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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Vermeidung der sphärischen Aberration; Iris.
sie hat in der That genau die Lage und Form aller sogenannten Blen-
dungen optischer Instrumente.

Die Beweglichkeit der Oeffnung sowohl, wie die besondere Form
der Bewegungen, verdankt die Iris zwei besondern Muskeln *) einem
radialen, vom Hornhautrand zur Pupille verlaufenden und einen cir-
kulären, der in grössern und grössern Bogen die Pupillenöffnung um-
kreist. -- Von diesen beiden Muskeln scheint nach Ed. Weber der
radiale das Uebergewicht zu besitzen, indem bei gleich starker Erre-
regung beider, die Pupille sich beträchtlich erweitert.

Die Muskeln erhalten ihre Nerven **) von sehr verschiedenen Orten
aus, die cirkulären empfangen sie aus dem n. trigeminus mit dem
centralen Ursprung aus den obersten Rückenmarkstheilen (?) Budge,
und durch den n. oculomotorius mit dem Ursprung aus den Vierhü-
geln. Die Nerven der Erweiterer treten dagegen durch den Hals-
theil des n. sympathicus aus der mittleren Region des Halsmarkes
zum Auge. Diese beiden Nerven gelangen im gewöhnlichen Verlaufe
des Lebens unter verschiedenen Umständen in Erregung.

Der Kreismuskel zieht sich zusammen: a) wenn der nerv. opticus
in den Erregungszustand geräth ***). Rücksichtlich der Lichtwirkung
hat Lambert ermittelt, dass innerhalb gewisser Grenzen die Pupil-
lenöffnung direkt proportional mit der abnehmenden Lichtstärke sich
erweitert. b) Wenn der innere gerade Augenmuskel in Thätigkeit
gesetzt wird, zieht sich auch der Kreismuskel zusammen; insofern
nun der erstere vom Willen abhängig ist, folgt auch der sphincter iridis
demselben. g) Im Schlaf verengert sich die Pupille beträchtlich. -- Die
Kreismuskeln der Iris beider Augen stehen in der innigsten Beziehung
zu einander, die sich dadurch ausdrückt, dass fortwährend dem Be-
streben Genüge geleistet wird, die beiden Kreismuskeln auf gleichem
Grade der Verkürzung zu erhalten; denn in der That verkleinert sich
jedesmal die Pupille beider Augen, wenn auch nur auf das eine der-
selben ein verengernder Einfluss wirkt; und es tritt für eine bestimmte
Menge von Licht, welche n. den opticus erleuchtet, dieselbe Summe
der Verkürzungen beider Kreismuskeln ein, sei es dass man die Licht-
massen vertheilt auf beide Augen, oder vereinigt auf nur eines von
beiden wirken lasse.

Durch genaue Versuche von E. H. Weber ist der alte Irrthum widerlegt
worden, als ob auch mit den Akkommodationsbewegungen des dioptrischen Ap-
parates sich der Kreismuskel zusammenziehe; diese fehlerhafte Meinung ist da-
durch erzeugt worden, dass bei einer Einrichtung für die Nähe gewöhnlich auch
die Augen durch den m. rectus internus bewegt, d. h. stark convergirend gestellt
werden. E. H. Weber macht auch darauf aufmerksam, dass man bei Messungen

*) Brücke, Beschreibung des menschlichen Augapfels. Berlin 1847.
**) Budgeu. Waller in Valentins Jahresbericht d. Physiol. für 1851. 173.
***) Mayo sur les nerfs etc. in Magendie's Journ. de physiol. Tom. III. -- Lambert bei E. H.
Weber p. 95.

Vermeidung der sphärischen Aberration; Iris.
sie hat in der That genau die Lage und Form aller sogenannten Blen-
dungen optischer Instrumente.

Die Beweglichkeit der Oeffnung sowohl, wie die besondere Form
der Bewegungen, verdankt die Iris zwei besondern Muskeln *) einem
radialen, vom Hornhautrand zur Pupille verlaufenden und einen cir-
kulären, der in grössern und grössern Bogen die Pupillenöffnung um-
kreist. — Von diesen beiden Muskeln scheint nach Ed. Weber der
radiale das Uebergewicht zu besitzen, indem bei gleich starker Erre-
regung beider, die Pupille sich beträchtlich erweitert.

Die Muskeln erhalten ihre Nerven **) von sehr verschiedenen Orten
aus, die cirkulären empfangen sie aus dem n. trigeminus mit dem
centralen Ursprung aus den obersten Rückenmarkstheilen (?) Budge,
und durch den n. oculomotorius mit dem Ursprung aus den Vierhü-
geln. Die Nerven der Erweiterer treten dagegen durch den Hals-
theil des n. sympathicus aus der mittleren Region des Halsmarkes
zum Auge. Diese beiden Nerven gelangen im gewöhnlichen Verlaufe
des Lebens unter verschiedenen Umständen in Erregung.

