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Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690.

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Anmerckungen.
[Spaltenumbruch] nichts/ als verliebte Eitelkeiten/ suchen würden.
Dannenhero schweifft er in seinen, Unterre-
dungen aus/ bald auf den Ursprung/ Glau-
ben und Gebräuche aller frembder Völcker/
bald auf die Geschichte unterschiedener beschrie-
hener Weltweisen/ bald auf die Beschreibung
aller Tugenden/ Laster und Gemüths-Re-
gungen
des Menschen/ bald auf wichtige
Staats-Händel und die hierüber entstanden-
ne Streit-Fragen/ bald auf die grösten Wun-
der
der Naturkündiger und neuen Aertzte;
so gar/ daß der jenige sehr verwöhnten Ge-
schmackes seyn muß/ den eine so grosse Ver-
änderung und Vermischung lustiger und ernst-
haffter Dinge zu vergnügen unfähig wäre.
Gewiß ists/ daß gleich wie der grundgelehrte
Lohenstein eine lebendige Bibliothec gewesen/
also dieses Buch ein rechter Kern und Auszug
seiner gantzen leblosen Bibliothec mit allem
Rechte heissen kan.

Das II. Capitel/
Von
der Lohensteinischen
Schreib-Art.

DJe Art zu schreiben/ derer der Herr
von Lohenstein sich in diesem Werck
gebraucht/ ist zwar hoch/ doch nicht
unverständlich/ hierbey ungezwun-
gen/
durchgehends gleichförmig/ und um deß
willen desto angenehmer und wunderbarer.
Denn wenn gleich einer in einer ordentlich-nie-
drigen oder mittelmäßigen Schreib-Art denn
und wenn hohe Reden und ungemeine Gedan-
cken einmischt/ siehets doch nicht viel besser aus/
als ein Tuch-Kleid/ das mit etlichen Sammt-
Flecken geflicket ist; da man hingegen unserm
Lohenstein den Preiß lassen muß/ dessen Ver-
stand so viel sinnreiche Sprüche/ dessen Gedächt-
niß so viel merckwürdige Exempel/ dessen Ein-
bildung so viel artige Gleichnisse iederzeit im
[Spaltenumbruch] Vorrath gehabt/ daß alle Stücke dieses Wercks
mit unterschiedenen Zierathen auf einerley
Art versetzet und denen wohlangelegten Gar-
ten-Beeten ähnlich sind/ die einander alle gleich/
und doch alle mit ihrem eigenen Reichthum
versorget seyn müssen.

Wahr ists/ es möchten nicht wenig Leser
meynen/ Lohenstein habe der Sachen allzu viel
gethan/ und/ (da er hin und wieder auf die über-
würtzten Speisen so übel zu sprechen ist/) seine
Schrifften mit solchen köstlichen Sprüchen/
Gleichnissen und Exempeln überwürtzet: Es
scheinet ja fast/ der unsäglich belesene Mann habe
alle seine redende Personen vom grösten biß zum
kleinsten/ vom Feldherrn biß auf den geringsten
Soldaten/ nach seinem eigenen Maaß abge-
messen/ und mit seinem eigenen Geiste beseelet/
weil iedweder ohne Nachdencken im freyen
Felde aus dem Kopffe so viel Geschichten auf
alle Fälle herzusagen weiß/ als mancher Halb-
gelehrter in wer weiß wie viel Wochen aus etli-
chen dutzent Tröstern vergeblich zusammen su-
chen solte. Allein gleich wie Plato sein ge-
meines Wesen entworffen/ nicht wie es seyn kan/
sondern wie es seyn solte: Also machen solche
Helden-Gedichte allezeit die Personen klüger
und tugendhaffter/ als sie vermuthlich gewesen/
damit sie desto eher dem Leser zum Muster vorge-
stellet zu werden verdienen möchten. Und
warum wolte man zu Lohensteins Gütigkeit
scheel sehen/ der seinen Leser lieber mit vernünff-
tigen Dingen als mit eiteln Geschwätz unter-
halten/ und lieber seine eigene vollkommene Ge-
dancken seinen Helden und Heldinnen in den
Mund legen wollen/ ehe daß er sie etwas reden
liesse/ so zwar ihrer wahrhafften natürlichen Fä-
higkeit gemäß/ nicht aber einen nach vollkom-
menern Dingen begierigen Leser völlige Gnü-
ge zu leisten tüchtig wäre?

