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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Einleitung.
ganz einfach durch die Winkel ausgedrückt werden, welche die Pe-
ripherien dieser Kreise in ihren Durchschnittspunkten, unter sich
bilden. So ist RWQ = AWH die Neigung der beiden Kreise I
und II. Eben so wird die Neigung der Kreise NQ' und NQ'' gegen
einander durch den Winkel Q' NQ'' oder durch den auf ihnen
senkrecht stehenden Bogen Q' Q'' des größten Kreises I ausge-
drückt, und die Neigung der Kreise ZR' und ZR'' gegen einander,
ist der Winkel R' ZR'' oder auch der Bogen R' R'' des auf ihnen
senkrecht stehenden Kreises II.

Alle diese Sätze sind zwar Gegenstände der Geometrie und
können, als solche, streng bewiesen werden; sie sind aber auch zu-
gleich der Art, daß sie für Leser von einiger Fassungskraft gleich-
sam schon für sich klar sind, besonders wenn wir sie mit Hilfe
eines Globus (§. 30) betrachten.

Wenden wir nun das Gesagte sofort auf diejenigen Kreise
an, welche die Astronomen auf der Oberfläche des Himmels und
der Erde gezogen haben, um dadurch einzelne Punkte dieser Flä-
chen näher bestimmen zu können.

§. 8. (Horizont, Zenith und Nadir.) Wenn wir uns in ei-
ner ebenen Gegend oder auf der hohen See befinden, so erscheint
uns die Oberfläche am Ende als eine von einem Kreise begränzte
Ebene. Diese Ebene, bis an das Himmelsgewölbe erweitert, heißt
der scheinbare Horizont des Beobachters, und eine mit ihm
parallele, durch den Mittelpunkt der Erde gehende Ebene ist der
wahre Horizont desselben.

Zieht man endlich durch den Punkt der Erdoberfläche, welchen
der Beobachter einnimmt, eine gerade, auf seinem Horizont senk-
rechte Linie, so wird diese Linie, da sie senkrecht auf der Ober-
fläche der Kugel steht, durch den Mittelpunkt der Erde gehen und,
verlängert, die Oberfläche des Himmels in zwei Punkten schnei-
den, deren einer, der über dem Beobachter steht, das Zenith
(der Scheitelpunkt), und der andere unten das Nadir (der Fuß-
punkt) des Beobachters heißt. Die Richtung, welche durch diese
Linie ausgedrückt wird, heißt vertical, während man die auf
diese Linie senkrechte Richtung des Horizonts horizontal (wa-
gerecht oder wasserrecht) zu nennen pflegt.

I. Da die Richtung eines mit einem Bleilothe beschwerten

Einleitung.
ganz einfach durch die Winkel ausgedrückt werden, welche die Pe-
ripherien dieſer Kreiſe in ihren Durchſchnittspunkten, unter ſich
bilden. So iſt RWQ = AWH die Neigung der beiden Kreiſe I
und II. Eben ſo wird die Neigung der Kreiſe NQ' und NQ'' gegen
einander durch den Winkel Q' NQ'' oder durch den auf ihnen
ſenkrecht ſtehenden Bogen Q' Q'' des größten Kreiſes I ausge-
drückt, und die Neigung der Kreiſe ZR' und ZR'' gegen einander,
iſt der Winkel R' ZR'' oder auch der Bogen R' R'' des auf ihnen
ſenkrecht ſtehenden Kreiſes II.

Alle dieſe Sätze ſind zwar Gegenſtände der Geometrie und
können, als ſolche, ſtreng bewieſen werden; ſie ſind aber auch zu-
gleich der Art, daß ſie für Leſer von einiger Faſſungskraft gleich-
ſam ſchon für ſich klar ſind, beſonders wenn wir ſie mit Hilfe
eines Globus (§. 30) betrachten.

Wenden wir nun das Geſagte ſofort auf diejenigen Kreiſe
an, welche die Aſtronomen auf der Oberfläche des Himmels und
der Erde gezogen haben, um dadurch einzelne Punkte dieſer Flä-
chen näher beſtimmen zu können.