Der Kreismuskel zieht sich zusammen: α) wenn der nerv. opticus
in den Erregungszustand geräth ***). Rücksichtlich der Lichtwirkung
hat Lambert ermittelt, dass innerhalb gewisser Grenzen die Pupil-
lenöffnung direkt proportional mit der abnehmenden Lichtstärke sich
erweitert. β) Wenn der innere gerade Augenmuskel in Thätigkeit
gesetzt wird, zieht sich auch der Kreismuskel zusammen; insofern
nun der erstere vom Willen abhängig ist, folgt auch der sphincter iridis
demselben. γ) Im Schlaf verengert sich die Pupille beträchtlich. — Die
Kreismuskeln der Iris beider Augen stehen in der innigsten Beziehung
zu einander, die sich dadurch ausdrückt, dass fortwährend dem Be-
streben Genüge geleistet wird, die beiden Kreismuskeln auf gleichem
Grade der Verkürzung zu erhalten; denn in der That verkleinert sich
jedesmal die Pupille beider Augen, wenn auch nur auf das eine der-
selben ein verengernder Einfluss wirkt; und es tritt für eine bestimmte
Menge von Licht, welche n. den opticus erleuchtet, dieselbe Summe
der Verkürzungen beider Kreismuskeln ein, sei es dass man die Licht-
massen vertheilt auf beide Augen, oder vereinigt auf nur eines von
beiden wirken lasse.

Durch genaue Versuche von E. H. Weber ist der alte Irrthum widerlegt
worden, als ob auch mit den Akkommodationsbewegungen des dioptrischen Ap-
parates sich der Kreismuskel zusammenziehe; diese fehlerhafte Meinung ist da-
durch erzeugt worden, dass bei einer Einrichtung für die Nähe gewöhnlich auch
die Augen durch den m. rectus internus bewegt, d. h. stark convergirend gestellt
werden. E. H. Weber macht auch darauf aufmerksam, dass man bei Messungen

*) Brücke, Beschreibung des menschlichen Augapfels. Berlin 1847.
**) Budgeu. Waller in Valentins Jahresbericht d. Physiol. für 1851. 173.
***) Mayo sur les nerfs etc. in Magendie’s Journ. de physiol. Tom. III. — Lambert bei E. H.
Weber p. 95.
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[217/0231] Vermeidung der sphärischen Aberration; Iris. sie hat in der That genau die Lage und Form aller sogenannten Blen- dungen optischer Instrumente. Die Beweglichkeit der Oeffnung sowohl, wie die besondere Form der Bewegungen, verdankt die Iris zwei besondern Muskeln *) einem radialen, vom Hornhautrand zur Pupille verlaufenden und einen cir- kulären, der in grössern und grössern Bogen die Pupillenöffnung um- kreist. — Von diesen beiden Muskeln scheint nach Ed. Weber der radiale das Uebergewicht zu besitzen, indem bei gleich starker Erre- regung beider, die Pupille sich beträchtlich erweitert. Die Muskeln erhalten ihre Nerven **) von sehr verschiedenen Orten aus, die cirkulären empfangen sie aus dem n. trigeminus mit dem centralen Ursprung aus den obersten Rückenmarkstheilen (?) Budge, und durch den n. oculomotorius mit dem Ursprung aus den Vierhü- geln. Die Nerven der Erweiterer treten dagegen durch den Hals- theil des n. sympathicus aus der mittleren Region des Halsmarkes zum Auge. Diese beiden Nerven gelangen im gewöhnlichen Verlaufe des Lebens unter verschiedenen Umständen in Erregung. Der Kreismuskel zieht sich zusammen: α) wenn der nerv. opticus in den Erregungszustand geräth ***). Rücksichtlich der Lichtwirkung hat Lambert ermittelt, dass innerhalb gewisser Grenzen die Pupil- lenöffnung direkt proportional mit der abnehmenden Lichtstärke sich erweitert. β) Wenn der innere gerade Augenmuskel in Thätigkeit gesetzt wird, zieht sich auch der Kreismuskel zusammen; insofern nun der erstere vom Willen abhängig ist, folgt auch der sphincter iridis demselben. γ) Im Schlaf verengert sich die Pupille beträchtlich. — Die Kreismuskeln der Iris beider Augen stehen in der innigsten Beziehung zu einander, die sich dadurch ausdrückt, dass fortwährend dem Be- streben Genüge geleistet wird, die beiden Kreismuskeln auf gleichem Grade der Verkürzung zu erhalten; denn in der That verkleinert sich jedesmal die Pupille beider Augen, wenn auch nur auf das eine der- selben ein verengernder Einfluss wirkt; und es tritt für eine bestimmte Menge von Licht, welche n. den opticus erleuchtet, dieselbe Summe der Verkürzungen beider Kreismuskeln ein, sei es dass man die Licht- massen vertheilt auf beide Augen, oder vereinigt auf nur eines von beiden wirken lasse. Durch genaue Versuche von E. H. Weber ist der alte Irrthum widerlegt worden, als ob auch mit den Akkommodationsbewegungen des dioptrischen Ap- parates sich der Kreismuskel zusammenziehe; diese fehlerhafte Meinung ist da- durch erzeugt worden, dass bei einer Einrichtung für die Nähe gewöhnlich auch die Augen durch den m. rectus internus bewegt, d. h. stark convergirend gestellt werden. E. H. Weber macht auch darauf aufmerksam, dass man bei Messungen *) Brücke, Beschreibung des menschlichen Augapfels. Berlin 1847. **) Budgeu. Waller in Valentins Jahresbericht d. Physiol. für 1851. 173. ***) Mayo sur les nerfs etc. in Magendie’s Journ. de physiol. Tom. III. — Lambert bei E. H. Weber p. 95.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/231>, abgerufen am 16.04.2024.