Ubrigens ist die Redens-Art unsers Lohen-
steins rein-Hochteutsch/ und weder mit La-
teinischen oder andern frembden Wörtern ohne

die

Anmerckungen.
[Spaltenumbruch] nichts/ als verliebte Eitelkeiten/ ſuchen wuͤrden.
Dannenhero ſchweifft er in ſeinen, Unterre-
dungen aus/ bald auf den Urſprung/ Glau-
ben und Gebraͤuche aller frembder Voͤlcker/
bald auf die Geſchichte unterſchiedener beſchrie-
hener Weltweiſen/ bald auf die Beſchreibung
aller Tugenden/ Laſter und Gemuͤths-Re-
gungen
des Menſchen/ bald auf wichtige
Staats-Haͤndel und die hieruͤber entſtanden-
ne Streit-Fragen/ bald auf die groͤſten Wun-
der
der Naturkuͤndiger und neuen Aertzte;
ſo gar/ daß der jenige ſehr verwoͤhnten Ge-
ſchmackes ſeyn muß/ den eine ſo groſſe Ver-
aͤnderung und Vermiſchung luſtiger und ernſt-
haffter Dinge zu vergnuͤgen unfaͤhig waͤre.
Gewiß iſts/ daß gleich wie der grundgelehrte
Lohenſtein eine lebendige Bibliothec geweſen/
alſo dieſes Buch ein rechter Kern und Auszug
ſeiner gantzen lebloſen Bibliothec mit allem
Rechte heiſſen kan.

Das II. Capitel/
Von
der Lohenſteiniſchen
Schreib-Art.

DJe Art zu ſchreiben/ derer der Herr
von Lohenſtein ſich in dieſem Werck
gebraucht/ iſt zwar hoch/ doch nicht
unverſtaͤndlich/ hierbey ungezwun-
gen/
durchgehends gleichfoͤrmig/ und um deß
willen deſto angenehmer und wunderbarer.
Denn wenn gleich einer in einer ordentlich-nie-
drigen oder mittelmaͤßigen Schreib-Art denn
und wenn hohe Reden und ungemeine Gedan-
cken einmiſcht/ ſiehets doch nicht viel beſſer aus/
als ein Tuch-Kleid/ das mit etlichen Sammt-
Flecken geflicket iſt; da man hingegen unſerm
Lohenſtein den Preiß laſſen muß/ deſſen Ver-
ſtand ſo viel ſinnreiche Spruͤche/ deſſen Gedaͤcht-
niß ſo viel merckwuͤrdige Exempel/ deſſen Ein-
bildung ſo viel artige Gleichniſſe iederzeit im
[Spaltenumbruch] Vorrath gehabt/ daß alle Stuͤcke dieſes Wercks
mit unterſchiedenen Zierathen auf einerley
Art verſetzet und denen wohlangelegten Gar-
ten-Beeten aͤhnlich ſind/ die einander alle gleich/
und doch alle mit ihrem eigenen Reichthum
verſorget ſeyn muͤſſen.

Wahr iſts/ es moͤchten nicht wenig Leſer
meynen/ Lohenſtein habe der Sachen allzu viel
gethan/ und/ (da er hin und wieder auf die uͤber-
wuͤrtzten Speiſen ſo uͤbel zu ſprechen iſt/) ſeine
Schrifften mit ſolchen koͤſtlichen Spruͤchen/
Gleichniſſen und Exempeln uͤberwuͤrtzet: Es
ſcheinet ja faſt/ der unſaͤglich beleſene Mann habe
alle ſeine redende Perſonen vom groͤſten biß zum
kleinſten/ vom Feldherrn biß auf den geringſten
Soldaten/ nach ſeinem eigenen Maaß abge-
meſſen/ und mit ſeinem eigenen Geiſte beſeelet/
weil iedweder ohne Nachdencken im freyen
Felde aus dem Kopffe ſo viel Geſchichten auf
alle Faͤlle herzuſagen weiß/ als mancher Halb-
gelehrter in wer weiß wie viel Wochen aus etli-
chen dutzent Troͤſtern vergeblich zuſammen ſu-
chen ſolte. Allein gleich wie Plato ſein ge-
meines Weſen entwoꝛffen/ nicht wie es ſeyn kan/
ſondern wie es ſeyn ſolte: Alſo machen ſolche
Helden-Gedichte allezeit die Perſonen kluͤger
und tugendhaffter/ als ſie vermuthlich geweſen/
damit ſie deſto eher dem Leſer zum Muſter vorge-
ſtellet zu werden verdienen moͤchten. Und
warum wolte man zu Lohenſteins Guͤtigkeit
ſcheel ſehen/ der ſeinen Leſer lieber mit vernuͤnff-
tigen Dingen als mit eiteln Geſchwaͤtz unter-
halten/ und lieber ſeine eigene vollkommene Ge-
dancken ſeinen Helden und Heldinnen in den
Mund legen wollen/ ehe daß er ſie etwas reden
lieſſe/ ſo zwar ihrer wahrhafften natuͤrlichen Faͤ-
higkeit gemaͤß/ nicht aber einen nach vollkom-
menern Dingen begierigen Leſer voͤllige Gnuͤ-
ge zu leiſten tuͤchtig waͤre?