§. 8. (Horizont, Zenith und Nadir.) Wenn wir uns in ei-
ner ebenen Gegend oder auf der hohen See befinden, ſo erſcheint
uns die Oberfläche am Ende als eine von einem Kreiſe begränzte
Ebene. Dieſe Ebene, bis an das Himmelsgewölbe erweitert, heißt
der ſcheinbare Horizont des Beobachters, und eine mit ihm
parallele, durch den Mittelpunkt der Erde gehende Ebene iſt der
wahre Horizont deſſelben.

Zieht man endlich durch den Punkt der Erdoberfläche, welchen
der Beobachter einnimmt, eine gerade, auf ſeinem Horizont ſenk-
rechte Linie, ſo wird dieſe Linie, da ſie ſenkrecht auf der Ober-
fläche der Kugel ſteht, durch den Mittelpunkt der Erde gehen und,
verlängert, die Oberfläche des Himmels in zwei Punkten ſchnei-
den, deren einer, der über dem Beobachter ſteht, das Zenith
(der Scheitelpunkt), und der andere unten das Nadir (der Fuß-
punkt) des Beobachters heißt. Die Richtung, welche durch dieſe
Linie ausgedrückt wird, heißt vertical, während man die auf
dieſe Linie ſenkrechte Richtung des Horizonts horizontal (wa-
gerecht oder waſſerrecht) zu nennen pflegt.

I. Da die Richtung eines mit einem Bleilothe beſchwerten

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[26/0038] Einleitung. ganz einfach durch die Winkel ausgedrückt werden, welche die Pe- ripherien dieſer Kreiſe in ihren Durchſchnittspunkten, unter ſich bilden. So iſt RWQ = AWH die Neigung der beiden Kreiſe I und II. Eben ſo wird die Neigung der Kreiſe NQ' und NQ'' gegen einander durch den Winkel Q' NQ'' oder durch den auf ihnen ſenkrecht ſtehenden Bogen Q' Q'' des größten Kreiſes I ausge- drückt, und die Neigung der Kreiſe ZR' und ZR'' gegen einander, iſt der Winkel R' ZR'' oder auch der Bogen R' R'' des auf ihnen ſenkrecht ſtehenden Kreiſes II. Alle dieſe Sätze ſind zwar Gegenſtände der Geometrie und können, als ſolche, ſtreng bewieſen werden; ſie ſind aber auch zu- gleich der Art, daß ſie für Leſer von einiger Faſſungskraft gleich- ſam ſchon für ſich klar ſind, beſonders wenn wir ſie mit Hilfe eines Globus (§. 30) betrachten. Wenden wir nun das Geſagte ſofort auf diejenigen Kreiſe an, welche die Aſtronomen auf der Oberfläche des Himmels und der Erde gezogen haben, um dadurch einzelne Punkte dieſer Flä- chen näher beſtimmen zu können. §. 8. (Horizont, Zenith und Nadir.) Wenn wir uns in ei- ner ebenen Gegend oder auf der hohen See befinden, ſo erſcheint uns die Oberfläche am Ende als eine von einem Kreiſe begränzte Ebene. Dieſe Ebene, bis an das Himmelsgewölbe erweitert, heißt der ſcheinbare Horizont des Beobachters, und eine mit ihm parallele, durch den Mittelpunkt der Erde gehende Ebene iſt der wahre Horizont deſſelben. Zieht man endlich durch den Punkt der Erdoberfläche, welchen der Beobachter einnimmt, eine gerade, auf ſeinem Horizont ſenk- rechte Linie, ſo wird dieſe Linie, da ſie ſenkrecht auf der Ober- fläche der Kugel ſteht, durch den Mittelpunkt der Erde gehen und, verlängert, die Oberfläche des Himmels in zwei Punkten ſchnei- den, deren einer, der über dem Beobachter ſteht, das Zenith (der Scheitelpunkt), und der andere unten das Nadir (der Fuß- punkt) des Beobachters heißt. Die Richtung, welche durch dieſe Linie ausgedrückt wird, heißt vertical, während man die auf dieſe Linie ſenkrechte Richtung des Horizonts horizontal (wa- gerecht oder waſſerrecht) zu nennen pflegt. I. Da die Richtung eines mit einem Bleilothe beſchwerten

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/38>, abgerufen am 19.04.2024.