Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sonne.
farbne den kleinsten Raum einnimmt. Im Jahre 1802 aber be-
merkte Wollaston zuerst in diesem Spectrum zwei ganz schwarze
gerade Linien, die senkrecht auf die zwei längsten Seiten des
Rechtecks standen, und von welchen die eine in der grünen, und
die andere in der blauen Farbe sich zeigte. Er verfolgte diese
Entdeckung nicht weiter, bis sie, mehrere Jahre später, von
Fraunhofer, dem Wollastons Beobachtung unbekannt war,
dahin erweitert wurde, daß er eine große Anzahl, beinahe 600,
solcher schwarzen Streifen in dem Sonnenspectrum fand, die alle
unter sich parallel und von verschiedener Dicke und Schwärze wa-
ren. Man sieht die Linien, wenn man das Spectrum durch ein
Fernrohr beobachtet, immer in denselben relativen Distanzen von
einander sowohl, als auch von den Gränzen der einzelnen Far-
ben. Wenn z. B. drei schwarze Linien bemerkt werden, von welchen
die beiden ersten doppelt so weit von einander abstehen, als die
beiden letzten, und von welchen die mittlere die größte ist, und
genau in der Mitte der grünen Farbe liegt, so findet man alle
diese Verhältnisse bei jedem andern Spectrum wieder, welcher Art
auch das Prisma von Glas, Krystall, Wasser u. dgl. seyn mag,
dessen man sich zur Spaltung des Sonnenstrahls bediente. Ihre
Anzahl, die Ordnung ihrer Aufeinanderfolge, ihre Intensität ist
immer dieselbe, wenn nur der Strahl entweder direct, oder auch
indirect, z. B. durch Reflexion, von der Sonne kömmt. Das
Licht des Monds, der Planeten, der Fixsterne, ferner das unseres
Lampen- oder Küchen-Feuers, oder das der electrischen Funken
zeigt zwar auch jene schwarzen parallelen Linien, aber in ganz
anderer Ordnung und Vertheilung, so daß jedes Licht sein eige-
nes System dieser Linien zu haben scheint. Das Licht des Sirius
z. B. hat in der orangen und gelben Farbe gar keine schwarzen
Streifen, dafür mehrere starke in der grünen und blauen, die das
Sonnenspectrum nicht zeigt. Die Streifen in dem Lichte der Zwil-
linge sind wieder von denen des Sirius verschieden u. s. w., so
daß vielleicht jeder Fixstern sein eigenes System hat. Da diese
Linien in dem Spectrum eines jeden Orts immer eine feste, un-
veränderliche Stelle einnehmen, so geben sie ein viel sichereres
Mittel, die Brechung der Lichtstrahlen und die einzelnen Farben
zu messen, als man früher hatte, wo man nur diese immer sehr

Die Sonne.
farbne den kleinſten Raum einnimmt. Im Jahre 1802 aber be-
merkte Wollaſton zuerſt in dieſem Spectrum zwei ganz ſchwarze
gerade Linien, die ſenkrecht auf die zwei längſten Seiten des
Rechtecks ſtanden, und von welchen die eine in der grünen, und
die andere in der blauen Farbe ſich zeigte. Er verfolgte dieſe
Entdeckung nicht weiter, bis ſie, mehrere Jahre ſpäter, von
Fraunhofer, dem Wollaſtons Beobachtung unbekannt war,
dahin erweitert wurde, daß er eine große Anzahl, beinahe 600,
ſolcher ſchwarzen Streifen in dem Sonnenſpectrum fand, die alle
unter ſich parallel und von verſchiedener Dicke und Schwärze wa-
ren. Man ſieht die Linien, wenn man das Spectrum durch ein
Fernrohr beobachtet, immer in denſelben relativen Diſtanzen von
einander ſowohl, als auch von den Gränzen der einzelnen Far-
ben. Wenn z. B. drei ſchwarze Linien bemerkt werden, von welchen
die beiden erſten doppelt ſo weit von einander abſtehen, als die
beiden letzten, und von welchen die mittlere die größte iſt, und
genau in der Mitte der grünen Farbe liegt, ſo findet man alle
dieſe Verhältniſſe bei jedem andern Spectrum wieder, welcher Art