Ubrigens iſt die Redens-Art unſers Lohen-
ſteins rein-Hochteutſch/ und weder mit La-
teiniſchen oder andern frembden Woͤrtern ohne

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[7/0007] Anmerckungen. nichts/ als verliebte Eitelkeiten/ ſuchen wuͤrden. Dannenhero ſchweifft er in ſeinen, Unterre- dungen aus/ bald auf den Urſprung/ Glau- ben und Gebraͤuche aller frembder Voͤlcker/ bald auf die Geſchichte unterſchiedener beſchrie- hener Weltweiſen/ bald auf die Beſchreibung aller Tugenden/ Laſter und Gemuͤths-Re- gungen des Menſchen/ bald auf wichtige Staats-Haͤndel und die hieruͤber entſtanden- ne Streit-Fragen/ bald auf die groͤſten Wun- der der Naturkuͤndiger und neuen Aertzte; ſo gar/ daß der jenige ſehr verwoͤhnten Ge- ſchmackes ſeyn muß/ den eine ſo groſſe Ver- aͤnderung und Vermiſchung luſtiger und ernſt- haffter Dinge zu vergnuͤgen unfaͤhig waͤre. Gewiß iſts/ daß gleich wie der grundgelehrte Lohenſtein eine lebendige Bibliothec geweſen/ alſo dieſes Buch ein rechter Kern und Auszug ſeiner gantzen lebloſen Bibliothec mit allem Rechte heiſſen kan. Das II. Capitel/ Von der Lohenſteiniſchen Schreib-Art. DJe Art zu ſchreiben/ derer der Herr von Lohenſtein ſich in dieſem Werck gebraucht/ iſt zwar hoch/ doch nicht unverſtaͤndlich/ hierbey ungezwun- gen/ durchgehends gleichfoͤrmig/ und um deß willen deſto angenehmer und wunderbarer. Denn wenn gleich einer in einer ordentlich-nie- drigen oder mittelmaͤßigen Schreib-Art denn und wenn hohe Reden und ungemeine Gedan- cken einmiſcht/ ſiehets doch nicht viel beſſer aus/ als ein Tuch-Kleid/ das mit etlichen Sammt- Flecken geflicket iſt; da man hingegen unſerm Lohenſtein den Preiß laſſen muß/ deſſen Ver- ſtand ſo viel ſinnreiche Spruͤche/ deſſen Gedaͤcht- niß ſo viel merckwuͤrdige Exempel/ deſſen Ein- bildung ſo viel artige Gleichniſſe iederzeit im Vorrath gehabt/ daß alle Stuͤcke dieſes Wercks mit unterſchiedenen Zierathen auf einerley Art verſetzet und denen wohlangelegten Gar- ten-Beeten aͤhnlich ſind/ die einander alle gleich/ und doch alle mit ihrem eigenen Reichthum verſorget ſeyn muͤſſen. Wahr iſts/ es moͤchten nicht wenig Leſer meynen/ Lohenſtein habe der Sachen allzu viel gethan/ und/ (da er hin und wieder auf die uͤber- wuͤrtzten Speiſen ſo uͤbel zu ſprechen iſt/) ſeine Schrifften mit ſolchen koͤſtlichen Spruͤchen/ Gleichniſſen und Exempeln uͤberwuͤrtzet: Es ſcheinet ja faſt/ der unſaͤglich beleſene Mann habe alle ſeine redende Perſonen vom groͤſten biß zum kleinſten/ vom Feldherrn biß auf den geringſten Soldaten/ nach ſeinem eigenen Maaß abge- meſſen/ und mit ſeinem eigenen Geiſte beſeelet/ weil iedweder ohne Nachdencken im freyen Felde aus dem Kopffe ſo viel Geſchichten auf alle Faͤlle herzuſagen weiß/ als mancher Halb- gelehrter in wer weiß wie viel Wochen aus etli- chen dutzent Troͤſtern vergeblich zuſammen ſu- chen ſolte. Allein gleich wie Plato ſein ge- meines Weſen entwoꝛffen/ nicht wie es ſeyn kan/ ſondern wie es ſeyn ſolte: Alſo machen ſolche Helden-Gedichte allezeit die Perſonen kluͤger und tugendhaffter/ als ſie vermuthlich geweſen/ damit ſie deſto eher dem Leſer zum Muſter vorge- ſtellet zu werden verdienen moͤchten. Und warum wolte man zu Lohenſteins Guͤtigkeit ſcheel ſehen/ der ſeinen Leſer lieber mit vernuͤnff- tigen Dingen als mit eiteln Geſchwaͤtz unter- halten/ und lieber ſeine eigene vollkommene Ge- dancken ſeinen Helden und Heldinnen in den Mund legen wollen/ ehe daß er ſie etwas reden lieſſe/ ſo zwar ihrer wahrhafften natuͤrlichen Faͤ- higkeit gemaͤß/ nicht aber einen nach vollkom- menern Dingen begierigen Leſer voͤllige Gnuͤ- ge zu leiſten tuͤchtig waͤre? Ubrigens iſt die Redens-Art unſers Lohen- ſteins rein-Hochteutſch/ und weder mit La- teiniſchen oder andern frembden Woͤrtern ohne die

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Anmerckungen über Herrn Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. [Bd. 3]. Leipzig, 1690, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr03_1690/7>, abgerufen am 28.03.2024.