über und in dem zweiten am tiefſten unter dem Aequator erſcheint, die Sol- ſtitial- oder Wendepunkte, weil in ihnen die Sonne ihre jetzt größte Entfernung vom Aequator am wenigſten ändert und gleich- ſam einige Tage ſtille zu ſtehen ſcheint, um ſich dann wieder dem Aequator zuzuwenden. Wir haben in dem Vorhergehenden nur die vier vorzüglich- ſten Punkte der Erdbahn näher betrachtet, wo der Winkel Smp entweder gleich 90 oder um 23,5 größer oder kleiner als 90 iſt, wo er alſo ſeinen mittlern, ſeinen größten und ſeinen kleinſten Werth erreicht. Es iſt aber klar, daß die Erde in den Zwiſchen-

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/213>, abgerufen am 19.04.2024.