auch das Prisma von Glas, Kryſtall, Waſſer u. dgl. ſeyn mag,
deſſen man ſich zur Spaltung des Sonnenſtrahls bediente. Ihre
Anzahl, die Ordnung ihrer Aufeinanderfolge, ihre Intenſität iſt
immer dieſelbe, wenn nur der Strahl entweder direct, oder auch
indirect, z. B. durch Reflexion, von der Sonne kömmt. Das
Licht des Monds, der Planeten, der Fixſterne, ferner das unſeres
Lampen- oder Küchen-Feuers, oder das der electriſchen Funken
zeigt zwar auch jene ſchwarzen parallelen Linien, aber in ganz
anderer Ordnung und Vertheilung, ſo daß jedes Licht ſein eige-
nes Syſtem dieſer Linien zu haben ſcheint. Das Licht des Sirius
z. B. hat in der orangen und gelben Farbe gar keine ſchwarzen
Streifen, dafür mehrere ſtarke in der grünen und blauen, die das
Sonnenſpectrum nicht zeigt. Die Streifen in dem Lichte der Zwil-
linge ſind wieder von denen des Sirius verſchieden u. ſ. w., ſo
daß vielleicht jeder Fixſtern ſein eigenes Syſtem hat. Da dieſe
Linien in dem Spectrum eines jeden Orts immer eine feſte, un-
veränderliche Stelle einnehmen, ſo geben ſie ein viel ſichereres
Mittel, die Brechung der Lichtſtrahlen und die einzelnen Farben
zu meſſen, als man früher hatte, wo man nur dieſe immer ſehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0021" n="11"/><fw place="top" type="header">Die Sonne.</fw><lb/>
farbne den klein&#x017F;ten Raum einnimmt. Im Jahre 1802 aber be-<lb/>
merkte <hi rendition="#g">Wolla&#x017F;ton</hi> zuer&#x017F;t in die&#x017F;em Spectrum zwei ganz &#x017F;chwarze<lb/>
gerade Linien, die &#x017F;enkrecht auf die zwei läng&#x017F;ten Seiten des<lb/>
Rechtecks &#x017F;tanden, und von welchen die eine in der grünen, und<lb/>
die andere in der blauen Farbe &#x017F;ich zeigte. Er verfolgte die&#x017F;e<lb/>
Entdeckung nicht weiter, bis &#x017F;ie, mehrere Jahre &#x017F;päter, von<lb/><hi rendition="#g">Fraunhofer</hi>, dem Wolla&#x017F;tons Beobachtung unbekannt war,<lb/>
dahin erweitert wurde, daß er eine große Anzahl, beinahe 600,<lb/>
&#x017F;olcher &#x017F;chwarzen Streifen in dem Sonnen&#x017F;pectrum fand, die alle<lb/>
unter &#x017F;ich parallel und von ver&#x017F;chiedener Dicke und Schwärze wa-<lb/>
ren. Man &#x017F;ieht die Linien, wenn man das Spectrum durch ein<lb/>
Fernrohr beobachtet, immer in den&#x017F;elben relativen Di&#x017F;tanzen von<lb/>
einander &#x017F;owohl, als auch von den Gränzen der einzelnen Far-<lb/>
ben. Wenn z. B. drei &#x017F;chwarze Linien bemerkt werden, von welchen<lb/>
die beiden er&#x017F;ten doppelt &#x017F;o weit von einander ab&#x017F;tehen, als die<lb/>
beiden letzten, und von welchen die mittlere die größte i&#x017F;t, und<lb/>
genau in der Mitte der grünen Farbe liegt, &#x017F;o findet man alle<lb/>
die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e bei jedem andern Spectrum wieder, welcher Art<lb/>
auch das Prisma von Glas, Kry&#x017F;tall, Wa&#x017F;&#x017F;er u. dgl. &#x017F;eyn mag,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en man &#x017F;ich zur Spaltung des Sonnen&#x017F;trahls bediente. Ihre<lb/>
Anzahl, die Ordnung ihrer Aufeinanderfolge, ihre Inten&#x017F;ität i&#x017F;t<lb/>
immer die&#x017F;elbe, wenn nur der Strahl entweder direct, oder auch<lb/>
indirect, z. B. durch Reflexion, von der <hi rendition="#g">Sonne</hi> kömmt. Das<lb/>
Licht des Monds, der Planeten, der Fix&#x017F;terne, ferner das un&#x017F;eres<lb/>
Lampen- oder Küchen-Feuers, oder das der electri&#x017F;chen Funken<lb/>
