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Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853.

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Nein, meine Brüder, Luther hat Recht, wenn er sagt, die Zucht sei eben so gut ein Gottesgebot, wie jedes andre. Das Zuchtgebot Christi und seiner Apostel ist in der That nichts anderes, als das Gebot der reinsten, kirchlichsten Liebe, der Liebe der Gemeinde zu ihren Gliedern, der Glieder zur Gemeinde. Und gewis, Zucht ist in ihrer schönsten, lautersten, höchsten Faßung österliche Zucht, Abendmahlszucht, so gewis die Kirche selbst eine österliche, eine Abendmahlsgemeinde ist, bis daß ER kommt.

Dabei, meine Brüder, ist noch Eins hervorzuheben, was ich bis jetzt nur vorausgesetzt und bis hieher aufgespart habe. An wen wendet sich die Rede des Apostels im 5. Cap. des 1. Br. an die Corinther? Wer soll Zucht üben, den alten Sauerteig ausfegen, die Bösen hinausthun, im Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit Ostern halten? Ist es etwa bloß zu den corinthischen Pfarrern gesagt: werden die allein zur Ausübung der Zucht überhaupt und der Abendmahlszucht insonderheit verpflichtet? So wenig als sich Christus Matth. 18. in seinem Zuchtbefehl bloß an die Pfarrer wendet. Allen Christen ist die Zucht, auch die Abendmahlszucht zugemuthet; die ganzen Gemeinden sind dafür verantwortlich; Zucht ist die nothwendige Aeußerung der Bruderliebe; wo keine Zucht ist, ist genau genommen auch keine Bruderliebe, kein wahrer und echter Zusammenhang der Gemeinde, kein Band der Vollkommenheit, kein überzeugender Beweis, daß sich die Gemeinde für eine Familie Gottes, für eine zusammengehörige und zusammenhangende Heerde Christi erkennt. Es ist auch wirklich ganz unmöglich, Zucht im Segen zu üben, so lange die Gemeinden es nicht als Gemeindepflicht, jeder einzelne als seine unverbrüchliche Pflicht der Bruderliebe erkennt, aus allen Kräften mitzuhelfen. Was für eine Unerfahrenheit, welche unstatthaftes Verlangen, daß die Pfarrer allein Zucht üben, Zucht halten sollen! Der Pfarrer ist ein Gemeindeglied, ein hervorragendes,

Nein, meine Brüder, Luther hat Recht, wenn er sagt, die Zucht sei eben so gut ein Gottesgebot, wie jedes andre. Das Zuchtgebot Christi und seiner Apostel ist in der That nichts anderes, als das Gebot der reinsten, kirchlichsten Liebe, der Liebe der Gemeinde zu ihren Gliedern, der Glieder zur Gemeinde. Und gewis, Zucht ist in ihrer schönsten, lautersten, höchsten Faßung österliche Zucht, Abendmahlszucht, so gewis die Kirche selbst eine österliche, eine Abendmahlsgemeinde ist, bis daß ER kommt.

Dabei, meine Brüder, ist noch Eins hervorzuheben, was ich bis jetzt nur vorausgesetzt und bis hieher aufgespart habe. An wen wendet sich die Rede des Apostels im 5. Cap. des 1. Br. an die Corinther? Wer soll Zucht üben, den alten Sauerteig ausfegen, die Bösen hinausthun, im Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit Ostern halten? Ist es etwa bloß zu den corinthischen Pfarrern gesagt: werden die allein zur Ausübung der Zucht überhaupt und der Abendmahlszucht insonderheit verpflichtet? So wenig als sich Christus Matth. 18. in seinem Zuchtbefehl bloß an die Pfarrer wendet. Allen Christen ist die Zucht, auch die Abendmahlszucht zugemuthet; die ganzen Gemeinden sind dafür verantwortlich; Zucht ist die nothwendige Aeußerung der Bruderliebe; wo keine Zucht ist, ist genau genommen auch keine Bruderliebe, kein wahrer und echter Zusammenhang der Gemeinde, kein Band der Vollkommenheit, kein überzeugender Beweis, daß sich die Gemeinde für eine Familie Gottes, für eine zusammengehörige und zusammenhangende Heerde Christi erkennt. Es ist auch wirklich ganz unmöglich, Zucht im Segen zu üben, so lange die Gemeinden es nicht als Gemeindepflicht, jeder einzelne als seine unverbrüchliche Pflicht der Bruderliebe erkennt, aus allen Kräften mitzuhelfen. Was für eine Unerfahrenheit, welche unstatthaftes Verlangen, daß die Pfarrer allein Zucht üben, Zucht halten sollen! Der Pfarrer ist ein Gemeindeglied, ein hervorragendes,

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[11/0011] Nein, meine Brüder, Luther hat Recht, wenn er sagt, die Zucht sei eben so gut ein Gottesgebot, wie jedes andre. Das Zuchtgebot Christi und seiner Apostel ist in der That nichts anderes, als das Gebot der reinsten, kirchlichsten Liebe, der Liebe der Gemeinde zu ihren Gliedern, der Glieder zur Gemeinde. Und gewis, Zucht ist in ihrer schönsten, lautersten, höchsten Faßung österliche Zucht, Abendmahlszucht, so gewis die Kirche selbst eine österliche, eine Abendmahlsgemeinde ist, bis daß ER kommt. Dabei, meine Brüder, ist noch Eins hervorzuheben, was ich bis jetzt nur vorausgesetzt und bis hieher aufgespart habe. An wen wendet sich die Rede des Apostels im 5. Cap. des 1. Br. an die Corinther? Wer soll Zucht üben, den alten Sauerteig ausfegen, die Bösen hinausthun, im Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit Ostern halten? Ist es etwa bloß zu den corinthischen Pfarrern gesagt: werden die allein zur Ausübung der Zucht überhaupt und der Abendmahlszucht insonderheit verpflichtet? So wenig als sich Christus Matth. 18. in seinem Zuchtbefehl bloß an die Pfarrer wendet. Allen Christen ist die Zucht, auch die Abendmahlszucht zugemuthet; die ganzen Gemeinden sind dafür verantwortlich; Zucht ist die nothwendige Aeußerung der Bruderliebe; wo keine Zucht ist, ist genau genommen auch keine Bruderliebe, kein wahrer und echter Zusammenhang der Gemeinde, kein Band der Vollkommenheit, kein überzeugender Beweis, daß sich die Gemeinde für eine Familie Gottes, für eine zusammengehörige und zusammenhangende Heerde Christi erkennt. Es ist auch wirklich ganz unmöglich, Zucht im Segen zu üben, so lange die Gemeinden es nicht als Gemeindepflicht, jeder einzelne als seine unverbrüchliche Pflicht der Bruderliebe erkennt, aus allen Kräften mitzuhelfen. Was für eine Unerfahrenheit, welche unstatthaftes Verlangen, daß die Pfarrer allein Zucht üben, Zucht halten sollen! Der Pfarrer ist ein Gemeindeglied, ein hervorragendes,

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_abendmahlszucht_1853/11>, abgerufen am 29.03.2024.