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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Sonne.

§. 19. (Erklärung der Interferenz des Lichts im Vibrations-
systeme.) Es würde uns viel zu weit führen, wenn wir alle die
Erscheinungen jener gefärbten Ringe, die den Schatten umgeben,
oder die Farbenspiele der dünnen Platten, selbst die der Seifen-
blasen, hier näher angeben wollten, die sich durch diese Interferenz
des Lichtes auf das schönste und überzeugendste geben lassen. Wir
bemerken nur noch, daß sich die ganze Theorie der Interferenz
viel besser und genügender durch die oben erwähnte Undulations-
lehre, als durch das Emanationssystem erklären läßt. Durch die
Bewegung der Lichtelemente wird jenes äußerst feine, durchsichtige
und elastische Medium, welches wir der Kürze wegen den Aether
nennen wollen, in eine wellenartige Bewegung gesetzt. Wenn
diese Wellen bis zu unserm Sehorgan vordringen, so wird dasselbe
dadurch auf eine ähnliche Weise afficirt, wie unser Ohr durch die
Wellen der Luft. Und wie die Differenz der Töne in der größeren
oder kleineren Anzahl der Luftschwingungen während einer Se-
cunde besteht, eben so besteht auch die Differenz der Farben in
den verschiedenen Geschwindigkeiten, mit welchen die Wellen des
Aethers fortgepflanzt werden. Und wie endlich die kreisförmigen
Wellen, die sich bei zwei in ein ruhiges Wasser geworfenen Stei-
nen um jeden derselben bilden, wenn sie sich auf der Oberfläche
des Wassers begegnen, einander öfter aufheben, und die Ebene des
Wasserspiegels nicht stören, und oft wieder, wenn sie sich in corre-
spondirenden Richtungen treffen, sich gegenseitig zu einer doppel-
ten Höhe erheben, so werden auch die Aetherwellen sich bald ge-
genseitig unterstützen, und das Licht ihrer Durchschnittspunkte er-
höhen, bald wieder einander aufheben und alles Licht zerstören,
d. h. sich interferiren.

Setzen wir nur noch hinzu, daß diese ganze Theorie der In-
terferenz nicht bloß ein Aggregat von vagen Hypothesen, sondern
daß sie ein Resultat der strengsten Analyse ist, und daher jenes
hohen Grades der Wahrheit sich erfreut, die jeder Theorie nur
dann zu Theil wird, wenn sie, wie die Astronomie, eine rein
mathematische Basis hat, und daß endlich die Resultate die-
ser Berechnungen bereits durch zahllose Beobachtungen auf das
vollkommenste bestätiget worden sind. Obschon es unmöglich ist,
von solchen Berechnungen in einem Werke dieser Art eine nähere

Die Sonne.

§. 19. (Erklärung der Interferenz des Lichts im Vibrations-
ſyſteme.) Es würde uns viel zu weit führen, wenn wir alle die
Erſcheinungen jener gefärbten Ringe, die den Schatten umgeben,
oder die Farbenſpiele der dünnen Platten, ſelbſt die der Seifen-
blaſen, hier näher angeben wollten, die ſich durch dieſe Interferenz
des Lichtes auf das ſchönſte und überzeugendſte geben laſſen. Wir
bemerken nur noch, daß ſich die ganze Theorie der Interferenz
viel beſſer und genügender durch die oben erwähnte Undulations-
lehre, als durch das Emanationsſyſtem erklären läßt. Durch die
Bewegung der Lichtelemente wird jenes äußerſt feine, durchſichtige
und elaſtiſche Medium, welches wir der Kürze wegen den Aether
nennen wollen, in eine wellenartige Bewegung geſetzt. Wenn
dieſe Wellen bis zu unſerm Sehorgan vordringen, ſo wird daſſelbe
dadurch auf eine ähnliche Weiſe afficirt, wie unſer Ohr durch die
Wellen der Luft. Und wie die Differenz der Töne in der größeren
oder kleineren Anzahl der Luftſchwingungen während einer Se-
cunde beſteht, eben ſo beſteht auch die Differenz der Farben in
den verſchiedenen Geſchwindigkeiten, mit welchen die Wellen des
Aethers fortgepflanzt werden. Und wie endlich die kreisförmigen
Wellen, die ſich bei zwei in ein ruhiges Waſſer geworfenen Stei-
nen um jeden derſelben bilden, wenn ſie ſich auf der Oberfläche
des Waſſers begegnen, einander öfter aufheben, und die Ebene des
Waſſerſpiegels nicht ſtören, und oft wieder, wenn ſie ſich in corre-
ſpondirenden Richtungen treffen, ſich gegenſeitig zu einer doppel-
ten Höhe erheben, ſo werden auch die Aetherwellen ſich bald ge-
genſeitig unterſtützen, und das Licht ihrer Durchſchnittspunkte er-
höhen, bald wieder einander aufheben und alles Licht zerſtören,
d. h. ſich interferiren.