zeigt zwar auch jene &#x017F;chwarzen parallelen Linien, aber in ganz<lb/>
anderer Ordnung und Vertheilung, &#x017F;o daß jedes Licht &#x017F;ein eige-<lb/>
nes Sy&#x017F;tem die&#x017F;er Linien zu haben &#x017F;cheint. Das Licht des Sirius<lb/>
z. B. hat in der orangen und gelben Farbe gar keine &#x017F;chwarzen<lb/>
Streifen, dafür mehrere &#x017F;tarke in der grünen und blauen, die das<lb/>
Sonnen&#x017F;pectrum nicht zeigt. Die Streifen in dem Lichte der Zwil-<lb/>
linge &#x017F;ind wieder von denen des Sirius ver&#x017F;chieden u. &#x017F;. w., &#x017F;o<lb/>
daß vielleicht jeder Fix&#x017F;tern &#x017F;ein eigenes Sy&#x017F;tem hat. Da die&#x017F;e<lb/>
Linien in dem Spectrum eines jeden Orts immer eine fe&#x017F;te, un-<lb/>
veränderliche Stelle einnehmen, &#x017F;o geben &#x017F;ie ein viel &#x017F;ichereres<lb/>
Mittel, die Brechung der Licht&#x017F;trahlen und die einzelnen Farben<lb/>
zu me&#x017F;&#x017F;en, als man früher hatte, wo man nur die&#x017F;e immer &#x017F;ehr<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0021] Die Sonne. farbne den kleinſten Raum einnimmt. Im Jahre 1802 aber be- merkte Wollaſton zuerſt in dieſem Spectrum zwei ganz ſchwarze gerade Linien, die ſenkrecht auf die zwei längſten Seiten des Rechtecks ſtanden, und von welchen die eine in der grünen, und die andere in der blauen Farbe ſich zeigte. Er verfolgte dieſe Entdeckung nicht weiter, bis ſie, mehrere Jahre ſpäter, von Fraunhofer, dem Wollaſtons Beobachtung unbekannt war, dahin erweitert wurde, daß er eine große Anzahl, beinahe 600, ſolcher ſchwarzen Streifen in dem Sonnenſpectrum fand, die alle unter ſich parallel und von verſchiedener Dicke und Schwärze wa- ren. Man ſieht die Linien, wenn man das Spectrum durch ein Fernrohr beobachtet, immer in denſelben relativen Diſtanzen von einander ſowohl, als auch von den Gränzen der einzelnen Far- ben. Wenn z. B. drei ſchwarze Linien bemerkt werden, von welchen die beiden erſten doppelt ſo weit von einander abſtehen, als die beiden letzten, und von welchen die mittlere die größte iſt, und genau in der Mitte der grünen Farbe liegt, ſo findet man alle dieſe Verhältniſſe bei jedem andern Spectrum wieder, welcher Art auch das Prisma von Glas, Kryſtall, Waſſer u. dgl. ſeyn mag, deſſen man ſich zur Spaltung des Sonnenſtrahls bediente. Ihre Anzahl, die Ordnung ihrer Aufeinanderfolge, ihre Intenſität iſt immer dieſelbe, wenn nur der Strahl entweder direct, oder auch indirect, z. B. durch Reflexion, von der Sonne kömmt. Das Licht des Monds, der Planeten, der Fixſterne, ferner das unſeres Lampen- oder Küchen-Feuers, oder das der electriſchen Funken zeigt zwar auch jene ſchwarzen parallelen Linien, aber in ganz anderer Ordnung und Vertheilung, ſo daß jedes Licht ſein eige- nes Syſtem dieſer Linien zu haben ſcheint. Das Licht des Sirius z. B. hat in der orangen und gelben Farbe gar keine ſchwarzen Streifen, dafür mehrere ſtarke in der grünen und blauen, die das Sonnenſpectrum nicht zeigt. Die Streifen in dem Lichte der Zwil- linge ſind wieder von denen des Sirius verſchieden u. ſ. w., ſo daß vielleicht jeder Fixſtern ſein eigenes Syſtem hat. Da dieſe Linien in dem Spectrum eines jeden Orts immer eine feſte, un- veränderliche Stelle einnehmen, ſo geben ſie ein viel ſichereres Mittel, die Brechung der Lichtſtrahlen und die einzelnen Farben zu meſſen, als man früher hatte, wo man nur dieſe immer ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/21
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/21>, abgerufen am 16.04.2024.