Setzen wir nur noch hinzu, daß dieſe ganze Theorie der In-
terferenz nicht bloß ein Aggregat von vagen Hypotheſen, ſondern
daß ſie ein Reſultat der ſtrengſten Analyſe iſt, und daher jenes
hohen Grades der Wahrheit ſich erfreut, die jeder Theorie nur
dann zu Theil wird, wenn ſie, wie die Aſtronomie, eine rein
mathematiſche Baſis hat, und daß endlich die Reſultate die-
ſer Berechnungen bereits durch zahlloſe Beobachtungen auf das
vollkommenſte beſtätiget worden ſind. Obſchon es unmöglich iſt,
von ſolchen Berechnungen in einem Werke dieſer Art eine nähere

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[24/0034] Die Sonne. §. 19. (Erklärung der Interferenz des Lichts im Vibrations- ſyſteme.) Es würde uns viel zu weit führen, wenn wir alle die Erſcheinungen jener gefärbten Ringe, die den Schatten umgeben, oder die Farbenſpiele der dünnen Platten, ſelbſt die der Seifen- blaſen, hier näher angeben wollten, die ſich durch dieſe Interferenz des Lichtes auf das ſchönſte und überzeugendſte geben laſſen. Wir bemerken nur noch, daß ſich die ganze Theorie der Interferenz viel beſſer und genügender durch die oben erwähnte Undulations- lehre, als durch das Emanationsſyſtem erklären läßt. Durch die Bewegung der Lichtelemente wird jenes äußerſt feine, durchſichtige und elaſtiſche Medium, welches wir der Kürze wegen den Aether nennen wollen, in eine wellenartige Bewegung geſetzt. Wenn dieſe Wellen bis zu unſerm Sehorgan vordringen, ſo wird daſſelbe dadurch auf eine ähnliche Weiſe afficirt, wie unſer Ohr durch die Wellen der Luft. Und wie die Differenz der Töne in der größeren oder kleineren Anzahl der Luftſchwingungen während einer Se- cunde beſteht, eben ſo beſteht auch die Differenz der Farben in den verſchiedenen Geſchwindigkeiten, mit welchen die Wellen des Aethers fortgepflanzt werden. Und wie endlich die kreisförmigen Wellen, die ſich bei zwei in ein ruhiges Waſſer geworfenen Stei- nen um jeden derſelben bilden, wenn ſie ſich auf der Oberfläche des Waſſers begegnen, einander öfter aufheben, und die Ebene des Waſſerſpiegels nicht ſtören, und oft wieder, wenn ſie ſich in corre- ſpondirenden Richtungen treffen, ſich gegenſeitig zu einer doppel- ten Höhe erheben, ſo werden auch die Aetherwellen ſich bald ge- genſeitig unterſtützen, und das Licht ihrer Durchſchnittspunkte er- höhen, bald wieder einander aufheben und alles Licht zerſtören, d. h. ſich interferiren. Setzen wir nur noch hinzu, daß dieſe ganze Theorie der In- terferenz nicht bloß ein Aggregat von vagen Hypotheſen, ſondern daß ſie ein Reſultat der ſtrengſten Analyſe iſt, und daher jenes hohen Grades der Wahrheit ſich erfreut, die jeder Theorie nur dann zu Theil wird, wenn ſie, wie die Aſtronomie, eine rein mathematiſche Baſis hat, und daß endlich die Reſultate die- ſer Berechnungen bereits durch zahlloſe Beobachtungen auf das vollkommenſte beſtätiget worden ſind. Obſchon es unmöglich iſt, von ſolchen Berechnungen in einem Werke dieſer Art eine nähere

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/34>, abgerufen am 28.03.2024.